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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Frage zu ALS - amyotrophe Lateralsklerose



LaTraviata
24.11.2006, 21:14
Durch mehrfache Konfrontation mit dem Thema, zuletzt am vergangenen Montag durch den Arte Themenabend, ergab sich folgende Frage, auf die ich bie einer Recherche gestoßen bin.

Wieso können quasi alle Muskeln befallen werden, jedoch die Augenmuskulatur nicht? Ich kann mir das bei meinem derzeitigen Wissensstand nicht erklären und habe auch keine Erklärung bei weiterem Suchen gefunden.
Vielleicht ist hier jemand, der sich gut auskennt und mir evtl. auch zu dem aktuellen Stand der Dinge betreffend der Forschung etwas sagen könnte?! Meines Wissens wurde an der LMU München (glaube ich zumindest?) in jüngster Vergangenheit ein Protein isoliert, das neben diversen Demenzerkrankungen auch als Mitverursacher von ALS verdächtigt wird. Wie sieht es aus mit neuen evtl. Therapiemöglichkeiten?

Merci! L.*

Hellequin
24.11.2006, 23:12
Wieso können quasi alle Muskeln befallen werden, jedoch die Augenmuskulatur nicht? Ich kann mir das bei meinem derzeitigen Wissensstand nicht erklären und habe auch keine Erklärung bei weiterem Suchen gefunden.
Im Hirnstamm können die unteren Hirnnervenkerne(IX - XII) befallen sein, das führt dann zur sogenannten Bulbärparalyse. Warum die höher gelegen Hirnnervenkerne, darunter die für die Augenmuskulatur zuständigen Hirnnerven III, IV und VI nicht betroffen sind, k.A.:-nix


Vielleicht ist hier jemand, der sich gut auskennt und mir evtl. auch zu dem aktuellen Stand der Dinge betreffend der Forschung etwas sagen könnte?! Meines Wissens wurde an der LMU München (glaube ich zumindest?) in jüngster Vergangenheit ein Protein isoliert, das neben diversen Demenzerkrankungen auch als Mitverursacher von ALS verdächtigt wird. Wie sieht es aus mit neuen evtl. Therapiemöglichkeiten?

Es gibt mehrere Veröffentlichungen zu dem Thema ALS und Proteomics da weichen die gefundenen Proteine je nach verwendeter Methode jedoch von einander ab. Es sind bisher m.W.n. keine neue Proteine gefunden worden, sondern nur Proteine die im Vergleich zu Nichterkrankten hoch- oder runterreguliert sind.
Als Auslöser der ALS werden neben einem Gendefekt an der Cu/Zn-Superoxiddismutase-1 und dem daraus resultierenden oxidativen Stress auch noch Immuno-Virologische, gestörrte Gleichgewichte bei der Expression von Hitzeschockproteinen etc. dikutiert.

Die einzige bisher nachgewiesene erfolgreiche Therapie besteht in der Gabe von Riluzol die eine Lebensverlängerung von ca. 4 Monaten bewirkt.
Diverse Studien mit Gabapentin, Lamotrigin, Kreatin, Vit. E haben keine positiven Auswirkungen gezeigt.
In der supportiven Therapie bieten wohl eine frühzeitige nichtinvasive Heimbeatmung und eine frühzeitige PEG-Anlage zur Verhinderung von Unterernährung einen gewissen Überlebensvorteil.

Brownie
04.10.2008, 19:14
ich musste das alte thema mal wieder rauskramen, da ich auch eine Frage zu ALS habe.

Bei meinem Opa wurde Demenz in Kombination mit Amyotropher lateralsklerose diagnostiziert.
Ich habe gelesen, dass ALS autosomal dominant vererbt wird. Heißt das, dass mein Vater das wahrscheinlich auch hat bzw bekommen wird?
Ich habe ihn gefragt, was er davon hält und er blockt alles ab. Kann man das mit Sicherheit ausschließen durch irgendeine methode? Oder mach ich mir grade zuviele gedanken? ich denk mir nur irgendwie, wenn man auschließen kann, dass mein vater diese krankheit auch hat, dann wäre ich ja auf alle fälle aus dem schneider... ich bin grade sehr verwirrt.

Tombow
04.10.2008, 19:42
Genetische Tests wie bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen (Chorea Major, etc.) gibt es bei ALS nicht, da auch kein Gen eindeutig identifiziert wird. Die Vererbungsmodalitäten sind ebenso ungeklärt.

