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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Oldie will Lebenstraum verwirklichen! Sinnvoll? Chancen?



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Dr. Geiger
21.11.2006, 14:42
Hallo zusammen,

ich poste bewusst im Assistenten-Forum weil es mir um Eure Erfahrung aus dem KH-Alltag und Medizinerleben geht (bin aber auch für alle anderen Beiträge dankbar!!!)!

Ich plane mit 30 (!) das Med.-Studium zu beginnen. Habe auch schon sämtliche Oldie-Foren und -threads hier und anderswo gelesen und auch reichlich gegoogelt. Bin also schon etwas auf dem laufenden. Jetzt würde ich gerne mal ein paar Meinungen für meinen konkreten Fall lesen.

Hintergrund:

Ich war so schlau mit 18 zum Bund zu gehen :-nix , Offizierlaufbahn, 12 Jahre Verpflichtungszeit. Das war 1998. Schon damals wollte ich eigentlich Med. studieren hatte aber "nur" ne 2,2 im Abi und eine kleine Matheschwäche, sodass ich das verworfen habe.

Seit diesem Tag sitzt der Stachel tief in mir. Keine KH-Serie bei der ich nicht ein Zwicken verspüre, kein TV-Bericht. In den medizinischen Abteilungen von Bibliotheken oder Buchläden bleibe ich immer kurz hängen usw. Und wenn mich einer fragt was ich mit einer Million Euro machen würde, dann ist die Antwort immer: Medizin studieren. Ach man...

Nun war ich damals sehr faul, hab das Abi quasi ohne Lernen gemacht, mit. m.E. noch viel Luft nach oben. Habe dann beim Bund Erziehungswissenschaft, Beratungspsychologie, Soziologie und Geschichte studiert. Diplomnote 1,3 weil irgendwann mein Ehrgeiz und damit mein Fleiß erwacht ist. Diese Note öffnet mir bei der ZVS Tür und Tor für ein Zweitstudium. Derzeit sitze ich an meiner Promotion zum Dr. phil. (bis Ende 2008 abgeschlossen) und der Stachel wächst wieder. Ich bin hier beim Bund schon am abkotzen und kriege langsam das Gefühl, mein Leben wegzuwerfen. Nach der Dienstzeit muss es also krachen!

Also sag ich mir, wenn in 3,5 Jahren der Bund (endlich) vorbei ist, warum dann nicht Medizin studieren? Schaffen würd ich das wohl??? Hatte immerhin Bio (12 Punkte), Physik (08 Punkte) Leistungskurs und Chemie (damals eher nicht mein Ding) bis zur 11. Klasse. Und meine Motivation ist (vorsichtig ausgedrückt) gigantisch. Würde mich auch in den 3,5 Jahren mordsmäßig vorbereiten ABER:

Macht das überhaupt noch Sinn in dem Alter? Ich möchte auch gut sein in dem Job und irgendwann (wieder) Geld verdienen! Jetzt fange ich mit 30 an, Examen mit 36. Facharztausbildung bis 42. Und dann? Noch Chancen auf Oberarzt mit dem Lebenslauf? Der Punkt ist mir wichtig. Auch klar, dass ich nicht Chefarzt in der Charitee werde aber OA in einem kleinen KKH oder so muss(!) schon drin sein. Schließlich ist das die einzige Chance wenigstens etwas Geld zu verdienen. Was sagt Eure Erfahrung dazu? Geht das? Ist das extra-schwer? In welchem Alter wird man denn OA (etwa).?

Eigentlich würde ich gar nicht überlegen sondern einfach loslegen. Aber ich muss dann in der wichtigen Phase von 30-40 hohe materielle Belastungen und finanzielle Einbußen hinnehmen. Wäre auch noch kein Problem aber ich will das meiner Frau nicht zumuten, die sich nun auch endlich mal Kinder und Haus etc. wünscht (ich auch, wann denn sonst?). Wenn ich es also durchziehe, muss auch ne' Perspektive da sein. Daher die OA-Bessesenheit. Nun weiß ich wohl um die schlechten Zustände im dt. Gesundheitssystem (Arbeitszeiten, schlechte Bezahlung, Arbeitsklima etc.) aber damit kann ich schon leben - ich will einfach nur Azt sein - aber eben auch irgendwann zumindest davon leben können!

