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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mit Spiegeln gegen Phantomschmerzen



Hoppla-Daisy
11.07.2006, 11:25
Sehr interessante Geo-Ausgabe wieder mal (Nr 07/06):

Medizin: Mit Spiegeln gegen Phantome
Ein optischer Trick hilft Patienten, die nach einer Amputation scheinbar Schmerzen im abgetrennten Körperteil empfinden

Das menschliche Gehirn erstellt im Laufe des Lebens eine innere "Landkarte" des Körpers, die für die Planung von Bewegungen wichtig ist. Gewöhnlich wird dieses Selbstbild ständig durch Nervenimpulse aktualisiert und mit der Erinnerung abgeglichen. Beim Verlust eines Gliedes aber schrumpft die Landkarte, und das Hirn ersetzt den neuronalen Input durch so genannte Phantomschmerzen: Dem Betroffenen erscheint es so, als sei der Körperteil noch vorhanden und sende schmerzhafte Signale aus.

Christoph Maier und seinem Team von der Schmerzklinik im Klinikum Bergmannsheil der Ruhr-Universität Bochum ist es jetzt gelungen, den Phantomschmerz in die Schranken zu weisen - durch den geschickten Einsatz eines Spiegels, in Kombination mit Bewegungstraining. Bei der systematisch ausgebauten Therapie, die auf Vorarbeiten des US-Arztes Vilayanus Ramachandran basiert, scheint es dem Patienten, als ersetze die Spiegelung seines gesunden Armes oder Beines den amputierten Körperteil. Durch motorische Übungen wie etwa das Eindrehen von Schrauben werden unter der optischen Kontrolle im Spiegel die fehlenden Nervenimpulse kompensiert - das Gehirn hört auf, mit Schmerz auf das Fehlen von Eingangssignalen zu reagieren.

In acht bis zehn psychologisch begleiteten Trainingseinheiten erlernen die Patienten Methoden, die sie später zu Hause anwenden, sobald der Phantomschmerz sich meldet. Zwei "Heimtrainer", die Maier gemeinsam mit der Ergotherapeutin Susanne Glaudo entwickelt hat - ein Armspiegel und ein größerer, rollbarer Beinspiegel - sind bereits zum Patent angemeldet.

Wie dauerhaft die Patienten nach einer Trainingseinheit schmerzfrei sind, ist individuell Kiverschieden: manchmal mehrere Tage, zuweilen nur 10 Minuten. Aber vor allem psychologisch ist die neue Therapie für die Patienten wichtig: "Sie sind sehr froh, endlich selbst aktiv etwas gegen den Schmerz tun zu können", sagt Christoph Maier. Allerdings warnt der Professor vor unvorbereiteter Selbsttherapie: Menschen, die im Spiegel zum ersten Mal wieder ihr "heiles" Bild sehen, werden oft seelisch aufgewühlt; der Schmerz kann dadurch verstärkt werden.

Doctöse
11.07.2006, 11:32
Beeindruckend, würd mir die Spiegel gern mal anschauen. Schön, daß es immer noch Fortschritte in der Medizin gibt :-)

THawk
11.07.2006, 12:22
:-) Das sind wirklich ganz normale Spiegel.

Ein Bild von dem Teil und ein sehr interessanter Artikel zu Phantomschmerz allgemein ist übrigens in der AINS 06/2006. Also - wenn ihr an die Zeitschrift rankommt, ich fands gut!