PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Arbeitsbedingungen/Anforderungen wirklich so hart? Erfahrungen praktizierender Ärzte!



Seiten : [1] 2 3 4

MatzeXXL
28.03.2006, 16:36
Hallo,

da ich mich mit der Möglichkeit eines Medizinstudiums befasse, wollte ich ein paar Dinge fragen.
Es scheint ja erstmal eine recht düstere Stimmung hier im Forum zu herrschen, was den Blick aufs spätere oder schon derzeitige Berufsleben angeht.
Es ist die Rede von 60-80h/Woche, kaum Alternativen, Praxen, die bankrott gehen, der Illusion von alternativen Berufsfeldern und und und.

Trifft das denn wirklich so zu, möchte ich die fragen, die wirklich schon im Beruf stehen und sich als eine einigermassen positive und stabile Person bezeichnen würden.

Weiterhin frage ich mich, ob die Anforderungen an Ärzte wirklich so gross sind, wie es z.B. im aktuellsten Studienführer der "Zeit" heisst:
"Gut zuhören können, sich stets für andere interessieren, Teamgeist besitzen, ganze Nächte gutgelaunt durcharbeiten können, sich durchsetzen können....."

Erwarten würde ich selbst diese Eigenschaften von einem Arzt allerdings schon.....


Also, wenn all dies auf eine wirklich so harte Laufbahn schliessen lässt, würde ich mir das nochmal schwer überlegen.....

milz
28.03.2006, 16:39
Wenn mir das später zu stressig wird, werde ich Pathologe. Wochenden immer frei, keine Nachtdienste, kaum Überstunden (wenn man sich nicht übermäßig z.B. wissenschaftlich engagiert) und auch ein sehr interessantes Fach. Für Ausland bin ich leider zu heimatverbunden.

TomB
28.03.2006, 16:42
Ja,60-80 Stunden ist völlig normal! Und ganze Nächte durcharbeiten muss ich auch, gutgelaunt allerdings nicht immer....

Mir haben während des Zivildienstes alle Ärzte abgeraten, Medizin zu studieren. Ich habs dennoch getan, weil es mich interessiert hat und ich die Einstellung hatte, dass man diese Bürde für einen so tollen Beruf eben auf sich nehmen muss. Inzwischen wünsche ich mir, ich hätte auf die Ärzte damals gehört. Es ist zwar interessant, aber der Beruf gibt bei weitem nicht das zurück, was man investiert...LEIDER!!!

Feuerblick
28.03.2006, 16:45
60-80 Wochenstunden, Atmosphäre der Überforderung (kaltes Wasser gehört leider zu den täglichen Dingen, in die du geschmissen wirst... sei froh, wenn man dir nicht vorher buchstäblich noch Betonklötze ans Bein bindet...), kaum noch Wochenenden, wenig Freizeit, Nachtdienste (und wer da immer gutgelaunt ist, der hat meinen vollsten Respekt), Stress pur und selten die Medizin, die man gerne machen würde.
Auch ich wäre im Nachhinein lieber bei meinem alten Job geblieben. Aber nu isses halt zu spät...

MatzeXXL
28.03.2006, 17:13
Und was war dein alter Job (oder auch Jobbereich)?

Würden die von euch, die hier negativ schreiben, als innerlich stabil bezeichnen? (ist persönlich, ich weiß, aber bei mir schwingt immer das Bedenken, daß lauter depressive hier rumhängen, mit....ich will mit solchen Fragen niemanden angreifen!)

Evil
28.03.2006, 17:29
Die Arbeitsbedingungen sind nicht so sehr härter geworden als früher, was sich geändert hat ist in erster Linie die schlechter gewordene Bezahlung, die auch für die spätere Laufbahn (Oberarzt, Niedergelassener) nicht rosig scheint, und die überbordende Bürokratie.

Ich sag mal so, man kann damit zurechtkommen, aber dafür muß man den Job an sich schon sehr gern machen. Alle diejenigen, die sich nicht ganz bei der richtigen Tätigkeit fühlen, sind extrem gefrustet, die anderen "nur" genervt.
Ich hoffe bloß, daß sich daran demnächst etwa ändert, anderenfalls gehe ich ins Ausland.

