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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Astrozytoms- Frage



Sapphire
05.06.2006, 23:36
Hi an alle

Ich habe mal eine Frage bzgl. des Astrozytoms (glioblastoma multiforme), IV. Grades. Da ich noch nicht Studentin bin habe ich im Gebiet Hirntumor nicht viel AHnung. Der Vater einer Freundin von mir, im Ausland, hat es und er ist nun im Endstadium. Gibt es da keine Lösung mehr oder hat jemand von neue Behandlugnsformen eine Ahnung.

Wäre echt dankbar, wenn ihr mir da etwas zu sagen könntet. Momentan email sie unterschiedliche medizinsiche Einrichtungen in den verschiedensten Ländern um vielleicht noch eine Behandlungs- bzw. Heilungsmöglichkeit für ihren Vater zu finden.

Ach ja bzgl. der Daten ihres Vaters.

72 Jahre alt
Herzpatient
Hirntumor wurde diagnostiziert
Der Tumor soll tief im Gehirn sitzen wo eine Operation nicht durchgeführt werden kann und eine Strahlentherapie würde ihn eher zum leiden bringen.

Doctöse
05.06.2006, 23:45
Ein Glioblastoma multiforme Grad IV ist sowas wie ne Todeserklärung. Selbst wenn man operieren könnte, würde man doch nicht alle Zellen entfernen können. Leider reichen bei diesen Tumoren einige wenige Zellen, um in kürzester Zeit ein Rezidiv zu verursachen. Normalerweise beträgt die Lebenserwartung bei Grad IV um ein halbes Jahr, plus/minus X. Das deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg ist da an Forschungen dran, mittels Viren den Tumor zu schwächen und so einer Strahlen- und/oder Chemotherapie zugänglicher zu machen (hab da mal ein Referat drüber halten müssen, daher weiß ich das grad zufällig). Ansonsten hab ich mal gelesen, daß man einigen Hirntumorpatienten mal radioaktiv markierte Titan(?)Stifte in den Tumor gepflanzt hat, die den dann von innen her zerstört haben. Was da genau dran ist, weiß ich allerdings nicht, da lief mal ein Bericht auf BBC :-nix

agouti_lilac
06.06.2006, 00:01
Hallo Sapphire,

Was heisst "im Endstadium"? Was für eine Symptomatik weisst der Vater deiner Freundin auf?

Sagte bisher nur ein KH keine Operation möglich? Oder mehrere? Da gilt: Mehrere Meinungen einholen! Öfters operiert ein Arzt, wo der andere nicht will. Also aktuelle MRT an verschiedene Neurochirurgen schicken!

Wo befindet sich der Vater? Wo sind dort erfahrene Neurochirurgische/-onkologische Zentren?

Es gibt auch eine Methode, bei der man die Tumorzellen anfärbt und unter einem speziellen Licht (UV-Licht?) sieht und so besser operieren kann. (ALA-5 oder so ähnlich).

Was lief bisher an Therapie? Chemotherapie? Da ist Temozolomid (Temodal) zur Zeit der Goldstandard.

Dann die "experimentelleren" Sachen wie Glivec + Litalir, Thalidomid und Co. (Experimentell meint, es laufen Studien zur Wirksamkeit).


Ansonsten hab ich mal gelesen, daß man einigen Hirntumorpatienten mal radioaktiv markierte Titan(?)Stifte in den Tumor gepflanzt hat, die den dann von innen her zerstört haben. Ich glaube, du meinst sogenannte "Jod-Seeds", die man in den Tumor einpflanzt und die dann punktgenau den Tumor bestrahlen. Dafür darf der Tumor aber nicht zu groß und muss relativ genau abgegrenzt sein (meines Wissens nach).

Will der Vater deiner Freundin eine (weitere) Therapie?

