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Lava
16.11.2006, 19:28
So, nächstes Thema, von dem ich keine Ahnung habe: Beatmung. Mir wurde heute erklärt, dass es grundsätzlich zwei Möglichkeiten gäbe, jemanden zu beatmen: volumengesteuert und druckgesteuert. Wenn ich das richtig verstanden habe, wird in dem einen Fall ein Atemzugvolumen vorgegeben, das die Maschine in jedem Fall reinpumpen soll, egal mit welchem Druck. Im anderen Fall wird ein definierter Druck zugeführt und wieviel Volumen letztendlich ankommt, hängt eben vom Patienten ab. Wann wird denn welcher Modus verwendet? Was bedeuten die Abkürzungen BIPAP, SIMV und ASB? Wie funktioniert das mit der unterstützten Beatmung?

Sorry für die Anfängerfragen, aber ich hab kein Buch, wo sowas drinstehen könnte. :-))

Tombow
16.11.2006, 19:40
Auf die schnelle gefunden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Beatmungsmuster

Relaxometrie
16.11.2006, 19:46
BIPAP = biphasic positive airway pressure

SIMV = synchronized intermittend mandatory ventilation

ASB = assisted spontaneous breathing

Das komplizierte an der Beatmungs-Lernerei ist, daß es soviele synonym verwendete Abkürzungen gibt.
Ich würde ja jetzt gerne einen längeren Beitrag schreiben, und das auch als eigene Wiederholung nutzen.
Aber es läuft gerade Wasser in die Badewanne, und in selbige lege ich mich jetzt erstmal :-D

Lava
16.11.2006, 19:50
Ah, das ist schonmal nicht schlecht.

Schädelspalter
16.11.2006, 21:03
Wenn ich das richtig verstanden habe, wird in dem einen Fall ein Atemzugvolumen vorgegeben, das die Maschine in jedem Fall reinpumpen soll, egal mit welchem Druck. Im anderen Fall wird ein definierter Druck zugeführt und wieviel Volumen letztendlich ankommt, hängt eben vom Patienten ab.

So stimmt das im großen und ganzen schon.
Zu denen mit vorgegebenem Volumen gehören z.B. IPPV (iintermittent positive pressure ventilation). Hier wird ein Hubvolumen eingestellt (meist 7-10 ml*kg/KG) , eine Frequenz gewählt und schon geht es los. Das Gerät pumpt mit der eingestellten Frequenz das gewählte volumen in den Patienten, der hierfür benötigte Druck hängt von der Compliance und Resistance des Patienten, Tubusdurchmesser und weiteren Faktoren ab. Um einen zu hohen Druck (z.B. beim Hustenstoß des Patienten während der Beatmung) zu vermeiden, wird ein maximaler Druck gewählt, der nicht überschritten wird, die Beatmung ist also volumengesteuert und Drucklimitiert. IPPV ist eigentlich die einfachste maschinelle Beatmungsform, die allerdings einen tief sedierten (ggfl. relaxierten) Patienten erfordert. Einatembemühungen des Patienten werden nicht unterstützt.
Wenn man diese Beatmung mit einem PEEP (positive end-expiratory pressure) kombiniert, so erhält man CPPV (continual positive pressure ventilation). Ein PEEP dient zur Atelektasenprophylaxe, vergrößert die Gasaustauschfläche, verbessert den Gasaustausch, verschlechtert aber den venösen Rückstrom, in der Regel wird ein intubierter Patient aber immer mit einem geringen PEEP beatmet.
Eine etwas besser auf den Patienten angepasste Beatmung ist die SIMV (Synchronized Intermittend Mandatory Ventilation), vom Prinzip her auch ähnlich wie IPPV, aber zusätzlich mit der Funktion, Einatembemühungen zu erkennen und die Atemhubauslösung mit dieser zu kombinieren. Ist also auch für wachere Patienten geeignet, die von der Beatmung entwöhnt werden. Sollte der Patient Atempausen haben, so beatmet die Maschine dann ähnlich wie in IPPV weiter. Auch SIMV kann mit PEEP kombiniert werden.

