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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Medikation bei Herzinfarkt - Nitro und ASS... ääh, aber!



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little_lunatic
09.03.2006, 18:08
ich stehe gerade ein wenig auf dem schlauch. folgende Problematik:
aussage von jemandem der es "eigentlich" wissen sollte - chef einer schule einer hilfsorganisation, rettAss-ausbilder - erklärte heute künftigen ausbildern mit mindestens sanitätshelferausbildung, dass bei herzinfarkt nitro und ass gegeben wird. nitro senkt den blutdruck und entlastet das herz. ende.
irgendwie kam mir das da schon schwammig vor. Hatte das eher so in Erinnerung: Nitro erweitert eigentlich die venösen Gefäße und kann somit auch den Blutdruck senken. Allerdings gibt es Fälle in denen es den Blutdruck garnicht senkt und Herzinfarkt oder angina pektoris muss nicht wirklich mit normalem bis hohen blutdruck einhergehen. Gibt meines Wissens auch oft erniedrigten Blutdruck und wenn ich da noch ordentlich Nitro draufhaue kippt der mir ganz weg.. oder hab ich da nen denkfehler? Hab irgendwo überflogen dass auch betablocker mit blutdruckerhöhender Wirkung eingesetzt werden und weiteres. Also entweder bin ich wirklich zu blöd oder mr. perfect hat hier wirklich senf erzählt.
anderer knackpunkt war die aussage das loch in der herz-scheide-wand beim säugling (ventrikelseptumdeffekt?) würde in den ersten 2-3 wochen schließen. RettAss der mit im Kurs war meinte nacher er würde mit dem ersten atemzug verschließen und in den ersten 2-3 wochen ausheilen... steh da jetzt so ein bisschen auf dem schlauch obwohl ich vermute dass der werte gebildete herr chef ein wenig senf erzählt hat..
räum mir mal jemand das hirn auf, bitte... ;-)

Michi5880
09.03.2006, 18:18
Also bei AMI verfährt man ja normalerweise nach dem MONA-Schema:

Morphin, Oxygenierung, Nitrate, ASS (+Heparin, je nach dem, ob Lyse, PTCA oder nicht)

Wenn der Blutdruck allerdings im Keller ist, ist es nur logisch, dass man dem Patienten Nitro nicht in Massen reinhaut.

Zur zweiten Ausage kann ich nur schlicht und einfach "falsch" sagen!

P.S.: Betablocker mit Blutdrucksteigernder Wirkung? Hä? Welche sollen das denn sein?

PhineasGage
09.03.2006, 18:26
Du meinst das Foramen Ovale zwischen den beiden Vorhöfen.
Sobald das Kind mit dem Atmen beginnt kehren sich die Druckverhältnisse im Herzen um. Die Lungenstrombahn wird ja dadurch auf einmal stark durchblutet, der Druck im linken Vorhof steigt. Dadurch legt sich eine kleine Gewebsmembran/-wand (einfach formuliert) wie eine Zufallende Tür an das Foramen ovale an, und verschließt es damit quasi. In der folgenden Zeit wird das Foramen dann weiter "zugemauert". Aber auch bei vielen Erwachsenen ist das Foramen mit einer Sonde noch als offen zu beschreiben, physiologisch aber als zu.
Hoffe, das reicht in etwa. mehr fällt mir auch grad nicht ein.

Lava
09.03.2006, 18:28
1.) Nitrate senken die Vorlast und das kann bei einem durch einen Herzinfakrt geschwächten Herz schon ganz nützlich sein. Nitrate darf aber aber auf gar keinen Fall geben, wenn der Pat PDE5 Hemmer wie Viagra oder Cialis genommen hat. Sollte man in der heutigen Zeit also immer fragen. ;-)

2.) Loch im Herzen? Vielleicht meinte er das Foramen ovale, das sich mit der Druckänderung in den Vorhöfen nach der Geburt zunächst funktionell verschließt und später ganz. Bei manchen Leuten bleibt es auch lebenslang "ventiloffen" oder komplett offen. Oder er meinte den Ductus arteriosus Botalli, der sich ebenfalls mit der Druckänderung im Kreislauf schließt innerhalb der ersten Stunden und nach einigen Tagen obliteriert.

PhineasGage
09.03.2006, 18:31
Beta1-Blocker blockieren - wie der Name sagt - Beta1Rezeptoren, die gibts v.a. am Herzen. Der Gefäßtonus wird vereinfachend gesagt von Alpha1-Rezeptoren gesteuert, die bei Aktivierung eine Kontrakion der glatten Gefäßmuskulatur bewirken und damit den Blutdruck steigern!
Beta1-Blocker haben -vor allem ältere - den Nachteil auch ein wenig Beta2-Rezeptoren der Lunge zu hemmen, was dann zu einer Bronchokonstriktion führen kann.
Soviel nur mal gaaaanz groooob gesagt....dann kann man es sich vielleicht erst mal besser merken.

Lava
09.03.2006, 18:33
Beta-Blocker blockieren - wie der Name sagt - BetaRezeptoren, und zwar vor allem Beta1,

Moment! Es gibt beta1-selektive (z.B. Metoprolol, Bisoprolol und Carvedilol), und nicht-selektive. Und dann unterscheidet man noch mit intrinsischer Aktivität und ohne.