TomB
28.03.2006, 17:30
:-D :-D Ich würd mich als innerlich sehr stabil bezeichnen, sonst hält man das nicht aus.... :-D :-D
Nein, glaub mir, depressiv bin ich ganz sicher (noch) nicht!!!

Feuerblick
28.03.2006, 17:34
*grins* Höchstens partiell depressiv. Zur Zeit aber massiv demotiviert und desillusioniert (bei schon vorher wirklich wenig Illusionen) :-))

Was ich vorher gemacht habe? Ich war Orthoptistin (die Damen, die man beim Augenarzt in der "Sehschule" findet und die Schielbehandlung betreiben) und hatte irgendwie das Gefühl, dass ich einfach mehr wissen möchte. Im Nachhinein denke ich, dass ich in diesem Job zwar auch nicht unglaublich glücklich wäre, aber so kommt mir doch immer mal wieder der Gedanke, ein paar Jahre meines Lebens mehr oder weniger vergeudet zu haben.

Naja, vielleicht bekomme ich ja irgendwann mal die Chance auf eine Stelle, die ich gerne hätte.
Trotzdem: Arbeitsbedingungen und -zeiten sind dann immer noch die gleichen!

MatzeXXL
29.03.2006, 11:20
Na das hört sich ja echt nicht so toll an.
Also so ähnlich wie bei Lehrern (oder wahrscheinlich fast allen Berufen): Wems liegt ist zufrieden bis etwas gestresst und der Rest ist am rotieren und dauergenervt?

Also gilt doch : Arzt au Passion oder bleiben lassen?

Ich kann die Situation sie so, wie Evil sie darstellt, nachvollziehen, das hört sich wie eine Meinung an, mit der ich was anfangen kann.....

Bier
29.03.2006, 11:29
lest euch doch bitte einmal folgende Ausführungen durch:

Der Ärztestreik an den Universitätskliniken (http://www.paediatrie-links.de/streik.htm)

:-party

Wenn sich nach diesem Streik nichts deutlich verbessert, werte ich das als "signum mali ominis" und bin schleunigst ´raus! (Ausland oder Pharmaindustrie)

Doktor_No
29.03.2006, 11:44
diesem artikel ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. mir macht mein job in grossen teilen spass, aber vieles ist auch einfach mist. und wenn man mal seinen stundenlohn ausrechnet kann man eigentlich nur noch den kopf schütteln und sich fragen, warum man nicht putzen geht, da gibts mehr pro stunde...
ich guck mir die sache noch eine zeit lang an, und wenn sich nix ändert mach ich was anderes oder geh (ist eh geplant) wenn möglich weg aus deutschland. da ich weder der gute mensch von sezuan noch bescheuert bin werde ich mich nicht in diesem kaputten system verheizen lassen.
und noch ein tip: es ist manchmal recht hilfreich, zwischen abteilung und arbeitgeber zu trennen... ;-)

Gwendoline
29.03.2006, 12:15
Dieser Artikel festigt auch wieder mal meine Meinung, dass ich niemals für längere Zeit an der Uniklinik arbeiten würde. Hab mal in einem Blockpraktikum erlebt, wie eine AssÄrztin nach ihrem 24-Stunden-Dienst von ihrem OA den Auftrag bekommen hat bis morgen doch noch einen Beitrag über neue Verfahren mit Gamma-Nägeln für die Jubiläumszeitung des Chefes zu schreiben. Und das war sicherlich keine Ausnahme...

Doktor_No
29.03.2006, 12:26
das ist kein uniklinikumsspezifisches vorgehen...

Feuerblick
29.03.2006, 12:40
...ich wollts grad schreiben... bin übrigens auch (noch) nicht an einer Uni tätig.

Gwendoline
29.03.2006, 12:56
aha, gut zu wissen...*freut sich schon auf frühzeitige Falten*

murkel
29.03.2006, 13:05
ich werd hausfrau und mutter...

Dedi
29.03.2006, 13:37
ich werd hausfrau und mutter...

Diese Alternative wird für mich auch immer attraktiver...

