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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Insulin und orale Antidiabetika gleichzeitig



PhineasGage
30.03.2006, 19:24
Habe heute morgen ne Pat. aufgenommen, die vom Hausarzt gleichzeitig folgendes verordnet bekommen hat:

Actraphane 30/70 morgens 16 abends nach Bedarf 6-8 Einheiten
Glibenclamid Dosis leider entfallen
Metformin Dosis leider grad entfallen

Vor ca. 10 Jahren D.M.(NIDDM), seit 2 Jahren spritzt die werte Dame

Hatte leider noch nicht genug Innere, von daher weiß ich selber nicht genau, ob diese Kombi Sinn macht, mein Bauchgefühl sagt mir Nein, meine Chirurg.Stat.Ärzte sind mal wieder nur Chirurgen und haben es so akzeptiert ;-)

Tombow
30.03.2006, 19:34
Insulin und Sulfonylureide gleichzeitig ist OK, wird auch oft gemacht. Metformin scheint auch gängig zu sein, wird auch in der Leitlinie der DDG empfohlen:
http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/redaktion/mitteilungen/leitlinien/Diabetes_mellitus_Typ_2.pdf
(allerdings unter Vorbehalt).

PhineasGage
30.03.2006, 19:41
Gut, dann hab ich für heute wieder was gelernt.
Fand ich nur merkwürdig, weil besagte Dame auch seit zwei Jahren Ibuprofen 600 2-3 mal tgl. einnehmen darf ohne irgendeinen Magenschutz, was selbst unsere Chirurgen hier zum Meckern gebracht hat.

Tombow
30.03.2006, 19:51
Mich macht das auch ein wenig stutzig. Die 3er-kombi ist zwar leitlinienkonform, doch schon etwas heikel. Fragt sich auch, ob es überhaupt Vorteile bietet neben einer 2er-kombi oder einer reinen Insulintherapie, aber hier müßte es der HA besser wissen.

Werwolf
30.03.2006, 20:12
... mein Bauchgefühl sagt mir Nein, meine Chirurg.Stat.Ärzte sind mal wieder nur Chirurgen und haben es so akzeptiert ;-)


:-)) :-D :-))
Ich (angehende Chirurgin) habe neulich einen Patienten mit ähnlicher Medikation aufgenommen. Mein hobbyinternistisches Bauchgefühl hat sich irgendwie gegen diese Kombi gesträubt, und ich war nicht wirklich bereit, das alles so zu übernehmen. (Sowieso nicht, weil Metformin und Sulfonylharnstoffe perioperativ rausfliegen müssen... aber vom Prinzip her fand ich die Medikation komisch.)
Jedenfalls habe ich mal einen "richtigen" Internisten zu dem Thema befragt, und der meinte, das habe schon seine Richtigkeit, das könne man so machen. :-nix

Wieder was dazugelernt. Aber von uns (Chirurgen) hat der Patient dann bloß Insulin bekommen. :-))

DanielOliver
30.03.2006, 20:20
Mich macht das auch ein wenig stutzig. Die 3er-kombi ist zwar leitlinienkonform, doch schon etwas heikel. Fragt sich auch, ob es überhaupt Vorteile bietet neben einer 2er-kombi oder einer reinen Insulintherapie, aber hier müßte es der HA besser wissen.

Die Zweierkombi Insulin/Metformin bietet auf alle Fälle Vorteile, da Metformin die benötigte Insulindosis senkt und zu einer Gewichtsreduzierung führt. Wird im Harrison auch so empfohlen. Was Glibenclamid zusätzlich bringt hängt halt von der noch vorhandenen Pankreasfunktion ab, das wird der Hausarzt im Zweifel bei einer langjährigen Patientin besser einschätzen können als der Krankenhausarzt bei einer einmaligen Begegnung.

Prä-OP und bei schwerer Krankheit fährt man mit Insulin alleine natürlich im Zweifel besser, muss man halt nur drauf achten dass die Patienten wieder mit ihrer Dauertherapie entlassen werden.

netfinder
30.03.2006, 21:06
Gut, dann hab ich für heute wieder was gelernt.
Fand ich nur merkwürdig, weil besagte Dame auch seit zwei Jahren Ibuprofen 600 2-3 mal tgl. einnehmen darf ohne irgendeinen Magenschutz, was selbst unsere Chirurgen hier zum Meckern gebracht hat.

hat sie denn Schäden am Magen oder Probleme mit jenem?

Flemingulus
31.03.2006, 12:22
Die Kombi aus Insulin und Sulfonylharnstoffen ist bei Typ 2 Diabetikern durchaus gängig, wobei das Insulin eher für die basale und der SH eher für die mahlzeitenbezogene Versorgung gedacht ist.

Die gängigen SHs wie Glibenclamid oder Glimepirid haben zwar ziemlich lange HWZ, was einem für eine mahlzeitenbezogene Therapie komisch vorkommen könnte, aber die Wirkung der SHs hängt ja zumindest teilweise vom BZ ab, d. h. je höher der BZ, desto mehr Insulin wird mobilisiert, insofern gibt es mit dieser Therapie einen gewissen "intelligenten" Effekt in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme (vorausgesetzt die Inselzellen tuns noch). Dass das nur sehr eingeschränkt funktioniert, sieht man daran, dass es unter SHs trotzdem zu Hypos kommen kann, aber immerhin.

Ausgeprägter ist der mahlzeitenbezogene "Boluseffekt" noch bei Repaglinid, da das auch noch eine ziemlich kurze Wirkzeit hat (und i. d. R. 3 x am Tag gegeben wird). Eine Art "ICT für Arme" (immer die Diagnose D. m. Typ 2 und eine noch ausreichende Restfunktion der Inselzellen vorausgesetzt!) kann man also mit Langzeitinsulin (Glargin o. ae.) plus Repaglinid 3 x zu den Mahlzeiten simulieren.

In dem Fall Deiner Patientin ist übrigens der homöopathische Anteil an kurzwirksamem Insulin bei der abendl. Dosis auffällig. Auch ohne Kenntnis der BZ-Werte und der Essgewohnheiten ist das etwas ungewöhnlich. Vielleicht wäre sie mit einem Langzeitinsulin (also KEIN Mischinsulin mit kurzwirksamem Anteil) noch besser bedient, zumal man das nicht vor der Applikation hin- und herschwenken muss (was die meisten Patienten bei Mischinsulinen nicht lange genug tun, so dass eine inhomogene Verteilung von Kurz- und Langwirksamen Anteilen resultiert).

Nb. was das Ibuprofen betrifft: da würd ich mir nicht nur Sorgen um den Magen sondern auch um die Niere machen... (Metformin!)... vor allem wenn hier auch noch ein ACE-Hemmer/AT1-Blocker im Rahmen der erweiterten Therapie mit im Spiel sein sollte: Wachsames Auge auf die Retetionswerte bzw. die Krea-Clearance.

PhineasGage
31.03.2006, 13:34
Wow, jetzt bin ich erst recht schlauer.
Danke dafür, ich freu mich schon mal auf Herold -Lernen. ;-)