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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : kann mit dem voraussichtlichen Tod eines Patienten nicht umgehen...



catgirl
15.07.2006, 14:07
Die Überschrift sagt schon alles...
Ein Patient auf meiner ehemaligen Station wir wahrscheinlich in der nächsten Zeit (das heißt, man geht davon aus das es schnell geht) sterben. Er ist in meinem Alter, nett und ich leide gerade sehr mit ihm und kann ihn garnicht vergessen, kann garnichts dagegen machen.
Das ist so ungerecht, er hätte sein ganzes Leben doch noch vor sich!

Ich weiss das ich das alles zu nah an mich ranlasse, frage mich gerade ob ich da jemals härter werden könnte...
Ist nicht wirklich gut wenn ein Patient spürt das ich Mitleid habe,
ich glaube aber irgendwann kann man so etwas nicht mehr verstecken.

Wie geht ihr mit dem schicksalhaften Tod um?

lore
15.07.2006, 17:20
ich weiß nicht, wie sehr dich das mitnimmt, aber ich würd mir in der situation (in der ich noch nie war) - wenn ich jetzt schon weiß, daß ich damit ich umgehen kann- auf jeden fall hilfe suchen. du kannst mal mit dem stationarzt oder dem pflegepersonal darüber sprechen, die kennen den fall ja viel besser, villeicht hilft dir das schon. zusätzlich kannst du dich erkundigen, ob es ne balint-gruppe, ethik-gruppe, psycho-berstungsstelle für studenten oder sowas ähnliches gibt. viel erfolg!

supamaus007
15.07.2006, 17:54
Hattest du denn schonmal Probleme bei Menschen, die sehr viel älter waren, sagen wir mal um die 70 oder 80 herum? Oder besteht das Problem jetzt akut nur bei diesem Fall? :-keks
Bei älteren Patienten habe ich mich über mich selber schon recht erschrocken, als sich bei mir gar nichts emotional tat, als sie gestorben waren.
Am besten redest du wirklich mal mit jemanden darüber. Sollte aber jemand sein, der ein bisschen Zeit für dich hat. Würde ich so machen. Finde ich aber schonmal gut, dass du mit uns "redest". Das hilft vielleicht auch schon, sich an den Tod zu "gewöhnen". Was hat der arme Patient eigentlich so in etwa??

catgirl
15.07.2006, 18:53
Hattest du denn schonmal Probleme bei Menschen, die sehr viel älter waren, sagen wir mal um die 70 oder 80 herum? Oder besteht das Problem jetzt akut nur bei diesem Fall? :-keks
Bei älteren Patienten habe ich mich über mich selber schon recht erschrocken, als sich bei mir gar nichts emotional tat, als sie gestorben waren.
Am besten redest du wirklich mal mit jemanden darüber. Sollte aber jemand sein, der ein bisschen Zeit für dich hat. Würde ich so machen. Finde ich aber schonmal gut, dass du mit uns "redest". Das hilft vielleicht auch schon, sich an den Tod zu "gewöhnen". Was hat der arme Patient eigentlich so in etwa??

Das kann ich dir ganz genau sagen, HirnTU...
Ja das habe ich auch bemerkt in der ganzen Zeit jetzt konnte ich mir immer sagen das diese Menschen so lange sie keine schmerzen erleiden mussten ihr Leben gelebt haben im anderen Falle habe ich schon Mitleid empfunden...
Jedoch nie so stark wie bei diesem Patienten, er hat sein Leben doch noch nicht mal begonnen zu leben, irgendwie bewegt mich das total.

Danke euch beiden,
ich habe versucht mit jemanden zu reden den ich vor einiger Zeit kennengelernt hatte und der auch schon öfter für mich da war, aber ich denke über sowas kann man mit nicht Medizinern nicht reden, er wollte schnell auf ein anderes Thema lenken und konnte garnicht verstehen wie mich so etwas so sehr mitnehmen kann.
Seitdem rede ich mit Fachfremden nicht mehr über diesen Fall und mit einer Kollegin habe ich gestern gesprochen, ich habe das Gefühl das die es alle schaffen so Dinge in einer gesunden Distanz zu betrachten. Unser "Berater" für solche Fälle ist jetzt im Urlaub und ich glaube zu einer Vertretung möchte ich nicht gehen.

