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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Offene Fraktur mit Durchspießung



Grübler
09.08.2006, 10:41
Szenario unserer letzten KatS-Übung wie folgt (nur der Vollständigkeit halber): Bus verunglückt auf der Autobahn, die Feuerwehr hat mit der Bergung der Verletzten begonnen. Die Einsatzeinheit des DRK wurde alarmiert und soll die Betroffenen betreuen, sowie (natürlich) erstversorgen.

Da kamen dann ca. 20 Patienten mit allen möglichen Arten von Frakturen etc. in unser Zelt gestiefelt und wir sollten die zu zwölft behandeln (muss also ein krasser Unfall gewesen sein ;-) ) Logischerweise zählt da jede Sekunde und die Behandlung muss so effektiv wie nötig, aber so kurz wie möglich bemessen sein. Gerade da kann man sich nicht so viel Zeit nehmen, wie sonst bei Fallbeispielen eher üblich.

Hinweis: Es geht um die Frage der Erstversorgung mit den Kompetenzen eines RH, RS maximal!

Da kommt also ein Patient ins Zelt, offene Radiusfraktur mit Durchspießung (Radius schaut ein wenig heraus und sagt hallo), schockig.

Schocklage und Vitalzeichenkontrolle klar.

Jetzt zu meiner eigentlichen Frage: Für die Behandlung der Fraktur hatte ich mir ein wunderschönes System zurechtgelegt, was ich auch gleich darlegen werde. Problem dabei war aber, dass es eindeutig zu lange gedauert hat - zwischendurch musste die Behandlung unterbrochen werden, weil auf einmal ein paar Patienten bewusstlos wurden etc.

Ich würde gerne wissen, ob's ne schnellere Alternative gibt, bzw. ob mein Weg überhaupt richtig ist. (Wobei "richtig" natürlich immer relativ ist)

Versorgung wie folgt: Sterile Kompresse auf die durch die Fraktur hervorgerufene Stelle. Tragering (aus einem Dreiecktuch fabriziert) darübergelegt zur Abpolsterung (das Knochenstück befindet sich jetzt im Loch des Rings). Vorsichtige Umwicklung mit ner Mullbinde, evt. noch Druckverband daraus bauen. Dann Schienung des Unterarms entweder mit Dreiecktüchern oder eben SamSplint.

Schon mal Danke für eure Antworten :-)

LAH_in_GAZ
09.08.2006, 11:57
Ich bin ja nur ein dummer Laie, aber wie lang braucht es, bis diese Person im Krankenhaus ist? Oder geht es hier nur allein um die erst Versorgung?

Ich denke, das was du machst, ist schon okay, aber ist es wirklich förderlich für den Patienten? Er wird trotzdem ziemlich Schmerzen haben, die Situation der Weichteile und ggf. Nerven werden dadurch nicht besser oder schlechter. Ich stell mir vor, dass solche Frakturen entweder sofort operativ versorgt werden müssen ....

Wie weit man vor Ort vielleicht reponieren könnte, weiß ich nicht. Bei Frakturen die man nicht sieht, wird es sicherlich nicht so geschickt sein. Aber bei offenen Frakturen wo man durchaus die Knochenendstücke sehen kann, könnte es eine Alternative darstellen?!?!

Was ich noch machen würde. Sterile SPritze + NaCl und Wunde ein bisschen ausspülen, damit man besser hinsieht .... bei dem ganzen Blut und Schmoder sieht man ja nichts ;) Und steriles Wasser denke ich wird nicht schaden ...

Aber bevor jetzt jeder sagt ... ne ne ganz falsch ....

Ich bin nur Laie. :)

MFG

Die Niere
09.08.2006, 12:10
Wenn du Zeitsparen musst: Leitung legen, Patienten analgesieren (freie Auswahl), 1 Repositionsversuch, steril abdecken, einfach (!) schienen ohne grosse Umstände und weg mit ihm.

gruesse, die niere

Grübler
09.08.2006, 12:13
Es geht darum, was ich als Rettungshelfer (und bei weitem noch nicht fertiger Arzt, also nicht zu berücksichtigen), tun kann. Natürlich ist eine solche Fraktur im Normalfall sofort mit einem Notruf / einer Nachforderung / einem Abtransport verbunden. Aber wenn ich ein Zelt voll Patienten habe, und der eine sich mit dem anderen den Platz der schwersten Verletzung streitig macht, muss halt mal der Patient mit der Radiusfraktur, dem bewusstlosen Patienten mit der Schädelbasisfraktur Platz machen (also wer als erster im KH landet).

