PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Todesstrafe



Seiten : [1] 2

SidVicious
13.12.2005, 17:44
Hi,
heute Morgen wurde "Tookie" Williams in Californien hingerichtet.

http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,390170,00.html.

Das Thema wurde schon im Thread "Breaking News" angerissen.
Was denkt ihr über die Todesstrafe?

Hier noch ein paar Links zum Thema

http://www.todesstrafe.de/

http://www.keinetodesstrafe.de/

Kackbratze
13.12.2005, 17:51
Ich finde es affig, dass über Herrn Williams überall berichtet wird und jeder seinen Senf dazu gibt.
Währendessen werden in China und anderen Ländern wesentlich mehr Menschen zur Todesstrafe verurteilt und diese vollstreckt, und das interessiert hier keinen.

Hoppla-Daisy
13.12.2005, 17:57
Ich muss zugeben, dass ich da sehr, sehr zwiegespalten bin. Ich kann Menschen verstehen, die die Hinrichtung eines Mörders befürworten, wenn eigene Angehörige Opfer geworden sind. Wenn ich z. B. daran denke, dass irgendein pädophiler Kerl meiner Tochter was antun könnte, ertappe ich mich auch immer wieder bei dem Gedanken, diesem Jemand dann den Tod zu wünschen, und nicht gerade einen gnädigen!

Auf der anderen Seite denke ich, dass wir nicht das Recht haben, über Tod und Leben zu richten. 1. wird das Opfer davon nicht wieder lebendig, 2. sind schon viele Mörder doch einsichtig und reumütig geworden. Auch wenn man die Tat nicht rückgängig machen kann, so muss man doch Reue ermöglichen. Selbst dem "abscheulichsten Tier" (mit solchen Attributen werden Mörder ja gerne bezeichnet) traue ich im stillen Kämmerlein Trauer und Wut über die eigenen Taten zu.

Wer sich eingehender informieren möchte, dem sei folgender Film empfohlen. Ich bin mir nicht mehr sicher, wie er genau heißt, bin auch jetzt gerade zu faul zum googlen, meine aber, dass er "10 Tage im Mai" heißt. Den haben wir uns vor vielen Jahren im Religionsunterricht in der Schule angesehen, und fast alle haben Rotz und Wasser geheult.

Auch "Dead Man Walking" hat mich in meiner Haltung bestärkt, dass die Todesstrafe nicht der Weisheit letzter Schluss ist.

Daisy

PS: Man darf auch nicht vergessen, dass die Todesstrafe auch so fürchterlich schlecht rückgängig zu machen ist. Und wieviele Menschen sind schon unschuldig hingerichtet worden? Ich möchte es nicht wirklich wissen...

SidVicious
13.12.2005, 17:57
Ich finde es affig, dass über Herrn Williams überall berichtet wird und jeder seinen Senf dazu gibt.
Währendessen werden in China und anderen Ländern wesentlich mehr Menschen zur Todesstrafe verurteilt und diese vollstreckt, und das interessiert hier keinen.

Es ging mir auch gar nicht um Williams, sondern allg. um die Todesstrafe.

Hoppla-Daisy
13.12.2005, 17:58
Bratze, da hast du vollkommen recht. Aber ich denke, es geht hier eher um die Thematik an sich. Williams ist hier nur der Aufhänger.

sunny03
13.12.2005, 18:22
Ich kann Daisy nur vollkommen zustimmen :-dafür

Wenn jemand selbst betroffen ist und eigene Angehörige unter den Ofern zählt, sieht die Sache wieder ganz anders aus. Bei dem Gedanken Eltern, Kinder, Geschwister etc. auf bestialsche Art wegen einer sinnlosen Tat zu verlieren, werden wohl die wenigsten unter uns keine "Rache"gedanken hegen.

Was ich allerdings auch krass finde, wieviele Jahre Leute wie z.B. dieser Williams in Gefängnissen verbringen, bis irgendwann mal die "Strafe" ausgeführt wird. Mir liegt es fern Mörder in Schutz zu nehmen, aber ist das Todesurteil nicht schon "Strafe" genug (ohne jetzt darauf eingehen zu wollen, ob eine Tötung als Bestrafung gerechtfertigt werden kann)?
Wenn es dem Gericht dort wirklich auf die Strafe ankommt
-und es (das Gericht) sieht diese in dem Fall darin den Verurteilten zu töten- dann frage ich mich, warum sie diese nicht sofort vollziehen? Was hat man davon, die Leute noch unendlich lange in den Gefängnissen zu lassen... Klar, einige meinen das es eine zusätzliche Strafe ist, indem die "Wartezeit" ihnen so unerträglich lang gemacht wird und sie für ihre Tat büßen. Aber allein durch die Zeitspanne werden doch automatisch Todesstrafengegner auf den Plan gerufen, die Medien werden erst recht aufmerksam und es entsteht eine Unruhe - das kann dem Gericht doch auch nicht recht sein.
Auch interessant, dass es immer wieder Einzelfälle von Todeskandidaten sind, die weltweit für Schlagzeilen sorgen. Letztens kam im Fernsehn ein Bericht in dem gesagt wurde, in den USA selbst, nimmt man von den Hinrichtigungen kaum Notiz. Wenns hochkommt gibts einen kleinen Artikel in den lokalen Zeitungen.