Bitte haut in die Tasten und schreibt mal was ihr dazu denkt. Ihr würdet mir sehr helfen...

Liebe Grüße

Doktor_No
21.11.2006, 15:00
wenn du, wie du sagst, "einfach nur arzt sein " willst, kommst du mit den bedingungen im beruf ja auf jeden fall zurecht. klar bist du ziemlich alt wenn es denn mal in richtung arzt geht, aber anfang 40 ist ja noch nicht soooooo senioral.
reich wirst du niemals werden in der klassischen laufbahn, chef sicher auch nicht, aber oa in einem kleinen haus sollte doch drin sein.

M. Cremaster
21.11.2006, 15:11
Also sag ich mir, wenn in 3,5 Jahren der Bund (endlich) vorbei ist, warum dann nicht Medizin studieren?

Mal ne blöde Frage von einem Ex-Zivi was würde es denn kosten wenn du deine BW-Verpflichtung vorzeitig beendest und sofort anfängst? In 3 1/2 Jahren kann viel passieren wer weiss wie das weitergeht mit den Quoten für 2.Studienbewerber

Dann müsstest du dir vom alter her auch wirklich keine Gedanken machen.

eatpigsbarf
21.11.2006, 15:18
Ich finde, wenn man etwas wirklich will, und für sich eine Möglichkeit sieht, dies wahrwerden zu lassen, dann warum nicht tun? Ganz banal gesagt, man lebt nur einmal, und wenn es über 70 Jährige gibt, die noch einen Uniabschluß in irgendwas bekommen, weil sie sich so dafür interesieren, warum soll man es nicht schaffen? Es liegt ja schließlich nicht am Alter, wie man lernt, sondern am Interesse. Denn das Gehirn ist schon so flexibel, nach einer gewissen Warmlaufphase sich wieder Massen an Wissen anzueignen. Und wenn das Interesse an einem Fach da ist, dann hat man auch die nötige Motivation, wieder mit dem Lernen anzufangen.
Und wenn man während des Studiums merkt, dass es eben doch nicht das Richtige ist, dann hört man auf (klar, ist keine "nur mal so"-Entscheidung, aber es liegt eben alles an einem selbst).
Ich habe eine Bekannte, die knapp 40 war, als sie mit dem Studium angefangen hat, und die macht heute fröhlich ihren Facharzt in der Inneren an einer Uniklinik. Warum auch nicht?! Hab auch Oberärzte, die erst mit Ende 20 mit dem Studium angefangen haben und heute an städtischen KHs und Unikliniken ihrem OA-Dasein und teilweise auch der Karriere nachgehen, weil sie vorher erst KFZ-Mechaniker waren oder Goldschmied gelernt haben (kenne 4 von der Sorte). Am Alter liegt´s wirklich nicht. Man muß eben seinen inneren Schweinehund überwinden, in "dem Alter" noch was ganz anderes zu machen, was wohl mit das schwierigste ist, grad wenn nach einer langen Lernpause das Gehirn noch sehr "kalt und faul" ist.

Dr. Geiger
21.11.2006, 15:29
@ Dr. No:

Oa in einem kleinen Haus? Juhu da wäre ich schon seelig...

@ eatpigsbarf

Vielen Dank, das baut auf (warum brauchen wir Menschen immer diese Bestätigung? ;-) )


Mal ne blöde Frage von einem Ex-Zivi was würde es denn kosten wenn du deine BW-Verpflichtung vorzeitig beendest und sofort anfängst?

Glaub' mir, ich würde es sofort tun. Aber das ist 1. nahezu unmöglich und außerdem würde ich 2. die finanziellen Wiedereingliederungshilfen in das Zivilleben verlieren und die brauche ich leider dringend um das Studium überhaupt finanzieren zu können. Verdammter Teufelskreis!



In 3 1/2 Jahren kann viel passieren wer weiss wie das weitergeht mit den Quoten für 2.Studienbewerber.

Ja, davor habe ich auch Angst - es wird einfach nicht einfacher...

Was sagt Ihr anderen zum Thema???

