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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Sinn und Unsinn des Pflegepraktikums



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Lava
02.08.2002, 19:13
Hallo Leute,

ich mache gerade mein Pflegepraktikum (in einem kleinen Kreiskrankenhaus) und da ist mir was Lustiges passiert. Ich habe mit einer Schwesternschülerin zusammen Betten gemacht und sie hat dauern gegrinst, Ich habe sie gefragt, warum und sie meinte, sie fände es komisch, dass eine angehende Ärztin Betten machen, Patienten waschen und füttern muss. Ich finde das OK, aber bei längerem Nachdenken ist es doch eine skurrile Angelegenheit, oder?

Wie findet/fandet ihr das Praktikum?

Mir macht's schon Spaß (nur heute war es etwas anstrengend). Klar muss ich oft Arbeiten machen, die die anderen lieber nicht machen, aber das sehe ich ein.
Außerdem ist mir aufgefallen, wie wenig die Schwestern und Pfleger über die Ausbildung zum Arzt wissen! Die haben nur Medizinstudentin gelesen und sonstwas erwartet. Ich musste denen erstmal erklären, dass ich quasi noch gar nix kann.

Für die Umfrage entschuldige ich mich, aber ich wollte das einfach auch mal ausprobieren. :-blush

Dr.Dolor
03.08.2002, 08:25
Auch auf die Gefahr hin, gesteinigt zu werden: Ich finde, das Pflegepraktikum reiht sich nahtlos in die vielen sinnlosen & zeitverschwenderischen Aufgaben/Hürden ein, die das deutsche Medizinstudium im Vergleich zum Ausland so ineffektiv erscheinen lassen.
Es nervt einfach, immer wieder mit Pflichtveranstaltungen konfrontiert zu werden, die nahezu gar nichts mit unserer späteren Tätigkeit zutun haben. Mag sein, dass dieses 2monatige Praktikum einen Einblick in die Pflege bieten soll - na und? Welche Erkenntnisse sollen in diesem Zeitraum in mir reifen? Muss etwa eine Krankenschwester auch einige Uni-Vorlesungen mitmachen, um einen Einblick in den Beruf des Arztes zu bekommen? Okay, der Vergleich hinkt, aber wiedereinmal hat hier der Medizinstudierende ein Praktikum abzuleisten, was keinerlei Bedeutung für seine spätere Tätigkeit hat! Was ist denn das nächste - einen Monat in der Krankenhausverwaltung oder Pflichtwochenstunden bei der AOK?

Meine Meinung: Abschaffen des Pflegepraktikums, dafür einen mehrwöchigen Kurs "Medical Skills" unter Leitung eines erfahrenen Praktikers! Und erzählt mir nix von Famulatur - wer da nicht seiner Ausbildung hinterherläuft und sich selbst kümmert, lernt gar nichts...
:-meinung

Gruss, Daniel.

03.08.2002, 08:50
Stimme ich vollkomen zu.

Viele Grüße

June
03.08.2002, 10:42
Ich sehe schon auch positive Aspekte am Pflegepraktikum.
Ersteinmal denke ich, wenn man als Arzt dem Pflegepersonal gegenüber weisungsbefugt ist, sollte man auch wissen, wie genau die Arbeit überhaupt aussieht, die sie leisten. Entsprechendes gibt es doch in ziemlich vielen Studiengängen, und nicht selten viel länger als unsere 2 Monate. Eine Freundin von mir, die Architektur studiert, mußte 5 Monate Praktikum aufm Bau machen! Eine andere, die Gartenbau studiert, 6 Monate in einer Gärtnerei arbeiten (was reichlich wenig mit dem späteren Beruf zu tun hat).
Einblick in die Funktionsweise und die Auswirkungen der hierarchischen Strukturen bekommt man meiner Meinung nach auch am besten von ganz unten, weil man sich selbst da nichts vormacht.
Außerdem: Wenn's positiv läuft, kann das Pflegepraktikum auch für einen Arzt später von Vorteil sein - wenn man die Handgriffe der pflegerischen Arbeit kann und sich auch nicht zu fein dafür ist, bei Gelegenheit selbst mit anzupacken, verhindert es dieses blöde "Wir hier unten - ihr da oben"-Denken (und vice versa), und gegen ein besseres Arbeitsklima hat doch keiner von uns was einzuwenden, oder? ;-)
Wie gesagt - wenn's positiv läuft! Von den drei Stationen, auf denen ich im Praktikum gewesen bin, hat nur eine positive Erinnerungen hinterlassen - auf einer zweiten hab ich nur die Zeit absitzen dürfen und auf der dritten war's ein einziger Kampf voller Schikanen und unnötigen Herabwürdigungen - DAS führt natürlich nicht zum besseren Verständnis zwischen Ärzten und Schwestern! :-(
Die June :-music

