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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Was sind eigentlich... Verspannungen?



Rugger
11.12.2005, 19:35
Jeder von uns kennt es: man sitzt am offnen Fenster und kann ein paar Stunden später den Hals nicht mehr richtig drehen und wenden...
Bloß: was ist eigentlich das richtige medizinische Korrelat zu den umgangssprachlichen "Verspannungen"?
Wie sieht die Pathophysiologie aus, was ist tatsächlich defekt?
Und, vor allem, was hilft wirklich?! :-?

Rugger

Doktor_No
11.12.2005, 19:38
hilfe: fenster zu, am besten VOR dem davorsetzen... :-D

Olle83
12.12.2005, 11:33
Sehr witzig, Dr. No :-top, aber mich würde das auch mal interessieren. Besonders nach anstrengenden sportlichen Aktivitäten (Handball) fühl ich mich am nächsten Tag wie ein 75jähriger. Klar, das ist größtenteils Muskelkater (wobei es da ja auch verschiedene Auffassungen über die Ursachen gibt: Mikroverletzungen oder *grübel* Metabolite.. genauere Infos erbeten).

Michi5880
12.12.2005, 15:47
Heute geht man nicht mehr davon aus, das Metabolite wie Laktat für den "Muskelkater" verantwortlich sind. Heute geht man davon aus, dass Mikrotraumen der Sarkomere durch Überdehnung bei hohen Kräften
(exzentrische Kontraktionen) entstehen. Als Sekundärreaktion entsteht dann ein Ödem durch Autolyse oder Entzündung, Mangeldurchblutung, Verspannung.

Die Prophylaxe ist uns ja bestens bekannt: Verbesserung der Koordination, Aufwärmen. Carnitin und nichtsteroidale Antiphlogistika als Prophylaxe werden diskutiert.

synosoph
12.12.2005, 15:52
Also Muskelkater ist nach meinem Verständnis etwa anderes als Verspannung, z.B. nach kalter Zugluft. Das eine ist eine mechanische Überanspruchung, das andere eine thermische Belastung.

Die Pathophysiologie sollte dem Ursache-Wirkungs-Prinzip nach dann auch anders sein, oder?

Rugger
12.12.2005, 15:56
Die Pathophysiologie sollte dem Ursache-Wirkungs-Prinzip nach dann auch anders sein, oder?Sehe ich auch so! Aber welche ist es? Immerhin spannt man ja den Muskel nicht dauerhaft an, daß würde sich anders bemerkbar machen!

R.

synosoph
12.12.2005, 16:18
Ich könnte mir vorstellen, daß der ständige Wärmeverlust durch Abtransport (Kälte+Zugluft) kombiniert mit reduziertem endogenem Wärmeumsatz (langes Sitzen, keine Bewegung -> reduzierte Energieverbrennung) zu einer Irritation des Stoffwechsels führt. Es könnte zu einer Unterversorgung mit ATP kommen. ATP ist notwendig um die Bindung von Myosin und Aktinfilamenten zu lösen. Ähnlich wie bei der Leichenstarre kommt es zur Kontraktion von immer mehr Fasern des Muskels. Diese Dauerkontraktion vermindert die Durchblutung, was weitere Folgen für die Versorgung und den Stoffwechsel hat.

Ist nur ein Gedanke. :-nix

Olle83
12.12.2005, 16:34
Ja, ich meinte auch nicht, dass Muskelkater und Verspannungen das Gleiche sind. Ich kam bei der Gelegenheit nur auf den Muskelkater und wollte mal hören, wie da die aktuell gültige Lehrmeinung ist (hab in der Schule noch beides gelernt).

Wenn die Verspannung wirklich auf einen ATP-Mangel zurück zu führen wäre, würde sie dann über mehrere Stunden (evtl sogar Tage) anhalten können? Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass es so lange dauern würde. Eine bessere Idee habe ich aber im Moment auch nicht. Schätz mal, dass es schon irgendwie die richtige Richtung ist, weil eindeutig eine Beeinträchtigung der Beweglichkeit durch Muskelverhärtung o.ä. die Ursache ist.. :-stud

synosoph
12.12.2005, 16:40
Wenn die Verspannung wirklich auf einen ATP-Mangel zurück zu führen wäre, würde sie dann über mehrere Stunden (evtl sogar Tage) anhalten können? Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass es so lange dauern würde.ATP-Mangel wäre vielleicht nur das Initialstadium für weitere pathophysiologische Prozesse. Zum Beispiel, wie von mir genannt, eine Minderdurchblutung durch Kontraktion.

Evil
12.12.2005, 19:14
Meine Idee: durch die Kühle verkürzt sich der Muskel (wie sich bei Kälte alles zusammenzieht), und dann entstehen bei geringer Bewegung ähnliche Mikrotraumen wie bei Überlastung.

Rugger
12.12.2005, 19:28
Meine Idee: durch die Kühle verkürzt sich der Muskel (wie sich bei Kälte alles zusammenzieht), und dann entstehen bei geringer Bewegung ähnliche Mikrotraumen wie bei Überlastung.Aber warum hat man dann die Probleme häufig einseitig?!
Und: meiner Erfahrung nach müssen Verspannungen nicht zwangsläufig Kälte / Zug- assoziiert sein!
Überhaupt: wie ist denn eigentlich der korrekte medizinische Terminus?

R.

SidVicious
12.12.2005, 19:30
Meine Idee: durch die Kühle verkürzt sich der Muskel (wie sich bei Kälte alles zusammenzieht), und dann entstehen bei geringer Bewegung ähnliche Mikrotraumen wie bei Überlastung.

Aber ist der Schmerz nicht ein anderer ? Der Muskelkatar hat doch seinen Höhepunkt nach 2 Tagen. Werden nach 2 Tagen nicht die meisten Verspannungen schon besser?




Gruß
SidVicious

Evil
12.12.2005, 19:49
Muß ja nicht genau derselbe Mechanismus sein... und einseitig vielleicht deshalb, weil man eine Seite mehr bewegt...

Fachterminus ist glaubbich Myogelose, "Muskelhartspann"...

Im Roche steht dazu was von "kolloidchemischer Veränderung"... was immer das heißen soll...

Olle83
13.12.2005, 05:33
Wirklich sehr vage formuliert im Roche.. aber scheinbar ist es tatsächlich auf eine Veränderung im Zytosol der Myozyten zurückzuführen.

Verspannt ist man manchmal auch morgens, wenn man schlecht gelegen hat. Wäre mal interessant, ob jemand in einem heroischen Selbstversuch herausfinden kann, ob sich dabei die "zu kurze" sprich kontrahierte Seite oder die "zu lange" sprich (über)gedehnte Seite am nächsten Morgen durch Schmerzen auszeichnet.

Shakespeareslady
28.12.2005, 12:35
habe zwar keine neue idee zu der frage, kann mich aber noch an einen ganz ganz üblen steifen hals erinnern´(konnte mich im bett nicht mehr ohne fremde hilfe von der einen auf die andere seite drehen) .... damals war ich noch im kpp, wurde also viel zu gut versorgt ;-) - finalgon an den hals *schrei* und dann vom anästhesisten gequaddelt (?) worden. beides zusammen wirkte wunder, war aber auch recht schmerzhaft (eher das finalgon ;-) )

Evil
28.12.2005, 16:27
Eine weitere mögliche Ursache ist, daß verspannte oder verkühlte Muskeln reflektorisch anschwellen. Die Schwellung wiederum reizt die dort verlaufenden Nerven, deswegen kann man da auch mit abschwellenden Substanzen oder Lokalanästhetika behandeln.