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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Unehrlicher Streik?



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Fino
19.05.2006, 13:12
In der ZEIT ist ein Artikel ueber den Aerztestreik erschienen.
Was haltet Ihr von diesem Artikel?

http://www.zeit.de/2006/21/Kolumne_xml

Bier
19.05.2006, 14:17
Nunja, sicherlich werden die Patienten getroffen. Ein Ärztestreik, der die Patientenversorgung nicht einschränkt, wäre ja kein Streik mehr. Natürlich werden auch die falschen Leute primär getroffen, aber so ist es immer, wenn die Müllabfuhr streikt, wird auch erstmal u.a. Otto-Normalverbraucher getroffen.

Alles in allem finde ich, dass der Ärztestreik diese Gratwanderung bisher sehr gut gemeistert hat.

Und dass viele junge Ärzte viel arbeiten wollen, hängt ja nun leider ersteinmal damit zusammen, dass das Grundgehalt zu gering ist! Unehrlichkeit ist also ein falscher Vorwurf! Und dass junge Ärzte unbedingt 70-Wochenstunden machen will, um schnell seinen Facharztkatalog vollzukriegen, ist mir neu.

Alles in allem finde ich den Artikel schlecht, sicher unter "Zeit-Niveau".

Fino
19.05.2006, 14:24
Ja, das ging mir auch als erstes durch den Kopf, als ich ihn las.
Bei der Arbeitsatmosphaere ist es ausserdem kein Wunder, dass die Leute es schnell hinter sich bringen wollen. Wie sollen sie denn ihren Katalog vollkriegen, wenn sie Ueberstunden ablehnen und dann als "Strafe" nicht mehr z.B. fuer OPs eingeteilt werden. Kein besonders intelligenter Artikel :-(

Hellequin
19.05.2006, 15:24
So unrecht hat der Autor vom Artikel aber garnicht. Insbesondere im Chirurgenkreis ist die Aussage das man in normaler Arbeitszeit nicht seinen Facharztkatalog vollbekommt Usus.

Doktor_No
19.05.2006, 16:08
kenn ich aus der unfallchirurgie: in den diensten dürfen die assis auch mal was machen!
in meiner abteilung kann ich permanent aber sehen dass man seine eingriffe auch gut im tagdienst machen kann OHNE dass das zeitlich eng wird, ist nur eine frage der planung.
insofern haben die betroffenen selbst schuld, sowas kann man regeln.
hier hatten alle assis ihren katalog nach max. 3 jahren voll (bauchchirurgie).

Evil
19.05.2006, 16:35
Mal ganz abgesehen davon, daß der Artikel wieder in dieselbe Kerbe haut, womit Ärzte immer unter Druck gesetzt werden: wenn wir sagen, dies und jenes machen wir nur für anständige Bezahlung oder unter besseren Bedingungen, wird gleich wieder der Keule der unterlassenen Hilfeleistung rausgeholt :-(

Doktor_No
19.05.2006, 17:00
ach das quittiere ich immer mit einem langen GÄÄÄÄÄÄHHHNNNEEENNN...

Herzstromkurve
19.05.2006, 17:13
Stammt der Artikel wirklich aus der Zeit :-???

Ich bin diesen Quatsch langsam leid,

Und zu den Wartezeiten: In vielen westlichen Ländern warten die Patienten auch ohne Streik länger auf ihre Behandlung.

Mehr geht jetzt nicht, sonst koche ich über...

Giant0777
19.05.2006, 19:26
Ich finde die Frage sehr interessant, auch wenn sie schon millionenmal diskutiert wurde.

Aber kurz und knapp - was ist daran unehrlich, für seine Arbeit auch eine entsprechende Entlohnung zu erhalten ? Antwort - Nichts !

Und zu bewerten, was daran unehrlich, unethisch, zu geldgierig und was weiss ich nicht ist, liegt ja wohl an jedem selbst!

Ziehen wir uns doch nur die Schuhe an, die uns auch passen !

:-meinung

Gruss, Giant

test
19.05.2006, 19:36
Ich finde dieses ewige Gerede von den Assistenten, die ja so geldgeil sind und durch ein paar zusätzliche Dienst sich ein dickes Auto leisten können so abgedroschen.
An der Uni habe ich bis jetzt niemanden gesehen, der durch Dienste sein Gehalt wirklich aufbessern konnte. Bei vielen Abteilungen macht man dank neuer Dienstregelungen an der Uni noch minusstunden, wenn man Nachtdienste hat und darf diese am Wochenende dann wieder aufarbeiten. Da gibts keinen Cent mehr für die so geleisteten Stunden am WE und in der NAcht.
Mag sein, dass das an manchen Häusern noch anders ist. Aber momentan werden ja hauptsächlich die Unikliniken bestreikt und was da an Ausbeutung läuft, finde ich, zumindest soweit ich das beurteilen kann, schon ziemlich extrem. :-meinung

trina1081
20.05.2006, 14:04
Mich nervt sowas im Moment total, wenn man überall hört:
Durch den Ärztstreik werden die Patienten vernachlässigt.

Also soweit ich weiss, ist durch den Streik noch kein Patient ums Leben gekommen. Klar müssen einige Patienten etwas länger auf ihre Behandlung warten, aber das ist im Streik nur mal so und genau deswegen wird ja gestreikt. Die Patienten haben immerhin auch nur Vorteile, wenn die Ärzte nicht permanent überarbeitet sind.

Ich erinner mal nur an den Streik der Müllentsorger, wie sahen die Städte denn da aus? Da hat die Allgemeinheit auch nur drunter gelitten und trotzdem hat das (fast) jeder verstanden, dass gestreikt wurde. Aber bei den Ärzten?? Nein, wir müssen rund um die Uhr für alle da sein und müssen auch mit den allerletzten Arbeitsbedingungen zufrieden sein.