Lion
03.08.2002, 11:04
Hi,

ich stimme da auch mit unserem Doc Dolor vollkommen überein.
Die meisten, oder zumindest diejenigen, die sich wirklich dafür interessieren (oder Geld verdienen müssen), arbeiten doch eh nebenbei im Krankenhaus oder haben durch ihren Zivildienst schon Erfahrungen gemacht.
Ich habe mir gestern mal die neue ÄAppO durchgelesen. Habe den Punkt, daß das Pflegepraktikum auf 3 Monate erhöht wird, total überlesen. Das ist in meinen Augen vollkommener Blödsinn.
Naja, im Gesundheitswesen können kostenlose Arbeitskräfte immer gebraucht werden und sind herzlich willkommen.

Dr.Dolor
03.08.2002, 12:41
Original geschrieben von Lion
...im Gesundheitswesen können kostenlose Arbeitskräfte immer gebraucht werden und sind herzlich willkommen.
Genau so sieht´s doch aus! Lernen muss man da nix aber umsonst gearbeitet habe ich wie eine Vollzeitkraft! Gesundheitsversorgung auf Kosten von billigen Zivis und Praktikanten - zum Kotzen! (sorry...)

Gruss, Daniel.

PS: Witten-Herdecke verlöangt ein halbjähriges KP-Praktikum - bald können vielleicht nur noch Leute mit KPH-Ausbildung Medizin studieren? Wie wäre es mit einer Pfegeprüfung nach dem Praktikum?

June
03.08.2002, 17:03
Original geschrieben von Lion
Naja, im Gesundheitswesen können kostenlose Arbeitskräfte immer gebraucht werden und sind herzlich willkommen.
Natürlich spräche nichts dagegen, wenigstens ein "Taschengeld" als Anerkennung für die Arbeit in den Praktika einzuführen... :-meinung
Die June

Sebastian1
03.08.2002, 18:06
Auf die Gefahr hin, daß ICH jetzt gesteinigt werde:

Ich halte das Praktikum für sinnvoll und begrüße die Verlängerung auf 3 Monate. Ja, es gibt leider Stationen, auf denen man zum Scheißeschippen mißbraucht wird, aber das ist nicht Pflege. Ich halte es für sinnvoll für Leute, die sich auf ein sechsjähriges Studium einlassen und sonst bis zur ersten Famulatur gar nicht wissen brauchen, wie der Krankenhausablauf denn überhaupt aussieht. In der Vorklinik Praktikum im ärztlichen Bereich? Was will man denn da machen?
Und es stimmt sicher, daß es andere Studiengänge gibt, in denen man tatsächlich bis zum Ende des Studiums nicht in seinen tatsächlichen Arbeitsbereich oder verwandte Bereiche gehen muß, aber bleiben wir mal bei der Medizin...

Sicher, es ist schon netter, die 2 (3) Monate in den Semesterferien die Füße hochzulegen oder aber zu lernen oder sonstiges, aber seht ihr denn gar nicht, daß man sehr wohl Dinge frühzeitig lernen kann, die auch zum ärztlichen Beruf gehören? Und sei es der Patientenkontakt, eine erste Orientierung im Krankenhaus...

Okay, ich hab "Jehova" gesagt...bitte nicht so hart werfen *g*

Gruß,
Sebastian

Lion
03.08.2002, 18:36
Ich zumindest vergebe Dir. Sag bitte nächstes Mal einfach Adonai oder Haschem. (Leider keine hebräischen Zeichen auf der Tastatur). :-)

03.08.2002, 19:06
Weiß jemand von Euch, ob man in anderen Ländern auch dieses beschissene Pflegepraktikum machen muß? ich habe absolut keine Lust, mich von irgendwelchen dämlichen Krankenschwestern blöd anmachen zu lassen, und dann noch für 3 Monate. Das alleine wäre für mich schon ein Grund, nicht in Deuschland zu studieren. Wie sieht es z.B. in England oder Frankreich aus?

