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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Lioness und die Psychologie.



Loish
22.04.2006, 08:28
/...../

Evil
22.04.2006, 09:08
Es geht ja nun wirklich jeder anders mit solchen Dingen um.
Wenn Dich das zunächst nicht sher belastet, aber irgendwann mal hochkommt, dann ist das wohl einfach die Art, mit der Dein Unterbewußtsein solche Dinge verarbeitet.

Natürlich kann man kucken, ob da ein Verdrängungsmechanismus Deinerseits hintersteckt, aber das tust Du ja schon.
Andererseits ist Betroffenheit ja auch immer stimmungsabhängig, vielleicht hast Du gerade eine Phase, wo Du etwas depressiv bist oder besonders sensibel, daß Dich das mitnimmt.

So wie Du das schilderst, verunsichert Dich weniger Deine eigene Reaktion, als daß Du viel über diese grübelst, sozusagen ausgeprägte Selbstreflexion. Das ist an für sich sehr gut, vor allem um selbstkritisch zu bleiben. Die andere Seite ist, daß es aber auch Selbstzweifel erzeugen kann.

Ich denke, der Arztberuf ist einfach auch in psychischer Hinsicht sehr anspruchsvoll, damit muß man lernen umzugehen, und genau das machst Du gerade.
Also versuch einfach, Dir nicht zuviele Gedanken zu machen :-)

Miss
22.04.2006, 09:29
Jeder geht halt irgendwie anders damit um. Nur weil Du Dich erst wieder (Monate) später damit beschäftigst und andere sich gleich viele Gedanken machen, muß Deine Strategie noch lange nicht die schlechtere sein.
Irgendwie ist so ein Filter doch auch gar nicht schlecht, wenn wir jeden Tag auf all die unschönen Momente und Schicksale (mal rein auf Patienten und KH reduziert) sofort und mit ungehemmter Traurigkeit reagieren würden, dann könnte man den Job doch gar nicht machen, wäre gar nicht fähig, seiner Arbeit nachzugehen.

Beim Todesfall einer nahestehenden Person ist das doch so ähnlich. Die Betroffenen verdrängen, trotz ihrer augenblicklichen Traurigkeit, das ganze erstmal, um das ganze Geschehen (auch erst) Monate später (ich hab irgendwo gelesen 4 Monate) anzugehen bzw. zu verarbeiten (im Idealfall). Dieser Verdrängungsprozeß ist in diesem Moment auch sehr wichtig, da das Ereignis so schrecklich und traurig ist, daß sie zu diesem aktuellen Zeitpunkt nicht damit umgehen könnten (u.U. stellt das ja die eigene Existenz in Frage, wenn jemand verstirbt, der eine essentielle Rolle im Leben des anderen gespielt hat). Verdrängen fungiert also Selbstschutz, weil das eigentliche Verarbeiten in vielen Fällen erst mit Distanz zum auslösenden Geschehen ablaufen kann.

Vielleicht sind manche Patientenschicksale Deine persönlichen kleinen Tragödien, die Du zum aktuellen Zeitpunkt auch lieber nicht so nah an Dich rankommen lassen möchtest. Man weiß ja unbewußt schon oft, was für einen gut ist...und vielleicht passiert das deswegen so bei Dir.
Vielleicht geht Dir das auch wirklich nicht so nah, was ja auch nicht schlimm wäre, alle Menschen sind verschieden, und das bedeutet ja nicht, daß Du generell ein emotionaler Eisblock bist ;-) (Distanz bei Sachen, die einen nur peripher betreffen, ist doch eigentlich ganz gut)

Und daß das oft erst viel später (Monate oder noch später) hochkommt, wird wahrscheinlich zufällig von Kleinigkeiten ausgelöst, die Dich daran erinnern, die Dir vielleicht auch gar nicht bewußt sind.

Wäre schön, wenn das jetzt noch verständlicher wäre (meinerseits), aber bin ja nix-Fachfrau ;-)

Gichin_Funakoshi
22.04.2006, 11:00
Du versuchst die Gefühle, die aus dem ES stammen nicht in dein Bewusstsein (Ich) rein zu lassen. Von dem was ich über Verdrängung gehört habe, ist es nicht gefährlich, aber es ist auch nicht gewiss, ob du vielleicht irgendwann anders darunter leidest.
Dann wäre es gut, wenn du die Verdrängten Ereignisse auch einfach vergessen könntest (Mit einer gesunden Verdrängung geht das auch ;-))
Meiner Meinung ist Verdrängung eine gut Sache in einem solchen Beruf. Man sollte nur aufpassen, dass man im Alltagsleben nicht damit anfängt. Das könnte fatale Folgen für das Privatleben haben. Denn dann könnte man von Freunden und Verwandte wirklich als gefühlslos bezeichnet werden!
Aber bekanntlich soll man die beiden Komponenten sowieso trennen! ;-)

