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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Innere Medizin: Durchschnittsalter der Patienten=100Jahre?!



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Muriel
02.06.2006, 18:32
Ich denke, es geht hier auch weniger um das "Sich-Hinein-Fühlen-Können" als um Respekt und Freundlichkeit, die man in jeder Situation und nicht nur in der Rolle des Arztes beherrschen sollte. Es soll keiner an dem Schicksal von Frau X selber zerbrechen, aber zumindest im Umgang mit ihr oder den Angehörigen vernünftig auftreten.
Dass Patienten aus den unterschiedlichsten Gründen (genauso wie jeder Mensch in jeder anderen Rolle auch) einfach mal nur nerven kann, ist selbstverständlich, und genauso selbstverständlich ist dann auch die Tatsache, dass man das mal mehr mal weniger gut abhaben kann.

Lava
02.06.2006, 18:33
In den Monaten die ich im Krankenhauspraktikum war, habe ich kaum einen Arzt gesehn der ausserhalb der Visite mit einem Patienten gesprochen hat. (Das lege ich in keiner Weise den Ärzten negativ aus, da sie den ganzen Tag mit anderen Sachen beschäftigt sind)
Wozu soll Empathie noch wichtig sein wenn man sie nie wirklich nutzen kann.
Und erzählt mir nicht, ein guter Arzt versetzt sich in jeden seiner Patienten hinein, dann wäre der nach kürzester Zeit ein Fall für die Psychatrie.

OK, dann will ich hier mal meine vielleicht idealistische aber immerhin in 3 Jahren Studium im klinischen Abschnitt gewachsene Meinung loswerden.
Ich erlebe es auch, besonders in der Chirurgie, dass die Ärzte wenig mit den Patienten sprechen. Bei der Visiste wird mehr in die Kurve geschaut und mit den Schwestern gesprochen als mit dem Patienten, Aufklärungen erfolgen nach Schema F zwischen Tür und Angel und erklärt wird dem Patienten sowieso so gut wie gar nichts.

Ich will das anders machen. Warum? Weil ich finde, dass sich das für mich lohnt. Einfach nur Patienten zu reparieren halt ich für unbefriedigend. Zum Beispiel gehe ich u.a. deshalb so gern Blutabnehmen, weil man bei dieser einfachen Routineaufgabe sehr, sehr viel über einen Patienten lernen kann. Man ist vielleicht 3 Minuten im Zimmer, aber man hat die Möglichkeit Smalltalk zu betreiben und zu beobachten, wie der Patient reagiert. Ist er sehr ängstlich oder eher gelassen, stellt er viele Fragen (warum wird überhaupt Blut abgenommen?), zuckt er vielleicht vor Schmerzen zusammen (Morbus mediterraneus *ggg*). Für mich bedeutet Empathie nicht, dass ich mich in jeden Patienten hineinversetze und ihn verstehe. für mich bedeutet das, den Patienten als Mensch wahrzunehmen mit Gedanken, Gefühlen, einer Geschichte und vielleicht einer Familie. Das sollte man nie nie nie vergessen.

Pünktchen
02.06.2006, 18:35
In den Monaten die ich im Krankenhauspraktikum war, habe ich kaum einen Arzt gesehn der ausserhalb der Visite mit einem Patienten gesprochen hat. (Das lege ich in keiner Weise den Ärzten negativ aus, da sie den ganzen Tag mit anderen Sachen beschäftigt sind)
Wozu soll Empathie noch wichtig sein wenn man sie nie wirklich nutzen kann.
Und erzählt mir nicht, ein guter Arzt versetzt sich in jeden seiner patienten hinein, dann wäre der nach kürzester Zeit ein Fall für die Psychatrie.


hmmm...so habe ich es auch besonders in der Inneren erlebt...jetzt bin ich Ärztin in der Kinderheilkunde und muss sagen, dass die Visite und die Aufnahme das Wichtigste sein sollte :-top danach kommt man im Laufe des Tages selten dazu sich noch mal intensiv mit dem Patienten zu beschäftigen, dann arbeitet man punktuell...weil ich zum Beispiel zwischen Parteien vermitteln muss, da ich mich in die Eltern-Kind-Beziehung einmische, ist miteinander reden, "aufklären" und Verständnis für bestimmte Situationen wichtig...