Rico
03.08.2002, 20:17
Original geschrieben von Dr.Dolor
Und erzählt mir nix von Famulatur - wer da nicht seiner Ausbildung hinterherläuft und sich selbst kümmert, lernt gar nichts...

Natürlich muß man sich selber kümmern, wir sind schließlich nicht mehr in der Grundschule...
Wer absolut keinen Bock drauf hat was zu lernen, der nimmt auch aus 20 Pflichtveranstaltungen "Medical Skills" nix mit. Und wer sich ein bisserl engagiert, der kriegt auch in 'ner handelsüblichen Famulatur das Nötige mit...

Wenn die Motivation zum Lernen ist, daß es ne Pflichtveranstaltung mit abschließender Pfrüfung und einem dekorativen Schein "Der/die Studierende der Medizin... hat in sieben Wochen die Fähigkeit erlangt eine Braunüle zu legen" ist, dann läuft da was falsch!

Natürlich kann man mal bei ner Famulatur ins Klo greifen und an einen Arzt geraten, der sich nicht so um einen kümmert. Aber es kann einem bei jeder Pflichtveranstaltung genauso passieren, daß vorne einer steht, der es einfach nicht drauf hat, also wieso soll ich meine Semesterferien in mehrwöchigen Blutabnahme- und i.v.-Injektionskursen vertrödeln?

Eine Garantie was zu Lernen gibt es halt nicht und ich finde, ein bißchen Eigenverantwortung kann man schon von einem Studenten erwarten - ich kann mich ja nicht einfach hinsetzen und rumheulen, daß mir keiner was beibringen mag...

Ohja, Pflegepraktikum natürlich sinnvoll, weil man da mal sehen kann, was es für eine Arbeit sein kann, manche ärztliche Anweisungen (alle 2h lagern, strenge Bettruhe ohne Klogang, sondern mit Bettpfanne) auszuführen und später mal dazu beitragen kann, daß man die Indikationen für sowas enger stellt.
Außerdem kann ich mir dannach meinen vierwöchigen Semesterkurs "Medical Skills: Blutdruckmessen" und das Propedeutikseminar "Patientenkurven lesen, schreiben und interpretieren" sparen!

Lava
04.08.2002, 10:20
Also wenn man schon mit der Einstellung rangeht, dass einen die blöden Schwestern ja nur peinigen wollen, kann man auch keine bessere Behandlung erwarten. Ich war bisher auf zwei Stationen und auf einer davon war das Verhältnis zwischen den Ärzten und dem Pflegepersonal wirklich nicht so toll. Aber wenn man schon als lausiger Student, der wirklich absolut nix kann, auf die Schwestern und Pfleger herab sieht, kann es ja später nicht besser werden.
Ich kann das Argument von Rico nur bestätigen. Wenn man später Anweisungen gibt, sollte man auch wissen, wie sowas abläuft und wie schwierig das manchmal sein kann. Jedenfalls kann es nicht schaden

Nur eine Bezahlung würde ich mir auch wünschen. :-))

Andi01
04.08.2002, 14:11
...ich würde das Pflegepraktikum als teilweise sinnvoll einstufen, je nachdem unter welchen Umständen man als Pflegepraktikant "lebt". Und genau das ist der Haken an der Sache, weil man auf vielen Stationen und für viele Schwestern einfach nur der Depp ist, der alle Arbeiten zu machen hat, wozu die Schwestern ganz und gar keinen Bock haben.
Das kann aber definitiv nicht Sinn und Zweck der Sache sein. Wenn das höchste der Gefühle unter Aufsicht Blutdruckmessen ist, so kann man sich dieses Praktikum genauso schenken, wie mache spätere Famulatur.
Landet man jedoch auf einer Station, wo man als das angesehen wird, was man ist, als junger,angehender Mediziner, der einen Einblick in die Tätigkeit seiner späteren Kollegen bekommen soll, kann man in diesen 2 Monaten durchaus wichtige Eindrücke und Fähigkeiten lernen.
Weil das aber eine Zufallsgeschichte ist, würde ich mir wünschen, das Praktikum anders zu organisieren.
Warum nicht in der Vorklinik schon ein "ärztliches Praktikum" ?? Was sprich eigentlich dagegen ?? Dass man noch keine Erfahrung und kaum Ahnung hat, wohl kaum! Das habe Famulanten auch so gut wie nicht ! Warum kann man in einem solchen Praktikum nicht ärztliche sowie pflegerische Handgriffe und Tätigkeiten kombinieren ? Was spräche dagegen, schon früh das zu machen, was man später auch tut ?? (natürlich unter Anleitung ....) Gerade das ist in anderen Ländern gang und gebe, z.B. in Holland .Und dass die niederländische Ärzteausbildung um Klassen besser ist, ist wohl kein Geheimnis.

