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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neue AO - euer Fazit bisher



Sebastian1
19.01.2006, 23:26
Vor einiger Zeit gab es schon einmal einen Thread dazu, was ihr so von der neuen AO haltet, vor allem, was die Umsetzung an eurer Uni betrifft.

Da seitdem einige Zeit vergangen ist und sich meine Meinung beispielsweise sehr (leider zum negativen hin) geändert hat würd ich das Thema gern erneut zur Diskussion stellen.

Einige Punkte, die mir sehr sauer aufstossen:

Thema: Die Verpflichtung zur Benotung:
Nach wie vor ist in keiner Weise standardisiert oder zumindest annähernd vergleichbar, wie jemand zu einer Note kommt. Da ein mündliches Prüfungsverfahren personell zu aufwändig ist scheinen alle Unis dazu übergegangen zu sein, in jedem noch so kleinen Sch...fach, welches die letzten Jahrzehnte auch gut ohne Klausur zu Recht kam, eine Klausur zu stellen. Mag es mich selbst als Übergangskohortler nicht voll getroffen haben so möchte ich nicht mit den nachfolgenden Jahrgängen tauschen, die im 7. Semester 14, im 10. Semester 10 Klausuren schreiben. Nicht nur, dass somit die Aussagekraft der Noten interuniversitär nicht vergleichgbar ist; wenn in einem Semester "mal eben" grosse Fächer wie Neurologie, Chirurgie, Innere etc. abgeprüft werden und das in einem Wust kleinerer Fächer so ist eine adäquate Vorbereitung kaum möglich, zumal ja das Semester auch ganz normal weiterläuft. (Dies übrigens an einer Uni wie Bochum, die selbst weiss dass ein Großteil ihrer Studenten finanziell eher schwächerer Herkunft sind und so ganz nebenbei irgendwie für ihren Lebensunterhalt sorgen müssen, aber das nur nebenher.) Den Lerneffekt durch den zusätzlichen Druck??? Naja...*hüstel*, ich wage den mal anzuzweifeln. Und wer sagt mir eigentlich, dass eine 2 in Fach X in Bochum dasselbe aussagt wie dieselbe Note im selben Fach in Berlin, Greifswald, Tübingen, Rostock, Ulm oder ....

Thema Prüfungen an sich:
Tja, für Ergebnisse in den Staatsexamina an sich gibts schliesslich Geld und Prestige für die Unis. Sitzungen der Fakultät..."Oha, wir sind ja SCHLECHT in den Ergebnissen!". Fazit: "Lasst uns härter prüfen!". Eine Crux, die sicher nicht nur seit der neuen AO besteht, mir aber seither sehr aufgefallen ist. Die fakultätseigene Lehre wird kaum hinterfragt - ändern tut sich schon gleich gar nichts.

Thema "neue Fächer":
Ich weiss nicht, wie andere das erleben; als Übergangskohortler habe ich die neu eingeführten Fächer bisher erlebt als lieblos zusammengewürfelte Veranstaltungen ("soll ja in den nächsten Jahren besser werden" - ich hab leider nix davon!) oder als aus Terminnot (wieso hab ich dann eigentlich das ganze 10. Semester (schein)frei????) als Ferienblockkurse meist ohne echten Inhalt und mit planlosen Dozenten verkaufte Veranstaltungen (och war ja schon froh wenn jemand wusste in welchem Semester und unter welchen Umständen wir da waren, was eher eine Seltenheit war). Ein Haufen Pflichttermine während derer ich herzlich wenig gelernt habe und ein vielfaches hätte leisten können, wenn ich die Zeit für das Selbststudium zur Verfügung gehabt hätte. Namen wie "Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin" oder auch klinische Fächer wie "Anästhesie" mögen durchaus ihre Daseinsberechtigung im Studium haben, aber bitte: Man sollte erstmal (gute!) Lehre konzipieren bevor sie per ordre de mufti (sprich: Bundesgesetz) auf die Studierenden losgelassen wird.

Thema: Neues 2. Staatsexamen und neuer GK
Ich bin nach wie vor skeptisch. ich gehe mehr oder weniger ungeprüft (dafür sind ja schliesslich 24374,37 uniinterne Prüfungen da) ins PJ und soll 2 Monate nach dessen Beendigung eine Prüfung über alles zwischen dem 5. und 12. Semester schreiben. Wäre ich jung genug und hätte ausreichend Möglichkeiten mich weiter ausreichend selbst zu finanzieren könnte ich ja ein Urlaubssemester zum lernen einlegen, wie es viele vor zu haben scheinen (Hallo deutscher Staat, xtausend Medizinstudierende die auf einmal zu grossen Teilen ein zusätzliches Semester benötigen...das wird nicht billig!). Oder aber ich kann probieren den Kram irgendwie fristgerecht in meine Rübe zu donnern, um ihn nach dem Examen auch öglichst schnell wieder zu vergessen.
Der neue GK ist ja strukturell wesentlich besser gemacht als der bisherige...aber bisher habe ich tatsächlich EIN einziges Fach gesehen (welches dem Engagement eines einzelnen Profs verdankt), welches sich den neuen Inhalten und Strukturen wirklich gut angepasst und dies in die Lehre umgesetzt hat.