Hades
02.06.2006, 19:12
hmmm...so habe ich es auch besonders in der Inneren erlebt...jetzt bin ich Ärztin in der Kinderheilkunde und muss sagen, dass die Visite und die Aufnahme das Wichtigste sein sollte :-top danach kommt man im Laufe des Tages selten dazu sich noch mal intensiv mit dem Patienten zu beschäftigen, dann arbeitet man punktuell...weil ich zum Beispiel zwischen Parteien vermitteln muss, da ich mich in die Eltern-Kind-Beziehung einmische, ist miteinander reden, "aufklären" und Verständnis für bestimmte Situationen wichtig...

Pädiatrie ist (zum Glück) immernoch etwas anderes, Kinder werden immer besser behandelt als Erwachsene (warum weiß ich nicht, ob bewusst oder unbewusst aber es ist schön das es bei Kindern noch eine wirklich gute Behandlung gibt, aka man kümmert sich wirklich um sie).



Ich will das anders machen. Warum? Weil ich finde, dass sich das für mich lohnt. Einfach nur Patienten zu reparieren halt ich für unbefriedigend. Zum Beispiel gehe ich u.a. deshalb so gern Blutabnehmen, weil man bei dieser einfachen Routineaufgabe sehr, sehr viel über einen Patienten lernen kann. Man ist vielleicht 3 Minuten im Zimmer, aber man hat die Möglichkeit Smalltalk zu betreiben und zu beobachten, wie der Patient reagiert. Ist er sehr ängstlich oder eher gelassen, stellt er viele Fragen (warum wird überhaupt Blut abgenommen?), zuckt er vielleicht vor Schmerzen zusammen (Morbus mediterraneus *ggg*). Für mich bedeutet Empathie nicht, dass ich mich in jeden Patienten hineinversetze und ihn verstehe. für mich bedeutet das, den Patienten als Mensch wahrzunehmen mit Gedanken, Gefühlen, einer Geschichte und vielleicht einer Familie. Das sollte man nie nie nie vergessen.
Dann wünsche ich dir besonders viel Glück, denn solche Ärzte gibts kaum noch, vielleicht auch weil sie die Zeit nicht mehr finden.
Nach 38 Stunden Arbeit am Stück, kann ich es aber auch gut verstehen wenn man nicht mehr bei jedem Patienten einzeln sich nochmal nach dem befinden erkundigen will.

Lava
02.06.2006, 19:19
Man arbeitet ja nicht jeden Tag 38 Stunden am Stück. In dem KH, wo ich gerade bis, dauert ein dienst maximal 25h, danach gehen die nachhause. Und solche Dienste hat man auch "nur" 2 bis 6mal im Monat.

Pünktchen
02.06.2006, 19:28
@hades
ich denke, wenn man will, dann kann man das in jeder anderen fachrichtung auch erreichen ausser vielleicht chirurgie. da wirds schwierig, weil die Chirurgen wirklich kaum Zeit haben.

Muriel
02.06.2006, 19:45
@hades
ich denke, wenn man will, dann kann man das in jeder anderen fachrichtung auch erreichen
kann man! Denn Freundlichkeit kostet nicht mehr Zeit als unangemessenes Verhalten dem Patienten gegenüber. Ich habe auch schon öfters Patienten gesagt, ich hätte gerade nicht so viel Zeit, käme aber später noch mal wieder, um mit ihnen zu reden, die sind dann sehr verständnisvoll und dankbar.
Und allein heute habe ich wieder von drei Patienten gehört, ich sei doch sooooooo nett gewesen :-blush dann wird auch ein stressiger Ätztag schön :-)

Miss
02.06.2006, 20:44
Erstmal finde ich die Diskussion ganz schön interessant :-top

Dann will ich auch noch ganz kurz (klar, ich ;-) ) meinen Senf dazugeben.
Natürlich sind die Patienten in der Inneren im Durchschnitt älter als in vielen anderen Fachrichtungen, aber ich hab das bei meinen letzten beiden Innere-Famulaturen keineswegs so erlebt, daß nur dahin siechende Greise da zu finden waren. Die waren zu einem großen Teil zwar schon um die achtzig, aber ich hab mich meistens mehr gewundert, wie fit man in dem Alter noch sein kann (also, ich kenn das zwar auch von meinen Großeltern, aber es gab einfach mehr fitte "Alte", als ich mir das vorgestellt hatte). Klar, es gab auch die dementen oder/und multimorbiden Patienten, aber das war keineswegs die Regel.
Und wir haben unter uns Famulanten und PJlern auch schon mal dann rumgeflachst, daß man als nächsten dann doch mal wieder einen unter achtzig haben will bzw. einen jungen Patienten (was ja in der Inneren so um die fünfzig ist ;-) ), aber ich bin auch gerne zu den alteren gegangen, es war zwar manchmal ein bißchen umständlicher, und oft mußte man einfach ziemlich laut schreien (weil -Hörgerät? bitte?...nö, brauch ich nicht ;-) ). Viele erinnern mich auch einfach an meine Großeltern, die habe ich ja auch gerne um mich -und bei denen würde ich ja auch nicht wollen, daß die wie Patienten zweiter Klasse behandelt werden.