04.08.2002, 14:42
Das Pflegepraktikum ist doch völliger Unsinn. Was soll den ein angehender Arzt damit? Es muß eh nur ein gewisser Teil der Mediziner jemals mit Pflegekräften zusammenarbeiten. Alle, die in die Forschung, technisch orientierte Fächer wie Radio oder Labor oder in alternative Berufsfelder gehen, werden wohl nie etwas mit der Pflege zu tun haben. Und letztlich muß ein Arzt ja nicht wissen, wie die Pflege abläuft. Das ist nicht sein Aufgabenbereich und der Arzt kann ja nicht alle Funktionsbereiche des KH einschließlich Controlling, Hausmeister, Werkstatt, Krankengymnastik etc. kennen.
Das Praktikum dient letztlich nur dazu, den angehenden Mediziner gleich von Anfang an wissen zu lassen, daß er ein Nichts sei. Es bietet auch dem Pflegepersonal die einzigartige Möglichkeit, Leute, die Ihnen normalerwesie überstellt sind, zu knechten und ihnen das Leben so schwer wie möglich zu machen. Viel sinnvoller wäre ein frei wählbares Praktikum zu ermöglichen, mit dem man sich vor dem Physikum schon mal beruflich orientieren kann.

blanko
04.08.2002, 14:44
Was eigentlich fehlt, ist meiner Meinung navh eine Vernünftige Struktur des Pflegepraktikums. Zum einen halte ich eh eine Verkürzung auf 6 Wochen sinvoller, so daß man es auch locker in einem Block schaffen kann, zum anderen müsste es so eine Art Ausbildungkatalog geben. Einen Din A4 zettel, wo abgehakt wird, was einem in dieser Zeit wirklich beigebracht wurde (s.c. spritzen, Infusionanhängen, Braunüle ziehen, aber natürlich auch Lagerung, Waschen, Füttern etc.). Solange das ganze nicht zu einseitig verläuft, finde ich ein Pflegepraktikum durchaus sinvoll. Schon alleine weil es die Möglichkeit bietet auch in der Vorklinik etwas Patientenkontakt zu haben. Und dümmer wird man bei der Übergabe (krankengeschichte weitere Behandlung etc.) ja auch nicht...

blanko

04.08.2002, 15:07
Hallo

in meinem top pflegepraktikum hab ich noch nich mal Blutdruck messen dürfen toll was. Nur betten machen tische abwischen kisten tragen pisspötte leeren leute waschen und so drecksarbeiten echt super.

04.08.2002, 17:41
Warum zählst Du das Waschen von Patienten zu den Drecksarbeiten??? Is doch wirklich DIE Gelegenheit, ins Gespräch mit ihnen zu kommen und mehr über sie zu erfahren!

Peter Artz
04.08.2002, 21:33
Nun bei mir ist das ganze anders gelagert. Ich versuche mal den Bezug von meiner Krankenpflegeausbildung zum Medizinstudium herzustellen.
Als ich vor meiner Ausbildung im KH als Praktikant gearbeitet habe wollte ich immer Krankenpfleger werden. Das habe ich dann auch in angriff genommen. Nun bin ich 2 Jahre dabei und habe gemerkt, dass mir zwar die Pflege viel Spaß macht, mich jedoch nicht so erfüllt wie ich es mir erhofft habe.
Ich merkte schnell, dass ich mich zum ärztlichen Bereich mehr hingezogen fühle - auch wenn mir jeder junge Assistenzarzt oder AiP/ÄiP sagt, "lern was vernünftiges".
Aber ich habe mir fest vorgenommen Medizin zu studieren. Ich denke man sollte die Pflege als Gelegenheit nehmen, den Pat. mal aus menschlicher und nicht aus medizinischer Sicht zu sehen.
Es geht als Arzt darum den menschen zu heilen bzw. schmerzen zu lindern und leiden zu mildern. Als Pflegekraft ist das so eine Sache, auf der anderen Seite besitzt man nicht die kompetenzen um Menschen zu heilen auf der anderen Seite wollen wir die Menschen versuchen glücklich zu machen.
Es ist schon komisch, wie Glücklich man eine/n Pat. machen kann, wenn man ihr/ihm nur mal einen Kaffee oder sowas bringt - das würdest du als Arzt so nicht schaffen.
Für mich ist die Pflege die Grundlage zum Studium - ich denke man muss lernen mit Menschen umzugehen und sie zu verstehen und einzuschätzen bevor man anfangen kann sie zu behandeln.