Die Ressourcen sind begrenzt, und vor allem deshalb geht es auch um eine suffiziente Erstversorgung. In einer Einsatzeinheit ist nur ein Arzt vertreten!

PS: Schon mal danke für die Antworten :-)

Die Niere
09.08.2006, 12:17
Dann wie oben ohne den Abtransport. Es geht ja nur darum den Patient die Schmerzen zu nehmen (Analgesie), das Infektionsrisiko zu mindern (steriler Verband) und weitere Weichteilschäden zu verhindern (Schienung). So kannst du ihn dann liegen lassen und dich um weitere Patienten kümmern...natürlich wenn er nicht aktiv aus der Wunde blutet!!!

gruesse, die niere

Grübler
09.08.2006, 12:21
Also schlägst du für die sterile Abdeckung ein einfaches Verbandtuch vor? Einmal drumwickeln und gut? Ich mein, es ist bestimmt nicht angenehm für den Patienten, wenn er ständig, wenn er sich bewegt mit seinem herausragenden Stück Radius irgendwo gegendrückt?

Die Analgesierung überlasse ich dann dem fertigen Doc ;-)

el_Barto
09.08.2006, 12:25
also da ich selbst mal rettungssani und vorher fachdienstsani war, kann ich nur sagen, dass so, wie du es gemacht hast nach deinem ausbildungsstand alles richtig war. genauso hatte ich das damals auch gelernt und repositionsversuche als sani würde ich ganz weit von mir weisen. i.a.r is ja son tragering schon vorbereitet ind vielen kats-fahrzeugen drin oder fliegt irgendwo im koffer rum-falls nicht, dann wärs mal ein guter tip.

Die Niere
09.08.2006, 12:27
Okay...kenne die Kompetenzen einer Sanis natürlich nicht, dementprechend vergiss meine obigen Kommentare.

gruesse, die niere

Grübler
09.08.2006, 12:32
@Niere: ...hatte ich ja auch nicht im ersten Post geschrieben (Asche auf mein Haupt), aber trotzdem danke für die Antwort! Merk ich mir für später - sind ja nur noch 5 Jahre ;-)

Dr. Pschy
09.08.2006, 13:13
Wenns wirklich ratzfatz gehen muss, weil der naechste Bewusstlose schon kommt:

Schocklage, Fraktur steril abdecken. Tragering basteln und schienen kostet Zeit, ist aber mit Sicherheit nicht verkehrt. Ansonsten die sterile Abdeckung provisorisch befestigen (wenn wirklich Zeitnot).

sama-doc
09.08.2006, 17:08
Solche Übungen mach ich auch öfter mit.

Also: ich würde den Arm nicht schienen. Das verbraucht erstmal nur Zeit und ist, solange der Patient einigermaßen stillhält (was mit Schock und Pein wohl anzunehmen ist...), ziemlich überflüssig. Wenns dann an den Transport geht, ist immer noch Zeit dafür.

Wenn da zwischendurch ein anderer bewusstlos wird, muss der Arm halt warten. Ist ja schließlich nicht Emergency Room. wo die Putzfrauen Herzen transplantieren, sondern ne Erstversorgung durch den Katastrophenschutz. :-meinung

Grübler
09.08.2006, 17:25
Ganz meine Meinung.

Ich hab ja auch dem Kollegen mit dem Bewusstlosen geholfen. Der Haken an der Sache war einfach, dass mein Patient abgehauen ist, weil keiner mehr auf ihn aufgepasst hat (das machen Mimen echt gerne ;-) ) Die Situation von fast 2 Patienten auf 1 Helfer habe ich ja schon beschrieben. Naja, kurz darauf wurde der von nem Betreuer wieder zurückgebracht :-)

Das Schienen wegzulassen ist natürlich ne Idee, das verkürzt die Behandlungszeit schon erheblich, danke :-top