Ich seh das halt irgendwie ähnlich wie z.B. Janine, Zeit nehmen für den Patienten ist mir wichtig, so viel wie halt geht und sonst halt später oder sagen, warum es jetzt gerade nicht geht (die meisten haben Verständnis).
Viele waren auch dankbar, wenn man ihnen mal was erklärt hat. (ich will jetzt nicht ausschließen, daß manche das doch schon mal erklärt bekommen haben, aber so tun als nicht bzw. es nicht mehr wissen)
Mir ist auch klar, daß man als Student noch viel unverbrauchter und idealistischer ist (und mehr Zeit hat) und es beim 30. Mal erklären nicht so schlimm ist wie vielleicht beim 1000. Mal. Aber das ist es nicht nur allein. Mancher Mit-Pjler war schon derbst genervt und mancher erfahrene Arzt hat sich noch Zeit genommen.
(Ich hätte auch kein Problem, Geriatrie zu machen (auch wenn es jetzt nicht Berufsziel Nr.1 ist), damit haben manche Kommilitonen auch schon ein Problem.)

Es ist auch ein Mit-Grund, daß ich diesen Beruf gewählt habe, daß ich daran teilhaben will, daß ich mit Menschen zu tun haben will (mit allen und nicht nur mit ausgewählten) und daß es denen "danach" besser geht...und ohne Empathie finde ich das ganze schwierig (okay, jeder wie er mag).

Ich bin mal gespannt, wie ich in zwei Jahren, fünf Jahren, zehn Jahren darüber denke ;-)

Gwendoline
03.06.2006, 08:36
Es gibt auch "junge" Patienten in der Inneren, die einen annerven, z.B. die, die nach ihrer Ballondilatation/Stentbehandlung ihrer Femoralis gleich mal wieder eine rauchen gehen, sobald sie aufstehen dürfen...arrgghh, was für eine Geldverschwendung...da lob ich mir doch meine multimorbide Omi...

Tse Tse
03.06.2006, 08:45
Naja, vlt. habe ich auf das Eingangsposting überreagiert – unter Kollegen hab ich kein Problem mit gelegentlichem Sarkasmus. Aber hier hat's mich einfach nur abgestoßen.

Ich hab auf der vorletzten Inneren Station in einem Lehrkrankenhaus Patienten im Alter von 19 bis 85+ gesehen. Zugegeben die jüngeren waren die Ausnahme. Aber wie Miss bereits sagte, gab's von der Fitness große Unterschiede. Eine 90-jährige Patientin hatte da nen besseres Herz als der Tse?!
Hab aber auch andere Stationen im Beruf gesehen, auf der zu bestimmten Zeiten überwiegend sehr alte Patienten behandelt wurden, von denen viele schwere Pflegefälle waren. Das waren in der Tat Arbeitswochen, an deren Ende jeder gestöhnt hat, weil zur zwangsläufig aufwendigeren Versorgung einfach das Personal gefehlt hat.

Zum dahinvegetieren: im Krankenhaus sehe ich in der Versorgung keine großen Alternativen.
Was will man an der Demographie schon groß ändern?
Etwas anderes ist es in Pflegeheimen, wenn aufgrund von hausgemachtem Personalmangel die Alten wirklich dahinvegetieren müssen und beispielsweise die Ernährung schneller über ne PEG läuft, als sich Zeit für's Füttern zu nehmen (sicherlich auch nur Ausnahmen wo das so läuft, aber in abgeschwächter Form kommt das in anderen Lebensbereichen und ATL's ebenfalls zum tragen).
Ich mein damit, dass man an der körperlichen Gebrechlichkeit nicht viel ändern kann, aber im Begriff des Dahinvegetierens steckt bestimmt auch die zwischenmenschliche Vernachlässigung mit drin, an der man was ändern könnte.