Ich hoffe, dass die Pflegeerfahrung mir in meinem späteren Studium helfen wird.

Sebastian1
05.08.2002, 07:26
Hi Peter,

ich glaube zwar, daß ich in einigen Punkten ein anderes Selbstbild der Pflege habe, aber da ich vor dem Studium eben auch KP gelernt habe, muß ich dir in einigen Punkten durchaus recht geben: Zum einen diesen Spruch "lern was vernünftiges...", den kenne ich auch noch zur Genüge....*g*
Aber ersthaft: Das Pflegepraktikum per se IST eigentlich sinnvoll...ABER:

- es hängt (leider) sehr stark davon ab, was für eine Station du erwischt
- und davon, was du vom Pflegepraktikum erwartest und was die Station von dir erwartet

Ich billige denjenigen (inkl. mir), die eine hauptberufliche Pflegeausbildung gemacht haben, einfach mal eienn ganz anderen Blickwinkel von der Pflege als den derjenigen, die "nur" Medizin studieren, zu. Das beinhaltet ein ganz anderes Bild von den Aufgabenm der Pflege, dem Ausmaß an der Verzahntheit zwischen ärztlichen und pflegerischen Aufgaben und Interaktionen etc.
Wenn ich noch nie in einem Krankenhaus gearbeitet habe, von der Pflege glaube, daß sie zu 90% aus Waschen und "Scheißeschieben" besteht (was bei vielen - sieht man sich die diversen immer wiederkehrenden Beiträge zu dem Thema an - der Fall zu sein scheint) und generell mir selbst die Frage stelle, was denn das ganze mit meiner Ausbildung zum Arzt zu tun haben soll und DANN noch auf eine Station treffe, die mich überwiegend für Hiwi-.Arbeiten benutzt, dann ist es natürlich vorprogrammiert, daß der Schuß nach hinten losgehen wird und man nur Widerstand gegen diese Umstände entwickelt - ginge mir auch so, und in der AUsbildung habe ich auch "Kollegen" kennengelernt, die mich fast veranlaßt hätten, die Ausbildung abzubrechen.

Wenn ich als Pfleger auf einer Station arbeite (momentan jobbe ich auf einer op. Intensiv neben dem Studium), wo dann wirklich fantastische Ärzte arbeiten, mit denen ich gut kooperieren kann und auf die ich mich verlassen kann (denn so wie Ärzte sich auf die korrekte Ausführuingh ihrer Anordnungen sowie die gewissenhafte Ausfüphrung der eigenen Aufgaben verlassen, verlasse ich mich auf die Fähigkeit des Arztes, mir bei kritisch instabilen (und sonstigen) Patienten zur richtigen Zeit die richtigen Aufgaben zu geben), andererseits aber leider auch welche, bei denen das eben nicht immer so ist, dann wird schnell klar, wo die gegenseitigen Erwartungen liegen - aber wie soll das jemandem klar werden, der nur Blutdruck mißt? Nur um einmal Beispiele zu nennen.

Und damit ist das Pflegepraktikum stark abhängig von einem selbst so wie der Station bzw. den Leuten, die dort arbeiten - Ärzte wie Pflegende - abhängig.

Aber zumindest die Kontakte zum Patienten kann man kennenlernen, wie du schriebst. Klar, der Pastient freut sich vielleicht grade mehr über einen Kaffee als über eine unangenehme ärztliche Tätigkeit, wie eine OP - aber ein Laie weiß oft nicht wirklich, daß der Arzt ihm gerade mit einer guten Therapie den Arsch gerettet hat, er weiß oft nicht realistisch einzuschätzen, wie kritisch sein Zustand gewesen sein mag...