Mein Fazit:
Anfangs glaubte ich, die neue AO sei ein Weg hin zu besserer Lehre. Ich frage mich allerdings, ob das der Fall ist. Mein Studium war (ein paar Klausuren die noch vor mir liegen mal aussen vor gelassen) theoretischer und praxisferner als man es sich vorstellen könnte. Bei den Lehrenden stiess ich oft auf manifestes Desinteresse an der Qualität der eigenen Lehre, bei anderen strukturell Lehrverantwortlichen auf blosse Ignoranz (a la "schlechte Ergebisse? Härter prüfen!"). Schlusswort soll ein Zitat eines guten Freundes von mir sein:
"Irgendwann muss ich mal ein Buch über dieses Studium schreiben, sonst kann ich das alles nicht selbst glauben und verarbeiten".

In diesem Sinne,
Sebastian

McBeal
20.01.2006, 07:02
Ja,Sebastian, da bin ich ja wohl die richtige für eine Antwort...

Ich gehöre zu dem Jahrgang, der erstmals jetzt innerhalb von 2 Wochen (sprich 10 Werktagen) 14 Klausuren schreibt, die eben alle benotet werden und für die ich eigentlich gern mehr Lernen würde als nur "auf Bestehen". Ist mir aber leider nicht möglich und ich muss zugeben, dass ich mich zur Zeit einfach völlig überfordert fühle, weil ich wirklich bereit wäre, zu lernen, mir aber die Zeit fehlt, schließlich haben wir ja bis zu den Klausuren noch etwa 8 Stunden Uni am Tag...
Und dass man uns noch nicht mal die Möglichkeit lässt, die Prüfungen zur Notenverbesserung zu wiederholen, halte ich auch für eine große Schweinerei. Was einmal mit vier bestanden ist, bleibt so, basta. Damit kann man sich dann toll bewerben...:-(

Was die neuen Fächer angeht, habe ich unterschiedliches erlebt: Das Kombifach Infektiologie/Immunologie, was es jetzt in Bochum gibt, gefällt mir ziemlich gut, weil die immunologischen Themen mit Stoff aus Mibi und Viro verknüpft werden und so auch vieles wiederholt wird und die Dozenten außerdem sehr motiviert ist. Auch Patho als klinisch-pathologische Konferenz ist nicht schlecht, wir hatten Gastdozenten aus der Unfallchirurgie, Mibi und Labormedizin dabei.
Dagegen sind so Querschnittsbereiche wie Gesundheitsökonomie, Prävention, oder das tolle Fach Reha/Naturheilverfahren/Physikalische Medizin vielleicht auch interessant, aber in vollkommen überladenen Semestern wie z.B. unserem 7. total fehl am Platz und ich halte es für sehr lächerlich, darin eine Klausur zu schreiben, wenn ich noch 13 andere zu schreiben habe...

Dem Hammerexamen stehe ich auch sehr skeptisch gegenüber; ich hätte gern das alte 2. Stex geschrieben, weil ich befürchte, dass das praktische Lernen auf Station und das wirklich "Erleben" des Medizinerdaseins im PJ hinter dem aus Büchern lernen, was man zwangsläufig zuhause immer tun muss, zurückstehen wird. Natürlich meine ich nicht, dass ich auf Station sitzen und aus Büchern lernen werde, aber ich werde den Kopf nicht frei genug haben. Und außerdem weiß ich ja noch gar nicht, ob ich es sofort bis ins PJ schaffe, es könnte im 10. Semester nämlich bis zu 13 Klausuren geben...

Ich kann mir vorstellen, dass die neue AO vielleicht gar nicht so schlecht ist, wie sie mir erscheint; ich gehöre aber nunmal als erster "richtiger" Jahrgang nach der "Übergangskohorte" wohl zu den Versuchskaninchen...

Ich hoffe, ich habe den Thread jetzt nicht zu sehr mit dem Ausk* über meine Klausuren zugespammt, wenn doch, tut mir das sehr Leid. Bin einfach fertig...