Sofern es in diesem Thread überhaupt darum geht was am Dahinsiechen zu ändern oder sich Gedanken darüber zu machen und nicht nur dazu dient sich über die vielen Alten aufzuregen, die die Frechheit besitzen die Krankenhäuser zu bewohnen.

Evil
03.06.2006, 09:31
Wozu soll Empathie noch wichtig sein wenn man sie nie wirklich nutzen kann.
Und erzählt mir nicht, ein guter Arzt versetzt sich in jeden seiner Patienten hinein, dann wäre der nach kürzester Zeit ein Fall für die Psychatrie.
:-dagegen

Empathie ist keine Zeitfrage. Sogar in der Anästhesie mit relativ wenig Patientenkontakt kann man sich ein wenig in einen Patienten hineinversetzen, um ihm Ängste zu nehmen.


@ Neely: Deine Formulierung drückt nicht nur Zynismus (der ja als Ventil manchmal sein muß) aus, sondern geht schon in Richtung Verachtung. Das darf sich kein Arzt erlauben! :-(

Neely
03.06.2006, 09:39
Es geht wirklich nur um die Ventilfunktion, da es besonders am Anfang extrem hart ist. Man ist auf einmal total unfähig zu Gefühlen, irgendwie total versteinert. Es mag sein, dass sich das mit der Zeit legt, aber wisst ihr, was ständig in meinem Kopf pocht: Auf der ganzen Welt sterben Kinder an einfachsten Krankheiten, die noch so viel vor sich hätten und dann einfach so sterben, weil sie kein Antibiotikum bekommen oder ihnen eine bestimmte Operation nicht möglich ist, aus finanziellen Gründen. Und hier wird so viel in jemanden investiert, dem man anmerkt, wie sehr er schon aus dem Leben getreten ist und manchmal auch dass er das gar nicht mehr will. Sie weigern sich den Mund aufzumachen, schreien sobald jemand ins Zimmer kommt. Mag sein, dass sie nichts mehr mitkriegen, aber so interpretiere ich das.

Und lügen wir uns nicht an, ich nehme niemandem hier ab, dass ihm solche Zweifel und Abscheu vor unserem kranken System nie gekommen sind. Auch sind sich die meisten zu fein und verblendet von ihren hehren Idealen, um das auch in die Worte zu packen, die sie aber aus ihren Gedanken auch nicht bannen können. Man kann sich sein Leben lang verblenden, aber ich bin auch nicht die erste, die das so ausdrückt (mein Lieblingsbuch derzeit ist "House of God" und ich finde das NICHT übertrieben). Aber in unserer Gesellschaft regiert Zensur und politische Korrektheit, woran eben diese Gesellschaft derzeit erstickt.

Am Ende noch ein Zitat:

"Ein Zyniker ist ein Schurke, dessen mangelhafte Wahrnehmung die Dinge so sieht, wie sie wirklich sind und nicht, wie sie sein sollten."

P.S.: Antwort auf die Eingangsfrage wäre auch nicht schlecht.

Tse Tse
03.06.2006, 09:47
Blödsinn.
Ersetz das Wort Gomer in deinem Eingangsposting mit einer Religionsgemeinschaft deiner Wahl und die Verachtung die in den Worten liegt wird noch offensichtlicher.

Neely
03.06.2006, 09:47
Noch etwas: Glaubt ihr ernsthaft, ich würde über Selbstmord nachdenken, in meiner Freizeit mit niemandem mehr sprechen können und wollen und emotional zur Salzsäule erstarren wenn ich mir vor den Patienten irgendetwas anmerken ließe und an ihnen den Druck abladen würde?

Das ist gerade der Punkt: Eben weil ich mir absolut nichts anmerken lasse und alles mitmache leide ich an einer Reizüberflutung, die mich komplett überfordert. Ich wollte von euch nur hören, dass es allen so geht und ich nicht Pech mit der Station hatte. Das war alles Leute, aber ihr müsst wieder eine scheinheilige Grundsatzdiskussion starten. Um im Jargon meines Lieblingsbuches zu bleiben (das wohl jeder kennt): Seid ihr denn alle schon zu Leggos, Fishs und Jos geworden?!

Tse Tse
03.06.2006, 09:50
Und auf deine Eingangsfrage wurde ebenfalls eingegangen.
Wie sehe denn deine Alternative aus, wenn ich fragen darf?!

