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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Soll ich wirklich Ärztin werden? Frage an alle Ärzte unter euch... und andere



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Frau_Doktor
03.07.2006, 18:53
Hallo!

Ich muss mir mal aus der Seele reden.

Ich mache zur Zeit mein Krankenpflegepraktikum und sammle jetzt im Grunde meine ersten (nicht allerersten) Erfahrungen im medizinischen Bereich. Ich kriege einiges mit vom Arbeitsalltag der Ärzte - da ich aber mehr mit den Schwestern arbeite, bekomme ich eben nicht alles mit.
Ich will seit vielen Jahren Medizin studieren, das Fach, die Materie, die Wissenschaft interessiert mich sehr. Ebenso der Umgang mit Menschen in dem Beruf. Aber irgendwie kann ich mir nicht so richtig vorstellen, ob es mir später wirklich Spaß machen würde, Ärztin zu sein. Ich sehe halt jetzt die Ärzte auf den Stationen: sie laufen rum, machen Visite, operieren 2 Stunden oder länger, haben Besprechungen, laufen wieder rum von Patient zu Patient. Ganz normaler Alltag (?).
Aber macht das wirklich Spaß? Ich war bei einer OP dabei und hab mich gefragt: Kannst du dir wirklich vorstellen, deine Hände später mal wie diese Ärzte am OP Tisch in den Bauchraum eines Patienten zu halten und irgendwas rauszuschneiden? - Ich lese wahnsinnig gerne über den Beruf des Arztes. Es gibt keinen Beruf, der mich mehr interessiert. Aber wenn ich ehrlich bin: So richtig kann ich mir nicht vorstellen, später mal 24 Stunden am Stück zu arbeiten, oder 32 Stunden, oh Mann, ich will gar nicht daran denken! Aber wenn ich insgeheim darüber nachdenke, erhoffe ich mir (blauäugig?), dass sich die Umstände in zehn Jahren vielleicht auch gebessert haben werden. Ich kann mir nicht vorstellen, was anderes zu machen. Aber irgendwie weiß ich halt nicht, wie es sich später anfühlen wird, Ärztin zu sein. Und ob es sich gut anfühlen wird. Auf das Studium hätte ich total Lust! Mich interessiert das alles, wie gesagt. Aber mir ist so wichtig, dass mir mein späterer Beruf Spaß machen wird. Würde mir der Beruf Spaß machen??...

Sind unter euch vielleicht Ärzte, die vor dem Studium ähnliche Gedanken hatten? Wächst man da rein in den Job? Macht euch der Job Spaß? - Das ist eigentlich meine wichtigste Frage. - Egal, wem ich begegnet bin im Laufe des Praktikums: 90% der Leute haben mir von dem Beruf abgeraten mit der Begründung, er sei viel zu stressig und man ginge kaputt an ihm.


Und all das beschäftigt mich. Vielleicht sagt ihr was dazu. Ich wär euch dankbar.

Xylamon
03.07.2006, 19:07
Man wächst mit seinen Herausforderungen... du wirst im Laufe des Studiums alles genauer kennen lernen, und auch die Nischen der Medizin. Wer sagt denn, dass du unbdingt in den Stationsdienst musst? Gibt viele Fachrichtungen und Einsatzmöglichkeiten für Approbierte... Labor, Pharmafirma, Journalismus, (Unternehmens-)Beratung usw :)

ledoell
03.07.2006, 19:11
hi...also ich bin bis jetzt nur abiturient und daher vielleicht nicht sonderlich kompetent für solche aussagen, aber ich denke mal, man sollte auf jeden fall ne größere portion idealismus mitbringen in dem beruf....denn soweit ich das beurteilen kann arbeitet man schon länger/schwerer/intensiver als in den meisten anderen berufen und das wird noch durch eine im internationalen durchschnitt verhältnismäßig schlechte bezahlung, überstunden, papierkram etc. verstärkt....wer also auf ein gutes "preis-leistungs-verhältnis" in seinem beruf wert legt, wird im krankenhausdienst wohl kaum glücklich werden, frühestens bei einer eigenen praxis vielleicht.....ich persönlich will arzt werden, weil ich in meinem leben was sinnvolles machen will, und die allermeisten jobs und berufe heutzutage sind für mich nicht bzw. nur eingeschränkt sinnvoll....aber einem menschen seine gesundheit wieder zu geben ist doch ein erstrebenswertes ziel, dafür nehm ich persönlich gerne teilweise etwas widrige arbeitsbedingungen in kauf....außerdem ist die ausbildung, die man bekommt ziemlich krisensicher.....kranke und verletzte wirds wohl immer geben.....und das beste: man ist echt total mobil, wenn man keinen bock mehr auf deutschland hat, kann man (bei entsprechenden sprachkenntnissen) immer noch woanders hin gehen......ein unbezahlbarer vorteil, versuch das mal als steuerberater oder bankangestellter :).....

