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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Aufwand experimentelle Arbeit



zonk
07.11.2006, 09:51
Ist der Aufwand einer experimentellen Doktorarbeit ungefähr mit dem Aufwand einer Diplomarbeit für Biologen, Biomediziner,... vergleichbar?

haemoglobinchen
07.11.2006, 22:14
puh ... wenn man jetzt wüsste, was DIE für einen aufwand haben, könnte man die die frage vielleicht sogar beantworten. obwohl ich denke, dass das sehr stark von der einzelnen arbeit abhängt.

HAS
08.11.2006, 21:22
Das hängt in der Tat sehr stark von der einzelnen Arbeit ab. Ich mache zur Zeit eine experimentelle Arbeit in der Toxikologie. Es handelt sich um eine v.A. proteinbiochemische Arbeit bezüglich der Rezeptorstruktur von Toxin A&B von C.difficile. In der Abteilung sind v.A. (neben insgesamt 3 Medizinern) Biochemiker (7) als Doktoranden eingestellt. Dazu kommen 1 Biologin, und 1 Chemikerin. Es gibt hier auch "Naturwissenschaftler", die ihr Diplom machen. Dafür haben sie 6 Monate Zeit, die Arbeit umfasst i.d.R. ca.60 bis 70 Seiten. Die Mediziner arbeiten hier i.d.R. 9 Monate(1Semester aussetzen), ihre ASrbeiten haben meist ca. 80 Seiten. Das ist natürlich nicht repräsentativ und gilt nur für die AG, in der ich arbeite. Aber hier liegt eine med.Dr.-Arbeit definitiv min. auf dem Niveau einer biochemischen/biologiaschen Diplomarbeit.
Man muss aber dazu beachten, dass Naturwissenschaftler bei ihrem Diplom die Zeit für das eigentlich Schreiben von den 6Monaten abziehen müssen, d.h. sie haben 6 Monate zeit, die Experimente zu machen, auszuwerten und die eigentliche "Arbeit" anzufertigen und abzugeben. Das verkürzt zum einen die Zeit, die sie im Labor tatsächlich arbeiten etwas, zum anderen gestaltet das ihren Ablauf auch stressiger. Wir können ja relativ locker nach den Experimenten mit dem Schreiben anfangen.

zonk
09.11.2006, 16:35
Ich habe allerdings auch gehört, das Naturwissenschaftler für ihre Diplomarbeit nicht UNBEDINGT Ergebnisse bräuchten. Stimmt das?

Peter_1
10.11.2006, 16:50
Hallo,
ich denke ihr mischt da zwei Dinge die nicht gemischt werden sollten.
1. Diplomarbeit=Arbeit welche Vorraussetzung zum Abschluß des Studiums ist.
2. Doktorarbeit= Arbeit nach Abschluß des Studiums welche in der Medizin schon vor Ende des Studiums begonnen werden kann (in anderen Wissenschaften in der Regel nach dem Studium).
Eine naturwissenschaftliche Doktorarbeit ist in der Regel (Ausnahmen gibt es immer) mit wesentlich mehr Aufwand verbunden als eine medizinische Doktorarbeit (normalerweise mindestens 3 Jahre Vollzeitforschen, Ende nach oben offen).
Andersherum ist eine medizinische Doktorarbeit in der Regel mit etwas mehr Aufwand verbunden als eine Diplomarbeit (auch hier gibt es natürlich Ausnahmen).

Gruß, Peter

HAS
12.11.2006, 17:29
Hallo,
ich denke du solltest einfach die Beiträge so lesen, wie sie da stehen. In diesem Fall hat hier niemand von einer naturwissenschaftlichen Dr.-Arbeit gesprochen. Also verwechselt hier auch niemand was. Es ging um den Vergleich von nat.-wissenschaftlicher Diplomarbeit mit medizinischer Dr.-Arbeit, v.A. in Bezug auf den Umfang.
BTW: Wieso sollte man das nicht mischen? Beides ist vergleichbar. Und mit der Aussage "Eine Dr.-Arbeit in Abteilung X entspricht vom Arbeitsaufwand in etwas einer naturwissenschaftlichen Diplomarbeit" kann man wenigstens ungefähr abschätzen, wie aufwendig die Arbeit wird.

astrophys
13.11.2006, 15:26
Normalerweise dauert eine naturwissenschaftliche Diplomarbeit 12 Monate incl. Schreiben plus evtl. einer Verlängerung von 4-6 Wochen, die in etwa 20-30% der Fälle genutzt wird.
Die Seitenzahl der Arbeit sagt im allgemeinen nicht wirklich viel über den AUfwand aus (angefangen bei verschiedenen Schriftgrössen, Anzahl der Abbildungen bis hin zu wenig Ergebnissen, die aber mit viel Aufwand gewonnen wurden.
Je nach erzielten Ergebnisse kommen dann noch Konferenzvorträge, Paper oder Poster auf Fachtagungen dazu.

Leijona
13.11.2006, 22:13
eine experimentelle dr-arbeit in medizin kann den umfang einer naturwissenschaftlichen studienarbeit haben (ist dann also eher niedrig angesetzt), oft aber den umfang einer nat wiss diplomarbeit erreichen (manche institute suchen explizit für die gleiche themenstellung entweder medizinischen doktorand oder nat wiss diplomand. es gibt aber auch doktorarbeiten, die sich zeitlich auch oft deutlich länger ziehen. gerade bei "summa"arbeiten hat sich oftmals einer >3 jahre reingekniet.
den vergleich mit einer diplomarbeit finde ich ehrlich gesagt gar nicht so falsch.