Feuerblick
03.06.2006, 09:53
kann man! Denn Freundlichkeit kostet nicht mehr Zeit als unangemessenes Verhalten dem Patienten gegenüber. Ich habe auch schon öfters Patienten gesagt, ich hätte gerade nicht so viel Zeit, käme aber später noch mal wieder, um mit ihnen zu reden, die sind dann sehr verständnisvoll und dankbar.
Und allein heute habe ich wieder von drei Patienten gehört, ich sei doch sooooooo nett gewesen :-blush dann wird auch ein stressiger Ätztag schön :-)Absolute Zustimmung! Was habe ich davon, wenn ich den Patienten unfreundlich oder gar mit verachtungsvoller Grundstimmung anspreche? Was habe ich davon, wenn ich bei Visite den Patienten ignoriere statt ein freundliches Wort an ihn zu richten und ihm zu erklären, was wir gerade anhand der Kurve besprochen haben? Das kostet auch nicht mehr Zeit, macht aber zufriedene und wesentlich kooperative Patienten. Meine Aufklärungen waren sicher vom Zeitaspekt her nicht aufwändiger als die meiner Kollegen, aber meine Patienten haben sich nachher dafür bedankt, dass ihnen endlich mal jemand das Ganze richtig und komplett erklärt hat. Freundlichkeit tut nicht weh!
Was die Altersstruktur angeht: Klar, ich kann verstehen, wenn einen die hohe Anzahl alter Menschen auf Station irgendwann man nervt, weil man eben am frühen Morgen bei Visite das mit der Empathie angesichts der Diskussion über die Defäkationsprobleme alter Damen noch nicht so ganz auf die Reihe bekommt. Aber prinzipiell sind mir alte Patienten fast lieber als junge, die an allem rummeckern, ständig fordern und teilweise mehr als stressig sein können...

Funkel, deren Klientel durch den Fachwechsel auch nur bedingt jünger geworden ist

P.S. Was regt ihr euch eigentlich über Neely auf? Wir kennen sie doch und die Zeile unter ihrem Benutzernamen kommt ja wahrscheinlich auch nicht aus heiterem Himmel ...:-D

Gwendoline
03.06.2006, 09:56
Und hier wird so viel in jemanden investiert, dem man anmerkt, wie sehr er schon aus dem Leben getreten ist und manchmal auch dass er das gar nicht mehr will. Sie weigern sich den Mund aufzumachen, schreien sobald jemand ins Zimmer kommt.

Wenn du nicht grad auf der Geriatrie bist, hast du doch höchstens 2 solcher Patienten auf Station!! Die anderen schickst du nach der Behandlung ihrer Dekompensation ect. wieder nach Hause. Die INNERE besteht nicht nur aus "GOMER"!! Ich glaube du hast wohl noch nicht so viel Einblick und scherst alles über einen Kamm (sehr traurig). "House of God" ist definitiv übertrieben!

Neely
03.06.2006, 10:09
Bin wahrlich der letzte, der die Moralkeule auspackt, aber es ist doch allen klar, dass wir alle, wenn unsere Kinder uns nicht mehr pflegen können oder wollen, auch irgendwann auf so einer Station dahinvegetieren werden. Und ich möchte zu diesem Zeitpunkt nicht, dass jemand so über mein Leben spricht oder auch noch solchen Prinzipien entsprechend handelt, also unterlasse ich so einen Sch**ß selbst und bin auch nicht begeistert, wenn andere so sprechen.
Von dem, was diese Generation durchlebt und gleistet hat mal ganz abgesehen....
TT

Allein die Möglichkeit so zu werden hat auch noch den letzten Funken an Angst vor dem Tod in mir ausgelöscht. Für mich ist das eine so krasse Horrorvorstellung, was wohl auch der Kern meines Schockes ist: Erst denkt man, sie seien normal und das schafft eine Identifikationsbasis, aber dann kommt der Schock. Diese Identifikation ist Gift und macht kaputt, so dass man sich so weit wie nur irgendwie möglich aus dieser hinausbringen muss, wenn man nicht in der Psychiatrie dahinvegetieren will. Ich habe einen festen Vorsatz und Plan, wie mir das niemals passieren wird, wie ich todsicher vermeide, dass ich niemals irgendwo dahinvegetieren werde, aber wenn ich das jetzt wieder öffentlich zur Diskussion stellen würde, so gäbe das ein neues Gewitter im Forum. Dabei darf jeder mit sich selbst und seinem Leben machen was er will.

