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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fall 12/2006 Prüfungsfall



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Sorpresa
20.10.2006, 10:58
so, ich denke mein prüfungsfall war durchaus interessant, also würd ich euch den gerne überlassen. alle die ungefähr wissen sollten was das war bitte ich mal um etwas zurückhaltung. ;-)

also: ein patient kommt zu euch in die stationäre aufnahme, innere medizin.
hat seit etwa 2 wochen einen "dicken, schmerzhaften" fuß links.

und los gehts. :-)

Scrotum
20.10.2006, 11:07
Machen wir ein bisschen Anamnese

Wie alt ist der Patient? Wie sieht der Patient aus? Welche Vorerkrankungen sind bekannt? Medikamente? Allergien? Vorgeschichte? Was macht der Patient beruflich?

Sonst irgendwelche Veränderungen bemerkt? Fieber? Nachtschweiss? Gewicht verloren? Mühe beim Treppensteigen? Sonstige Schwellungen beobachtet?

Lava
20.10.2006, 17:41
Ist ein Trauma bekannt? Bekannter Diabetes mellitus? Gerinnungsstörungen? Thrombosen in der Vorgeschichte? Irgendwelche rheumatologischen Erkrankungen bekannt?

Sorpresa
21.10.2006, 09:35
70jähriger patient in reduziertem az und kz.
bei dem patienten ist eine rheumatoid-arthritis seit etwa 3 jahren bekannt. er ist auf arava und mtx eingestellt.
er erzählt dass er die "anfälle" meist im linken sprunggelenk hatte, die beschwerden aber nie solange angehalten haben.
er hat auch schwierigkeiten beim laufen.

an erkrankungen sind bei dem patienten sonst noch khk und art. hypertonie bekannt, er nimmt noch ein antihypertensivum, namen hat er vergessen. zusätzlich ass 100.
kein diabetes mellitus, keine thrombosen in der vorgeschichte. sonst keine medikamente. trauma ist dem patienten keines erinnerlich. keine gerinnungsstörungen, keine allergien.

er hat im letzten jahr 12 kg an gewicht abgenommen, erzählt auf nachfrage von nachtschweiß und kraftlosigkeit seit etwa der selben zeit.

er war sein leben lang maschinenschlosser, jetzt berentet, verheiratet und hat 2 gesunde kinder.

Lava
22.10.2006, 10:37
Will keiner weitermachen? Na gut.

Ich würd mir den Patienten mal ansehen. Insbesondere den Fuß. Geschwollen? Umfang des Beines? Farbe? Effloreszenzen? Bewegungsumfang des Gelenkes? Druckschmerzhaft? Überwärmt? Tut's denn im Augenblick weh?

Außerdem können wir den Mann ja mal abhören und rundherum betasten und beklopfen. :-D

Danach hätte ich gern ein EKG (wobei ich mit den Dingern nix anfangen kann, aber es kostet ja nix *g*), vielleicht ein Röntgen von dem Fuß und ein Labor.... auf alle Fälle den Standardkram: kleines Blutbild, E-lyte, Nierenwerte, Gerinnung, CRP und Senkung... dann vielleicht noch Dingens, äh, Gichtmäßig... Harnsäure im Serum... und den Rest dürfen die Innere-Spezialisten ergänzen :-))

Ach ja: sofern der Pat stationär ist, würde ich den Hausarzt anrufen, nach den Medis fragen und mir alte Briefe faxen lassen.

Sorpresa
24.10.2006, 18:03
nunja, machen wir halt ein duett draus :-D

also der fuß is in der bewegung allseits schmerzhaft eingeschränkt und geschwollen.
nicht überwärmt oder gerötet.
keine schwellung am unterschenkel, keine effloreszenzen.

bei der körperlichen untersuchung fallen op-narben am thorax und abdomen auf, reizlos.
der patient schwitzt außerdem, wirkt abgemagert.
pulmo: diskret mittelblasige RG basal bds.
cor: deutl. systolikum p.m. 2. icr rechts.
leichte US- ödeme bds.
restliche untersuchung grob unauffällig.

ekg: sinusrhythmus, normofrequent, RechtsSchenkelBlock, überdrehterLinksTyp, LinksAnteriorerHemiblock
röntgen li. fuß: leichte degenerative veränderungen, keine osteolysen.

labor (SI!): deutliche anämie (5,5mmol/l)
thrombopenie (80.000 gpt/l)
harnstoff und crea erhöht (crea 350)
crp deutlich erhöht (250)
elyte, gerinnung, harnsäure normwertig.

alte epikrisen angefordert, kommen morgen :-)).