Zu den medikamentösen Therapieoptionen - seit ein Paar Jahren ist auch Riluzol (Rilutek) zur Behandlung der ALS zugelassen, aber das einzige was es bringt ist eine Verlängerung der Zeit bis zur Beatmungspflichtigkeit. Genauer Wirkmechanismus ist unklar, es wird spekuliert, daß es etwas mit der antiglutamatergen Wirkung im ZNS hat.

Nemesisthe2nd
04.10.2008, 20:09
würdest du dich denn gern mit dem gedanken anfreunden mit einer gewissen wahrscheinlichkeit eine erkrankung zu bekommen, die einen derart hilflos werden lässt? Und das über jahre bevor man entweder erstickt oder an einer Respirator-Komplikation stirbt?

da ist es wohl nur normal, dass man da abblockt.

Außerdem was würde es einem bringen das zu wissen? Da kann man doch lieber unbeschwert seine Zeit verbringen und sich dann mit den Konsequenzen auseinandersetzen wenn es soweit ist.

Gersig
04.10.2008, 20:11
Diagnosetools ohne klinische Konsequenz - Fluch oder Segen? Da muss ich Nemesis recht geben :-meinung

Brownie
04.10.2008, 20:17
naja ich dachte eben man könnte, wenn man es frühzeitig wüsste etwas mehr tun als nur aufs ende zu warten. bei meinem opa wurde es erst festgestellt, als seine beine schon komplett gelähmt waren.
mein naives Ich hat einfach gehofft, es gäbe mittel und wege einen möglichen krankheitsverlauf früh zu beeinflussen.
ist vielleicht meine bewältigungsstrategie? mein vater will nichts wissen und ich will alles wissen. (denn sollte mein vater vielleicht irgendwann, gott bewahre, auch anfangen Symptome zu zeigen, dann würde ich mich an die hoffnung hängen, das rezessive allel vererbt bekommen zu haben :-nix )

Hellequin
04.10.2008, 20:30
ALS ist ja nicht gleich ALS.
Pathogenetisch muss man nach den Airlie-House-Kriterien mehrere Formen unterscheiden: Sporadische ALS, familiäre ALS, ALS-Plus-Syndrom (spor. + fam.) und die ALS mit Laborauffälligkeiten unbestimmter Signifikanz. Die sporadische, sprich nicht vererbte Form macht ca. 85% aller ALS-Diagnosen aus. Gibt es überhaupt einen Anhalt dafür, das dein Großvater an der familären Form leidet?
Bei ca. 20% der familären Form lassen sich Punktmutationen in der Kupfer/Zink-Superoxiddismutase nachweisen, weiterhin sind auch Mutationen im Bereich des Dynactin- und Alsin-Gens beschrieben. Aber auch damit deckt man nur einen Bruchteil der familären Form ab.

Brownie
04.10.2008, 20:37
nun ich bekomme leider immer nur die informationen, die ich aufschnappe, wenn meine oma anruft. da bei uns darüber wie gesagt nicht gesprochen wird.
aber wenn ich deinen beitrag @hellequin richtig verstehe, ist es wirklich großes pech (bzw eine geringe wahrscheinlichkeit), wenn es weiter vererbt wurde?
am besten wär wohl, ähnlich wie der rest meiner familie, es einfach ruhen und auf sich zu kommen lassen?

Hellequin
04.10.2008, 20:55
Ist den sonst noch jemand ausser deinem Großvater in der Familie an ALS erkrankt?

Brownie
04.10.2008, 21:06
ehrlichgesagt kenne ich diesen teil der familie gar nicht.
also verwandte von meinem opa väterlicherseits kenne ich nicht, die waren alle schon tot bis ich auf die welt kam, einige sogar schon als mein vater noch klein war. bekannt ist zumindest nichts.

Hellequin
04.10.2008, 21:14
Rein statistisch ist es ja eher unwahrscheinlich, das es sich sofern es keine familäre Häufung gibt um eine familäre ALS handelt. Auch wenn es schwer fällt, würde ich mir keine so großen Sorgen drum machen. :-)

Brownie
04.10.2008, 21:41
dann hoff ich mal, dass die statistik mich nicht im stich lässt :-?

danke jedenfalls!