Und wieso ist niemandem der Fehler aufgefallen? Bei Astham gibt man selbstverständlich beta2 SympathoMIMETIKA und nicht BLOCKER :-))

Gibts auch beta2-selektive Blocker? Glaub schon, oder? :-D

PhineasGage
09.03.2006, 18:41
Hast absolut recht, meinte natürlich die Beta1-Rezeptor-Blocker :-nix
Ich verbesser es direkt

derAnda
09.03.2006, 18:48
Also bei AMI verfährt man ja normalerweise nach dem MONA-Schema:

Morphin, Oxygenierung, Nitrate, ASS (+Heparin, je nach dem, ob Lyse, PTCA oder nicht)



Kennt noch wer den Mc Halbmond ?
M etoclcpramid, H eparin, A ss, L asix, B etablocker, Mo rphium, N itro, D iazepam (Benzos, alle lieben Benzos.)

Hab ich mal gehört und erscheint mir als die volle Breitseite.

Sebastian1
09.03.2006, 18:49
Und um das noch eben zu ergänzen: Wenn jemand im manifesten kardiogenen Schock ist wäre zwar die Vorlastsenkung durch Nitrate wünschenswert, macht dann aber der Kreislauf aber oft nicht mehr mit. In dem Fall kommen dann eher Dopamin und Dobutamin als Katecholamine zum Einsatz, das allerdings wohl eher nicht präklinisch (wobei ich kein RettAssi bin und nicht immer weiss, was präklinisch so alles gegeben wird, also im Zweifelsfall bitte verbessern ;)

Lava
09.03.2006, 18:49
Jo, Lasix und Diazepam sind nicht unbedingt Standard. Eher nach Bedarf. Aber MCP is ne gute Idee :-top

Peter_1
09.03.2006, 19:37
Moin,
also Nitrate gibt man V.a. weil man die Schmerzen durch die Verengung der Kranzgefäße mindern möchte indem die Karnzgefäße durch die Nitrate dilatieren. Dies ist V.a. eine symptomatische Therapie, nebenher senken die Nitrate wie schon gesagt die Vorlast. Nitrate würde man einem massiv hypotonen Patienten (z.B. mit einem Druck von 70/40) nicht geben, da der Druck hierdurch noch weiter in den Keller rauscht. Selbiges gilt für den Betablocker. ASS gibt man bei Fehlen von KI immer, da Prognoseverbesserung.Vergessen wurde noch das Clopidogrel (300mg=4Tbl., mittlerw. schon in Diskussion ob nicht besser 600mg!)) beim gesicherten Myokardinfarkt. Heparinisiert (NMH oder UFH) werden die Patienten (n. Ausschluß von KI) auch so gut wie immer. Teilweise werden zusätzlich GPIIa Antagonisten gegeben (umstritten). Ansonsten handelt man symptomatisch, bei gestauten Patienten Lasix (ausser beim rechtsventr. Infarkt), bei massiver Insuffizienz Katecholamine, bei Rhythmusstörungen Antiarrhythmika resp. Pacer. Und schlussendlich so schnell wie möglich in ein Katheterlabor, erst recht beim Pat. im kardiogenen Schock.

test
09.03.2006, 19:59
Gibts auch beta2-selektive Blocker? Glaub schon, oder? :-D

Nö, gibts nicht. ;-)

Lava
09.03.2006, 20:03
Nö, gibts nicht. ;-)

Komisch! Wenn's selektive Mimetika gibt, wieso keine Blocker?

test
09.03.2006, 20:12
Komisch! Wenn's selektive Mimetika gibt, wieso keine Blocker?

Es gibt auch kein echtes selektives beta 1 mimetikum. Abgesehen von Dobutamin aber das ist auch nicht wirklich selektiv. Es gilt nur als "beta 1 selektiv", da seine beta 2 wirkung durch alpha 1 wirkung ausgeglichen wird.

Sidewinder
09.03.2006, 20:21
Einigt euch doch drauf, daß es in der Medizin eh kaum was Absolutes gibt...alles höchst relativ! ;)

ehemalige Userin 24092013
09.03.2006, 21:46
Zusätzlich noch Plavix ( Thrombozytenaggregatrionshemmer ), wenn fest steht, dass man lieber Coronarangiographiert, als Lysiert.
Eine Lysetherapie hab ich bisher noch nie erlebt - irgendwie sind alle grad zur Coronarangio gewandert.

Gersig
09.03.2006, 21:49
Lyse gibts noch, sogar präklinisch!

ehemalige Userin 24092013
09.03.2006, 21:52
Ja, das glaube ich sogar - aber hier wirds net wirklich gemacht.
Hier kommt ein Patient mit RD Medikation: Morphin nach Bedarf, 500mg Asperin i.v., Sorbidilat und b.B. Nitro - das wars.
Ne Metalyse hab ich hier echt ne gesehen - und präklinisch kann ich bei der oben aufgezählten Medikation nicht wirklich erkennen.

Gersig
09.03.2006, 21:57
Präklinische Lyse ist halt immer ein Mega-Stunt, deswegen wirds so selten gemacht :-sleppy

Lava
09.03.2006, 21:59
Lyse halt, wenn der Pat nicht innerhalb von 90min auf nem Kathetertisch liegen kann.

Ein Notarzt hat mir neulich erklärt, man zählt die Zeit ab Notruf. Kommt mir aber komisch vor... manche Leute schleppen ihren Herzinfarkt auch erstmal nen halben Tag mit sich rum, bevor sie den Notarzt rufen. Landen die dann auch im Katheterlabor, obwohl der Infarkt, sagen wir, 3 oder 4 Stunden her ist?