Diskussionen um Todesstrafe sind wirklich ein heikles Thema; finde aber gut, dass es offen thematisiert wird. Bin jedenfalls grundsätzlich dagegen.
:-meinung :peace:

Trojan
13.12.2005, 18:28
Ich bin gegen die Todesstrafe.
Der Tod eines Menschen wird weder moralisch noch physisch (;-) )
durch den Tod eines anderen rückgängig gemacht.
Wem zum Teufel ist damit gedient, wenn ein Mörder "als Sühne" für seine Tat hingerichtet wird?!?
Und dabei bleibt es nicht: In manchen Staaten, die sich gerne als ach so modern und westlich orientiert hinstellen, wird die Todesstrafe auch für weitaus geringere Vergehen als Mord verhängt...
Also, Welt: Feier schön die nächsten Olympischen Spiele in Peking, während ein paar Blocks weiter irgend ein Eierdieb in einem Stadion durch Genickschuss hingerichtet wird...

Cassy
13.12.2005, 18:29
Ich kann Daisy auch zu 100% zustimmen.... :-meinung

Hoppla-Daisy
13.12.2005, 18:32
Diese "Auge um Auge, Zahn um Zahn"-Mentalität konnte ich eh noch nie nachvollziehen.

@Trojan: man sieht nur das, was man sehen will...

Antiheld
13.12.2005, 18:41
"Ich bin für die Todesstrafe. Wer schreckliche Dinge getan hat, muss eine angemessene Strafe bekommen. So lernt er seine Lektion für das nächste Mal."

Britney Spears

milz
13.12.2005, 18:52
Ich bin gegen die Todesstrafe.

surfsmurf
13.12.2005, 18:59
Ich habe mich in der Schule wegen eines Referates mal ausführlicher mit der Todesstrafe auseinandergesetzt und gebe jetzt auch gerne meinen Senf dazu:


Was hat man davon, die Leute noch unendlich lange in den Gefängnissen zu lassen... Klare Antwort: Der Verurteilte kann insgesamt fünfmal in Revision gehen und höhere Gerichte anrufen ("appeals"). Dadurch verzögert sich die Vollstreckung um bis zu 20 Jahre; mal abgesehen davon, dass die meisten schon 2-3 Termine hatten, die dann aber kruzfristig abgesagt wurden wegen laufender Revisionen. Im Durchschnitt beträgt die Wartezeit acht Jahre.

Aber zurück zu den Argumenten:
CONTRA:
1. Irreversibilität. Klar, Todesstrafe ist schlecht rückgängig zu machen. Wieviele Unschuldige schon umgebracht wurden, weiß man natürlich nicht. Aber bei meinen Recherchen damals (2001), habe ich folgende Statistik gefunden:
37% of all death row cases have been overturned since 1976, so that inmates are six times more likely to get off death row by appeals than by execution Nur mal, um ne Hausmarke zu wissen, wie oft sie so ungefähr daneben lagen.
2. Abschreckender Effekt ist nicht nachgewiesen, im Gegenteil.
3. Kosten. Deutlicher höher als bei lebenslanger Verwahrung.
4. Moralisch. Wie kann man "Töten" als verabscheuungswürdig sanktionieren, indem man selber tötet?
5. Rassenunterschiede. Afro-Amerikaner sind deutlich häufiger exekutiert worden, als ihr Anteil an der Allgemeinbevölkerung oder an der "crime rate" erwarten lässt.
6. Tötungsarten. Außer vielleicht Giftspritze sind weder Electrocution, Gaskammer, Erschießungskommandos noch Hängen wirklich human. Und ja, die letzten beiden stehen immer noch in fünf bzw. drei Staaten im Gesetz als Option.
7. Staatenunterschiede. Es ist absolut nicht einsehbar, dass ein Mörder in Kansas anders verurteilt wird als ein Mörder in Wisconsin. Ich habe sogar schon von Fällen gelesen, dass jemane sein Opfer in einem Staat nur gekidnappt hat, dann in einen anderen Staat gefahren ist und dann dort gemordet hat, um selbst der Todesstrafe zu entgehen.