Grüße

Feuerblick
22.04.2006, 11:05
Gut, und nun, man muss schon fast sagen Jahre nach meinem ersten Patientenkontakt, kommt mir das abends oft wieder hoch. Dann denke ich an diese Frau, die das und das und jenen Mann und wie er das und das tat und finde es furchtbar traurig. Neulich kamen mir doch tatsächlich nur bei der Erinnerung an eine monatealte Situation (bei der ich damals auch gar nicht so viel gegrübelt hatte) die Tränen, ich fand das alles so zum Weinen!

Da hat sich die Frage bei mir eingenistet, war das mit dem scheinbaren problemlosen Annehmen von dem, was ich sah, nur Illusion? Hatte ich nicht die gewünschte Distanz, sondern gings mir im Gegenteil so nah, dass ichs gleich ganz tief verdrängt habe und da nun kommts wieder hoch?
Warum verarbeite ich Sachen, die ich gesehen habe, erst Monate später und nicht unmittelbar? Warum hatte ich denn sogar erst die Sorge so gefühlslos zu sein, wenn mir die Sachen in Wahrheit so Nahe gingen, dass sie mir noch Monate später Tränen entlocken können? Das kann doch nicht gesund sein?Bist du dir denn sicher, dass es "nur" das Verarbeiten dieser alten Begebenheiten ist und nicht ein Symptom dafür, dass du an sich zur Zeit vielleicht psychisch nicht auf der Höhe bist? Nicht falsch verstehen, ich will dir nichts unterstellen! Könnte aber doch sein, dass deine Psyche dir mit solchen Rückblenden nur zeigen will, dass mit ihr zur Zeit nicht alles im Lot ist. :-nix

synosoph
22.04.2006, 11:09
Oje! Freud! Hilfe! :-((

Ich halte von diesem Psychokram mit Verdrängung usw. nicht so viel. Der ganze Mensch als potentieller Psychopatho, stets mit der Gefahr lebend seine verborgenen Triebe, Motive, Kognitionen, Emotionen, Blablationen nicht in den Griff zu kriegen?

Ich halte nichts von negativen Menschenbildern, wo wir uns immer nur an unserem persönlichen Prozentabzug von den idealen 100 verknirschen. Keiner ist perfekt - und diese Erkenntnis halte ich für eine Befreiung! Geh doch mal positiv an die Sache ran: Welche Stärke könnte denn hinter dem von Dir beschriebenen Phänomen liegen?

Miss
22.04.2006, 11:14
Halte Freud persönlich für größtenteils nicht mehr zeitgemäß bzw. wurde er mittlerweile in manchen Bereichen widerlegt.

Wobei Verdrängung ja nicht zwangsweise nur mit Freud in Verbindung gebracht werden kann. :-meinung

Gichin_Funakoshi
22.04.2006, 11:23
Freud wurde zwar teilweise widerlegt, aber trotzdem denke ich, dass seine Einteilung der Persönlichkeit Sinn macht. Er ist ja davon ausgegangen, dass durch Verdrängung Neurosen entstehen können. Das wurde beispielsweise nie empirisch bewiesen...

Tse Tse
22.04.2006, 11:30
Etwas Intelligentes hab ich nicht beizutragen.
Kann dir nur sagen, dass es mir manchmal ähnlich geht.
Und ich das nicht für besonders ungwöhnlich halte, über Patienten oder Ereignisse erst später nachzudenken.

Wenn es dich weiterhin sehr belastet, kannst du ja mal schauen ob's im Haus/Uni einen Psychologen oder sonst ein Angebot gibt, darüber professionell zu sprechen.
An meiner letzten Arbeitsstelle gab's eine Balint-Gruppe. Hatte da am Anfang erst scheu. Dort saßen dann Ärzte und das Pflegepersonal mit einem Psychologen zusammen und haben über belastende Situationen, schwierige Patienten, Stress, Burn out, unser eigenes Erleben und den Umgang damit und so Sachen gesprochen.
Fand das später wirklich gut, obwohl ich bisher mit diesem "lass uns drüber reden" nicht viel anfangen konnte.

Werwolf
22.04.2006, 11:31
Halte Freud persönlich für größtenteils nicht mehr zeitgemäß bzw. wurde mittlerweile in manchen Bereichen das ganze widerlegt.

