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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : akutes Nierenversagen



BenediktS
21.10.2006, 19:45
Hallo,

weiß zufällig jemand, ob akutes Nierenversagen aufgrund einer akuten Glomerulonephritis auch den typischen Ablauf in 4 Stadien (Schädigungsphase, Oligo-bzw. Anurie, Polyurie, Restitutionsphase) zeigt? Irgendwie ist das in dem Buch, das gerade vor mir liegt, nicht ganz klar.

Danke!

Bettpfannenwechsler
21.10.2006, 22:18
Also, 15-20% des ANV verläuft norm-/polyurisch, d.h. anstatt der Anurie/Oligurie hat der Patient eine Polyurie oder Normurie und dennoch einen Anstieg der Retentionswerte wie Crea und Hst. Dieser Verlauf ist prognostisch günstiger. Sonst stimmen die Phasen auch bei akuter GN, ist eine intrarenale Ursaché für ANV.

Quelle: der gute Herold auf dem Weg zum dritten Stex, hoffe das stimmt so.

LG

Sansa
16.05.2007, 10:31
Ich hab einige Fragen zum ANV. Sind vielleicht etwas spitzfindig, aber ich hoffe hier ist jemand, der mal auf einer nephrologischen Station famuliert hat oder dort PJ macht oder ein fertiger Internist...
Ich wäre auf jeden Fall sehr dankbar um Antworten.


Mir ist nicht klar wie die Bewusstseinslage von einem Patienten mit akutem Nierenversagen ist. Ist die immer eingeschränkt? Mal angenommen jemand hat es postoperativ bekommen, das fällt doch ziemlich schnell auf und man kann ziemlich schnell eingreifen... Kann er dann eventuell auch bewusstseinsklar sein?
Ich meine irgendeine Eintrübung oder Somnolenz wäre doch immer auf den Anstieg ausscheidungspflichtiger Substanzen zurückzuführen, oder irre ich mich da?

Ich weiß, nicht jeder Pat. mit ANV muss dialysiert werden, aber mal angenommen es muss sein und mal angenommen wir haben den selben Patienten wie vorher, der das Nierenversagen bei einer OP bekommen hat... Für die Dialyse muss er doch antikoaguliert werden, oder? Macht das keine Probleme mit der frischen Operationswunde? Oder reicht da eine normale Heparinspritze pro Tag aus?
Wie häufig kommt sowas nach OP eigentlich vor?

In den Büchern steht bei Komplikationen auch immer Pneumonie durch die Respiratortherapie. Aber nicht jeder ANV-Patient muss intubiert werden, oder?
Gehe ich denn richtig in der Annahme, dass das nur bei Lungenödem im Rahmen der Überwässerung nötig ist?

Wird jeder Patient mit ANV auf der Intensivstatin behandelt (oder gar nur in spezialisierten Zentren)? Und wenn ja, wie lange? Sicher im Stadium der Oligurie/Anurie. Auch noch während der Polyurie? Da sind doch die Risiken für eine Komplikation viel geringer, oder?
Und was mir vor allem nicht klar ist... Das Stadium der Restitution. Restitution bedeutet doch, dass die Niere wieder normal arbeitet. Warum wird dieses Stadium aber dann mit der Zeitbeschreibung "Monate" angegeben? Gibt es da doch noch irgendwelche Einschränkungen? Ich hatte es bisher so aufgefasst als wäre das Stadium 4 die komplette Genesung, aber jetzt bin ich geringgradig verwirrt... Nur, selbst wenn da noch irgendwelche... Einschränkungen der Niere vorliegen, man kann die Patienten in dem Stadium trotzdem nach Hause lassen, oder?

Zu guter letzt die Prognose:
Prärenales Nierenversagen ist ja am häufigsten und es wird immer angegeben, dass es eine günstige Prognose hat. Allgemein gesehen hab ich Prognosen von 50% gesehen, aber da fließen ja wohl auch die anderen Formen ein. Hat jemand eine Zahl für das prärenale Nierenversagen alleine parat?



Sorry, dass ich euch so mit Fragen überschütte, aber wäre super, wenn sich irgendein Nieren-Spezialist hervortuen würde. :-)

Fino
16.05.2007, 11:57
[QUOTE]
Mir ist nicht klar wie die Bewusstseinslage von einem Patienten mit akutem Nierenversagen ist. Ist die immer eingeschränkt? Mal angenommen jemand hat es postoperativ bekommen, das fällt doch ziemlich schnell auf und man kann ziemlich schnell eingreifen... Kann er dann eventuell auch bewusstseinsklar sein?


