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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Paradoxe Reaktion bei Diazepam



Rugger
13.01.2006, 15:36
Das es bei Diazepam durchaus mal zu paradoxen Reaktionen kommen kann, ist ja bekannt.
Was mich allerdings interessieren würde: was passiert eigentlich, wenn man einem Patienten in Verkennung der Lage immer mehr Diazepam gibt? Wird der Patient immer agitierter oder gibt es einen kritischen Punkt, an dem der Effekt in die "normale" Wirkung umschlägt, ggfs. dann ja sogar mit Überdosierungssymptomatik?

Rugger

lala
13.01.2006, 16:50
Habe so eine paradoxe Reaktion bisher nur einmal erlebt:
Patientin aus der Gyn war plötzlich "komisch" hat nicht richtig gesprochen--ich also konsiliarisch hin....naja, es war nicht eindeutig ob es ein non-konvulsiver Status epilepticus war (Nesteln, Unruhe) oder eine anderweitig bedingte akute Aphasie. Patientin sollte also ins CT.
Wegen der Unruhe hat man ihr dort 5mg Dormicum gegeben, ich später noch bis zu 6mg Tavor nachgegeben (wäre ja auch schön antikonvulsiv gewesen..), aber die wurde nicht ruhiger. Da ich nicht mehr Benzos geben wollte hab ich sie erstmal zur Überwachung auf die Station gelegt (irgendwann sollte das Zeugs ja wirken, aber bitte nicht so atemdepressiv), aber da wurde sie nur immer unruhiger, hat dann gesprochen,getreten, geschimpft, mit der Wasserflasche geworfen, sich aus der Fixierung gelöst, ist über den Gang gerannt und wollte schließlich ständig aus dem Fenster springen. Auch Anexate hat nichts gebracht, Medis oral ging nicht mehr und Haldol i.v. auch nicht weil ich nicht mehr an sie rankam *g*
Ende der Geschichte: per PsychKG in die Psychiatrie und dort wohl unter hochdosierter Kombi aus 3 Neuroleptika führbar....3 Tage später konnte sie völlig normal in die Gyn zurückverlegt werden und hat sich an NICHTS erinnert...
:-nix

PhineasGage
13.01.2006, 19:25
Ich vermute, man wird noch relativ früh drauf kommen, dass man es mit einer paradoxen Rkt zu tun hat (Häufung bei älteren Pat. usw.?!)
Als Antagonist hat man Flumazenil, wobei man die kürzere HWZ im Vergleich zur Wirkdauer der meisten Benzos beachten sollte.(glaube, das Phänomen ist ähnlich wie beim Opiat-Antidot Naloxon, bei dem es nach Abschwächen der Naloxon-Wirkung zu erneutem Anfluten der Opiat-Wirkung kommt ).

Mit dem Umschlagen der Wirkung kann ich dir auch nicht helfen...und mein geliebter Aktories ist auch grad nicht in Reichweite.
Wo sind die Fachleute für so was?!

Evil
15.01.2006, 15:46
Ich hab das mal bei einer Patientin in Spinalanästhesie erlebt, die wurde immer unruhiger, bis sie (trotz Spinaler!!) nach Gabe von Dormicum beinahe vom Tisch gesprungen wäre.

Womit wir sie dann "beruhigt" haben:

2 Ampullen Haldol, 1 Ampulle Catapresan und ca 60mg Propofol

So kann man die Leute aber nur unter Monitoring behandeln...

Rugger
15.01.2006, 19:18
Aber was passiert, wenn man mehr und mehr reinkippt kann mir keiner sagen, oder?! :-nix

R.

Evil
15.01.2006, 20:10
Also, bei besagter Patientin führte weitere Gabe von Dormicum zur Steigerung der Erregung... was der Endzustand ist, weiß ich nicht (möchte ich auch nicht ausprobieren)

Moorhühnchen
06.12.2010, 21:33
Ich hab das mal bei einer Patientin in Spinalanästhesie erlebt, die wurde immer unruhiger, bis sie (trotz Spinaler!!) nach Gabe von Dormicum beinahe vom Tisch gesprungen wäre.

