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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Therapie Retinaler Gefäßverschlüsse



PhineasGage
16.11.2006, 23:07
Hallo,
habe mal eine Frage zur Therapie und Sekundärprophylaxe retinaler Gefäßverschlüße arterieller und venöser Art.
Ich wundere mich immer noch etwas, dass es anscheinend kaum ausgereifte Konzepte für die Therapie gibt.
Was nützt neben Hämodilution und evtl. Heparinisierung noch (außer Hypertonie-Einstellung und den anderen üblichen Verdächtigen)?!
Warum stellt man Patienten nicht langfristig z.B. auf Marcumar ein (anstelle nur Aspirin)?
Bringt es bei einem akuten Verschluss etwas, als Niedergelassener Hausarzt bzw. Notarzt, den Patienten neben schneller Facharztzuweisung bei recht eindeutiger Anamnese zu heparinisieren ( z.B. 5000 IE Heparin), ähnlich wie man Akute Coronarsyndrome behandelt?! Gibts da irgendwelche gute Studien dazu?!
Gut, das waren vermutlich erst mal genug wirre Fragen aus meinem Kopf, irgendwie waren die Antworten aus meinem heutigen Augenpraktikum für mich nicht hinreichend beantwortet.
Phineas/ Thomas ,der dank weitgestellter Pupille immer noch nicht richtig lernen kann :-)) :-))

Feuerblick
17.11.2006, 07:55
Was nützt neben Hämodilution und evtl. Heparinisierung noch (außer Hypertonie-Einstellung und den anderen üblichen Verdächtigen)?! Realistisch gesehen wenig bis gar nichts, was die Visusverbesserung bzw. die Gesichtsfeldwiederherstellung angeht. Das sollte man seinen Patienten allerdings auch genau so mitteilen, denn viele hoffen ja doch auf ein Wunder.

Warum stellt man Patienten nicht langfristig z.B. auf Marcumar ein (anstelle nur Aspirin)? Weil man anscheinend der Meinung ist, dass Marcumar in Relation zu seinem Nutzen zuviele Risiken birgt. Sind ja doch häufig ältere Menschen, die sich mit Verschlüssen rumplagen und einer 80jährigen Oma, die häufiger mal hinfällt, Marcumar zu geben "nur" wegen der Augen (wenn alle anderen Risikofaktoren, die Marcumar nötig machen, ausgeschlossen sind selbstverständlich), das trauen sich nicht mal die Internisten. War nämlich auch meine Idee, wäre aber (laut internistischem Anpfiff) "off label"-Use und würde daher nicht gemacht.

Bringt es bei einem akuten Verschluss etwas, als Niedergelassener Hausarzt bzw. Notarzt, den Patienten neben schneller Facharztzuweisung bei recht eindeutiger Anamnese zu heparinisieren ( z.B. 5000 IE Heparin), ähnlich wie man Akute Coronarsyndrome behandelt?! Gibts da irgendwelche gute Studien dazu?! Es gibt eine Lysemöglichkeit in einem gewissen Zeitfenster. Problem dabei ist, dass man nur seeehr selten einen Patienten in eben jenem Zeitfenster auch zu Gesicht bekommt. Die meisten warten ein paar Tage ab, ob sich das Sehen nicht von selbst wieder bessert und gehen DANN erst zum Arzt.... Dazu kommt noch, dass die meisten der alten Leutchen selbst wenn sie im Zeitfenster lägen, diverse Ausschlusskriterien für eine Lyse aufzuweisen haben. Ergo: Kommt selten vor...
Insgesamt sind Gefäßverschlüsse dieser Art absolut unbefriedigend für beide Seiten. Wir wissen, dass die Therapie wenig bis gar nichts bringt, der Patient hofft auf Wunder und wird enttäuscht. Frag mich bitte nicht, wer immer noch der Meinung ist, dass man aus rein rechtlichen Gründen irgendetwas tun müsse außer der internistischen Abklärung und Ausmerzung der Risikofaktoren... :-nix
Funkel, die sich schon auf morgen freut... ist nämlich gerade wieder Verschlusswetter hier in der Gegend...

Muriel
17.11.2006, 19:13
Der eigentliche Grund, warum überall in Deutschland Patienten mit Verschlüssen stationär zur Hämodilution aufgenommen werden, hat genau einen Grund und der ist nicht medizinischer Natur: Irgendwann hat ein Patient, der einen venösen Verschluss hatte, mal geklagt, weil er eben NICHT aufgenommen wurde und hat Recht bekommen. Tja, das alles macht man also nur aus forensischen Gründen. Wir nehmen die Patienten also auf, lassen Haes und Ringer in sie rein und Blut in rauen Mengen aus ihnen heruaslaufen, bis der HKT unter 40% ist, dann werden sie entlassen, und zwei Tage später ist er eh wieder bei 44%. Schwachsinn also.
Das Wichtigste ist die Diagnostik (24h-RR/-EKG, Gerinnugsdiagnostik, bei arteriellen Verschlüssen TEE, Carotisdoppler). Gerade bei jungen Patienten muss eine Gerinnungsstörung ausgeschlossen werden.
Das Problem an venösen Verschlüssen sind zudem die Folgeerscheinungen: retinale Ischämien, die zu Ödemen und Neovaskularisationen u.U. mit Sekundärglaukom führen können. Daher müssen die Patienten darüber aufgeklärt werden, dass die Visusprognose eher infaust ist und das regelmäßige Nachsorgen mit Angiographien essentiell sind.
Insgesamt ein eher unschönes Krankheitsbild. Die arteriellen Verschlüsse haben zumindest öfters mal die Tendenz zu rekanalisieren, da sieht es dann schon anders aus.