Ich habe bei fast jedem Dienst Patienten mit akutem Nierenversagen gesehen. Die allermeisten waren sonnenklar bei Bewusstsein, wurden nicht auf Intensiv verlegt, geschweige denn intubiert.

hypnotel
16.05.2007, 13:05
Mir ist nicht klar wie die Bewusstseinslage von einem Patienten mit akutem Nierenversagen ist. Ist die immer eingeschränkt? Nein. Auch mit Krea 10 und Urea 200 kann man voll orientiert (und mobil) sein. Speziell chronisch Insuffiziente in Exazerbation; Gewöhnung ist alles. ;-)

Ich meine irgendeine Eintrübung oder Somnolenz wäre doch immer auf den Anstieg ausscheidungspflichtiger Substanzen zurückzuführen, oder irre ich mich da? In der Nephro natürlich naheliegend, aber nicht zwingend. Denk mal an zentrale (vaskuläre) Ursachen.

Wie häufig kommt sowas nach OP eigentlich vor?Zum Glück sehr selten 'de novo'.

Aber nicht jeder ANV-Patient muss intubiert werden, oder?
Je mehr Komplikationen, je mehr Organbeteiligung, desto höher die Wahrscheinlichkeit der Ind. zur Intubation. Insgesamt bei isoliertem ANV selten!

Wird jeder Patient mit ANV auf der Intensivstatin behandelt (oder gar nur in spezialisierten Zentren)? Nein, die wenigsten. Hier üblicherweise Normalstation plus Dialyse

Restitution bedeutet doch, dass die Niere wieder normal arbeitet.
Restitution meint 'Wiederherstellung', also den Vorgang, nicht den Zustand nach Heilung.


Zu guter letzt die PrognoseSolange die Infrastruktur Dialyse zulässt und/oder der Auslöser des ANV beseitigt wird, ist die Prognose gut bis sehr gut. Im Rahmen von Sepsis/MOV nach wie vor hohe Letalität (~50%). Letzteres wird ja auch bedingt durch die Schwere des prärenalen Versagens (Schock: Art/Ausmaß).



Bin nur PJ in der Nephro und alles andere als Internist; hoffe aber das hat Dir weitergeholfen.

Sansa
17.05.2007, 22:36
Welche Symptome hat man mit ANV eigentlich? Ich meine ausser den offensichtlichen "Schwierigkeiten" (Unfähigkeit) beim Wasserlassen...

Und ist Dialyse für einen Patienten eigentlich belastend?
Oder ist es so wie man es sich vorstellt, dass er da eben einen Katheter hat, was wohl nicht sehr angenehm ist, aber ansonsten nicht viel von der Prozedur mitkriegt?

Und was ich gerade noch nicht verstehe... Jemand mit chron. Niereninsuffizienz muss doch nur ein oder zweimal in der Woche dialysiert werden, oder? Der mit ANV aber kontinuierlich oder zumindest täglich? Liegt das an der Adaptationsfähigkeit?




Restitution meint 'Wiederherstellung', also den Vorgang, nicht den Zustand nach Heilung.
Okay... Das heißt hier normalisiert sich die Niereinfunktion und es kann sein, dass es noch manchmal... etwas durcheinander ist was die Harnmenge betrifft? Aber ansonsten keine Symptome? Keine Schmerzen in der Nierengegend?

Ich vermute man muss da die Retentionswerte noch im Auge behalten...
Aber heim darf der Patient hier schon? Oder geht das nicht, weil man die Zufuhr noch so genau überwachen mus? :-???



Bin nur PJ in der Nephro und alles andere als Internist; hoffe aber das hat Dir weitergeholfen.
Ja, danke! :-top

hypnotel
19.05.2007, 11:22
Welche Symptome hat man mit ANV eigentlich? Ich meine ausser den offensichtlichen "Schwierigkeiten" (Unfähigkeit) beim Wasserlassen...
Schwierigkeiten der Harnbildung eher - wenn das Wasser nicht abfließt, rufe man Urologen auf den Plan. ;-)
Typische Symptome sind Überwässerung (Peripherie > Herz, Lunge), Schwächegefühl und Symptome die auf eine Azidose und/oder Elektrolyt-Entgleisung hindeuten (Arrythmien, Hyperventilation etc).


Jemand mit chron. Niereninsuffizienz muss doch nur ein oder zweimal in der Woche dialysiert werden, oder? Der mit ANV aber kontinuierlich oder zumindest täglich? Liegt das an der Adaptationsfähigkeit?Man kann nicht pauschalisieren, aber dein Rückschluss ist korrekt. Chroniker adaptieren immer in gewissem Maße.
Tägliche Dialyse wäre rein metabolisch(laborchemisch...) besser auch für den chronischen Pat.; ist aber strukturell meist nicht möglich/günstig (Ausnahme Heimdialyse).


Und ist Dialyse für einen Patienten eigentlich belastend?
Trotz Verbesserung der metabolischen Situation: Die Prozedur ist grundsätzlich belastend, psychisch wie körperlich. Gerade nach Wasserentzug fühlen sich die Pat. noch stundenlang müde bzw. dösen dahin.


