Hoppla-Daisy
09.02.2006, 23:49
Wie lange dauert es eigentlich, bis ein zerrissenes Herz anfängt abzuheilen? Ich wünschte, ich wüsste die Antwort auf diese und ähnliche Fragen. Allein mit diesem Wissen könnte ich wohl ein Vermögen machen. Aber ich werde aller Voraussicht nach arm bleiben. Und woher kommt dieser Schmerz, der sich von Zeit zu Zeit breit macht in Brust und Bauch, und der sich anfühlt wie ein Messer, welches mit penibler Sorgfalt immer und immer wieder im wunden Fleisch lustvoll herumgedreht wird. Und jedes Mal ein bisschen tiefer eindringt. Die Wunde selbst ist nicht zu sehen, aber man weiß genau, dass sie da ist. Und irgendwann, ganz plötzlich wie aus heiterem Himmel, bemerkt man, dass der Schmerz weg ist. Aber die Narbe spürt man noch sehr genau. Wie im richtigen Leben zieht und zwackt es immer wieder, und man wird daran erinnert, dass dort mal der Schmerz zuhause war. Und dieser Schmerz lässt einen mit Gewissheit sagen, dass man noch am Leben ist. Mit der Zeit werden es allerdings immer mehr Narben, und der Anteil an Unversehrtheit schwindet zusehends. So ähnlich wurde mir in einem Liedtext erzählt. Stellt sich die Frage, was wohl passiert, wenn schließlich alles vernarbt ist. Was kommt dann? Ach, hätte ich doch auch nur darauf eine Antwort.
Manchmal ist es wirklich anstrengend, darüber nachzudenken, was das Leben noch alles für einen bereit halten mag. Einerseits ist es gut, dass man so viele Dinge im Vorfeld nicht weiß. Andererseits würde man vielleicht vieles vermeiden, von dem man weiß oder ahnt, dass es Schmerzen bereiten wird. Aber würde man sich nicht damit automatisch auch des Schönen selbst berauben? Man muss wohl abwägen, wieviel man vertragen kann, wieviel Last die eigenen Schultern zu tragen vermögen. Die Frage ist nur, inwieweit man das beurteilen kann im Wahn, der dem Messerschnitt vorausgeht. Wiegt das Schöne den Schmerz am Ende völlig auf? Oder gerät das Schöne über die Trauer gar in Vergessenheit? Nein, das wohl nicht, allerdings wirft der Rückblick einen zarten Schleier des Unwirklichen darüber. Ist das wirklich einmal so gewesen? Viel zu schnell schwindet die Erinnerung an ein Gefühl, eine Berührung. Meist ist es ein vertrauter, zärtlicher Blick, aber vielfach auch ein Blick zurück im Zorn. Zorn darüber, weil einem das liebste Spielzeug genommen wurde. Weil der eigene Wert scheinbar missachtet wurde. Weil man vergessen wird. Weil man links liegen gelassen wird. Weil man mit dem entzauberten Zauber allein gelassen wird. Weil man ersetzbar geworden ist. Oder zumindest so nicht mehr gebraucht wird. Und das ist wohl der größte Schmerz. War man vorher der wichtigste Mensch oder zumindest auf der Säule der wichtigsten Menschen recht weit oben angesiedelt, so sieht man sich nun degradiert. Verrückt auf eine andere Säule, nämlich die mit den anderen Menschen, die ebenfalls irgendwann degradiert wurden. Schaut man sich um, erkennt man, dass man in die Masse geschoben wurde. Dabei möchte doch jeder von uns einzigartig, etwas Besonderes sein. Und nun steht man mit leeren Händen da, einfach verschoben, zur Passivität verdammt. Am liebsten würde man sich aus der Masse befreien und losschreien, dass man hier nicht bleiben möchte. Aber wie war das noch mit dem Spatz in der Hand?