Daneben gibt es CPAP, diese erfordert einen spontan atmenden Patienten, dem ein continuierlicher positiver Atemwegs(P)Druck dargeboten wird. So nutzt man die Vorteile eines PEEPS beim spontanatmenden Patienten. Ist quasi die letzte Stufe bei der Entwöhnung von der Maschine.
BIPAP (je nach Hersteller auch DuoPAP oder BiPAP) baut auf CPAP auf, hat allerdings nicht nur ein, sondern zwei Druckniveaus. D.h. die Maschine wechselt in einer eingestellten Frequenz zwischen hohem und niedrigem Druckniveau. Die Druckdifferenz bewirkt eine Ein-bzw. Ausatmung. Daher ist BIPAP (Biphasischer positiver Atemwegs(p)Druck) eine Beatmungsform für den nicht-atmenden Patienten, gleichzeitig bietet es aber auch ähnlich wie CPAP die Möglichkeit für den Patienten, auf beiden Niveaus selbst mitzuatmen. Somit ist BIPAP also für den tief sedierten bis hin zum spontanatmenden Patienten möglich. Das applizierte Hubvolumen ergibt sich hier indirekt über die Druckdifferenz und der Compliance der Lunge und lässt sich nicht direkt einstellen.
Bei moderneren Beatmungsgeräten können alle Beatmungsformen mit einer Druckunterstützung (z.B. ASB für assisted spontaneaus breething oder PS für pressure support) kombiniert werden, so dass Einatembemühungen des Patienten erkannt und mit einem höheren Druck unterstützt werden. Hiermit ist es möglich, einen Patienten mit geringen Atembemühungen frühzeitig auf CPAP zu nehmen, einen recht hohen ASB zu wählen (somit quasi eine Art BIPAP mit selbstgewählten Druckwechseln durch den Patienten) und so die Grenzen zwischen kontrollierter Beatmung bis hin zur Spontanatmung fast fließend zu gestalten, was gerade für das Weaning, also der Entwöhnung, sehr wichtig ist.

Häufig werden solche Regimes verwendet, dass man initial mit IPPV startet, recht zügig auf BIPAP wechselt, hierbei schon die Möglichkeit des ASB gibt, beim Weaning auf CPAP mit ASB wechselt und diesen langsam reduziert, bis der Patient keine, oder nur eine sehr geringe Druckunterstützung, um die Mehrarbeit durch den Tubus "Hagen Poisuille-Gesetz" zu kompensieren mehr hat. Aber das ist auch nicht wirklich festgelegt, sondern hängt von pers. Prävalenzen, der vorhandenen Gerätetechnik und der Grunderkrankung ab.

Ich hoffe, das reicht als kleine Einführung und ist hoffentlich halbwegs verständlich, manches ist etwas vereinfacht geschrieben (z.B. Atemzeitverhältnisse, Inspirationszeit, Flow ... rausgelassen).
Daneben gibt es noch viel mehr Schmankerl und technische Raffinessen (SmartCare, ATC, ASV ...) und würde hier den Rahmen wirklich sprengen.
Falls du ein Buch suchst, ich würde dieses (http://www.amazon.de/Atmen-Atemphysiologie-Beatmungstechnik-Wolfgang-Oczenski/dp/313137697X/sr=8-1/qid=1163707821/ref=sr_1_1/028-2109678-7119747?ie=UTF8&s=books) empfehlen, lohnt sich aber nur, wenn du dich ausführlicher damit beschäftigen willst. Kostenlos (aber sehr Evita spezifisch und etwas älter) http://www.repschlaeger.de/download/evita4/evita4-1.html

THawk
16.11.2006, 22:23
Heißt das dann, dass die "druckkontrollierte" Beatmung am Beatmungsgerät eine BIPAP-Beatmung ist, die "volumenkontrollierte" Beatmung eine IPPV?
Den Unterschied zwischen BIPAP und IPPV hatte ich in meiner letzten Famulatur nie verstanden :-blush

Und ist SIMV dann sowas wie BIPAP-ASB also volumenkontrollierte Form?

Danke schön!

Hypnos
16.11.2006, 23:49
Also. Beatmung ist ja nu so ein ganz spezielles Kapitel. Das lässt sich m.E. auch nicht mal ebenso erklären, dazu bedarf es (zumindestens bis ich es verstanden habe) auch mal einer graphischen Darstellung.

Meine Empfehlung:

Atmen, Atemhilfen von Oczenski erschienen im Springer-Verlag.

Dieses Buch bietet für ca. 50€ einen umfassenden und leicht zugänglichen Überblick über das große Kapitel der Beatmungsformen u. -muster.