Gruß

Sidewinder
15.07.2006, 19:00
Ich denke, manchmal ist es auch sinnvoll mit Außenstehenden zu reden, die nicht vom Fach sind, wenn man da dir richtigen erwischt, dann kann einem das eine ganz andere Perspektive zu dem Thema geben.
Persönlich finde ich, daß man sehr vorsichtig damit sein muß, was man an sich ran lässt und was nicht, v.a. wenn man in einem medizinischen Beruf tätig ist, allerdings kann ich auch verstehen, daß einem manche Sachen doch nahe gehen oder zumindest nachdenklich machen.
Am Ende des Tages wird dir nichts anderes übrig bleiben, als dich damit abzufinden; die Frage nach dem "Warum" kann dir sowieso niemand beantworten.
Man kann einen Moment inne halten, einen Moment drüber nachdenken, aber dann sollte man einfach weitermachen, schließlich sollte man das ganze auch von einer anderen Seite sehen: man selber ist ja noch am Leben - auch wenn das jetzt recht banal klingt.

Falls es dich wirklich so sehr belastet, dann würde ich auch vorschlagen, daß du mal mit jemandem drüber redest, dann eben, wenn der Berater wieder aus dem Urlaub zurück ist!

catgirl
15.07.2006, 19:03
Ich weiß,
es ist einfach sehr schwer jemanden sterben zu sehen der im gleichen Alter ist.

Aber du hast schon recht weiter machen muss man, auch wenn es mir gerade jetzt schwer fällt.

Danke für die lieben Worte!

Nico
15.07.2006, 19:42
Hallo catgirl

Es gibt ein sehr schönes Büchlein dazu von der Kübler-Ross (die ja nicht mehr lebt):
*hier* (http://www.amazon.de/gp/product/3923781024/028-8812968-6000544?v=glance&n=299956)

Ich habe das Buch (als einziges von ihr) und kann es jedem nur empfehlen.

lg
Nico

Giant0777
15.07.2006, 20:28
Ich weiß,
es ist einfach sehr schwer jemanden sterben zu sehen der im gleichen Alter ist.

Aber du hast schon recht weiter machen muss man, auch wenn es mir gerade jetzt schwer fällt.

Danke für die lieben Worte!

Ich arbeite derzeít auf einer Station, auf der viele Patienten liegen mit infausten Prognosen. Leider ist der Tod auf unserer Station eine sehr regelmäßige Sache. Ich persönlich habe bei zwei von drei Fällen sehr daran knabbern müssen.
Fragen, ob gerecht oder nicht, ob schon alt genug oder noch zu jung oder ob der Tod immerhin gnädig war, habe ich mir zu diesen Zeiten ehrlich gesagt nie gestellt. Ich habe aber mit Erstaunen sehen müssen, dass die Schwester unserer Station, die sehr erfahren sind und vieles gesehen haben, auch gut an diesem Dingen knabbern müssen. Sie reden darüber und nehmen ernsthaft Anteil, wenn die Angehörigen zu letzten Mal zu uns kommen.

Und ich denke, dass es im Prinzip auch so ist, man stumpft nie wirklich ab, es nur eine Frage, wie sehr man zugibt, dass es einen schmerzt und berührt.

Und das, Catgirl, ist der richtigste Weg - sich darüber im klaren sein, dass einen solche Dinge belasten und verletzten und das man über vieles auf einmal nachdenkt. Mit Trauer kannst Du dieses Dinge verarbeiten.

Du musst Dir an sich nur darüber im klaren sein, ob so etwas ein Weg ist, mit dem Du auf Dauer klar kommen könntest. Ich für meinen Teil habe ein paar Konsequenzen aus meinen Erfahrungen gezogen, denn ich weiss für mich, dass ich eben nicht so cool bin, einen Todesfall mit Professionalität zu überspielen.

Ist zwar etwas länger geworden, als geplant. Aber ist ja auch kein leichtes Thema!

Gruss, Giant

Cooper
16.07.2006, 07:04
Bei mir war es so, dass ich mich manchmal erschrocken habe vor mir selbst, wie wenig mich der ein oder andere Todesfall mitnimmt.

Dann kam aber einer zu uns auf die Intensivstation der genau so alt war wie ich, der dann immer mehr eintrübte und verstarb. Es war zwar wohl abzusehen, aber ich hatte das nicht so richtig realisiert. Das hat mich so richtig mitgenommen und er ist auch noch auf meinem Geburtstag verstorben.

Ich hab darüber mit einem Pfleger gesprochen und der meinte, dass immer wieder einer kommen wird, an dem man zu knabbern hat, das geht wohl auch den ganz erfahrenen so. Meist bei einem der im selben Alter ist (oder den gleichen background hat, oder so ist wie der eigene Opa oder so).

Für mich persönlich war es im Nachhinein eine gute Erfahrung zu merken, dass ich wohl doch nicht so gefühlskalt bin. Das ist jetzt schon über 1/2 Jahr her und ich denke immer noch öfter mal dran.

Wegkreuzung
06.07.2010, 01:56
Naja stell dir vor niemand würde mehr sterben, andere kannst Du noch retten.
Das sterben ist ein Teil des Lebens, ab und zu kann es passieren das Menschen zu Daten werden und zu Laborberichten ;P diese Menschen die Dich zwischendurch berühren sind wichtig das du nie vergisst das es mit Menschen zu tun hast.