Lava
24.10.2006, 18:07
Und die Leukos? Blutsenkung? Fieber? Puls und RR? Ist der Patient kurzatmig? Beschwerden bei Belastung?


BTW: was bedeuten die ganzen komischen Abkürzungen da beim EKG? :-blush

Sorpresa
24.10.2006, 18:16
bin etwas vergesslich anscheinend:

leukos: 11.000 gpt/l
bsg: mäßig erhöht
rr: 130/70
puls: 86/min
fieber: 38,2°C axillär
der patient ist etwas kurzatmig in ruhe und meint er wäre nur sehr begrenzt belastbar in letzter zeit. er hat dann keine kraft mehr und bekommt luftnot.
allerdings hat er dabei keine schmerzen.

Lava
24.10.2006, 18:24
Hm, offensichtlich hat er irgendeine Entzündung. Ob der Fuß was damit zu tun hat, weiß ich nicht. Aber man könnte ja mal nach dem Entzündnungsherd suchen. U-stix ist immer gut und ein Röntgenbild von der Lunge sagt uns vielleicht, ob er da Infiltrate hat, ob er aufgestaut ist, Pleuraergüsse hat und wie sein Herz aussieht. Einverstanden?

Hmmm.... 11.000 Leukos sind ja jetzt nicht übermäßig viel bei einem CRP von 250.... oder ist das auch ne komische SI Einheit? :-D Und was machen wir mit dem Krea? Hilft mir doch mal bitte jemand! :-D

Studmed1
25.10.2006, 20:49
War der gute Mann denn irgendwo im Urlaub, im Ausland, Badeunfall, Trauma, Biss, Stich? Ich denke da an Parasiten...

Diff-BB mit Eosinophilen???

Diabetisches Fußsyndrom?? Wegen Krea?

Akute Glomerulonephritis? Bitte eine Urin Analyse (Eiweiß, Erythrozyten, Leukozyten, Zylinder und Keimzahlbestimmung), Hämaturie

Medikamente? Metformin?

Sorpresa
26.10.2006, 09:09
oki, weiter :-)

der patient war nicht im ausland, wurde auch nicht gebissen.
diabetiker ist er nicht, die fußpulse sind gut tastbar.

urinanalyse: alles im normbereich, keine bakterien, keine erys
rö-thorax: zeichen der linksherzbelastung, diskrete stauungszeichen, sonst unauffällig.

diff-bb: neutrophile erhöht mit linksverschiebung, keine vorstufen
basophile/eosinophile im normbereich
lymphopenie
retikulozyten im niedrigen normbereich

11.000 leukos sind leicht erhöht (ich glaub SI und konv. ist hier gleich)

der arztbrief ergibt folgendes:

aktuelle medikation: ramipril 5mg 1-0-0
ass 100mg 1-0-0
arava (leflunomid=basisantirheumatikum) 1-0-0
methotrexat i.v. 1x wöchentlich

diagnosen: KHK / art. hypertonie
rheumatoidarthritis seit 3 jahren
z.n. oberer gastrointestinaler blutung im mai/06
z.n. biol. aortenklappenprothese 2001
z.n. 2/3 magenresektion wg. ulkus nach billroth 1976
z.n. appendektomie 1960

welche untersuchung ist jetzt vorrangig?

was würdet ihr an anordnungen treffen, was könntet ihr dem patienten schon gutes tun? was ändert ihr an den medikamenten, gebt ihr was im hinblick auf die beschwerden am fuß? würdet ihr Erykonzentrate geben?

