PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Periphere Analgetika bei Niereninsuffizienz



Seiten : [1] 2

Lava
30.10.2006, 19:41
Welches peripher wirksame Analgetikum würdet ihr bei beginnendem Nierenversagen empfehlen?
Ich hab nachgeschlagen im Arzneimittel pocket und dem Karow Lang, aber so richtig schlau bin ich nicht geworden.
Novalgin scheint nicht auf die Niere zu gehen, es wird nur empfohlen, keine höheren Dosen zu geben.
Bei Ibuprofen heißt es, die Nebenwirkungen der übrigens NSAR wären selten - gilt das also auch für die Nephrotoxizität?
Paracetamol war heute die Aussage einiger Ärzte hier, aber bei PCM steht im Karow Lang eindeutig kontraindiziert bei Nierenversagen!

Evil
30.10.2006, 20:34
Soweit ich weiß, wirken alle NSAIR potentiell nephrotoxisch wegen der COX-Hemmung, die die Nierendurchblutung einschränkt.
Novalgin selber wirkt nicht nephrotoxisch, aber man muß die Dosis anpassen.
Und PCM wirkt glaube ich in hohen Dosen direkt nephrotoxisch.

Susa543
31.10.2006, 14:54
Wenn du zu den Ärzten gehst und sie Dir immer etwas anderes sagen, bzw. du nicht weisst ob das richtig ist, schau doch mal unter www.medrapid.info
Vielleicht kannst du was zu deiner Frage finden.

Grüße Susa

Evil
01.11.2006, 11:27
:-dagegen

Davon, die Beratung durch eine Internetseite als besser einzustufen als einen Arztbesuch, kann man dringendst abraten.
Selbst wenn auf besagter Seite keine groben Fehler sind, muß im individuellen Fall die Beratung durch einen Fachmann Vorzug gegeben werden.

alex1
01.11.2006, 11:35
Novalgin ist eigentlich relativ harmlos auch bei niereninsuffizienten Patienten.
Darüberhinaus kann man durchaus periphere Opiate nehmen, zB Valoron.

Lava
01.11.2006, 11:54
So hätte ich das auch gemacht. Ich werd morgen mal schauen, ob sie was an der Medikation geändert haben. Die arme Frau schluckt sowieso ne halbe Apotheke.

FataMorgana
01.11.2006, 14:05
Darüberhinaus kann man durchaus periphere Opiate nehmen, zB Valoron.

Was genau sollen denn periphere Opiate sein? Das ist für mich ein Widerspruch in sich.

Flemingulus
01.11.2006, 14:26
Na alex1 meint halt niederpotente, nicht BTM-pflichtige O.
D. h. z. B Tramadol (Tramal) oder Tilidin plus Naloxon (Valoron N).
Valoron (ohne N) wäre eigentlich nur Tilidin (ohne Naloxon) und tät hier nicht drunter fallen. Is klar, dass die Einteilung in peripher u. zentral wirksame Analgetika so nicht mehr gebräuchlich ist.

Und bezüglich Metamizol bei vorgeschädigter Niere: es gibt zwar wesentlich mehr Berichte zur Nephrotoxizität von Paracetamol als zu der von Metamizol.
Aber Paracetamol wird ja auch viel breiter angewendet und auch das gute Novalgin kann der Niere den Garaus machen. Die Angelsachsen geben bei Niereninsuffizienz von den Ncht-Opioiden insofern trotzdem am liebsten Paracetamol. Saure Analgetika sind wie schon gesagt aus hämodynamischen Gründen nierenungesund.

Bei Opiaten ergibt sich nur bei dem ein oder anderen eine gewisse Kumulationsgefahr, am bekanntesten für Morphin, wo das M-6-glucuronid bei Niereninsuffizienz kumulieren kann. Welche klinische Relevanz das hat, ist allerdings noch nicht ganz klar. Trotzdem würde man lieber Fentanyl (Pflaster) oder evtl. Oxycodon o. ae. geben. Bei den Opiaten ist wohl das Pethidin bei Niereninsuffizienz als am ungünstigsten anzusehen, da da vermehrt Norpethidin anfällt, was pro-konvulsiv wirkt.

Evil
01.11.2006, 15:20
Die Angelsachsen geben bei Niereninsuffizienz von den Ncht-Opioiden insofern trotzdem am liebsten Paracetamol. Saure Analgetika sind wie schon gesagt aus hämodynamischen Gründen nierenungesund.Im Angelsächsischen Raum ist Metamizol seid rund 20 Jahren wegen der Agranulozytose verpönt, das geben die da gar nicht.

Lava
01.11.2006, 16:48
Fragt sich halt, ob's unbedingt ein Opioid sein muss. Im betreffenden Fall hatten wir das extra abgesetzt kürzlich, weil die Patientin eigentlich keine so starken Schmerzen mehr hatte... in letzter Zeit gab sie wieder vemehrt Schmerzen an. Einerseits hat sie leider eine heftige Depression entwickelt, die die Sache nicht gerade begünstigt, andererseits steht jetzt aber auch der Verdacht auf eine Wundinfektion im Raum. Die arme Frau. *seufz*

Evil
01.11.2006, 16:58
Fragt sich halt, ob's unbedingt ein Opioid sein muss. Im betreffenden Fall hatten wir das extra abgesetzt kürzlich, weil die Patientin eigentlich keine so starken Schmerzen mehr hatte... in letzter Zeit gab sie wieder vemehrt Schmerzen an.
Effiziente Schmerztherapie bedeutet, daß die Leute weitgehend schmerzfrei sind. Da geht man am besten nach dem guten alten WHO-Stufenschema vor, und wenn dann die peripheren Analgetika nicht ausreichen, bekommen die Patienten halt Opiate.