Das heißt hier normalisiert sich die Niereinfunktion und es kann sein, dass es noch manchmal... etwas durcheinander ist was die Harnmenge betrifft? Aber ansonsten keine Symptome? Keine Schmerzen in der Nierengegend?
Schmerzen weisen eher auf akut wirksamen Schaden hin (Entzündung, Trauma). Das Organversagen als solches tut nicht unbedingt weh. Endogen einsetzende Normurie bis Polyurie ist oft ein Hinweis auf Restitution.


Ich vermute man muss da die Retentionswerte noch im Auge behalten...
Aber heim darf der Patient hier schon? Oder geht das nicht, weil man die Zufuhr noch so genau überwachen mus?
Wenn der Pat. stabil ist wird er in solchen Stadien nicht mehr stationär gelagert. Retentionswerte müssen natürlich weiter kontrolliert werden.
Je nach Compliance schafft es der Pat. aber auch selbst die Zufuhr zu regeln ;-)

Sansa
23.05.2007, 01:14
Hypnotel, vielen Dank für deine Antworten!!! :-)



Typische Symptome sind Überwässerung (Peripherie > Herz, Lunge), Schwächegefühl und Symptome die auf eine Azidose und/oder Elektrolyt-Entgleisung hindeuten (Arrythmien, Hyperventilation etc).
Also sind das Symptome? Ich dachte das wären Komplikationen... :-???
Das muss doch alles nicht auftreten, oder doch?



Gerade nach Wasserentzug fühlen sich die Pat. noch stundenlang müde bzw. dösen dahin.
Und wenn sie nun kontinuierlich dialysiert werden? Sind sie dann dauernd müde? Oder gibt es da dann keinen Wasserentzug in dem Sinne...?


Und wenn jemand einmal ein ANV hatte, ist er dann gefährdet nochmal eins zu bekommen? Prädisponiert das in irgendeiner Form zu einem weiterem ANV oder ist die Niere auch in irgendeiner anderen Form anfälliger?


Und was mich dann noch dauernd beschäftigt... Prärenales ANV durch Blutdruckabfall. Wenn ich mich richtig entsinne wird es ab einem Mitteldruck von 60mmHg kritisch, richtig? Aber wie lange müsste der so niedrig sein? Reichen schon Minuten?

hypnotel
23.05.2007, 21:48
Also sind das Symptome? Ich dachte das wären Komplikationen...
Das muss doch alles nicht auftreten, oder doch?Nein, aber Du hast ja nach Symptomen abseits der Olig-/Anurie gefragt.
Habe keine konkreten Zahlen, aber manch komplikationsloses/-armes ANV wird gar nicht erkannt bzw. stationär behandelt - mangels Leidensdruck der Patienten.

Und wenn sie nun kontinuierlich dialysiert werden? Sind sie dann dauernd müde? Oder gibt es da dann keinen Wasserentzug in dem Sinne...?
Auch hier gilt, Gewöhnung ist alles. Je mehr die Harnbildung eines Pat. zum Erliegen gekommen ist, je mehr Wasser im EZR, desto regelmäßiger muss natürlich ins Minus gefahren werden.

Und wenn jemand einmal ein ANV hatte, ist er dann gefährdet nochmal eins zu bekommen? Prädisponiert das in irgendeiner Form zu einem weiterem ANV oder ist die Niere auch in irgendeiner anderen Form anfälliger?
Das hängt von Ursachen und Ausmaßen ab.
Wenn ein bleibender renaler Schaden entstanden ist, aber auch wenn extrarenale Ursachen fortbestehen, prädestiniert das natürlich zu weiteren Episoden von (fortschreitender chronischer oder wiederholter akuter) Insuffizienz. Gutes renales Beispiel die rapid-progressive GN, vom Bild des akuten Organversagens bis zur chronischen Insuffizienz in einigen Wochen bis Monaten.
Oder (prärenal) ein onkologischer Patient, der unter Chemo und/oder paraneoplastisch immer wieder in's ANV rutscht bis er schlimmstenfalls tatsächlich daran stirbt.


Prärenales ANV durch Blutdruckabfall. Wenn ich mich richtig entsinne wird es ab einem Mitteldruck von 60mmHg kritisch, richtig? Aber wie lange müsste der so niedrig sein? Reichen schon Minuten?
Wie Du weisst ist die Nierendurchblutung (also auch Renaler Plasmafluss RPF) im Schock selbstlimitierend und gerät durch Autoregulation in einen circulus vitiosus, daher können bereits 5-10 Minuten mit MAP<60mmHg ausreichen um ein ANV zu initiieren.



(irgendwie ist mir die Niere als Organ unsympathisch, can't help :-)) )