Wobei Verdrängung ja nicht zwangsweise nur mit Freud in Verbindung gebracht werden kann. :-meinung


Ach, laß den Gichin doch... Offensichtlich hat er gerade Freud in der Schule durchgenommen und möchte das erworbene Wissen gleich anbringen und die Welt damit beglücken. ;-)

@Lioness: Hats Du Kollegen, mit denen Du über solche Geschichten reden kannst? Das muß ja nicht gleich in einen Betroffenheitszirkel ausarten, wo jeder von verstorbenen Patienten und seinen damit verbundenen Psycho-Problemen berichtet.
Vielleicht wär´s auch ganz gut, wenn Du irgendeine (eigentlich) belastende Situation erlebst, gleich mit Kollegen/Freunden/etc. darüber zu reden. Vielleicht kannst Du dami verhindern, daß Du Monate später davon "heimgesucht" wirst.
Manchmal ist es einfach eine Gratwanderung zwischen "ich lasse nichts an mich heran, bin emotional unbeteiligt" und "mir geht alles sehr nah und ich bin immer emotional total involviert". Vor Möglichkeit 2 muß man sich schützen, weil man den Job sonst nicht lange machen kann. Möglichkeit 1 funktioniert nicht dauerhaft. Irgendwann kommt der Punkt, an dem man sich auseinandersetzen muß mit irgendwelchen emotional belastenden Erlebnissen. Und den hast Du wahrscheinlich gerade erreicht. (Warum auch immer- gerade mal Zeit zum Nachdenken? Gerade irgendwie anderweitig psychisch schlecht drauf?)
Hoffentlich findest Du einen guten Weg!

Gichin_Funakoshi
22.04.2006, 12:53
Ach, laß den Gichin doch... Offensichtlich hat er gerade Freud in der Schule durchgenommen und möchte das erworbene Wissen gleich anbringen und die Welt damit beglücken.
Wenn du meinst! :-party

Loish
22.04.2006, 14:27
Danke für eure Antworten! :-)

Mit Kollegen und anderen Freunden über das reden, was ich sehe und mich beschäftigt/interessant war, tue ich eigentlich immer, daran liegts also nicht.

Aber: "generell psychisch nicht so auf der Höhe"? Ich habe nun nicht gerade den Eindruck, dass sich die große Lebenskrise zusammenbraut, aber von einzelnen Sachen gefrustet bin ich schon. Nicht mehr und nicht weniger als sonst immer allerdings, aber trotzdem bin ich dann mal ein Stündchen schlechter gelaunt.
Das, plus die Sache, dass ich gerade (weil Ferien) viel Zeit und Muße hatte über Sachen zu grübeln, die vorher vielleicht untergingen, weil ich da was anderes zu tun hatte, kann schon erkären, warum mir das gerade jetzt hochkommt.
Es ist schon so, dass ich gerade dann mich erinnere, wenn ich generell nicht so gut drauf bin. Und vermutlich ist man in seinen trüben Stunden vielleicht empfänglicher für diese Kleinigkeiten, die einen erinnern lassen.

Verwundert war ich nur, weil ich ja Anfangs wirklich überzeugt war, dass mir das alles nix ausmacht, ich habe mich sogar noch gewundert, dass dem so ist... also, wenn Verdrängung, dann war sie erst mal perfekt.


Wenn es dich weiterhin sehr belastet,...
Nein, nein! Ich habe mir nur ganz bisschen Sorgen gemacht, ob da nicht "ungesunde" Mechanismen am Werk sein könnten.
Aber, ich denke mir jetzt auch, jeder machts auf seine Weise, dass es verspätet ist, ist ja an für sich nix schlechtes (hat alles Vor- und Nachteile), dass er gerade jetzt kam lässt sich erklären, und ich leide unter der Gesamtsituation momentan nicht. Jeder ist mal schlechter, mal besser gelaunt, ich bin meist gut gelaunt, selten schlecht gelaunt und das ist ja völlig in Ordnung so.
Und wenn es mal echt Probleme macht, kann ich immer noch zum Unipsy, siehe Tse
Ich halte mich erst mal an diesen Rat:
Also versuch einfach, Dir nicht zuviele Gedanken zu machen
:-top

Gichin_Funakoshi
22.04.2006, 14:51
Jeder ist mal schlechter, mal besser gelaunt, ich bin meist gut gelaunt, selten schlecht gelaunt und das ist ja völlig in Ordnung so.
Das kenne ich ^^!
Alle sind schlecht drauf und grummeln vor sich hin und ich freu mich ohne Gründe wie ein :-keks

:-))