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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie reagiert der Körper bei -90 Grad



Schimmelschaf
28.01.2006, 14:02
So, nun wag ich mich mal in "die heiligen Hallen" der Studis.

Während des Matheunterrichts kam durch was auch immer diese Frage auf. Jetz mal die Frage an die "Experten". Was würde passieren, wenn man diese doch recht kalte Luft einatmen würde? Könnte man wie in dem Film "The day after Tomorrow" fast sofort er- / einfrieren?

dr chen
28.01.2006, 14:13
Lies mal die Kurzgeschichte "Das Feuer im Schnee" von Jack London.
Da geht ein Mann in Alaska spazieren, und laut Autor sind es -70 Grad. Der muss Kautabak kauen, damit ihm nicht die Gesichtsmuskeln einfrieren, aber atmen tut der schon. Wenn er ausspuckt, knistert es sofort weil die Spucke quasi in der Luft gefriert.

Das beantwortet zwar nicht deine Frage, weiß ich, aber es ist interessant zu lesen, und ich Frage mich schon, woher Jack London die Erfahrungen hat.

Schimmelschaf
28.01.2006, 14:16
Würde denn nich auch die Lunge quasi einfrieren?

Tse Tse
28.01.2006, 14:24
Es kommt bestimmt auch auf die Dauer der Kälteexposition an.
Dass man plötzlich zu einer Eissäule erstarrt, glaube ich nicht. Das ist dann doch eher Fiktion.

Es gibt ja auch Kältekammern in die man kurzzeitig rein gehen kann. Ich weiß nicht wie kalt es da drin ist, aber sibirische Temperaturen herrschen dort bestimmt, u.a. soll das was gegen Psoriasis bringen.
Ich denke, dass es erstmal zu einer Zentralisation kommt, in der die Körperkerntemperatur einige Zeit aufrechterhalten werden kann.


Würde denn nich auch die Lunge quasi einfrieren?
Direkt einatmen würde ich die eisige Luft aber trotzdem nicht, das führt bestimmt zu einer Atemnot. Ein Mundschutz ist wohl ratsam, wie ich es einmal in einer Fernseh-Reportage gesehen habe, da die Bronchien und Alveolen sich auf einen Kältereiz hin konstringieren können bzw. zusammenfallen und ein Gasaustausch dann nicht mehr adäquat stattfinden kann.

dr chen
28.01.2006, 14:27
Ich weiß nicht, inwieweit das, was London da geschrieben hat, Fiktion ist, andererseits geht aus seiner Biographie (bei Wikipedia z.B.) schon hervor, dass er in sehr kalten Breiten gelebt hat. Ich glaube nicht, dass die Luft einfriert, denn je kälter sie ist, desto geringer ist ja die Luftfeuchtigkeit, das merkst du ja jetzt auch schon draußen bei klarem Wetter. Ich denke, dass die Luft dann fast kein Wasser mehr enthält. Und das Wasser der Ausatemluft gefriert dir an der Kleidung/an den Haaren/am Bart.

Evil
28.01.2006, 16:43
Nun hat der Körper ja einige Kompensationsmechanismen, bei Nasenatmung erreicht die eingeatmete Luft ja angefeuchtet und gewärmt erst die Lunge. Bei -70° wird das aber schon schwierig mit der Kompensation, die Kälte dürfte zu Schleimhaureizungen und -schäden zuerst in den oberen Atemwegen, dann in der Lunge selber mit nachfolgendem stetigem Funktionsausfall führen.

Wie lang das dauert, kann ich Dir nicht sagen, bei minus 70 dürfte das aber noch Minuten bis Stunden dauern.

duncan_idaho
28.01.2006, 18:01
ich glaub es würd auch zu einer überblähung der lunge kommen, da die luft in der lunge erwärmt wird und dadurch an volumen zunimmt, das merkt man schon bei weitaus weniger kalten temperaturen, wenn man tief einatmet.

Gichin_Funakoshi
28.01.2006, 19:37
Also ich kann mir vorstellen, dass bei extrem niedrigen Temperaturen überlebenswichtige Stoffwechselmechanismen zum erliegen kommen, da die notwendige Energie für eine chemische Reaktion bei dieser Kälte nicht mehr aufgebracht werden kann. Korrigiert mich, wenn ich mich Irre. :-top

Edit: Könnte man den Körper mit speziellen Enzymen nicht länger am Leben halten? Gut, diese müssten schon sehr speziell sein, aber theoretisch sollte das doch möglich sein, oder?

Sidewinder
28.01.2006, 20:07
Die primäre Frage richtete sich ja danach, was passiert, wenn man so extrem kalte Luft einatmet. Ich würde mich da meinen Vorrednern anschließen und sagen, daß zunächst einmal nichts passiert, sich aber auf Dauer sicherlich schädigende Effekte einstellen würden, insbesondere bei extrem kalten Temperaturen dürften die Kompensationsmechnismen des Körpers relativ schnell überlastet sein.

Die Unterkühlung selbst bis hin zum erfrieren macht sich ja zunächst durch eine Hyperaktivierung bemerkbar, Muskelzittern setzt ein, der Glucosespiegel im Blut steigt zunächst an, es stellt sich eine Azidose ein. In der Folge kommt es dann zu einer weiteren Verstärkung der Azidose, der Glucosespiegel sinkt ab, die Anfälligkeit für Herzrhythmusstörungen nimmt zu und der Betroffene wird langsam somnolent, trübt ein, irgendwann brechen dann die Stoffwechselvorgänge zusammen.
Es spielen aber beim Erfrieren nicht nur die Enzyme eine Rolle, sondern auch noch zahlreiche andere Faktoren und physiologische Veränderungen, so daß es mit einem reinen Ersatz der Enzyme durch kälteresistentere Enzyme sicherlich nicht getan wäre.
Auch die stark gewebsschädigenden Einflüsse extremer Kälte darf man ja nicht außer Acht lassen.

Gichin_Funakoshi
28.01.2006, 20:24
Mist, wird wohl nix mit dem Nobelpreis. :-))

Aber danke für deine Erläuterung :-top

Evil
29.01.2006, 10:35
Edit: Könnte man den Körper mit speziellen Enzymen nicht länger am Leben halten? Gut, diese müssten schon sehr speziell sein, aber theoretisch sollte das doch möglich sein, oder?
Wie willst Du das anstellen? Jede einzelne Zelle anbohren und den kompletten Satz an Proteinen ersetzen? :-D