Ulle
21.11.2006, 16:05
Hallo Dr. Geiger,

Ich befinde mich auch gerade im Zweitstudiengang Medizin - vorher allerdings im Gegensatz zu Dir Molekular- und Zellbiologie studiert. Ich konnte mich schon während der Schulzeit nicht entscheiden, ob ich später lieber forschen oder als Arzt praktizieren möchte und mich dann irgendwann entschieden, einfach beides zu machen. Bisher stehe ich noch zu dieser Entscheidung, wobei es schon hart ist, von Jobs und Eltern abhängig zu sein, während alle um mich herum endlich Geld verdienen - das hatte ich mir leichter vorgestellt.

Dieser Punkt könnte bei Dir noch schlimmer ausfallen, immerhin hast Du ja schon über lange Jahre viel Geld nach Hause gebracht. Was aber Deine Zukunftsaussichten angeht, würde ich das ganze positiver sehen. Schwierig wird es mit dem OA, wenn man Mitte 30 das Studium beendet, vorher aber nichts geleistet hat. Wenn man bis 23 braucht, um sein Abitur zu bekommen und dann nochmal 12 Jahre studiert, dann wird man im Normalfall nicht gerade zu den Oberleuchten seines Faches gehören (im Normalfall, alles ist möglich).

In Deinem Fall denk ich aber, dass man ganz gut nachvollziehen kann, dass Du auch in dieser Zeit eine Menge geleistet hast - Teilfach Beratungspsychologie im Studium? Klingt nach etwas, was man im Arztberuf sehr gut gebrauchen kann. Manche Leute denken auch immer noch, dass man als Offizier der Bundeswehr eine Führungspersönlichkeit ist - dem kann ich mich aus meiner Erfahrung nicht gerade anschließen, aber ich bin ja auch nicht der Personalchef, bei dem Du Dich später bewerben wirst. Ein Dr. phil.? Wenn alle um Dich herum Dr. med. sind, dann fällt man mit zwei Titeln richtig auf. All dies kann natürlich keine Garantie sein, dass Du es wirklich zum OA schafftst (und wieso eigentlich nicht Chef der Charite?), aber wenn Du auf dem gleichen medizinischen Level wie andere stehst, dann ist Deine frühe Erstkarriere für mich ein Punkt, der für Dich spricht.

Als ich während meiner Diplomarbeit in meiner Arbeitsgruppe hab anklingen lassen, dass ich nicht direkt mit einer Promotion weitermachen werde, sondern gerne noch Medizin studieren wolle, musste ich mir auch anhören, dass ich danach für eine Karriere in der Forschung zu alt wäre und ich dann besser gleich Medizin studiert hätte - andere behaupten, ich könne nach meinem Medizinstudium alles machen. Man wird sehen. Endgültige Weissheiten oder gar Sicherheiten wird Dir niemand bieten können, schließlich hat jeder nur das eine Leben, um Erfahrungen zu sammeln. Nur Mut.

agapi
21.11.2006, 16:19
Hallo,

habe gerade Examen gemacht und bin auch 35 + 7 Monate. Habe eine gute Note im Examen & sofort eine Stelle gefunden. Habe mich auch erst spät dazu entschlossen aber es nie bereut. Natürlich tut man sich gerade am Anfang etwas schwerer mit dem Lernen an sich, aber mit Lebenserfahrung kann man einiges wett machen. Eine Kommilitonin, die auch gerade Examen gemacht hat, ist sogar 42.

Um gut in deinem Beruf zu sein musst du nicht Ober- oder Chefarzt werden. Mir ist es wichtig, meine Patienten bestmöglich zu versorgen und nicht Karriere zu machen.

Wieviel Geld willst du denn haben? Ich kann das langsam nicht mehr hören. Es gibt vielle Familien mit 4 und mehr Personen, die mit 1000 Euro im Monat klar kommen müssen. Der Unterschied zwischen Facharzt und Oberarzt macht nicht mehr so viel aus. So wie es im Moment aus sieht, ist es nicht so schwer eine OA-Stelle zu kriegen. Die Aussichten in 12 Jahren kann aber keiner wagen. Mir hat man damals vom Studium abgeraten, wegen Ärzteüberschuss! Und wie ist es jetzt? Ärztemangel überall!

Ich denke, dass sollte gerade bei den "Oldies" an erster Stelle stehen.

Giant0777
21.11.2006, 16:57
@Dr.Geiger:
Ich kann Dir aus der Perspektive berichten, dem es genauso wie Dir erging
( ok, ich habe BWL studiert :-)) ). Ansonsten fast alles identisch, meine Verpflichtungszeit ist aber schon seit Mitte diesen Jahres vorüber.