Leijona
13.11.2006, 22:16
ach ja, bei einer naturwissenschaftlichen diplomarbeit MÜSSEN nicht unbedingt ergebnisse (h1-hypothese bestätigt) herausgekommen sein.
bei einer naturwissenschaftlichen doktorarbeit (die mindestens 3 jahre vollzeitarbeit braucht) dagegen obligat (!!) schon.
bei einer medizinischen doktorarbeit ists meist nicht so streng. wenn man 2 jahre im labor gearbeitet und sich abgemüht hat mit auswertungen, dann darf man auch darüber promovieren, dass eben etwas nicht geklappt hat...man kann dann von den medizinstudenten nicht verlangen dass sie nochmal komplett von vorne anfangen sollen, die meisten doktorväter und promotionskomitees sind da idr schon halbwegs kulant... (soweit ich weiss.)

Dr. Hyde
14.11.2006, 00:41
das hat nichts mit kulant oder nicht klappen zu tun. es ist wissenschaftlich nicht weniger wertvoll, dass ein zusammenhang, der angenommen wurde NICHT besteht, als wenn dieser besteht. das ist durchaus ein ergebnis im wortsinne.

kiliwue
14.11.2006, 18:17
Mal eine Frage: Warum ist es bei Diplomarbeiten möglich, den Arbeitsrahmen in einem so scharf vorher definierten Fenster zu halten (6-12 Monate, Schreibzeit dabei); während bei medizinischen Doktorarbeiten die Zeitvorgaben oft nicht ím mindesten eingehalten werden können? Ihr kennt es doch von euch selbst und von Kommilitonen oft genug: Das klappt nicht, das fehlt, die Person ist nicht da, blablabla.
Bei Diplomarbeiten klappt das schon? Eine Medizin. Arbeit mit festem Rahmen würde viele Probleme der med. Promotion beheben.

Muriel
14.11.2006, 18:21
Ganz einfach: Diplomarbeiten MÜSSEN in dieser Zeit fertig werden, d.h. es muss von Anfang klar oder zumindest sehr sicher sein, dass es auch tatsächlich mit ein bisschen Arbeitseifer zu schaffen ist. Medizinische Dr-Arbeiten können ja im Prinzip 10 Jahre herumliegen, interessiert kaum jemanden. Das hat zum einen zur Folge, dass die Arbeit als soche im Vorfeld nicht so geprüft wird, im dem Sinne, ob denn sie denn auch realistischerweise zu schaffen ist und zum andern hängen sich die Med-Studis natürlich auch nicht sooooo sehr rein, wie wenn sie wüssten, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt ganz einfach fertig sein MÜSSEN. Kennt man doch von Klausuren: Ob man 2 oder 8 Wochen hat, was man nachher weiß/kann, hat damit nichts zu tun.

Tombow
14.11.2006, 19:30
Noch weitere Unterschiede - bei einer Diplomarbeit ist sowohl Thema als auch sonstige Vorgaben vorher klar abgesteckt und es wird auch meistens in Vollzeitarbeit durchgezogen. Dazu noch ist die Betreuung wirklich weitaus besser geregelt.

Und all diesen Luxus hat man bei medizinischen Doktorarbeiten nicht. Dem Doktorvater könnte vielleicht einfallen, daß man mitten in dem Projekt die Fragestellung ändert oder das ganze anders ausrichtet oder die (qualitativ nicht immer optimale) Betreuung wird noch schlechter bzw. nonexistent weil die Ergebnisse dem Doktorvater nicht ins Kalkül passen.

astrophys
14.11.2006, 21:29
Die Qualität der Betreuung und das Thema bei einer Diplomarbeit hängen stark vom Betreuer ab. Hier kann man auch viel Pech haben.

Ulle
17.11.2006, 16:12
Ich habe allerdings auch gehört, das Naturwissenschaftler für ihre Diplomarbeit nicht UNBEDINGT Ergebnisse bräuchten. Stimmt das?Meines Wissens nach ist die ursprüngliche Fragestellungen (h1-Hypothese kann man sicherlich immer konstruieren, aber ich kenn kein Labor, indem eine Arbeit derart vorstrukturiert wird - zum Glück) ziemlich Lampe - das Ergebnis zählt und Negativergebnisse sind prima - auch für naturwissenschaftliche Doktorarbeiten. Allein der Erkenntnisgewinn zählt, diesen MUSS eine Doktorarbeit erbringen. In einer Diplomarbeit könnte man z.B. einfach die Ergebnisse einer Doktorarbeit bestätigen, umgekehrt wäre dies nicht zulässig.

Mir ist allerdings keine Diplomarbeit in einem naturwissenschaftlichen Fach bekannt, die nicht auf Erkenntnisgewinn ausgelegt ist, das wäre in meinen Augen auch Ressourcenverschwendung.

Was denn Vergleich von Diplom- und Doktorarbeiten angeht, finde ich es nicht so einfach. Was meiner Meinung nach hier keiner beachtet: Diplomanden haben schon mehrmonatige Laborerfahrung und neben Fachwissen ist Methodenlehre zentraler Inhalt des Studiums - dafür gibt es im Medizinstudium nichts vergleichbares. So habe ich auch den Eindruck, dass man uns methodisch eher einfache Dinge zumutet (Immunhistologien sind so ein Klassiker für eine medizinische Doktorarbeit) - der zeitliche Rahmen der Arbeit kann dennoch oftmals sehr beträchtlich sein.