Hope that helps,

so long,

Hypnos

Lava
17.11.2006, 19:26
Hey, ich bin doch nur 2 Wochen auf der Intensivstation und werde danach erstmal sehr lange nichts mehr damit zu tun haben. Und Anästhesie will ich sowieso nicht machen, daher kommt erstmal kein Buch in Frage. :-D Aber danke erstmal für die Erklärungen.

Sackbauer
17.11.2006, 19:33
Relevant zu erwaehnen waer, dass noch niemand gezeigt hat, dass irgend ein spezielles Beatmungsverfahren das beste sei, bzw. besser sei, als ein anderes.

Relaxometrie
17.11.2006, 19:37
@Schädelspalter
Mit einer gewissen Portion Neid :-wow , aber vorallem mit Anerkennung Deines Wissens, muß ich jetzt mal neugierig fragen, woher Du so viel Ahnung von den Beatmungsformen hast.
Ich muß zugeben, daß mir das Thema nicht gerade leicht gefallen ist, und ich bei kurzen Ausflügen auf die Intensivstation immer wieder feststelle, daß ich auf dem Gebiet der Beatmung noch unsicher bin.

Relaxometrie
17.11.2006, 19:39
Relevant zu erwaehnen waer, dass noch niemand gezeigt hat, dass irgend ein spezielles Beatmungsverfahren das beste sei, bzw. besser sei, als ein anderes.
Das war das Verwirrende am Anfang des Anästhesietertials: jeder Anästhesist hat einem die Dinge anders erklärt. Irgendwann versteht man dann, daß es einfach unterschiedliche Wege gibt, von denen nicht unbedingt einer besser oder schlechter sein muß. Solange man seine Art der Narkose/ Beatmung durchdacht hat und begründen kann, ist es ok.

Schädelspalter
17.11.2006, 21:01
Solange man seine Art der Narkose/ Beatmung durchdacht hat und begründen kann, ist es ok.

Wobei manchmal auch Bequemlichkeit (jaja, die anästhesisten) die Beatmungsform bestimmt.
Neuere Narkosegeräte bieten auch eine Art BIPAP (z.B. bei Dräger heißt dieses PCV), hat den Nachteil, dass man je nach Lungencompliance unterschiedliche Volumen hat. Daher wählen einige Anästhesisten lieber gleich IPPV, wenn z.B. eine Laparoskopie (Luftinsufflation - Pneumoperitoneum - Zwerchfellhochstand - verringerte TK - steigende Compliance) ansteht, um nicht nach CO2-Füllung die Druckniveaus nachregulieren zu müssen :-top



Relevant zu erwaehnen waer, dass noch niemand gezeigt hat, dass irgend ein spezielles Beatmungsverfahren das beste sei, bzw. besser sei, als ein anderes.

wie in der Anästhesie auch kann man auch in der Intensivmedizin verschiedene Wege nutzen, wobei halt auch eben die vorhandenen Geräte die Auswahl des Verfahrens beeinflussen.
Die heutige Prozessortechnik mit immer schneller messenden Regelkreisen und schnellerer Reaktion auf den Patienten führt aber immer mehr zu Beatmungsformen, die eine größtmögliche "Mitarbeit" des Patienten zulassen (sofern die Grunderkrankung dieses zulässt), und so ein schnelleres Weaning ermöglichen, meistens sind diese Verfahren halt druckorientiert.
Interessant dazu vielleicht auch:
http://www.draeger.com/MT/internet/pdf/CareAreas/CriticalCare/cc_evolution_ventilation_book_de_9097424.pdf

und
http://www.draeger-medical.de/MT/internet/pdf/CareAreas/CriticalCare/cc_bipap_book_de_8413529.pdf

Froschkönig
21.11.2006, 17:09
Relevant zu erwaehnen waer, dass noch niemand gezeigt hat, dass irgend ein spezielles Beatmungsverfahren das beste sei, bzw. besser sei, als ein anderes.
Naja, ganz so ist es ja nun auch wieder nicht. Die volumenkontrollierte drucklimitierte Beatmung wird heute weitestgehend als "out" angesehen, die Gründe und Überlegungen hierzu sprengen aber grad meinen zeitlichen Rahmen, auch hier würde ich auf oben bereits zitiertes Buch verweisen. Der einzige "Vorteil" den Volumenkontrollierte beatmung mit sich bringt, ist wie bereits erwähnt, daß ein anästhesist intraoperativ nicht dauern auf irgendwelche Complianceänderungen reagieren muß...spätestens bei einer Langzeitbeatmung wird man jedoch immer druckkontrollierte Beatmung mit eher höherer Frequenz und niedrigeren Tidalvolumina (um die 6ml/Kh/KG) wählen, weil das am schonendsten für die Lunge ist.