Im Ernst. Ich finde die Arbeitszeiten an sich gar nicht sooo schlimm. Es ist allerhöchstens vereinzelt so, dass ich völlig erledigt abends nach Hause komme und zu gar nichts mehr fähig bin. Aber ich hasse dieses sich zwischen Forschung, Lehre und Patienten zerreißen müssen. Es gibt so Tage, da schmeißt man die Station allein und hat um 9 Uhr Vorlesungsassistentenschaft und OA-Visite gleichzeitig im Plan und nachmittags noch einen dreistündigen Studentenkurs. Nebenbei hat man noch seinen Versuch im Labor laufen... Und wo kürzt man dann? Am Leichtesten ist es halt doch bei den Patienten - wobei die Angehörigen oft schlimmer sind...

Armes deutsches Gesundheitswesen.

Altruist
29.03.2006, 13:51
Diese Alternative wird für mich auch immer attraktiver...

Im Ernst. Ich finde die Arbeitszeiten an sich gar nicht sooo schlimm. Es ist allerhöchstens vereinzelt so, dass ich völlig erledigt abends nach Hause komme und zu gar nichts mehr fähig bin. Aber ich hasse dieses sich zwischen Forschung, Lehre und Patienten zerreißen müssen. Es gibt so Tage, da schmeißt man die Station allein und hat um 9 Uhr Vorlesungsassistentenschaft und OA-Visite gleichzeitig im Plan und nachmittags noch einen dreistündigen Studentenkurs. Nebenbei hat man noch seinen Versuch im Labor laufen... Und wo kürzt man dann? Am Leichtesten ist es halt doch bei den Patienten - wobei die Angehörigen oft schlimmer sind...

Armes deutsches Gesundheitswesen.

Ich will ich nun keinerlei Streitigkeiten lostreten, vielmehr interessiert es mich, wieso man sich dann eine solche Stelle sucht,
warum man eine solche dann nicht wechselt,
warum man nicht das Wagnis eingeht und sein Glück im europ., oder gar aussereurop. Ausland sucht?

Dedi
29.03.2006, 14:00
Ich will ich nun keinerlei Streitigkeiten lostreten, vielmehr interessiert es mich, wieso man sich dann eine solche Stelle sucht,
warum man eine solche dann nicht wechselt,

Weil ich keine Ahnung habe, wo es in diesem Beruf noch richtige "Traumstellen" zu Topbedingungen gibt. Wenn Du mir diese nennst, dann werde ich drüber nachdenken. Ich zerbreche mir schon seit Monaten den Kopf, aber ich hab die Lösung nicht gefunden. Vielleicht kannst Du mir ja weiterhelfen.


warum man nicht das Wagnis eingeht und sein Glück im europ., oder gar aussereurop. Ausland sucht?

Weil Abhauen nicht immer die klügste aller Lösungen ist. Weil ich mich nicht damit abfinden will, dass es keine andere Lösung gibt. Und aus anderen Gründen ( [-::-] ) ...

Werwolf
29.03.2006, 14:02
Würden die von euch, die hier negativ schreiben, als innerlich stabil bezeichnen? (ist persönlich, ich weiß, aber bei mir schwingt immer das Bedenken, daß lauter depressive hier rumhängen, mit....ich will mit solchen Fragen niemanden angreifen!)

Ja. Ich würde mich als recht stabil bezeichnen. (Allerdings vollkommen wahnsinnig- mir macht mein Job nämlich trotz der besch*** Bedingungen Spaß.) :-D

Jedenfalls die "ärztlichen Kerntätigkeiten"- Patientenversorgung. Der überbordende Verwaltungskram ist die Pest, und die Tatsache, daß ein Großteil meiner Arbeitszeit für sowas draufgeht, ärgert mich maßlos.

Ich bin gerne bereit, viel zu arbeiten. (Das tu ich ja auch.) Und ich möchte angemessen bezahlt werden. Das ist nicht wirklich der Fall. Wenn ich meinen Stundenlohn ausrechne, kriege ich echt Depressionen. Deswegen mach ich das lieber nicht, sondern schau am Monatsende auf mein Konto und bin halbwegs zufrieden mit der Summe, die da steht. :-oopss :-D