:-dagegen :-dagegen :-dagegen

pottmed
20.05.2006, 14:33
Dieser Artikel ist sowas von lächerlich und definitiv einer Zeit-Ausgabe nicht würdig :-meinung

Aber was noch viel lächerlicher ist, sind die Kommentare die teilweise von den Lesern abgegeben wurden, z.B. Dr. Noa und andere, viel Spaß beim lesen :-oopss

Bier
21.05.2006, 00:47
Dieser Scheis$ Tarifvertrag, den uns diese hinterhältigen Verdi-Fritzen (Krankenschwester-Bsirske) z.Z. zusammen mit tight-ass-Möllring überstülpen wollen, kotzt mich allerdings noch viel mehr an.

"Wir sind mit dem Tarifvertrag den Forderungen der Ärzte zu 95 Prozent nachgekommen". Sicher, max. 3600 Euro bei 42h, 30% Sonderzahlungen. Das entspricht ja wohl eher 0%, oder?

"Die Bereitschaftsdienste werden je nach Arbeitszeit auf 54 bis 58 Stunden pro Woche begrenzt". :-kotz ???!!!

Lasst euch nicht verarschen!

(Entsch. für die Ausdrucksweise)

alex1
21.05.2006, 10:49
Mich nervt sowas im Moment total, wenn man überall hört:
Durch den Ärztstreik werden die Patienten vernachlässigt.

Also soweit ich weiss, ist durch den Streik noch kein Patient ums Leben gekommen.


Das stimmt wahrscheinlich.
Allerdings muß man dazu sagen, daß wenn große Tumoroperationen verschoben werden müssen und das oft um 2 Wochen oder mehr, das durchaus auch Einflüsse aufs Gesamtüberleben der Patienten hat.
Ich kenne es von unserem Haus, daß die Chirurgen zB kleinere elektive OPs nachts im Dienst gemacht haben, damit vormittags im OP Plan Platz für die großen Eingrffe war. Die Anästhesisten haben da auch mitgemacht, obwohl die wahrscheinlich von der Idee nicht so begeistert waren.
Patienten werden durch einen Streik betroffen.
Sie werden vor allem betroffen was Symptomlinderung angeht (ein nicht akuter Bandscheibenprolaps wird eben erst nach 2 Wochen operiert) aber naja, die haben ja auch einige Monate mit den Schmerzen gelebt, eine Woche länger Voltaren ist dann auch nicht das Ende der Welt.
Es gibe aber bestimmt auch einige Patienten, die vielleicht ein kürzeres Gesamtüberleben aufgrund der Streikaktionen haben werden. Und da nun mal in den Uniklinika gestreikt wird, da wo sowieso die Maximalversorgung idR läuft, werden größere Eingriffe um Tage oder Wochen verschoben. Eine WhippleOP kann man eben nicht im Nachtdienst machen.

Ob tatsächlich signifikante Einbüße im Gesamtüberleben dabei entstehen ist fragwürdig.
Man könnte allerdings eine Studie dazu machen:
The German Striking Study Group:
"Retrospektive Analyse des Outcomes der Patienten, die zwischen 03/06 und 05/06 wegen eines Pankreaskarzinoms in einem streikendem Universitätsklinikum operativ kurativ behandelt wurden und ein entsprechender Vergleich mit den Daten der letzten Jahren."
:-D :-D :-D

trina1081
21.05.2006, 11:37
Also hier in MD laufen auch noch akute OPs von Tumorpatienten, obwohl hier letzte Woche auch gestreikt wurde.

Doktor_No
22.05.2006, 05:05
Heftiger Streit zwischen Tarifparteien

Verschärfung im Tarifkonflikt der Ärzte: Der Verhandlungsführer der Länder, Möllring, will nicht länger mit dem Marburger Bund verhandeln. Die Ärztevertretung fordert einen eigenen Tarifvertrag und kündigt die Fortsetzung des Streiks an den Kliniken an.


Bitte hier weiterlesen... (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,417325,00.html)

Quelle: Spiegel-online

Rugger
22.05.2006, 11:09
So langsam diskreditiert sich Möllring doch selbst! Warum hat er denn sonst bislang mit den Ärzten verhandelt? Ist ihm der Streik im öffentlichen Dienst entgangen? Taktische Spielchen hin- oder her, aber so langsam drängt sich mir der Eindruck auf, daß der gute Mann an akuter Hypotassie leidet. In der Kommission könnte ich für meinen Teil jedenfalls nicht mehr sitzen!!!

R.

Doktor_No
22.05.2006, 12:19
ich denke, der spekuliert auf ein umkippen der öffentlichen meinung, weil es noch nicht ausreichend im allgemeinen bewusstsein implementiert ist, dass verdi eben nicht die ärzte vertritt, so nach dem motto 2wir haben euch ein aqngebot gemacht, aber ihr bekommt den hals ja nicht voll genug!". möllring ist ne vollwurst, keine frage, aber montgomery hat ebenfalls schwerste taktische fehler gemacht.

actin
22.05.2006, 12:44
Ich denke, dass die Krankenhausärzte nicht von ver.di, sondern vom MB vertreten werden, ist der Bevölkerung durch Montgomerys Auftritte in den Medien schon bewusst gemacht worden. Aber taktische (und andere) Fehler hat der MB IMHO trotzdem gemacht.

Fino
22.05.2006, 13:34
Woran denkt Ihr, wenn Ihr von Montgomerys taktischen Fehlern redet?