Tombow
26.10.2006, 10:08
Gut geht es dem Patienten nicht wirklich. Laut Laborwerten hat er entweder ne chronische Infektion, also Fokussuche. Da Lunge und Harnwege/Blase schon ausgeschlossen sind (oder fast), Blutkultur (V.a. Erysipel, die Symptomatik ist nicht so dramatisch, aber dennoch). Mag eklig sein, aber auch Fuß auf kleinste Verletzungen inspizieren (oder ein Derma-Konsil machen, man könnte ja den Patienten auch verlegen, sollte sich der Verdacht bestätigen) Röntgen Fuß und OSG (Fragestellung: Anzeichen für osteogene Prozesse mit Knochendestruktion und/oder Neubildung?). Im Zweifelsfall Vergleich mit älteren Aufnahmen.

Medikation um ein Diuretikum ergänzen (zB Furosemid, 10-20mg/d), evtl. TEE mit Bestimmung der Auswurffraktion (die B-Symptomatik könnte auf einer Herzinsuffizienz zurückzuführen sein), bzw. in der Anamnese weiter nachhaken, weswegen die Aortenklappenprothese eingebaut wurde, ob und inwieweit die Symptomatik progredient ist.

Fino
26.10.2006, 18:31
Ich wuerde ihm zunaechst Flucloxacillin und Penicillin G iv verabreichen(??entzuendlicher Prozess am Fuss) sowie Paracetamol fuer sein Fieber.
Der Nachtschweiss und die Gewichtsabnahme beunruhigen mich - ich denke an einen malignen Prozess. Die Kurzatmigkeit mit den bibasalen RG?
Also, es koennte sich um folgendes handeln:
Ein - wie auch immer gearteter maligner Prozess - macht unseren Patienten besonders anfaellig fuer eine tiefe Beinvenenthrombose; der dicke schmerzhafte Fuss muss ja nicht unbedingt klassisch infektiologischer Genese sein. Und wenn sich nun auch eine Lungenembolie dazugesellt hat?
Ich wuerde ja den Menschen deswegen auch gerne auf Enoxaparin setzen, aber mit der oberen GI-Blutung vor nicht allzu langer Zeit, wuerde ich das mit meinem OA besprechen.
Ein Spiral-CT waere ebenfalls eine Ueberlegung wert.
Ach, bevor ich es vergesse: ich haette gerne vor so einem CT die D-Dimere. Sollten sie erhoeht sein, hat das nicht viel zu sagen, Malignes oder Entzuendungen koennten der Grund fuer eine Erhoehung sein. Sind die D-Dimere aber normal, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Thrombose / Embolie beachtlich, in so einem Fall kein CT.
Und wenn der Mann schon Fieber hat, bitte ich um eine Blutkultur.

Sorpresa
27.10.2006, 18:40
gut, den fuß hatten wir ja schon geröntgt, keine kleinen läsionen erkennbar, keine rötung.
spricht eher gegen das erysipel, aber wir behalten das im hinterkopf.

fokussuche ist jetzt wichtig!
rö-thorax deutet nicht auf pneumonische infiltrate, der urinstatus ist ebenfalls ok. nur der fuß als ursache der symptome ist unwahrscheinlich.
er hat z.n. klappenprothese, ein systolikum und fieber unklarer genese, zudem wirklich hohes crp.
das tee ist also der nächste schritt.
die blutkulturen nehmen wir auch gleich ab (3x/24h, je 3 röhrchen).

vor der blutkultur möglichst keine antibiose, da eine gezielte therapie wichtig ist und erreger möglicherweise sonst nicht mehr nachweisbar sind. verschlechtert sich der zustand kalkulierte AB-therapie.

wir ergänzen furosemid, wie von tom vorgeschlagen und paracetamol wie fino sagte. den fuß versuchen wir erstmal symptomatisch zu behandeln. mit nsar wär ich wegen dem crea vorsichtig.
ich melde mal nen duplex sono an, um die von fino erwähnte thrombose auszuschließen/ zu bestätigen.