Ich habe mir auch viele Gedanken über den Punkt des Alters gemacht ( auch wenn ich 30 für nicht "oldie" halte ), vor allem was noch für ein 2.Studium spricht, bzw. Arbeitsweg:
-12 Jahre im Beruf gewesen begründen sehr wohl einen 2. Einstieg erst mit Mitte 30.
-deutliche mehr Kompetenzen im Bereich von Mitarbeiterführung und persönlichem Auftreten
-nette Möglichkeiten der Förderung vom alten Arbeitgeber ( BFD ) - Du wirst es lieben und schätzen lernen!

Usw...

Das Du noch ein wenig brauchst, um mit dem Studium zu beginnen, ist nunmal so - kann Dir keiner abnehmen.
Ich habe meine letzten 2 Jahre damit verbracht, einfach mal ein wenig zu geniessen und nicht immer 100 % zu fahren.

Und ich bin froh, dass ich heute studiere !!!

Grüsse, Giant

Dr. Geiger
21.11.2006, 18:27
Teilfach Beratungspsychologie im Studium? Klingt nach etwas, was man im Arztberuf sehr gut gebrauchen kann.

Ja, sowas habe ich auch schon gehofft...


Manche Leute denken auch immer noch, dass man als Offizier der Bundeswehr eine Führungspersönlichkeit ist - dem kann ich mich aus meiner Erfahrung nicht gerade anschließen,
:-)) Die Erfahrung würde mich interessieren :-)) (PN?)



Wieviel Geld willst du denn haben? Ich kann das langsam nicht mehr hören. Es gibt vielle Familien mit 4 und mehr Personen, die mit 1000 Euro im Monat klar kommen müssen.

Richtig, aber wenn ich Jahre lang studiert, promoviert und gearbeitet habe, dann will ich meinen Kindern auch ein Studium und meiner Frau mal ne schöne Reise bezahlen können. Mehr solls doch gar nicht sein. Also so 2.000 netto als Perspektive sollten schon drin sein oder nicht? Das ist ein doofes Thema -ich weiß. Mir ist der Beruf wesentlich wichtiger als die Kohle! Aber ein bischen mehr gehört nunmal zum Leben dazu... ;-)



Ich kann Dir aus der Perspektive berichten, dem es genauso wie Dir erging
[...] meine Verpflichtungszeit ist aber schon seit Mitte diesen Jahres vorüber.

:-party

----

Vielen Dank für die ausführlichen Antworten! Hätte nicht gedacht, dass es sowas komisches wie mich oder zumindest sowas ähnliches nochmal gibt :-) Meine Laune hebt sich - ist immer so, wenn irgendwas pro-medizin-studium passiert!!!

Was sagt Ihr anderen?

test
21.11.2006, 18:30
Zu deiner Gehaltsfrage: 2000 netto verdienst du schon als alleinstehender Assistent im 1.Jahr mit 1-2 Diensten im Monat.

okulix
21.11.2006, 19:15
Wieviel Geld willst du denn haben? Ich kann das langsam nicht mehr hören. Es gibt vielle Familien mit 4 und mehr Personen, die mit 1000 Euro im Monat klar kommen müssen.Mich nervt vor allem, dass in den Diskussionen über das Geld so oft falsche Zahlen angegeben werden.

Ich kenne mich mit ALG-II nicht aus, aber laut dieser Quelle (http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitslosengeld_II) hätte ein ALG-II-berechtigtes Paar mit zwei Kindern - je nach Alter der Kinder- monatlich Anspruch auf 870 bis 1174 Euro (netto). Dazu käme noch ein Anspruch auf Ersatz der Warmmiete. In Berlin sollen das z. B. bis zu 619 Euro sein. Diese Familie hätte also im Monat Anspruch auf ca. 1800 Euro netto.

