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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Heparin und Marcumar



Smibo
07.01.2006, 14:54
Was ist der Grund wieso man bei kleinen chirurgischen Eingriffen von Marcumar auf Heparin umsteigt.

Wo liegt der genaue Vorteil?

Evil
07.01.2006, 15:11
Die Wirkung von Marcumar hält 5 bis 10 Tage nach der letzten Einnahme an. Falls während der OP etwas unplanmäßig blutet, gibt das natürlich arge Probleme, zumal man auch nicht so einfach antagonisieren kann.

I.V.-Heparinisierung stellt man 12h vor der OP ab, Heparin läßt sich insgesamt wesentlich besser steuern und zudem auch noch mit Protamin antagonisieren.

Hellequin
07.01.2006, 15:12
Die Wirkdauer liegt bei Cumarinen (Marcumar) bei ca. 3-10 Tagen, bei Heparinen und Heparinoiden bei wenigen bis 24 Stunden (je nach Applikationsform). Das heißt Heparine sind in dem Fall besser steuerbar.
Schließlich will man den Patienten nur für einen möglichst kurzen Zeitraum der
Gefahr einer Thrombose aussetzen.

EDIT: Cumarine lassen sich zwar mit Vit. K antagonisieren, der Wirkeintritt beginnt aber erst ca. 3 h nach i.v. Gabe und bis zur vollständigen Normalisierung der Blutgerinnung können mehrere Tage vergehen. Außerdem ist das ganze noch von einer ausreichenden Funktion der Leber abhängig.

Rugger
07.01.2006, 15:14
Man setzt i.d.R. alle Antikoagulatien ab, damit man halt überhaupt noch eine Gerinnung hat. Da Marcumar aufgrund des Wirkungsmechanismus länger wirkt als Heparin, steigt man vorher auf Heparin um, damit die antikoagulationsfrei Zeit möglichst kurz ist.

R.

EDIT: Ui, da waren gleich zwei schneller als ich...! Hier werden sie geholfen! :-)

Smibo
07.01.2006, 15:41
Ist es auch so, dass bei Heparin die Gerinnung nach Wundsetzung noch einigermaßen läuft (extrinsisches System), während die intravasale Gerinnung gehemmt wird (intrinsisches System)?

Sebastian1
07.01.2006, 15:42
Bleibt lediglich zu ergänzen, dass in Notfallindikationen natürlich auch marcumarisierte Patienten operiert werden können; in diesen Fällen wird die INR mit den Gerinnungsfaktoren selbst (Präparat: Beriplex PPSB) auf einen operationsfähigen Wert angehoben. Nachteil: Verabreichung von Blutprodukten mit den entsprechenden Risiken und sauteuer.

Olle83
07.01.2006, 17:32
Ist INR das Gleiche wie der QUICK?

sunny03
07.01.2006, 17:47
INR verhält sich dem Quick umgekehrt proportional und ist eine einheitliche Standardisierung des Quick Wertes.

Olle83
07.01.2006, 18:19
Ach stimmt.. das war diese Geschichte! Ich erinner mich dunkel. Wenn jemand Lust hat, das kurz etwas ausführlicher zu erklären, wär ich ihm dankbar. Hab das nie so richtig durchschaut mit dem Zusammenhang.. fand das ganze Thema Blutgerinnung nicht besonders cool.. :-wow

Tombow
07.01.2006, 19:06
INR=International Normalized Ratio. Ergibt sich aus dem Quotient gemessene Quick-Zeit/Quick-Zeit der "normalen" Population, potenziert mit dem Quotient, was das verwendete Tromboplastin an einem vorgegebenen Referenzthromboplastin angleicht. Eingeführt, um die Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Laborkits auszugleichen. Referenzbereiche:

Normbereich: 0,9-1,15
Mäßige Antikoagulation: 2,0-3,0
Strenge Antikoagulation: 2,5-3,5

FataMorgana
07.01.2006, 20:15
Bleibt lediglich zu ergänzen, dass in Notfallindikationen natürlich auch marcumarisierte Patienten operiert werden können; in diesen Fällen wird die INR mit den Gerinnungsfaktoren selbst (Präparat: Beriplex PPSB) auf einen operationsfähigen Wert angehoben.