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum Krankenhausärzte da so zurückhalten sind. Dann laßt doch einen richtigen Schmerztherapeuten ran.

Lava
01.11.2006, 17:57
Hey, die Hälfte unserer Station gehört sogar zur Schmerztherapie! :-D

Aber man kann ja auch nicht den Hahn aufdrehen und fragen, wann's genug ist. So einfach ist das nämlich nicht, wenn Patienten auch psychsich überlagert sind. Wenn jemand jegliche Mobilisation verweigert und zu jammern anfängt, wenn man ihn bloß anguckt, dann sind Analgektika nicht die Lösung des Problems.

Evil
01.11.2006, 18:26
Naja, Du hast halt nach Schmerzmitteln gefragt.

Außerdem, Clonidin hilft immer :-D

Die Niere
02.11.2006, 13:53
Ich seh es ähnlich wie Janine, denn wir haben regelmässig Patienten, die ihr mediterranes Syndrom ausleben und da muss man im Verlauf postoperativ schon genau schauen, wem man wieviel Analgesie zukommen lässt. Da die Schmerzwahrnehmung zum Teil vollkommen unterschiedlich ist, muss man manchmal den Opiathahn trotz Schmerzsymptomatik komplett zudrehen...und siehe da...nach 2 Tagen geht es viel besser. In 99% der Fälle kann man die Problematik auch allein lösen...wenn es unsere Fähigkeiten übersteigt, kommt halt der Schmerztherapeut.

gruesse, die niere

Hypnos
02.11.2006, 14:08
Da die Schmerzwahrnehmung zum Teil vollkommen unterschiedlich ist, muss man manchmal den Opiathahn trotz Schmerzsymptomatik komplett zudrehen...und siehe da...nach 2 Tagen geht es viel besser.

Also, liebe Niere...

...das ist weder leitlinienkonform, noch m.E. ethisch vertretbar...
Habe selbst schon mehrere Gutachten zum Thema postoperative Schmerztherapie angefertig, und Stand der Dinge ist hier nun doch ein anderer...Auch die WHO definiert ihre Schmerztherapie anders als "muss man manchmal den Opiathahn trotz Schmerzsymptomatik komplett zudrehen..."

Bei Interesse stehe ich aber gern für Rückfragen zur Verfügung,

Best wishes,

Hypnos

Evil
02.11.2006, 18:16
Ich seh es ähnlich wie Janine, denn wir haben regelmässig Patienten, die ihr mediterranes Syndrom ausleben und da muss man im Verlauf postoperativ schon genau schauen, wem man wieviel Analgesie zukommen lässt
Gerade bei größeren Eingriffen ist eine gute Analgesie aber wichtig für den Heilverlauf. Und wenn man etwas die Medikation variiert und die Symptome systematisch erfaßt (klappt z.B. mit VAS gut und ist simpel), dann bekommt man eine psychische "Überlagerung" ziemlich schnell heraus, ohne gleich Schmerzmittel komplett abzusetzen.

Gerade bei südländischen Patienten wird die Diagnose "Weichei" nämlich gern vorschnell gestellt. Und wenn dann nach 2 Tagen erst der Bauch aufgemacht wird, ist die Kacke richtig am Dampfen (wortwörtlich!).

Lava
02.11.2006, 19:52
Moment mal, hier geht's nicht um einen südländeischen Patienten, sondern um eine fast 80jährige, schwer depressive Frau, die schon zu heulen anfängt, wenn ich ihren Arm strecke, um Blut abzunehmen....

Doctöse
02.11.2006, 19:54
Wie wärs mit Placebos ;-)

Die Niere
02.11.2006, 20:01
Gerade bei größeren Eingriffen ist eine gute Analgesie aber wichtig für den Heilverlauf. Und wenn man etwas die Medikation variiert und die Symptome systematisch erfaßt (klappt z.B. mit VAS gut und ist simpel), dann bekommt man eine psychische "Überlagerung" ziemlich schnell heraus, ohne gleich Schmerzmittel komplett abzusetzen.

Gerade bei südländischen Patienten wird die Diagnose "Weichei" nämlich gern vorschnell gestellt. Und wenn dann nach 2 Tagen erst der Bauch aufgemacht wird, ist die Kacke richtig am Dampfen (wortwörtlich!).Habe nie behauptet postoperativ eine ungenügende Analgesie zu fahren und meine südländischen Patienten vorschnell als Weichei zu betiteln. Ich verstehe nur nicht, wie ich mit VAS eine psychische Überlagerung herausfiltern soll, lasse mich aber gern dahingehend fortbilden.

Auch habe ich nie behauptet, dass ich Analgetika komplett absetze, sondern habe nur vom Mo-Hahn gesprochen, den ich bisher in insgesamt drei Fällen bei prolongiertem Verlauf unter anhaltenden Schmerzen ohne organisches Korrelat mit dringenden Verdacht auf eine Abhängigkeitskomponente mit psychischer Überlagerung zugemacht habe. Im übrigen ist der Schmerztherapeut in allen drei Fällen mit dieser Vorgehensweise konform gegangen.

gruesse, die niere, die für Anreden, die mit "Also, liebe Niere..." beginnen nur ein müdes Lächeln übrig hat...

Lava
02.11.2006, 20:05
Wie wärs mit Placebos ;-)

Du wirst Lachen, aber es gibt Fälle, wo wir das so machen... Placebo als Tablette oder sogar mal ne Placebo-Wurzelblockade....