schmittrich
21.11.2006, 20:19
Willkommen im Club! Habe mit 33 angefangen, bin jetzt im 5. Semester.
Mir ging es ähnlich wie Dir. In meinem jetzigen Beruf, so bin ich mir mittlerweile sicher, möchte ich auf keinen Fall alt werden. Und Medizin wollte ich schon immer studieren, erst recht nachdem ich Zivi im KH war und dadurch sogar mal "reingeschnuppert" hatte. Aber mir fehlte damals leider der Mut und die Kraft. Heute, nach 4 Semestern Vorklinik weiß ich wieder was mich damals abgeschreckt hatte. Der Lernaufwand ist echt immens, unterschätze das mal nicht. Wobei Du ja sozusagen nicht ins kalte Wasser springst, bist ja denke ich noch einigermaßen "warmgelaufen" durch Dein Studium bzw. Dissertation. Ich für mich habe festgestellt, dass man mit zunehmendem Alter einer gewissen "Reizüberflutung" ausgesetzt ist, die einen davon abhält, konzentriert bei einer Sache zu bleiben. Ich musste anfangs erstmal diverse Zeitschriften- und Zeitungsabos kündigen und auch der Fernseher war bei mir schon seit Monaten nicht mehr an. Internet ist schon Reizüberflutung genug. Wenn Du dann noch Kinder hast, sieht die Sache wieder anders aus (mein Sohn kam vor einem Jahr auf die Welt -- unser "Finanzplan" wurde hierdurch auf eine harte Probe gestellt, doch auch das geht, so wie alles, wenn nur der Wille da ist). Ich kann Dir nur raten: da Du noch ein paar Jahre bis Studienbeginn vor Dir hast: wunderbar, das hätte ich mir auch gewünscht. Da kannst Du Dir in aller Ruhe die Basics reinziehen, die Du fürs Physikum brauchst und dann die Vorklinik sozusagen im Spazierengehen "genießen".

Was Deine Frage nach den Zukunftsaussichten angeht: Nun, zum einen solltest Dir drüber im Klaren sein, dass Ärzte hierzulande mittlerweile zu den "Deppen der Nation" gehören. Die Liebe zum Fach und vor allem der Drang für andere Menschen da zu sein, sollte schon vorhanden sein, denn um des Ansehens oder gar des Geldes willen Medizin -- das war (vielleicht) vor 20 Jahren mal so. Aber ich denke das ist Dir klar. Die gleiche Frage nach den Zukunftsaussichten habe ich übrigens vor ein paar Monaten mal ins Forum bei facharzt.de gepostet und da erhielt ich ein paar aufschlussreiche Antworten von Medizinern, die mitten im Berufsleben stehen. Insgesamt war der Tenor positiv und die meisten haben mich dazu ermutigt, weiterzumachen. Da jedoch an unserem Gesundheitswesen derzeit gewaltig reformiert wird, ist der Blick in die Zukunft mehr als unsicher. Es kann gut sein, dass es hier in ein paar Jahren nur noch eine staatlich finanzierte Grundversorgung gibt (wie heute schon in England), und alles was darüber hinaus geht, zahlt der Patient selbst. Das muss jedoch nicht heißen, dass künftig das große "Praxissterben" losgeht, schließlich ist es die Generation, welche jetzt gerade das Rentenalter erreicht, die unser künftiges Klientel stellt -- und finanziell steht diese ja wohl so gut wie keine andere da. Außerdem gehört es zum Leben, dass sich jeder bis ganz zum Schluss mit aller Macht dran klammert.

Naja, ich würde mir an Deiner Stelle nicht so viele Gedanken machen und einfach "machen". Wenn es Dein Herzenswunsch ist, sowieso. Erfolg kommt daher, dass man etwas mit Liebe macht und sich in der Sache für andere aufopfert, aber vor allem dass man konsequent am Ball bleibt, auch wenn sich einem Hindernisse in den Weg stellen. Alles weitere ergibt sich dann von selbst. Ich wünsche Dir viel Mut bei Deiner Entscheidung, die sicherlich keine leichte ist.

agapi
21.11.2006, 20:34
Mich nervt vor allem, dass in den Diskussionen über das Geld so oft falsche Zahlen angegeben werden.

Ich kenne mich mit ALG-II nicht aus, aber laut dieser Quelle (http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitslosengeld_II) hätte ein ALG-II-berechtigtes Paar mit zwei Kindern - je nach Alter der Kinder- monatlich Anspruch auf 870 bis 1174 Euro (netto). Dazu käme noch ein Anspruch auf Ersatz der Warmmiete. In Berlin sollen das z. B. bis zu 619 Euro sein. Diese Familie hätte also im Monat Anspruch auf ca. 1800 Euro netto.