Nein, der Quick-Wert wird angehoben (dieser ist für die perioperative Gerinnungssituation ausschlaggebend). Gleichzeitig sinkt die INR ab, dies steht aber nicht so im Vordergrund.

Olle83
07.01.2006, 20:28
INR=International Normalized Ratio. Ergibt sich aus dem Quotient gemessene Quick-Zeit/Quick-Zeit der "normalen" Population, potenziert mit dem Quotient, was das verwendete Tromboplastin an einem vorgegebenen Referenzthromboplastin angleicht. Eingeführt, um die Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Laborkits auszugleichen. Referenzbereiche:

Normbereich: 0,9-1,15
Mäßige Antikoagulation: 2,0-3,0
Strenge Antikoagulation: 2,5-3,5

Da hab ich nochmal ne Frage zu:
Wenn ein Patient beispielsweise nen Quick von 70 hat, die "normale Population" hätte 100 (damit wir besser rechnen können), dann kämen wir auf nen Quotient von 0.7.
Jetzt frage ich mich: Wenn wir diese Zahl potenzieren, kommen wir doch nicht auf Zahlen >0. Es sei denn, es werden negative Hochzahlen verwendet, um an das Referenzthromboplastin anzugleichen.

Aber zumindest vom Prinzip hab ich es verstanden. Vielen Dank! :)

Tombow
07.01.2006, 20:44
Doch. Bei Quick-Werten KLEINER 1 ist eben die Thromboplastinzeit GESTEIGERT. Und die Potenz einer positiven Zahl(egal ob größer oder kleiner 1) ist immer positiv. Fehler in deinem Beispiel ist, daß ein Quick von 0,7 eben einer gesteigerten Thromboplastinzeit(also Quotient zur Normalpopulation größer 1) entspricht. Ein Quick von 0,7 würde hier dem reziproken Wert(siehe Formel) entsprechen: 1/0,7≈1,43. Nehmen wir ein Thromboplastin mit dem ISI-Wert(Quotient) 1,2 so ergibt sich für die INR dann 1,43^1,2≈1,53.

Sebastian1
07.01.2006, 20:52
Nein, der Quick-Wert wird angehoben (dieser ist für die perioperative Gerinnungssituation ausschlaggebend). Gleichzeitig sinkt die INR ab, dies steht aber nicht so im Vordergrund.

Jau, mein Fehler. Der Quick wird angehoben, der INR sinkt natürlich bei PPSB-Gabe. :-blush

Olle83
07.01.2006, 21:13
Ich meinte Zahlen über 1 statt über 0.

Muss mir das doch nochmal etwas gründlicher anschauen, wenn es soweit ist. Aber vom Prinzip, dass der INR ein an die Gesamtpopulation angeglichener Wert ist, in den auch das verwendete Thromboplastin mit einfließt, hab ich es verstanden.

- Wenn der Satz jetzt richtig war :-))

Robokopi
26.09.2008, 10:31
Ist es auch so, dass bei Heparin die Gerinnung nach Wundsetzung noch einigermaßen läuft (extrinsisches System), während die intravasale Gerinnung gehemmt wird (intrinsisches System)?

ja...so ist es, denn Heparin verstärkt die ATIII Wirkung und diese zielt ja auf Faktor 12, 11, 10 und 9 sowie Prot S und C ab. Die Faktoren 12, 11, 9 sind ja genau die der endogenen Gerinnungsaktivierung, während Faktor 7, der für die extrinsische Gerinnung verantwortlich ist, über Vit-K-Antagonisten gehemmt wird. Kontrolle erfolgt über Quick/INR.

Meine Frage dazu: Vit.K-Antagonisten erniedrigen doch alle Vit.K-abhängigen Faktoren, also 2, 7, 9, 10 und die S/C Proteine. WIESO ist es dann nicht möglich, mittels PTT, in die der 9er ja mit reinfällt, die Gerinnung zu kontrollieren? Is die Antwort, weil hier eben mehrere Faktoren mit reinspielen, die eben auch Vit.K-unabhängig sind (12,11,9,8) wogegen beim Quick mit Faktor 7 nur dieser alleine verantwortlich ist?