Liebe Grüße,
Ally

Sidewinder
20.01.2006, 11:17
Ich habe gerade zwar eher weniger Zeit, hier so lange Texte zu schreiben, wie meine Vorredner, allerdings will ich trotzdem mal kurz anmerken, daß ich nicht pauschal gegen die neue AO bin, diese allerdings nicht ordentlich umgesetzt und teilweise auch schlechter als die alte AO finde.
Zum einen stört mich, daß alle Scheine benotet werden, die Aussagekraft dieser Noten jedoch praktisch gegen Null tendiert - dies wurde ja oben auch schon angemerkt. Wir müssen sogenannte "Semesterabschlussklausuren" schreiben, die aus 10 bis 14 Fächern bestehen und normalerweise zwischen 150 und 200 Fragen umfassen. Eine adäquate Vorbereitung ist unter diesen Umständen fast unmöglich, außerdem wird einem durch die Art der Fragestellung fast schon die Möglichkeit genommen, wirklich gute Leistungen zu bringen, denn man müsste sich prinzipiell in jede Vorlesung setzen und alles mitschreiben, und selbst dann lasse ich es mal dahingestellt, daß man alle Fragen beantworten könnte. Da ich aber nunmal nicht der große Vorlesungsgänger bin und ich außerdem schon aufgrund meiner Doktorarbeit nicht alle Vorlesungen besuchen könnte, habe ich es natürlich doppelt schwer.
Da wären mir die unbenoteten Scheine nach alter AO lieber.
Außerdem vermisse ich das 1., 2. und 3. Staatsexamen, denn auch wenn die Staatsexamina sicher stressig waren, so hat man doch immer wieder den Stoff nochmal zusamengefasst und wiederholt und eben gezielt für das Examen vorbereitet. Da die Examina wegfallen, lernt man halt, besteht die Klausur und dann vergisst man alles wieder, es wird aber von einem erwartet, das alles zum Abschlussexamen am Ende des Studiums parat zu haben.
Außerdem gehöre ich zur Übergangsgruppe, d.h. an uns wird quasi nur getestet und herumexperimentiert, das macht die Sache auch nicht besser.
OSCE finde ich zwar prinzipiell gut, nur bereitet einen keine Sau auf den OSCE vor, das mache ich jetzt selber, indem ich unter dem Semester, wenn mal keine Kurse sind, Praktika im Krankenhaus machen, denn nur mit Hilfe des U-Kurses hätte ich nicht gelernt, wie man eine ordentliche Anamnese erhebt oder einen Patienten untersucht. Beim OSCE wird aber dann erwartet, daß man das alles drauf hat und vorführt!
Na besten Dank!
Ich kann nur sagen, daß ich mit der neuen AO bzw. der Umsetzung der neuen AO ganz und gar nicht zufrieden bin.
Sicherlich war früher nicht alles besser, aber schlechter war es auch nicht.
Aber gut, da muß man jetzt durch, irgendwann wird das Studium ja schlußendlich vorbei sein und ich meine Approbation in Händen halten.
Bis dahin heißt es wohl Zähne zusammenbeißen

abi07
20.01.2006, 15:59
Nur eine kurze Frage von einem unwissenden, kleinen, dummen Schüler: Man kriegt doch sicher am Ende des Studiums irgendsowas wie eine Gesamtnote, mit der man sichg dann bewerben muss usw. Woraus wird die denn nach neuer AO errechnet? Ich dachte früher immer, da zählen nur Physikum und Staatsexamen dazu...

PS: Lyncht mich bitte nicht!

Sebastian1
20.01.2006, 16:07
Die Gesamtnote ergibt sich schon aus den Staatsexamina (nach neuer AO zu 1/3 aus dem 1., zu 2/3 aus dem 2. Stex) und taucht als solche dann auch auf. Die benoteten Fächer werden dennoch einzeln auf dem Approbationszeugnis mit aufgeführt; in die Berechnung der Endnote gehen sie nicht ein.

Sidewinder
20.01.2006, 16:09
Nach neuer AO sind es 1.Staatsexamen (Physikum) und 2.Staatsexamen, aus welchen die Note errechnet wird. Die Scheinnoten zählen nicht dazu, sondern werden auf einem extra Blatt aufgelistet, zumindest soll das bei uns so sein.
Bei uns zählt auch das Physikum nicht mit in die Gesamtnote, wenn ich dem glauben darf, was ich bisher gehört habe. Wir haben als Abschlussnote dann eben nur die Note aus dem 2.Staatsexamen.
Wie das Physikum nach neuer AO gewichtet wird, weiß ich nicht genau, ich glaube es macht 1/3 der Gesamtnote aus!

abi07
20.01.2006, 16:18
Danke für die schnellen Antworten, aber wirklich beruhigend ist das ja nicht gerade. Ich meine, wenn man sich später als Arzt mal irgendwo bewirbt, werden die sich die Sache ja sicher genauer anschauen, oder?