Ich kenne die ALG-II, hab nämlich selber mal welche bezogen. Die Miete habe ich bei den 1000 Euro weggelassen, da die rein wie raus gehen. Sie haben 1000 Euro zum leben, das heißt für Strom, evtll. Auto (Steuer, Versicherung, Benzin; Auto ist nötig für Arbeitsfindung), Lebensmittel, Kleidung (vor allem Kinder wachsen noch und brauchen meist alle 6 Monate was Neues), Schulbücher, Schulausflüge, Gebühren bei verschiedenen Ämtern usw. 1000 Euro für 4 Personen pro Monat macht 8,33 Euro pro Person pro Tag! Wieviel gibst du denn so bei McDoof o.ä. aus? Und manche Familien haben tatsächlich nur die 870 Euro im Monat, das macht 7,25 Euro pro Tag! Und was machst du, wenn die Waschmaschine kaputtgeht? Wasch mal für 2 Kinder und 2 Erwachsene täglich mit der Hand!

Und dann gibt es natürlich noch die, die kein Hartz IV beziehen, sondern arbeiten gehen. Wieviel Geld glaubst du hat ein Müllmann für sich und seine Familie pro Monat zur Verfügung? Der hat unter Umständen sogar noch weniger als der Hartz-IV-Empfänger!

okulix
21.11.2006, 21:02
Ich wollte mit meinem Beitrag keine Diskussion darüber auslösen,ob die Höhe der ALG-II-Beträge angemessen ist oder nicht. Das hat mit dem Thema dieses Threads nichts zu tun, und ich könnte es auch nicht beurteilen.

Dass jemand trotz Arbeit weniger Geld zur Verfügung hat als ein ALG-II-Empfäger, ist IMHO eine Sauerei. Allerdings hat man dann, soweit ich weiß,Anspruch auch ergänzende Leistungen des Staats.

Es ist allerdings auch nicht in Ordnung, bei Vergleichen zwischen ALG-II-Empfängern und Berufstätigen bei den ALG-II-Empfängern den Anspruch auf Erstattung von Miete und Heizungskosten nicht zu nennen, denn beim Berufstätigen gehen diese Kosten noch vom Nettolohn weg. Da werden Äpfel und Birnen verglichen. Darauf wollte ich mit meinem Beitrag hinweisen. Mehr nicht.
Gruß, okulix :peace:

Edit: Sorry, etwas off topic, aber ich kanns mir nicht verkneifen:

Wieviel gibst du denn so bei McDoof o.ä. aus? Ich habe noch nie bei McDoof oder Ähnlichem gegessen (bin Beinahe-Vegetarier).

Es dürfte für eine Familie sowieso besser sein, selbst zu kochen, als bei McDoof & Co. Hamburger zu essen und Coke zu trinken. Das ist billiger und vor allem gesünder.;-)


Nachtrag vom 22.11.2006:



..laut dieser Quelle [Wikipedia] hätte ein ALG-II-berechtigtes Paar mit zwei Kindern - je nach Alter der Kinder- monatlich Anspruch auf 870 bis 1174 Euro (netto). Dazu käme noch ein Anspruch auf Ersatz der Warmmiete.

Und manche Familien haben tatsächlich nur die 870 Euro im Monat Die 870 Euro scheinen nicht zu stimmnen. Die hatte ich durch eine missverständliche Angabe bei Wikipedia errechnet.
Laut Arbeitsagentur sollten die Regelleistungen für ein Paar mit zwei Kindern mindestens 1039 Euro plus Warmmiete betragen.

Sackbauer
21.11.2006, 21:20
Schau dir mal das an:

http://www.wsh.nhs.uk/CGC/default.htm

Ich arbeit in dem Haus und hab tagtaeglich mit diesen Studenten zu tun, bzw. hab sie waehrend ihrer klinischen Praktikas zu unterrichten. Die meisten von denen sind >28, manche auch um einiges aelter (z.B. 40). Die sind alle extrem motiviert (manchmal etwas zu motiviert ;) ), und ich sehe keinen Grund, warum die nicht gute Aerzte werden.