Frau_Doktor
03.07.2006, 20:00
danke für eure beiträge. ich hoffe, es kommen noch mehr. bin ich idealistin? ja, ich bin es. aber gleichzeitig bin ich auch sehr nachdenklich, ich will nicht sagen pessimistisch, aber kritisch... ledoell, ich finde deine argumente sehr gut. ich kann deine beweggründe gut nachvollziehen. aber bei mir fällt das helfersyndrom eher in den hintergrund. frag mich, warum ich ärztin werden will.

Lava
03.07.2006, 20:05
Irgendwie ging es mir ähnlich wie dir. Hatte wenig Einblicke in den Arztberuf, nur ein 2 wöchiges Pflegepraktikum zwischend er 11. und 12. Klasse und da habe ich den Stationsarzt nur beim Frühstück zu Gesicht bekommen. Allerdings durfte ich einmal in die Endoskopie und einmal zum Ultraschall zuschauen.
Das mit den langen Diensten hat mir auch Angst gemacht und ehrlich gesagt weiß ich immer noch nicht, ob ich das aushalte. Aber ich hab auch im ersten Semester gedacht, diese ganze anatomie werd ich nie schaffen und ich hab's geschafft. Am Anfang steht man immer wie der Ochs vorm Berg. Ob man es schafft, weiß man erst, wenn das Problem wirklich anpackt.
Ich hab mich noch nie danach gerichtet, was andere Leute mir sagen und so hab ich einfach so aus blanker Neugier und ein bisschen Verblendung durchs Fernsehen (ER und Chicago Hope lassen grüßen) mit Medizin angefangen und siehe da! Bisher liebe ich es einfach. :-)

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03.07.2006, 20:12
Helfersyndrom ist manchmal gefährlich, da besteht die Gefahr sich an das System "zu verkaufen" und kaputt zugehen.

Mal am Rande so gesagt.

Darauf kann man also am ehesten verzichten.

Mut zum Risiko! Das Schöne ist, du kannst das Rad dann nur noch schwer zurück drehen - die gesunde Portion Existenzialismus ;-)

ledoell
03.07.2006, 20:18
mhja das mit dem "sich an das system zu verkaufen" stimmt schon....aber genau deswegen find ichs auch so gut, dass man extrem flexibel ist....ich könnte mir gut vorstellen, später mal zu ärzte ohne grenzen oder so zu gehen, da kann mir das hiesige system dann egal sein und die leute in entwicklungsländern haben ärzte i.d.R. auch nötiger :-meinung

danke :) @ frau doktor

btw @ logo: wie ist das studium in kiel? überleg mir grad, ob ich kiel beim AdH angeben soll...

DeKl
03.07.2006, 20:29
frag mich, warum ich ärztin werden will.

warum willst du ärztin werden?

Franzi
03.07.2006, 20:38
Ist gar nicht so blöd, dieser Satz. Ehrlich gesagt hab ich für mich darauf auch noch keine plausible Antwort gefunden :-nix
Wahrscheinlich aber, weil mir bis jetzt nichts anderes unter die Finger gekommen ist, was ich genauso gern gemacht habe ( bzw. hätte) als etwas medizinisches. Schade eigentlich?????!!!????

DeKl
03.07.2006, 21:05
ich suche für meine emu-farm ein paar zusammentreiber/innen. alternative?

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03.07.2006, 21:23
Leodell, habe dir ne Private Nachricht geschickt :-winky

test
03.07.2006, 21:31
mhja das mit dem "sich an das system zu verkaufen" stimmt schon....aber genau deswegen find ichs auch so gut, dass man extrem flexibel ist....ich könnte mir gut vorstellen, später mal zu ärzte ohne grenzen oder so zu gehen, da kann mir das hiesige system dann egal sein und die leute in entwicklungsländern haben ärzte i.d.R. auch nötiger :-meinung

danke :) @ frau doktor

btw @ logo: wie ist das studium in kiel? überleg mir grad, ob ich kiel beim AdH angeben soll...