Lava
20.01.2006, 16:29
Die meisten Ärzte wissen nicht mal, dass so ein Extrazeugnis überhaupt gibt. Die haben damals noch keine Noten bekommen und kriegen nur so am Rande mit, dass sich da was geändert hat... erst wen die Chefs Zeugnisse mit komischen Einzelnoten auf den Tisch bekommen, werden sie sich mal damit beschäftigen müssen. Es macht vielleicht nicht den tollsten Eindruck, wenn du dich für Pädiatrie bewerben willst und da nur ne 4 hast, aber mir hat mal ein Päd-Chef gesagt, Famulaturen, PJ und Dr.arbeit in dem Fach sind ihm wichtiger als ominöse Noten....

abi07
20.01.2006, 16:41
Okay, das hört sich wenigstens etwas beruhigend an...woran man auch wieder sieht, dass es sich doch auch irgendwie lohnt, schon frühzeitig zu wissen, was man später für eine Fachrichtung einschlagen will...aber ich denke, wenn man das dann schon so in etwa weiß, wird man sich in diesem speziellen Fach auch mehr reinhängen als in anderen...berichtigt mich, wenn ich falsch liege...

Sidewinder
20.01.2006, 17:00
Sofern man sich reinhängen KANN, sicherlich, aber ich bin immer noch der Meinung, daß eine adäquate Vorbereitung fraglich ist, wenn man nebenher noch einen ganzen Schwanz von Fächern mitschleppen muß, weil man in einer Woche fünf Klausuren schreibt oder zehn Fächer in einer Semesterabschlussklausur schreiben muß. Sicherlich kann ich dann sagen, ich lege halt meinen Schwerpunkt auf Innere oder Chirurgie, welche eh meistens mit einer höheren Zahl an Fragen zu Buche schlagen, aber in den acht oder neun anderen Fächern kann man ja auch nicht einfach nichts tun.
Und so wird dann aus einer angestrebten adäquaten Vorbereitung mal ganz schnell ein "von allem ein bissl was"-Lernmarathon!

Andererseits denke ich auch, daß die Scheinnoten nicht zu großen Einfluss bei der Bewerbung bekommen werden, erstens aus Janines genanntem Grund und zweitens sollte auch jeder Chef irgendwann einmal mitbekommen, daß die Noten unter den Unis nicht vergleichbar sind!

supergirl17
20.01.2006, 22:28
Könnte sich bitte jemand aus Hannover oder Tübingen melden und sagen, dass es gar nicht so furchbar ist :-((

*bitte, bitte* :-nix

Gersig
21.01.2006, 00:50
Ich habe die Umsetzung der neuen AO in Göttingen persönlich bis jetzt als sehr angenehm empfunden.

Positiv ist:
- Praktikas, Seminare und UaK (Unterricht am Krankenbett) sind in sehr kleinen Gruppen , so dass man sich nicht tottrampelt
- die Dozenten geben sich fast immer größte Mühe, klinische Bezüge herzustellen und uns wirklich was beizubringen
- sehr viele Praxisbezüge (OP-Tage in der Anästhesie und Chirurgie, Simulationspatienten im Kurs "Ärztliche Basisfähigkeiten, OSCE)
- die meisten Fächer werden im Block unterrichtet (Geschmackssache ;-))
- alle Fächer werden evaluiert


Negativ ist:
- durch das Göttinger Modulsystem ist ein Studienortwechsel in der Klinik sehr schwierig und meist mit dem Verlust von Zeit verbunden
- der Stundenplan ist teilweise sehr zerrissen, so dass man oft den ganzen Tag im Klinikum ist

Ich denke, dass vieles Geschmackssache ist! :-meinung

supergirl17
21.01.2006, 11:43
@ Gersig:
Dankeschön, das gibt Hoffnung! :-top

Aber stimmt es, dass ihr in Göttingen Problem habt, eure Famulaturen in den Semesterferien ableisten zu können, weil ihr immer Blockpraktikum habt?
Und dass, ihr dafür in die Pampa geschickt werdet ohme Wahlmöglichkeit und Unterkunft etc, dann selber organisieren und zahlen müßt?

Gersig
21.01.2006, 12:22
Aber stimmt es, dass ihr in Göttingen Problem habt, eure Famulaturen in den Semesterferien ableisten zu können, weil ihr immer Blockpraktikum habt? Und dass, ihr dafür in die Pampa geschickt werdet ohme Wahlmöglichkeit und Unterkunft etc, dann selber organisieren und zahlen müßt?
Die Blockpraktika nehmen schon Zeit in Anspruch, so dass man zusehen muss, wie man seine Famulaturen geregelt bekommt. Aber es dürfte durchaus machbar sein. Die Blockpraktika werden auch in peripheren Häusen abgeleistet, jedoch wird die Unterkunft dann gestellt, soweit ich das weiß! Hat man uns zumindest so gesagt :-)