Alter allein ist kein Grund, du musst halt beweisen koennen, das du was auf dem Kasten hast. Ein abgeschlossenes Studium und ein PhD ist mE Beweis genug. Scheiss auf's deutsche Gesundheitssystem mit allen ihren Suderanten, ich verdien hier im 2. Jahr 4.000 EUR netto pro Monat, hab vernuenftige Arbeitszeiten und exzellente Karrierechancen. Wenn du den Sprung auf die Insel nicht scheust (haengt halt davon ab, was deine Frau tut), dann ist das mE sicher net Option fuer dich.

okulix
22.11.2006, 00:24
Wieviel Geld willst du denn haben? Ich kann das langsam nicht mehr hören. Es gibt vielle Familien mit 4 und mehr Personen, die mit 1000 Euro im Monat klar kommen müssen.

Die Miete habe ich bei den 1000 Euro weggelassen, da die rein wie raus gehen. So, nun habe ich wegen der ALG-II-Regelsätze noch bei der Arbeitsagentur (http://www.arbeitsagentur.de/nn_261306/Navigation/zentral/Arbeitnehmer-info/Arbeitslosengeld-II/Geldleistungen/Arbeitslosengeld-II-Sozialgeld/Arbeitslosengeld-II-Sozialgeld-Nav.html__nnn=true) nachgesehen:



Einen Anspruch auf die volle Regelleistung haben volljährige Alleinstehende, Alleinerziehende sowie Antragsteller, deren Partner minderjährig ist. Sie beträgt seit dem 1. Juli 2006 bundeseinheitlich 345,- €.
Die Regelleistung für (Ehe)Partner beträgt jeweils 311,- €.
Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres erhalten 207,- €,
ab dem 14. Geburtstag sind es 276,- €.
Kinder ab dem 15. Lebensjahr und Volljährige die noch keine 25 Jahre alt sind und bei ihren Eltern wohnen erhalten ebenfalls 276,- €.Nun nehmen ich mal als vierköpfige Musterfamilie ein Elternpaar und zwei Kinder unter 15 Jahren an:

Die ALG-II-Familie erhielte 1039 Euro netto plus Erstattung von Miete und Heizungskosten.

Der Assistenzarzt mit einem Grundgehalt von 3420 Euro brutto für 40 h/Woche hätte bei Steuerklasse III und zwei Kindern ca. 2280 Euro netto. (Dass er mit Diensten, Überstunden usw. wesentlich mehr bekommen könnte, spielt für diesen Vergleich keine Rolle.)

Wenn ich von diesen 2280 Euro noch 800 Euro für Miete und Heizung abziehe, bleiben 1480 Euro übrig, die den 1039 Euro der ALG-II-Empfäner gegenüber stehen, also wirklich kein besonders üppiger Unterschied.

Edit:
Nochmal: Es geht mir nicht um eine Bewertung der Höhe der ALG-II-Sätze, denn das kann und will ich nicht. Ich bemühe mich nur um korrekte Darstellung der Fakten, weil es mir gewaltig stinkt, dass in Internetdiskussionen so oft mit falschen Angaben argumentiert wird.

Dr. Geiger
22.11.2006, 07:18
Schau dir mal das an:
http://www.wsh.nhs.uk/CGC/default.htm

Ja, Ausland ist dann natürlich auch ne Alternative - wie immer eigentlich, auch außerhalb der Medizin. Ist doch eigentlich traurig, was da passiert. Das betrifft ja sehr viele, hochqualifizierte Berufe, die im Ausland einfach mehr geschätzt werden als hier und bei Ärzten ist es besonders extrem.

@ agapi

Ich habe sehr viel Verständnis für die weniger gut betuchten Menschen in unserer Gesellschaft und würde auch viel mehr für dieselben tun ABER es kann doch nicht wahr sein, dass Ärzte Ihre Gehaltsvorstelllungen an Hartz IV justieren?! Wenn man den Zusammenhang zwischen Verantwortung-Ausbildungstand und Entlohnung aushebelt, dann funktioniert irgendwann das GANZE System nicht mehr. Wieviele Jugendliche wird man noch zu einer jahrelangen entbehrungsreichen Ausbildung motivieren können, wenn sie daraus nicht auch bis zu einem gewissen Grad materielle Vorteile ziehen können? Nicht alle sind Idealisten und hierzulande wird der Idealismus ziemlich kaltschnäuzig ausgenutzt! :-nix Deutschland investiert in die Wirtschaft und nicht in die Menschen. Das wirkt sich im Bildungswesen genauso aus, wie im Sozialsystem und wird uns sehr bald vor große Probleme stellen! Die niedrigen Ärztegehälter sind auch ein Teil dieses Problems. Wenn irgendwann alle in Dubai arbeiten, dann ist das nicht nur ein ideel-moralischer Bankrott sondern auch ökonomisch schädlich! (Oh Gott, ich bin abgetrifftet, sorry)!