Womit wir sie dann "beruhigt" haben:

2 Ampullen Haldol, 1 Ampulle Catapresan und ca 60mg Propofol

So kann man die Leute aber nur unter Monitoring behandeln...
Oh, genau das selbe hatte ich gestern abend auch: junger Kerl mit SPA, ließ sich gut stechen, aber dummerweise beim ersten Versuch nur Wirkung im "falschen" Bein. Einmal nachgestochen, dann top Wirkung. Das hat er alles super mitgemacht, ohne Nervosität oder sowas, er hat noch mit uns Witzchen gemacht, wollte aber für die OP was zum Schlafen haben...

Ich hatte mich für Dormicum entschieden und milliliterweise "titriert". Bei 1,5 mg keine Reaktion, bei 2 mg hat er einmal kurz die Augen zugemacht, aber das war's. Auf das dritte mg wurde er unruhig, ich hab es allerdings nicht sofort richtig interpretiert und ein viertes nachgelegt (so in nem Zeitraum von ca. 10 bis 15 Minuten) - DAS war zuviel!! Der Patient wollte ebenfalls vom Tisch springen, hatte eine 146er Frequenz und war super-agitiert.
Clonidin brachte überhaupt nix und nach (fraktionierten) 250 mg Propofol konnten wir ihn etwas beruhigen, er redete aber noch mit uns und wehrte sich zT noch heftig! Propofol lief dann zeitweise auf bis zu 22 ml/h (1%iges) und nach ca. 40 Minuten (Wirkdauer des Dormicums?) ließ die Agitiertheit und auch die Tachykardie langsam nach, so daß auch der Propofolperfusor reduziert werden konnte. Beim Ausschleusen wurde ihm bewußt, daß er sich wohl etwas "danebenbenommen" hatte, jedenfalls meinte er, es sei ihm superpeinlich! Ich fragte mich, wie der sich nach soviel Zeug überhaupt noch an irgendwas erinnern konnte.... :-nix

Ich fand's angebracht, ihm heute morgen 'nen Ausweis auf Station zu bringen.

Lava
06.12.2010, 21:37
Bringt da Flumazenil nichts?

ehemalige Userin 24092013
08.12.2010, 08:28
Ich hab das mal bei einer Patientin in Spinalanästhesie erlebt, die wurde immer unruhiger, bis sie (trotz Spinaler!!) nach Gabe von Dormicum beinahe vom Tisch gesprungen wäre.

Womit wir sie dann "beruhigt" haben:

2 Ampullen Haldol, 1 Ampulle Catapresan und ca 60mg Propofol

So kann man die Leute aber nur unter Monitoring behandeln...

Jupp, hab ich auch schon so erlebt. Die gute Frau hat während ihrer Hüft TP mit ihren Armen fast den ganzen OP Tisch abgeräumt. Da gabs dann n Succichrush....


@ Jane: Anexate setzt die Krampfschwelle ja ziemlich weit runter, könnte mir vorstellen das viele deswegen ehr zurückhaltend damit sind. Zumindest wirds hier (im Zusammenhang mit Regionalanästhesien) immer wieder so begründet.

Gersig
08.12.2010, 10:21
Ich fand's angebracht, ihm heute morgen 'nen Ausweis auf Station zu bringen.Was für einen Ausweis? :-notify

Sebastian1
08.12.2010, 11:05
Vermutlich einen Anästhesieausweis. Wir verwenden ja ganz gern mal Benzos i.v., und wenn jemand schon mal so heftig paradox reagiert hat, wäre das schon nett, das vorher zu wissen. (Und da Patienten ja auch gern mal "herzgesund" sind, nachdem sie ne 3GE und mehrfach-ACVB hatten....ist ein Ausweis netter ;))

Moorhühnchen
08.12.2010, 17:18
Vermutlich einen Anästhesieausweis. Wir verwenden ja ganz gern mal Benzos i.v., und wenn jemand schon mal so heftig paradox reagiert hat, wäre das schon nett, das vorher zu wissen.Ja, ich meine nen Anästhesieausweis. Ich möchte es weder dem Patienten noch den zukünftigen Anästhesisten zumuten, DAS nochmal zu erleben!! ;-)