Noch was zur Leistung: Das Geburtsjahr der meisten Patienten liegt in etwa bei 1920. Zum Höhepunkt der Nazizeit waren sie also auf dem Gipfel ihres Lebens, trainiert und indoktriniert in Hitlerschulen und Träger des zweiten Weltkrieges, durch Schweigen, Wählen und aktive Teilnahme. Wie jede Medaille hat auch diese zwei Seiten.

So, und nun folgt wieder der Platz für den obligatorischen Aufschrei der Empörung.

Neely
03.06.2006, 10:16
Was die Altersstruktur angeht: Klar, ich kann verstehen, wenn einen die hohe Anzahl alter Menschen auf Station irgendwann man nervt, weil man eben am frühen Morgen bei Visite das mit der Empathie angesichts der Diskussion über die Defäkationsprobleme alter Damen noch nicht so ganz auf die Reihe bekommt. Aber prinzipiell sind mir alte Patienten fast lieber als junge, die an allem rummeckern, ständig fordern und teilweise mehr als stressig sein können...

Nerven oder Ekel ist nicht das Problem. Man sieht, dass diese Leute auch einmal so waren wie wir jetzt und das eröffnet die Möglichkeit, selbst so zu werden. Das ist verdammt hart zu verarbeiten. Es gibt zwei Möglichkeiten der Abschottung: Sich etwas anmerken lassen und ausfallend werden oder eine sehr zynische Weltsicht an den Tag legen und sich damit emotional abschotten.


Funkel, deren Klientel durch den Fachwechsel auch nur bedingt jünger geworden ist

Warum hast du gewechselt und von wo nach wo?



P.S. Was regt ihr euch eigentlich über Neely auf? Wir kennen sie doch und die Zeile unter ihrem Benutzernamen kommt ja wahrscheinlich auch nicht aus heiterem Himmel ...:-D

Haargenau, ich schreibe keine Zeile umsonst. ;-)

P.S.: Warum habt ihr eigentlich die Reputationsfunktion rausgenommen?

Tombow
03.06.2006, 10:22
Noch etwas: Glaubt ihr ernsthaft, ich würde über Selbstmord nachdenken, in meiner Freizeit mit niemandem mehr sprechen können (...) wenn ich mir vor den Patienten irgendetwas anmerken ließe und an ihnen den Druck abladen würde?
Das nicht. Allerdings ist auch das nicht Sinn der Sache.


Das ist gerade der Punkt: Eben weil ich mir absolut nichts anmerken lasse und alles mitmache leide ich an einer Reizüberflutung, die mich komplett überfordert. Ich wollte von euch nur hören, dass es allen so geht und ich nicht Pech mit der Station hatte.
Nein. Einigen von uns ist es auch mal schlimmer ergangen. Manchen ergeht es noch schlimmer.

Hier liegt auch dein Problem. Du hast nicht eine Frage gestellt, sondern wolltest eine bestimmte Antwort hören. Das hat auch deine Fragestellung und dein Ton bedingt. Tut mir leid Neely, aber dir täte es gut, auch übers eigene Tellerrand hinwegzuschauen. Von mir aus. In der eigenen privaten Hölle brennt das Feuer immer heißer als anderswo, da kann man manchmal vergessen, daß man nicht alleine im Kessel sitzt.


aber ihr müsst wieder eine scheinheilige Grundsatzdiskussion starten. Um im Jargon meines Lieblingsbuches zu bleiben (das wohl jeder kennt): Seid ihr denn alle schon zu Leggos, Fishs und Jos geworden?!
Auf die Frage mußt du alleine eine Antwort finden. "House Of God" ist zwar ein sehr gutes Buch, aber Shem hat auch viel Unsinn reingepackt. Glaub' da einfach nichts aufs Wort, hinterfrag' lieber jede Zeile. Es ist keine heilige Schrift, und selbst Jo, Leggo, der Fisch und Putzel sind weder Teufel noch Satan noch die Personifizierung des Bösen oder der totalen Unmenschlichkeit. Das hast du vielleicht schon herauslesen und erkennen können.

Last but not least - man wird als Jo geboren. Aber eins der Wege, zu einer Jo zu werden, ist HoG einfach unkritisch zu lesen und allem zu glauben.