Alles Gute, lilac

Tombow
06.06.2006, 00:37
Ansonsten hab ich mal gelesen, daß man einigen Hirntumorpatienten mal radioaktiv markierte Titan(?)Stifte in den Tumor gepflanzt hat, die den dann von innen her zerstört haben. Was da genau dran ist, weiß ich allerdings nicht

Trifft es so in etwa. Stereotaktische Bestrahlung. Die Technik sieht ungefähr so, daß stereotaktisch in den Tumor ein Träger (Applikator) eingebracht wird, was dann mit der Strahlenquelle beladen wird. Als Strahlenquelle werden bei Hirntumoren häufig Yttrium-90 verwendet, ein Beta- und Gammastrahlung-emitierendes Isotop mit einer Halbwertszeit von 2.67 Tagen. Die Betastrahlung ist sehr agressiv, allerdings dringt sie nicht weit im Gewebe, so daß im Wesentlichen die Strahlung auf die Tumorsubstanz wirkt. Die kurze Halbwertszeit macht die Therapie gut steuerbar, da der Applikator immer wieder mit neuen Strahlenquellen beladen werden kann.

Weitere Therapieoptionen, die aber über das experimentelle Stadium momentan nicht hinaus sind, sind die Immuntherapie (spezifisches Targeting von Tumorstrukturen mit Antikörpern, die entweder das körpereigene Immunsystem zu einer verstärkten Reaktion gegen den Tumor aktivieren oder mit einem Radioisotop/toxischer Substanz beladen sind). Vielversprechend erscheint auch die gezielte Inaktivierung von Wachstumsfaktoren (zB VEGF) im Tumorgewebe. Das hemmt die Bildung neuer Blutgefäße im Tumorgewebe. Tumorgefäße können auch mit (experimentellen) immuntherapeutischen Mitteln gezielt "angegriffen" werden.

Leider sind die meisten dieser Therapieoptionen noch in der Erprobung und/oder für Patienten nur im Rahmen von Studien verfügbar und die Lebenserwartung von Patienten mit Glioblastom nach wie vor schlecht. Wenn eine palliative Bestrahlung ausscheidet, kann man dann für den Patienten nicht vielmehr als eine Schmerztherapie und Hirnödemprophylaxe tun. Lebensverlängernd ist es nicht, es ermöglicht aber ein halbwegs normales Leben, bis es soweit ist.

hallohaldol
07.06.2006, 12:22
hmmm.....mal so nebenbei....der pat. ist 72,"herzpatient" (was immer das heißen mag,zumindest kardial vorbeslastet).....und hat ein glio.
kann mans denn nicht einfach dabei belassen?warum denn noch groß therapie?klar ist es schwer mit sowas umzugehen und ich wüßte auch nicht wie ich reagieren würde,das will ich mal betonen,aber ich würde da nur noch palliative dinge empfehlen.
zugegeben,war jetzt nicht ganz so wissenschaftlich wie die vorherigen,mein beitrag,aber ich finde man sollte das auch nicht aus den augen verlieren.

alex1
07.06.2006, 19:22
Trifft es so in etwa. Stereotaktische Bestrahlung.
Nicht ganz...
Das wäre eigentlich eine interstitielle Bestrahlung. Stereotaxie in der ZNS Bestrahlung bezieht sich eher auf Teletherapie, nicht Brachytherapie.


Wenn eine palliative Bestrahlung ausscheidet, kann man dann für den Patienten nicht vielmehr als eine Schmerztherapie und Hirnödemprophylaxe tun. Lebensverlängernd ist es nicht, es ermöglicht aber ein halbwegs normales Leben, bis es soweit ist.
Halt!
Ich glaube da hast du Temodal vergessen...
Das Medikament ist zugelassen für höhergradige Astros und Glios und prospektive Studien haben einen Überlebensvorteil erwiesen. Es wird oral eingenommen, so daß die Therapie gut ambulant machbar ist.


Sagte bisher nur ein KH keine Operation möglich? Oder mehrere? Da gilt: Mehrere Meinungen einholen! Öfters operiert ein Arzt, wo der andere nicht will. Also aktuelle MRT an verschiedene Neurochirurgen schicken!
Tja, wobei radikale neurochirurgische Eingriffe am ZNS nicht immer das Beste für den Patienten sind. Ich habe da einige Patienten gesehen, die von einem eher konservativeren Vorgehen mehr profitiert hätten. Die Rate an postoperativen Lähmungen usw ist bei großen Tumorexstirpationen im Hirn in der Nähe von kritischen Strukturen ja auch nicht gering.
Ich meine was bringt es wenn man einen weitgehend asymptomatischen Patienten (der nur über Kopfschmerzen klagt) von der Hauptmasse seines Glios befreit (wohlbemerkt da bleibt ein deutlicher Rest drin), er aber dann eine Blutung erleidet und eine Halbseitenparese entwickelt. Tja, nun muß er die 12 Monate seines restlichen Lebens auf einen Rollstuhl verbringen.Wenn er nicht operiert oder "erweitert biopsiert", sondern nur radiochemotherapie gewesen wäre hätte er vielleicht 6 Monate weitgehend beschwerdefrei verbringen können. Manchmal sind 6 Monate als "normaler Mensch" besser als 12 Monate als Pflegefall, vor allem wenn es die letzten Monate in dem Leben von jemandem sind.