Wirklich viele Pro Argumente fallen mir außer "Rache" und "absolute Rückfallverhinderung" nicht ein. Und dass ein Angehöriger eines Opfers Rachegedanken hat, ist nur äußerst verständlich. Aber Lynchjustiz und vorschnelle Verurteilung: damit ist keinem geholfen. Vor allem nicht unserem Rechtssystem.

Hoppla-Daisy
13.12.2005, 19:07
6. Tötungsarten. Außer vielleicht Giftspritze sind weder Electrocution, Gaskammer, Erschießungskommandos noch Hängen wirklich human. Und ja, die letzten beiden stehen immer noch in fünf bzw. drei Staaten im Gesetz als Option.

Und die Giftspritze sieht nur so aus, als sei sie human.....

DrStefanie
14.12.2005, 09:25
Im Prinzip ist die Todesstrafe auch ein Mord! Zwar in einigen Regionen legal, aber deshalb ja noch lange nicht richtig oder human.

Ich bin entschieden gegen die Todesstrafe!:-dagegen

Cassy
14.12.2005, 14:16
Genau genommen hat Dr. Stefanie recht.

Wenn ich diejenige wäre, die einen Mörder durch die Giftspritze oder das Einschalten des elektrischen Stuhls etc tötet, dann bin genau genommen auch ich eine Mörderin, auch wenn ich quasi auf Geheiss des Gerichtes gehandelt habe.... Egal ob gerechtfertigt oder nicht, dann müsste -rein theoretisch- ja auch ich zum Tode verurteilt werden. Oder wie wollen die denn das begründen? Sie sehen das als "Strafe" für die Tat und denken, dass dies sei fair.
Aber was, wenn beispielsweise ein Kind umgebracht wird, und sich dessen Vater dann am Mörder ebenso rächt? Dann wird auch der Vater zum Tode verurteilt. Dabei war sein eigentliches Motiv auch nur die "Bestrafung" des Mörders seines Kindes.... alles rein theoretisch gesehen!!!!! :-nix

LaraNotsil
14.12.2005, 14:25
Aber was, wenn beispielsweise ein Kind umgebracht wird, und sich dessen Vater dann am Mörder ebenso rächt? Dann wird auch der Vater zum Tode verurteilt. Dabei war sein eigentliches Motiv auch nur die "Bestrafung" des Mörders seines Kindes.... alles rein theoretisch gesehen!!!!! :-nix

Vor Gericht kriegste den Mord durch den Vater aber nicht als "Bestrafung" durch, weil er nämlich aus persönlichen Motiven gehandelt und Lynchjustiz geübt hat. Da fehlt ja dann die faire Verhandlung, die einem ja laut Verfassung zusteht.
Wird die Hinrichtung aber nun gerichtlich angeordnet, und zwar im Rahmen einer augenscheinlich fairen Verhandlung, verhält sich der Fall so, dass man es als Dienst an der Allgemeinheit auslegt. Und der wiegt wesentlich mehr, als der Dienst an der eigenen Person.
Das ist das Problem und auch das unfaire im Bezug auf nen Elternteil, der sein Kind rächen wollte.

Und ich selbst steh der Todesstrafe wirklich sehr zweigespalten gegenüber. Im Hinblick auf die Verfahrensfehler, die auch Unschuldige umbringen, finde ich es arg übel und bin absolut dagegen.
Wenn ich dann allerdings drüber nachdenke, dass ein Massenmörder vllt "nur" lebenslänglich kriegt, dann wird es schon wieder etwas komplizierter. Mag aber auch dran liegen, weil da wieder die eigene Gefühlswelt mit reinschwingt, weil man sich im Hinterkopf vorstellt, wie es wäre, wenn da ein Familienmitglied dabei wäre.

Ein sehr kompliziertes Thema, das wirklich heftige Konflikte in einem selbst hervorruft.
Deswegen beneide ich nämlich auch die richtenden Richter nicht um ihren Job. 100% sicher kann man sich nämlich nie sein.

DrStefanie
14.12.2005, 15:03
Und ich selbst steh der Todesstrafe wirklich sehr zweigespalten gegenüber. Im Hinblick auf die Verfahrensfehler, die auch Unschuldige umbringen, finde ich es arg übel und bin absolut dagegen.
Wenn ich dann allerdings drüber nachdenke, dass ein Massenmörder vllt "nur" lebenslänglich kriegt, dann wird es schon wieder etwas komplizierter. Mag aber auch dran liegen, weil da wieder die eigene Gefühlswelt mit reinschwingt, weil man sich im Hinterkopf vorstellt, wie es wäre, wenn da ein Familienmitglied dabei wäre.Deswegen finde ich im Prinzip auch, dass das System verändert werden müsste, sodass "lebenslänglich" auch wirklich bedeuted, dass man nie wieder raus kommt, damit man keine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt! Und solche Dinge wie wegen guter Führung vorzeitig entlassen oder Freigänge verurteilter Straftäter würde ich überhapt nicht zulassen!! Sie sind ja nicht nur so verurteilt, ihre Zeit IM Gefängnis zu verbringen...