Und plötzlich ist dieses Gefühl weg. Einfach weg. Es ist schon sehr seltsam, mit einem Mal festzustellen, dass der andere auch ersetzbar ist und ebenso in die Masse geschoben werden kann. Und damit ist der Blickwinkel ein anderer. Der Blick zurück im Zorn (oder auch in Trauer) weicht einem gnädigeren Blick. Gnädiger, aber auch von wesentlich weiter entfernt. Und langsam dünnt auch der Grauschleier aus. Alles wird wieder klarer, die Ziele werden neu definiert. Wo auch immer diese liegen mögen, sie liegen nicht nah bei den alten Zielen. Und wieder einmal ist der Zeitpunkt des Entliebens unmerklich gekommen. Ich werde wohl wirklich arm bleiben, weil ich mal wieder nicht sagen kann, wann warum und wie genau das Gefühl plötzlich verschwand. Aber schon wieder ist da eine Narbe mehr, die es zu pflegen gilt. Gute Pflege ist wichtig, damit die verheilte Wunde nicht zieht und zwackt, die Narbe geschmeidig bleibt und einen nicht lähmt in den neuen Aktivitäten. Wie Falten sind Narben wohl Zeichen eines bewegten Lebens. Und wenn ich es mir recht überlege, sollte man ja fast dankbar sein für Narben. Lieber so als falten- und narbenfrei ein langweiliges Leben gelebt zu haben.
Wenn die Schnitte und Wunden nur nicht immer so tief wären…
Manchmal ist es wirklich anstrengend, darüber nachzudenken, was das Leben noch alles für einen bereit halten mag. Einerseits ist es gut, dass man so viele Dinge im Vorfeld nicht weiß. Andererseits würde man vielleicht vieles vermeiden, von dem man weiß oder ahnt, dass es Schmerzen bereiten wird. Aber würde man sich nicht damit automatisch auch des Schönen selbst berauben? Man muss wohl abwägen, wieviel man vertragen kann, wieviel Last die eigenen Schultern zu tragen vermögen. Die Frage ist nur, inwieweit man das beurteilen kann im Wahn, der dem Messerschnitt vorausgeht. Wiegt das Schöne den Schmerz am Ende völlig auf? Oder gerät das Schöne über die Trauer gar in Vergessenheit? Nein, das wohl nicht, allerdings wirft der Rückblick einen zarten Schleier des Unwirklichen darüber. Ist das wirklich einmal so gewesen? Viel zu schnell schwindet die Erinnerung an ein Gefühl, eine Berührung. Meist ist es ein vertrauter, zärtlicher Blick, aber vielfach auch ein Blick zurück im Zorn. Zorn darüber, weil einem das liebste Spielzeug genommen wurde. Weil der eigene Wert scheinbar missachtet wurde. Weil man vergessen wird. Weil man links liegen gelassen wird. Weil man mit dem entzauberten Zauber allein gelassen wird. Weil man ersetzbar geworden ist. Oder zumindest so nicht mehr gebraucht wird. Und das ist wohl der größte Schmerz. War man vorher der wichtigste Mensch oder zumindest auf der Säule der wichtigsten Menschen recht weit oben angesiedelt, so sieht man sich nun degradiert. Verrückt auf eine andere Säule, nämlich die mit den anderen Menschen, die ebenfalls irgendwann degradiert wurden. Schaut man sich um, erkennt man, dass man in die Masse geschoben wurde. Dabei möchte doch jeder von uns einzigartig, etwas Besonderes sein. Und nun steht man mit leeren Händen da, einfach verschoben, zur Passivität verdammt. Am liebsten würde man sich aus der Masse befreien und losschreien, dass man hier nicht bleiben möchte. Aber wie war das noch mit dem Spatz in der Hand?
Und plötzlich ist dieses Gefühl weg. Einfach weg. Es ist schon sehr seltsam, mit einem Mal festzustellen, dass der andere auch ersetzbar ist und ebenso in die Masse geschoben werden kann. Und damit ist der Blickwinkel ein anderer. Der Blick zurück im Zorn (oder auch in Trauer) weicht einem gnädigeren Blick. Gnädiger, aber auch von wesentlich weiter entfernt. Und langsam dünnt auch der Grauschleier aus. Alles wird wieder klarer, die Ziele werden neu definiert. Wo auch immer diese liegen mögen, sie liegen nicht nah bei den alten Zielen. Und wieder einmal ist der Zeitpunkt des Entliebens unmerklich gekommen. Ich werde wohl wirklich arm bleiben, weil ich mal wieder nicht sagen kann, wann warum und wie genau das Gefühl plötzlich verschwand. Aber schon wieder ist da eine Narbe mehr, die es zu pflegen gilt. Gute Pflege ist wichtig, damit die verheilte Wunde nicht zieht und zwackt, die Narbe geschmeidig bleibt und einen nicht lähmt in den neuen Aktivitäten. Wie Falten sind Narben wohl Zeichen eines bewegten Lebens. Und wenn ich es mir recht überlege, sollte man ja fast dankbar sein für Narben. Lieber so als falten- und narbenfrei ein langweiliges Leben gelebt zu haben.
Wenn die Schnitte und Wunden nur nicht immer so tief wären…