So, ein langer Beitrag von mir nach 10 Stunden Nachtwache...ich hoffe, die Aussage ist trotzdem richtig angekommen :)

Lieben Gruß von einem schläfrigen
Sebastian

Rico
05.08.2002, 10:11
Original geschrieben von blanko
...zum anderen müsste es so eine Art Ausbildungkatalog geben. Einen Din A4 zettel, wo abgehakt wird, was einem in dieser Zeit wirklich beigebracht wurde (s.c. spritzen, Infusionanhängen, Braunüle ziehen, aber natürlich auch Lagerung, Waschen, Füttern etc...

Das is mal ein vernünftiger Vorschlag! :-top
Somit is der Willkür der Stationen ein bisserl ein Riegel vorgeschoben und die wichtigen Sachen können alle mal gelernt werden.


Original geschrieben von Unregistered
....Es muß eh nur ein gewisser Teil der Mediziner jemals mit Pflegekräften zusammenarbeiten. Alle, die in die Forschung, technisch orientierte Fächer wie Radio oder Labor oder in alternative Berufsfelder gehen, werden wohl nie etwas mit der Pflege zu tun haben. Und letztlich muß ein Arzt ja nicht wissen, wie die Pflege abläuft. Das ist nicht sein Aufgabenbereich und der Arzt kann ja nicht alle Funktionsbereiche des KH einschließlich Controlling, Hausmeister, Werkstatt, Krankengymnastik etc. kennen.

Das hingegen is ziemlicher Unsinn! :-???
Ein Großteil der Mediziner wird später mit Pflegepersonal zu tun haben, auch und gerade in "technisch orientierten Fächern":
Wer bitte legt dem Radiologen den Patienten auf den Röntgentisch oder ins CT? In der Regel eine RTA. Radiologen machen auch nicht bloß Röntgenbilder, die machen Angios, Stents, etc... Dabei assistiert ihnen eine Pflegekraft. Es gibt auch radiologische Stationen (z.B. Radioonkologie), auf denen macht auch irgendwer die Pflege.
Und dann sehen wir doch mal auf die Relationen, mit denen Ärzte auf das klassische und das alternative Feld verteilen; soviele sind das nämlich gar nicht.
Und gerade für jemanden, der später z.B. bei einer Unternehmensberatung arbeitet, die KHs berät, ist es doch von Vorteil, zu wissen, was in der Pflege abgeht.
Außerdem sollen wir ja möglichst allgemein und umfassend ausgeblidet werden - das is so ähnlich wie beim Abi: Wer von uns braucht schon noch Sinus und Cosinus oder Kurvendiskussion? Is die logische Folge, es aus dem Lehrplan zu nehmen? Unsere ehemaligen Mitschüler, die Bauingenieure und BWLer geworden sind hätten da sicher eine andere Meinung dazu.


Original geschrieben von Andi01
[B...Warum nicht in der Vorklinik schon ein "ärztliches Praktikum" ?? Was sprich eigentlich dagegen ?? Dass man noch keine Erfahrung und kaum Ahnung hat, wohl kaum! Das habe Famulanten auch so gut wie nicht ! ...[/B]

Natürlich strotzen Famulanten nicht vor Erfahrung und sind auch keine Fachärzte, aber ich würde mich mal im Namen der großen Mehrheit der Famulanten dagegen aussprechen, daß sie so gut wie keine Ahnung hätten...
Irgendwas lernt man ja doch in all den Semestern und vieles der ärztlichen Tätigkeit z.B. in der Inneren ist eben einfach "Wissen":
Einen Säure-Basen-Status sollte man nach dem Physikum interpretieren können, Laborwerte nach dem Klinische Chemie-Kurs, etc (natürlich nicht auf Facharztniveau, s.o.).
Ich kann doch nicht anfangen, ein EKG zu befunden, wenn ich nichtmal weiß, wie es entsteht und warum da so viele Kurven nebeneinander laufen und auch derjenige, der es mir dann erklären soll, wird sich daran sehr schwer tun.

Aber wenn natürlich da Famulanten ankommen und meinen, sie hätten eh keine Ahnung, dann wundert mich auch nicht, daß es dem einen oder anderen Arzt an Motivation fehlt, nochmal bei Adam und Eva anzufangen...