Fazit: Operieren ja, aber nur dann wenn auch eine sinvolle Tumorresektion möglich ist. "Erweiterte Biopsien" sind ein Witz und können gefährlich sein.
Die Gefahr von Komplikationen ist bei diesen Eingriffen immer groß und ob nun ein 1x1 cm Tumorrest oder ein 2x2 cm Tumorrest drin bleibt, macht relativ wenig aus. R2 ist R2 und heißt daß man mit relativ kurzen Verläufen rechnen kann.

Sapphire
13.06.2006, 22:23
Danke zunächst einmal für die informative Antwort und des feedbacks.

@hallohaldol ( ?ist der nick richtig? hab momentan keine Lust nachzuschauen, ob ich ihn richtig ausgeschrieben habe oder nicht :-D ) Klar verstehe ich deine Meinung iund so gesehen hast du ja auch teilweise Recht. Man sollte, aber dennoch nicht aufgeben und recherchieren, irgendwo gibt es ja immer neue Anhaltspunkte und Studien, die nicht so bekannt sind, aber manchmal doch eine gewisse Signifikanz und Hilfe für einzelne Patienten aufweisen und wenn man es nicht einmal versucht, dann kann es ja nie zum Fortschritt kommen.
Andererseits ist es in diesem Fall ja schon offensichtlich, dass auch wenn man alternative Therapieoptionen in Betracht ziehen würde, in der momentanen Lage dennoch keine signifikante Steigerung in der Lebensqualität und dem Lebenserhalt erzielen könnte, besonders, weil das meiste wie schon genannt noch in der Erprobung ist.
Ich kann meiner Freundin ja auch nicht direkt ins Gesicht sagen 'das kannst du dir abschminken mit der Besserung'. Irgendwo weiß man ja, dass man in bestimmten Fällen nicht viel machen kann, aber sich damit abzufinden ist nicht immer einfach, außerdem ist sie selbst ja auch eine Medizinstudentin.


Wems interessiert, hier ist ein Auszug d. Biopsieberichts




Clinical history: Being treated as Tuberculoma but not responding.

Cross Description:

The specimen is received fresh for frozen section coded as “Tissue 2-1/2 CM left temporo-parietal region of the brain”. The specimen consists of two fragments measuring 0.4 CM in AGG. Entirely submitted in cassette F. specimen from container F is entirely submitted in cassette F (AZ).

Frozen section diagnosis:

Tissue from 2.5 CM left temporoparietal region of brain: Glioma. High grade glioma (SHH) (AK.NSA)

MICROSCOPIC DESCRIPTION (PERMANENT PARAFFIN SECTIONS)

Sections erveal small tissue showing a Neoplastic Lesion exhibiting sheets of neoplastic cells against a fibrillary background. Tumour cells show nuclear pleomorphism. Mitotic figures and endothelial proliferation also appreciated.

Diagnosis:

Tissue 1-1/2 CM left temporoparietal region of the brain:
Features are consistent with high grade glioma.

Clinical information

Right sided weakness. Ring enhancing lesion on the left parietotemporal region.

Gross description:

The specimen is received in formalin coded as “Biopsy from right parietal temporal mass”. The specimen consists of multiple grayish white tissue fragments measuring 2x1.5 CM in AGG. Entirely submitted in 1cassette (RS).

Microscopic description:

Sections examined reveal fragments of a neoplastic lesion showing sheets of neoplastic cells. The tumour cells have pleomorphic. Hyperchromatic nuclei. In the background fibrillary processes are appreciated. Areas of necrosis and endothelial proliferation are also appreciated. Few mitotic figures also present. On immunohistochemical stains the tumour cells stain positive with GFAP.

Diagnosis:

Biopsy from right parietal temporal mass: Features are consistent with astrocytoma (Glioblastoma multiforme) WHO GRADE IV.