Naja, bei Ärzte ohne Grenzen arbeiten aber die wenigstens längerfristig. Und die die nur für einen EInsatz hingehen kriegen im GRudne nicht mehr als ein Taschengeld.
Abgesehen davon muß man schon ein paar JAhre BErufserfahrung haben um überhaupt für einen EInsatz in Frage zu kommen. Und ob man mit Ende 20 oder Anfang 30 evtl. mit Familie mal eben schnell nen halbes Jahr in den KOngo geht, wage ich dann doch zu bezweifeln. ;-)

Aber das Ausland bietet sich natürlich als ALternative an.
An Frau DOktor:
Ich finde es schwierig jemandem in deiner Position auf die Frage zu antworten. Viele Ärzte werden sagen nie wieder, viele jederzeit wieder. Irgendwie ist eben jeder anders und hat und hatte eben andere Vorstellungen von dem Studium und der ARbeit. Ich denke ein grundlegendes Interesse und Begeisterung für das Fach ist sehr wichtig. Wenn man allein denkt, man will helfen und das KRankenhaus ist mein Leben, kann das, glaube ich, in die Hose gehen.
So lange einem das ganze Thema Medizin Spaß macht, wird man dort auch etwas finden was einem gefällt, denke ich (vielleicht noch blauäugig). Ich kenne aber viele Mediziner, die zufrieden sind und auch einige eben nicht in der Patientenversorgung oder nicht in Deutschland ;-)
Soll also heißen, wo ein Wille ist, ist ein Weg ;-)
Ich denke nur, dass die GEfahr besteht, wenn man sich das ganze zu schön und idealistisch mit dem HElfen vorstellt. ziemlich hinfallen kann. :-meinung
Viel Erfolg bei der Entscheidung, die dir wohl auch niemand abnehmen kann.

ledoell
03.07.2006, 22:05
@ test: mhh ja stimmt schon...das war auch mehr auf mich persönlich gemünzt und vielleicht nicht so allgemein übertragbar ;)...außerdem: mehr idealisten braucht das land :-meinung

@ logo: yo, thx....hoffe meine antwort ist ebenfalls angekommen :)

Frau_Doktor
03.07.2006, 22:43
warum ich ärztin werden will?
...
weil (oh jetzt muss ich an dieser stelle sagen, dass die reihenfolge der argumente eher zufällig ist [es sei denn man könnte psychologische rückschlüsse ziehen...]) ... weil ich ein mensch bin, der in seinem leben eine gewisse festigkeit braucht. ich brauche eine solide basis, einen stabilen beruf, einen sicheren beruf. höchstwahrscheinlich werde ich nach dem studium einen job bekommen. mit den sechs jahren studium erreiche ich einen ausbildungsstand, der mich überall auf der welt, wie ihr schon sagtet, weiterbringen kann. egal wo ich bin, ich bin ausgebildet. und die "ausbildung" zum arzt will ich nicht für irgendjemand anderes machen, sondern allein für mich. weil es was "festes" ist. wenn ihr versteht, was ich meine...

ich will ärztin werden, weil mich die tätigkeit eines arztes irgendwie ja doch fasziniert. und weil mich die materie mehr interessiert als alles andere. sei es bwl, kunst, geschichte, jura oder germanistik... oder theologie... nichts interessiert mich so sehr wie die medizin.

natürlich lasse ich den aspekt des ansehens nicht unbeachtet - ich meine, ich genieße ja im grunde schon jetzt ansehen, wenn ich irgendwem erzähle, ich habe vor, medizin zu studieren: dann kommt ein "OHHH!!!"... "AAH!!"... das kennt ihr doch sicherlich alle. aber ich ersticke jedesmal dieses gefühl von "ja ich weiß, ich bin gut!!!". manchmal finde ich die reaktionen sogar übertrieben.
trotzdem: ich bin nicht nur ein mensch, der festigkeit braucht, sondern auch ein mensch, der anerkennung braucht, für das was er tut. und diese anerkennung schenkt mir der beruf.

geld? geld ist mir eigentlich nicht so wichtig im leben. wenn ich millionen machen wollen würde, dann würde ich nicht diesen beruf machen wollen. das ist mir bewusst. die hauptsache ist für mich, wie ich schon in meinem ersten argument gesagt habe, sicherheit. wenn ich einen festen job habe, verdiene ich geld. und das ist mir wichtig. nicht wieviel... klar, wenn ich einen mickrigen gehalt bekommen würde und zwar auf dauer, dann würde ich mich genauso ärgern...