Ein sehr kompliziertes Thema, das wirklich heftige Konflikte in einem selbst hervorruft.
Deswegen beneide ich nämlich auch die richtenden Richter nicht um ihren Job. 100% sicher kann man sich nämlich nie sein.

Ich beneide die Richter auch kein bisschen. Man muss sich ja nur mal vorstellen das von einem verhängten Todesurteil wird vollstreckt und kurze Zeit später stellt sich heraus, die Person war unschuldig... Deshalb sollte ja auch die Todesstrafe ganz abgeschafft werden!


Man kann es zwar nicht so genau vergleichen, aber da wir ja schon festgestellt haben, dass die Todesstrafe eigentlich ja auch nur ein legaler Mord ist, frage ich mich, warum Sterbehilfe trotzdem verboten ist... (nur so am Rande - ich weiß, es passt hier nciht so ganz her, aber das war mir gerade so aufgefallen)

lemonsoda
15.12.2005, 00:20
.... eins meiner lieblingsthemen...

Das Lieblingsargument der Befürworter der Todesstrafe "stell dir vor, es wäre dein Kind... " etc ist k e i n Argument.
Denn ganz genau dafür ist die Justiz da. Sich eben zwischen direkt betroffene zu stellen und möglichst objektiv zu be- und verurteilen und so alttestamentarische Verhältnisse zu verhindern.

Entscheide ich mich als Bürger eines Rechtsstaates dazu die Gesetze dieses Staates zu brechen, weil es mir es wert erscheint, kann ich das tun - muss aber mit den Folgen klar kommen. Wenn ich der Ansicht bin, dass der Tod des Mörders meines Kindes mir mehr wert ist als meine Freiheit in den nächsten 15 Jahren...

Ich möchte in einem freiheitlichen Staat leben, in dem Folter durch die Exekutive gar nicht zu Debatte steht, kein Töten durch den Staat stattfindet, es Meinungs- Presse- Glaubens- Versammlungsfreiheit, etc gibt - die Menschenwürde unantastbar ist. Es gibt natürlich noch die Eigenverantwortung und als einigermassen mündiger Mensch kann ich natürlich trotzdem gegen eine angemeldete Glatzendemo protestieren, darf mich dann aber nicht wundern wenn ich nachher in Plastehandschellen dasitze. Ich könnte als Polizeichef einem Kindesentführer Folter androhen um ein Kind zu retten - müsste nachher aber auch bereit sein die Konsequenzen zu tragen die entstehen wenn man gegen das Grundgesetz verstößt, das zu schützen man eigentlich verpflichtet ist.

Also, es scheint einigen anders zu gehen, aber ich bin verdammt froh, in einem Staat zu leben, in dem das (jedenfalls auf dem Papier) so ist.

Ich könnte viele Punkte und Beispiele anführen, wieso ich gegen die Todesstrafe bin und ein Pro Todesstrafe auch nicht für einen akzeptablen Standpunkt halte, aber ich bin müde und daher nur soviel:

Menschenwürde und Todesstrafe gehen einfach nicht zusammen und kein Staat darf einem Menschen seine Würde nehmen! Ganz einfach.

LG
Soda

Hoppla-Daisy
15.12.2005, 02:55
Und die Würde des Menschen ist unantastbar. Und dann gibt es da noch einen viel älteren Satz: Gehe hin und sündige nicht mehr.

Ok, ok, ich weiß auch, dass der letzte Satz sich mehr auf's Ehebrechen bezog, falls hier jemand meckern möchte ;-). Aber der fiel mir nun mal zuerst ein. Ich hätte auch den Splitter und den Balken im Auge anführen können. Oder noch ganz andere Sachen. Ich wundere mich auch gerade, dass ich so bibelfest bin.:-?

surfsmurf
16.12.2005, 13:44
Im Prinzip ist die Todesstrafe auch ein Mord!

Genau genommen nicht. Mord ist klar definiert.


§ 211 des Strafgesetzbuches (StGB) der Bundesrepublik Deutschland lautet:

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.
[Klugscheiss Modus off]

Also nicht Mord im eigentlichen Sinne, trotzdem sch*%$=!.