Grüße,
Der Frosch

Skalpella
21.11.2006, 17:41
Wobei manchmal auch Bequemlichkeit (jaja, die anästhesisten) die Beatmungsform bestimmt.
Neuere Narkosegeräte bieten auch eine Art BIPAP (z.B. bei Dräger heißt dieses PCV), hat den Nachteil, dass man je nach Lungencompliance unterschiedliche Volumen hat. Daher wählen einige Anästhesisten lieber gleich IPPV, wenn z.B. eine Laparoskopie (Luftinsufflation - Pneumoperitoneum - Zwerchfellhochstand - verringerte TK - steigende Compliance) ansteht, um nicht nach CO2-Füllung die Druckniveaus nachregulieren zu müssen :-top

Wobei das nicht unbedingt nur der Bequemlichkeit des Anästhesisten dient, sondern auch der Sicherheit des Patienten. Weil eine normale Narkose bei einem gesunden Patienten durchaus volumenkontrolliert stattfinden kann. Und da ist es halt einfach sicherer, wenn der Patient das gewünschte AMV auch erhält, als wenn man da ständig nachkontrollieren muss. :-top
Viele Grüße
Diana

ramirez
21.11.2006, 17:45
Wobei das nicht unbedingt nur der Bequemlichkeit des Anästhesisten dient, sondern auch der Sicherheit des Patienten. Weil eine normale Narkose bei einem gesunden Patienten durchaus volumenkontrolliert stattfinden kann. Und da ist es halt einfach sicherer, wenn der Patient das gewünschte AMV auch erhält, als wenn man da ständig nachkontrollieren muss. :-top
Viele Grüße
Diana

[klugscheißermodus]

Dafür sollten eigentlich die Alarmgrenzen am Gerät sinnvoll eingestellt sein...

[/klugscheißermodus]

PhineasGage
21.11.2006, 20:22
Offtopic:
Hab gestern mal wieder nen Bericht gesehen, dass Helios gerne für 3 Patienten zeitgleich nur noch einen Anästhesisten einsetzen möchte -Kostengründeblabla.
Danach kam ein böser Kommentar vom lieben Herrn van Aken - richtig geiler Akzent, den der Mann da mit sich rumträgt

Froschkönig
21.11.2006, 21:12
Wobei das nicht unbedingt nur der Bequemlichkeit des Anästhesisten dient, sondern auch der Sicherheit des Patienten. Weil eine normale Narkose bei einem gesunden Patienten durchaus volumenkontrolliert stattfinden kann. Und da ist es halt einfach sicherer, wenn der Patient das gewünschte AMV auch erhält, als wenn man da ständig nachkontrollieren muss. :-top
Viele Grüße
Diana
Solange ein Anästhesist für den Patienten verantwortlich ist, sollte die Frage der Sicherheit nicht am Beatmungsmodus festgemacht werden...es sei denn der betreffende Anästhesist ist eingeschlafen ;-) Und die Existenz von Alarmgrenzen wurde ja bereits angesprochen *g*

Skalpella
21.11.2006, 21:19
Schon gut, schon gut, das Einzige, was ich sagen wollte, war, dass es nicht unbedingt Faulheit bedeutet, wenn man eine Lap-Skopie volumenkontrlliert fährt :-angel

Evil
22.11.2006, 18:07
Abgesehen davon erfordert es aber schon ein paar Tricks, mit einem Cato oder Datex eine gute PCV hinzubekommen... vom guten alten Trajan oder Sulla mal ganz abgesehen ;-)

Man kann auch nur das nutzen, was da ist...

SarahT.
17.08.2011, 22:58
Äh, vielleicht ist das 'ne blöde Frage, aber wenn bei CPAP kontinuierlich ein positiver Druck in den Luftwegen und der Lunge herrscht, wie kommt dann die Luft von außen in den Körper? Ich dachte, unsere Atmung funktioniert nach dem Prinzip einer Saug-Druck-Pumpe, d.h. wir erzeugen durch Zwerchfellkontraktion und Vergrößerung des Thoraxvolumens einen Unterdruck gegenüber dem uns umgebenden Atmosphärendruck. Wie soll dieser "Sog" entstehen, wenn in meinen Luftwegen kontinuierlich ein Druck herrscht, der größer ist als der Umgebungsluftdruck?