will ich menschen unbedingt helfen? - nein, eigentlich nicht. ich seh das nicht als mein hauptziel. zumindest NOCH nicht. wenn ich mich für einen anderen job entscheiden würde, könnte ich menschen womöglich genauso helfen (egal ob im beruflichen oder privaten bereich). ich denke, man muss nicht arzt werden, um menschen zu helfen. und auf mich trifft dieser aspekt eben nicht direkt zu. da bin ich ganz ehrlich. aber vielleicht entwickle ich ein anderes bewusstsein im laufe des studiums zu diesem thema.

naja das soll erstmal reichen.

ledoell
03.07.2006, 22:50
nein, man muss sicherleich nicht arzt sein, um jemandem zu helfen....aber es gibt auch sicherlich auch wenige tätigkeiten, bei denen man anderen mehr helfen kann, als als arzt :)....

der aspekt "einigermaßen sicherer job bzw. einkommen" spielen bei mir wie gesagt auch ne wichtige rolle, ich hab kein bock mein leben lang irgendwelche firmen und konzerne anzubetteln, bei ihnen doch bitteschön kaffee für den chef kochen zu dürfen wenn ihr versteht, was ich meine....ich hab ein problem mit unserer schönen neuen wirtschaftswelt....und daher ist für mich auch wichtig, notfalls abhauen zu können....alles das leistet dieser beruf eben auch...

Frau_Doktor
03.07.2006, 22:56
du kannst zum beispiel soziale arbeit studieren - ich glaube, da hilfst du menschen vielleicht noch mehr als ein arzt. oder du gehst du caritas und hilfst obdachlosen...du hast aber nicht unrecht, wenn du sagst, ein arzt hilft ungemein.

Adrenalino
04.07.2006, 09:24
@ test / alle:
Sehr schöne Worte! Möchte Dir zu 100% zustimmen.
Besonders das mit dem "Helfen". Dazu hab ich schon zig mal gesagt, wer helfen möchte, muss kein Arzt sein, die/derjenige sollte lieber Krankenschwester werden.
Ich denke, ein großes Fachinteresse sollte schon vorhanden sein, sonst geht man in dem Job auch kaputt. Die Arbeit in der Klinik ist nicht unbedingt immer etwas, in der man behaupten kann, etwas "zurückzubekommen"...
Jaja.. es ist -leider- nicht sehr rosig im Krankenhaus...
Aber wenn einen sonst die Materie interessiert..wieso nicht..?
" Wieso ist bei dem Patienten die Blutgerinnung so niedrig? Wieso hat der Patient eine Sepsis und wie bekommen wir sie in den Griff..? "
Das juckt doch innerlich schon, oder..? ;-)

mezzomixi
04.07.2006, 09:47
ich suche für meine emu-farm ein paar zusammentreiber/innen. alternative?
:-)) Ich bin dabei, wann geht's los

surfsmurf
04.07.2006, 10:39
.... ich hab kein bock mein leben lang irgendwelche firmen und konzerne anzubetteln, bei ihnen doch bitteschön kaffee für den chef kochen zu dürfen wenn ihr versteht, was ich meine....ich hab ein problem mit unserer schönen neuen wirtschaftswelt...

Dieser "schönen neuen Wirtschaftswelt" wirst du dich allerdings in meinen Augen als Arzt nicht unbedingt entziehen können, jedenfalls nicht dauerhaft. Und dass Hierarchiedenken gerade im KKH ausgeprägt ist - und vielleicht sogar ausgeprägter als in anderen Unternehmen - ist, denke ich, auch nicht unbekannt.

Ich finde, man merkt schon deutlich, auch als Famulant, was für enormen wirtschaftlichen Zwängen die meisten Ärzte ausgesetzt sind. Und ehrlich gesagt, glaube ich, dass diese Zwänge an Intensität eher noch zunehmen werden.

Lg, surfsmurf

ledoell
04.07.2006, 10:49
ja sicherlich wird das zunehmen, gerade weil in zukunft viele ärzte bei konzernen wie der rhön-klinikum ag etc arbeiten werden und auch das aktuelle chefarztsystem ist ja nicht sonderlich toll....deswegen sag ich ja: notfalls bin ich weg :-meinung ...