TEE: sessile vegetationen auf allen 3 taschen der aortenklappe. dilatativ vergrößertes linkes herz, EF 35%, insuffizienz II° der aortenklappe

d-dimere: 1990 ng/ml
CT-thorax: keine lungenembolie, keine raumforderungen, keine infiltrate, keine vergrößerten lymphknoten.
duplex-sono beinvenen: kein anhalt für thrombose

der patient bekommt am nachmittag unruhezustände und zeigt sich verwirrt.
die angehörigen sagen es wäre noch nie aufgetreten. am abend ist die symptomatik bereits rückläufig.

was machen wir jetzt??
wie lautet die momentane verdachtsdiagnose?
was ist noch unklar bei den befunden?
würdet ihr noch was anordnen?

liebe grüße,
la sorpresa

Lava
27.10.2006, 19:29
Verdachtsdiagnose Endokarditis. Tja, wenn man jetzt noch diese dummen Dukes Kriterien wüsste.... auf alle Fälle brauchen wir dazu eine Erregneridentifikation. Gibt's denn irgendwelche von diesem immunologischen Läsionen oder diesem Kram?

Ach ja, wenn jemand verwirrt ist, wäre ein CT des Kopfes nicht unangebracht. Aber vielleicht reicht auch eine ausreichende Hydrierung und Senkung des Fiebers.

Sackbauer
27.10.2006, 23:07
SLE?

Sein akutes Nierenversagen hat hier noch niemanden gejuckt. Ausserdem ist er auf Leflunomid, Methothrexat und Ramipril. Ersteres is mE sowieso Ratzengift, und sollte sowieso net gemeinsam mit MTX gegeben werden, aber bitte. Das wird mal sofort alles gestrichen und das uebliche Mx bei Nierenversagen gestartet (Katheter, Ein-Ausfuhr-Monitoring, BGAs, Fluessigkeitsrestriktion....)

D-Dimere bei einem CRP von 250?? Sehr wenig aussagekraeftig...
CTPA? Ohne BGA, ohne Tachykardie? Pulmonalembolie sehr unwahrscheinlich...

Tombow
28.10.2006, 02:46
Ausserdem ist er auf Leflunomid, Methothrexat und Ramipril. Ersteres is mE sowieso Ratzengift, und sollte sowieso net gemeinsam mit MTX gegeben werden, aber bitte...

Komisch nur, daß selbst nach einer oberflächlichen Suche PubMed etliche Publikationen ausspukt, die eine solche Medikation erwähnen, ohne sie als gefährlich oder nicht empfehlenswert einzustufen und sogar die Kombi empfehlen im Falle daß eine Monotherapie versagt.

Sackbauer
28.10.2006, 09:11
Zitat BNF - british national formulary:

"Cautions renal impairment (Appendix 3); impaired bone-marrow function including anaemia, leucopenia or thrombocytopenia (avoid if significant and due to causes other than rheumatoid arthritis); recent treatment with other hepatotoxic or myelotoxic disease-modifying antirheumatic drugs (avoid concomitant use); history of tuberculosis......"


Sogar eine "washout procedure" ist beschrieben:
"Washout procedure: To aid drug elimination in case of serious adverse effect, or before starting another disease-modifying antirheumatic drug, or before conception (see also Appendix 4), stop treatment and give either...."

Sorpresa
28.10.2006, 09:30
der patient kam mit eben dieser medikation, können wir uns wieder dem eigentlichen problem widmen?
wir müssen die medikation ja nicht so fortfahren, zumal das BB nicht sonderlich gut aussieht...
aber wir müssen ja auch die rheumatoid-arthritis weiter behandeln, die scheint ja durchaus eine ausgeprägtere form zu sein, wenn man die medis sieht...

also, weitere vorschläge?

(später mehr... ;-) )

Fino
28.10.2006, 14:48
Wie schaut denn die Stuhlanamnese aus? Irgendwelche Veraenderungen in letzter Zeit? Wurde eine digitiale rektale Untersuchenung gemacht?