@ schmittrich

Hab vielen Dank für die bemühte Antwort!



Ich wünsche Dir viel Mut bei Deiner Entscheidung, die sicherlich keine leichte ist.

Dankeschön, Dir das Selbe und dazu noch viel Spass in der Klinik!

(P.S. Um den Fernseher ist es nicht schade - da verpasst man eh nix. Außer natürlich ER, Scrubs, Grey's Anatomie... :-)) )

schmittrich
22.11.2006, 08:12
Wenn man den Zusammenhang zwischen Verantwortung-Ausbildungstand und Entlohnung aushebelt, dann funktioniert irgendwann das GANZE System nicht mehr.

Das Ganze nennt man dann Sozialismus … (aber das ist wirklich ein anderes Thema).



@ schmittrich

Hab vielen Dank für die bemühte Antwort!

Dankeschön, Dir das Selbe und dazu noch viel Spass in der Klinik!



Bitte, gern geschehen. Naja, die Klinik hab ich noch nicht ganz erreicht. Nebenher arbeiten und Familie versorgen nimmt halt doch viel Zeit in Anspruch… :-))

agapi
22.11.2006, 11:42
Hallo,

ich wollte ganz sicher nicht eine Diskussion über Hartz IV ins Leben rufen! Ich selber habe auch gar nicht mit Hartz IV angefangen. Meine Angaben, dass es Familien mit 4 Personen gibt, die von 1000 Euro im Monat leben müssen bezog sich nicht auf Hartz IV-Empfänger, sondern auf alle Menschen!
Es gibt nämlich sehr viele Arbeiter, die "so wenig" verdienen und im Endeffekt nur über die Runden kommen, weil sie Kindergeld u.ä. bekommen.

Das Gehalt der Ärzte sollte mitnichten an Hartz IV festgelegt werden.

Hast du dir denn schon mal überlegt, welche Stelle du mit deiner jetzigen Ausbildung (Dr. phil.) bekommen & wieviel du dann verdienen würdest?
Nur so kannst du den Vergleich ziehen und dir überlegen, ob es sich lohnt.

Für mich war es allerdings nie eine Frage des Lohnens. Hatte vorher Naturwissenschaften studiert und eine BAT-Stelle. Wäre also nach dem Medizinstudium (nach damaligem Wissensstand) wieder in die gleiche Gehaltsgruppe eingestiegen. In finanzieller Hinsicht hat es sich sicher nicht gelohnt! Außerdem hatte mir jeder abgeraten, weil es damals eine Ärzteschwemme gab. Jeder hat gesagt, dass ich in meinem "höheren" Alter ganz bestimmt keine Arbeitsstelle würde finden können.
Aber wenn es wirklich dein Traum ist, dein Herzenswunsch, dann ist das alles egal! Vielleicht bereue ich es ja sogar in 10 Jahren, wenn ich vielleicht total desillusioniert bin. Wer kann das Vorhersagen?

Genausowenig kann man dir etwas raten. Keiner kann sagen, wie die Stellensituation in ein paar Jahren aussieht. Im Moment studieren viele, weil es ja im Moment gut aussieht, daher kann es in ein paar Jahren wirklich wieder eine Ärzteschwemme geben. Außerdem kann keiner von uns wissen, wie groß dein Wunsch Arzt zu werden wirklich ist. Wenn ich richtig verstanden habe, hast du sowieso noch ein paar Jahre Bundeswehr vor dir. Guck dir die Studien- und Arbeitssituation also noch mal in ein paar Jahren an. Vielleicht fällt dir deine Entscheidung dann leichter.

Viel Glück

GOMER
22.11.2006, 12:08
Ich würd auch sagen: Go for it. Wir haben in meinem Semster etliche um die 30, einige auch deutlich drüber.
N' Job bekommst Du später auf jeden Fall, mit Deiner Vorgeschichte bist Du, falls es Dir im KH doch nicht so gefällt, auch sehr gut für die freie Wirtschaft tauglich.