Blos auffressen lassen solltest du dich nicht von dem.

Xela
06.07.2010, 09:30
nach knapp vier jahren, die dieser thread mittlerweile auf dem buckel hat, ist das sicher ein großer trost.

Die Niere
06.07.2010, 09:36
Obwohl es jetzt wiederum sicher spannend wäre, zu hören, wie sie damit im Verlauf umgegangen ist (oder er).

gruesse, die niere

coron
06.07.2010, 12:24
Bei einem gleichaltrigen Sterbenden kommt sicher auch noch hinzu, dass man sich mehr oder weniger unbewusst mit ihm identifiziert. Man könnte gut selbst an der Stelle liegen, oder bei den nächsten Kopfschmerzen erfahren, dass man auch einen Hirntumor hat ... Man wird in jedem Fall (ziemlich brutal) an die eigene Sterblichkeit erinnert, die normalerweise sehr weit weg und gut verdrängt ist. Ich weiß nicht, wie sehr das bei dir eine Rolle spielt. Ich selbst empfinde den Tod von alten Menschen jedenfalls deutlich weniger belastend.

Insofern ist deine Reaktion hier völlig normal. Du wirst dich (hoffentlich) nicht an solche Situationen gewöhnen (im Sinne von "abstumpfen"), aber du wirst lernen, damit umzugehen. Dazu gehört sicher auch, sich mit der eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen.

(Wenn euer Berater im Urlaub ist, und wenn deine Weltanschauung nicht völlig dagegen spricht, wäre auch ein Krankenhausseelsorger ein guter Gesprächspartner. Die sind nicht nur für Patienten und Angehörige, sondern ausdrücklich auch für Mitarbeiter da.)


er hat sein Leben doch noch nicht mal begonnen zu leben, irgendwie bewegt mich das total.

Das finde ich nun wieder sehr bedenklich. Meinst du wirklich, dass sein (oder dein) Leben noch gar nicht begonnen hat??? Was hast du denn die letzten 20 Jahre gemacht? Wann willst du anfangen zu leben? Nach dem Studium, nach der Facharztausbildung, oder wenn du endlich in Rente gehst?

Entschuldige, wenn ich hier ungehalten klinge, aber solche Sätze erschrecken mich. Es gibt zu viele Menschen, die tatsächlich glauben, mit dem Leben noch nicht angefangen zu haben, und die sich ständig auf die Zukunft ausrichten. "Wenn ich erstmal Arzt bin / Oberarzt bin / wenn die Kinder aus dem Haus sind ... dann fange ich aber endlich an zu leben!" Meist wird diesen Menschen dann erst mit 50 oder 65 bewusst, dass sie tatsächlich noch gar nicht gelebt haben. Und dann ist es (fast) zu spät ...

(Vielleicht war der Satz da oben ja nur eine undurchdachte Floskel. Wenn nicht, dann solltest du möglichst schnell mit dem Leben anfangen.)

So. Schluss mit der ungefragten Lebensberatung. :-blush
Es kann jedenfalls keinem schaden, da mal drüber nachzudenken.

chil-i
06.07.2010, 15:57
sorry, ich musste gerade lachen, bei dem satz "Wenn euer Berater im Urlaub ist"...
ich hoffe doch mal, der gute mann ist in den letzten vier jahren irgendwann mal zurückgekommen :-D

alex1
06.07.2010, 21:20
Catgirl, du könntest fragen ob es bei euch Balint-Gruppen gibt.
Oft bieten die Psychiater sowas an.
Ich kann sagen, dass es oft sehr nützlich ist.
Ich durfte vor kurzem einen Krebspatienten Anfang 20 betreuen, der eine infauste Prognose hat und es tat gut über ihn und die Interaktion mit ihm in der Balint-Gruppe zu sprechen.

Feuerblick
06.07.2010, 21:22
ACHTUNG! Dieser Thread ist vier Jahre alt! Catgirl dürfte ihr Problem inzwischen gelöst haben (hoffe ich).:-D Gute Ratschläge kommen da wohl zu spät.

airmaria
06.07.2010, 21:36
ACHTUNG! Dieser Thread ist vier Jahre alt!
das wurde schon weiter oben festgestellt, da wird auch das fettgedruckte nicht mehr helfen ;-)
airmaria

Feuerblick
06.07.2010, 21:48
Ich hoffte, es ließe sich auf diese Art und Weise schlechter überlesen :-D

Die Niere
07.07.2010, 00:04
...und trotzdem bleibt das Thema spannend...auch wenn Tipps AN catgirl keinen Sinn mehr machen.

gruesse, die niere