Die Niere
09.08.2006, 17:33
Also wenn wir hier von vielen Verletzten reden sollte natürlich eine Triage erfolgen, die nach ATLS Richtlinien erfolgen sollte. In diesem Falle kommt ein C-Problem (Circulation, Bleeding, Reposition) sowie erstmal hinter den bewusslosen mit A oder B Problem bzw. C-Problem kardialer Genese. Das bedeutet, dass du dich um den Arm erst dann kümmerst, wenn grad kein Patient verfügbar ist, der ein schwerwiegenderes Problem hat. In diesem Fall ist die Reposition mit Schienung eine Massnahme zur Analgesie, Verhinderung weiterer Gewebe-, Nervenschäden aber vor allem zur Blutstillung. Das heisst, wenn du dich schon mit ihm beschäftigst, dann sollte auch eine Schienung erfolgen, sonst brauchst du ihn sowieso nicht anlangen...

gruesse, die niere

Evil
09.08.2006, 20:21
Für die Triage ist aber eigentlich der leitende NA oder der NA, der als erster vor Ort ist, zuständig.
Wenn Dir als RA/RS dann ein Patient zugwiesen wird, sollte er dann soweit versorgt werden, daß er stabil ist, also mit Schiene.
Falls aber etwas Dringenderes dazwischen kommt, muß man unterbrechen, bzw abkürzen.

Die Niere
09.08.2006, 20:25
Für die Triage ist aber eigentlich der leitende NA oder der NA, der als erster vor Ort ist, zuständig.
Schon klar, aber wenn grad keiner da ist, sollte man zumindest eine "laienhafte" grobe Triage durchführen und sich als RA/RS nicht um die offene Fx sondern um den Bewusstlosen usw. kümmern.


Wenn Dir als RA/RS dann ein Patient zugwiesen wird, sollte er dann soweit versorgt werden, daß er stabil ist, also mit Schiene. Mein Reden. Wenn du dich schon drum kümmerst, dann schnell, aber richtig! Sonst kann man es gleich ganz lassen.

gruesse, die niere

little_lunatic
09.08.2006, 20:57
wenn´s um RH-Maßnahme geht würd ich sagen schocklage, wenn werte soweit ok sterile kompresse (gegen infektion und damit´s der pat. nicht ständig vor der nase hat), "donut" & mullbinde später weil´s viel zeit kostet und solange der pat. den arm in schonhaltung hält geht das auch für ein paar minuten, nacl o.ä. um volumen auszugleichen.
wär zwar nicht maximalversorung sollte aber zur erstversorgung notfalls reichen. geht ja darum möglichst viele in kurzer zeit erstzuversorgen. ich stell mich da nicht hin und bastel nen schönen ring wenn eine trage weiter einer bewusstlos wird.
was hat denn eure nachbesprechung ergeben, wenn man fragen darf?
sorry wenn das schon beantwortet wurde :-)

Grübler
09.08.2006, 21:58
Es hat noch keine Nachbesprechung im eigentlichen Sinne stattgefunden. Die Teilnehmer aus unserem Ortsverein haben sich zusammengesetzt und ne Liste erstellt, was aufgefallen ist, positiv sowie negativ.

Zuerst war die Übung ja genau darauf ausgelegt, Stress zu erzeugen (und das nicht zu knapp ;-) ). Und da solche Übungen auch einen langen Vorlauf haben und deshalb nicht so häufig stattfinden, sind die Abläufe nicht so routiniert, wie sie sein sollten.

Primär in der Anfangsphase, wo es zu einem massiven Patientenübergewicht gegenüber den Helfern gekommen ist, wurde leider keine Triage in ausreichendem Maße vorgenommen. Wir wurden ein wenig überrumpelt, um es so auszudrücken ;-)

Nach dieser Sturm- und Drangphase hat sich alles dann in etwas geregelteren Bahnen bewegt, und jeder hat erst mal ein bisschen versorgt. In dem Zusammenhang auch die Frage mit der Radiusfraktur.

Es ist keine Frage, dass ich sofort aufspringe, wenn einem Kollegen der Patient droht flöten zu gehen (also Patient wurde bewusstlos, war es nicht von vornherein!).

Die Geschichte die mich daran ärgert ist aber die Tatsache, dass ich, sofort nachdem ich den ersten Bewusstlosen bearbeitet hatte, zu meinen nächsten zwei Bewusstlosen beordert wurde; ich also gar nicht mehr zur Fertigversorgung der Fraktur kam. (Steril abgedeckt war sie, aber nicht fixiert).

Evil
09.08.2006, 22:26
Naja, Du kannst Dich halt auch nicht zerteilen.
Manchmal muß man eben Prioritäten setzen, genau das ist ja die Triage. Und wenn Du anderswo gebraucht wurdest, mußtest Du halt den Patienten teilversorgt liegenlassen.