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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fall 15/2006 Alltäglicher Fall



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test
25.12.2006, 20:29
So von mir mal ein relativ alltäglicher Fall bei dem es nicht nur darum geht die richtige Diagnose zu stellen sondern vor allem auch das richtige Management.

56 jähriger männlicher Patient in der NOtaufnahme mit laut Aussage der NOtaufnahme BAuchschmerzen vor drei TAgen, Erbrechen und schwarzen Stühlen seitdem.
Ihr geht also runter, was wollt ihr wissen?

Zoidberg
25.12.2006, 20:37
zu erst würden mich die Vitalparameter interessieren, also RR, Puls und Sättigung um zu sehen, ob ich akut was machen muss

test
25.12.2006, 20:48
VS
T:98.9F (kein Fieber) P: 105 BP: 106/70 RR:20 SO2:97%

Zoidberg
25.12.2006, 20:57
Die vital signs wären für mich noch stabil, aber mit Tendenz nach unten (Puls).
Während die Schwester Blut abnimmt (Routinelabor) würde ich mit der Anamnese beginnen: z.B. bekannte Ulkuskrankheit, Medikation (Warfarin, Cortison, NSAR), nähere Beschreibung der Schmerzen, wie sieht das erbrechen aus, wirklich erst seit 3d schwarzer Stuhl, dann genau nach Stuhl fragen (Teerstuhl)?

Dann würde ich mich fragen, EKs kreuzen und bestellen? Notfallgastro? Da würde ich, wenn es schnell geht, auf das Labor warten wegen Hb.

test
25.12.2006, 21:06
Was sollte man als erst vielleicht noch machen lassen? (in USA machen das im Gegensatz zu D nicht die Ärzte ;))

Also dann gehts mit der Patientenbefragung los:
Er habe gar keine Schmerzen gehabt. Vor 3 Tagen wäre ihm ganz plötzlich komisch geworden und er hat einen Schweißausbruch bekommen. Wenige Minuten später mußte er 2 mal heftig erbrechen, das erbrochene war sehr dunkel. Er hat seitdem teils wässrige teils feste Stühle gehabt, die aber alle sehr schwarz sind, ihr seht auch eine Probe die er im ER abgegeben hat, die wirklich total schwarz ist.

Er nimmt kein Coumadin, kein Cortison, allerdings seit 2 monaten Aspirin auf Empfehlung seiner Ärztin, da sei nVater und Bruder an Herzinfarkten gestorben sind.

weitere fragen?

Zoidberg
25.12.2006, 21:18
zwei grossvolumige Zugänge natürlich

test
25.12.2006, 21:26
GEnau, in der Realität wars so, dass die ER Leute bereits einen großen Zugang gelegt haben und 2l NS lief. Hb:12.6 WBC 7.4 Plt: 190 000. Na: 140 K:4.3 Cl:103 HCO3: 27 BUN: 14 Cr: 0.9

Zusammenfassend haben wir also:
-relativ stabilen Patienten mit grenzwertig BP und P
-plötzlichen Schweißausbruch mit schwarzem sehr heftigem Erbrechen vor 3 Tagen
-seitdem Teerstühle
Gibt es noch Fragen zur Anamnese?
Ansonsten besondere Untersuchungswünsche?

Zoidberg
25.12.2006, 21:58
wieviel ASS würde ich noch fragen, sonst noch akut nach Allergien. Den Rest kann man später erfragen, also PMH, PSH, FH, SH etc.
Aktuell würde ich einen PPI i.v. geben und dann mit der Untersuchung weitermachen. Dabei weiterhin VS Kontrolle.
Bei der Untersuchung normal internistisch, bes. Abdomen auf Abwehrspannung, Defense, DGs, dazu DRE mit Hemocculttest.

test
25.12.2006, 22:05
Ok sehr gut, der PPI iv wurde auch schon gestartet vom ED Team.
81mg ASS pro Tag seit ca. 2 Monaten.
Ansonsten zur Vervollstädnigung der Anamnese:
Raucher mit ca. 35py
Keine Allergien bekannt
Hatte vor 10 Jahren Analfisteln/Abszesse die operiert wurden, seitdem keine Probleme mehr damit.

Das war eigentlich alles relevante und eben die FHx mit kardialen Erkrankungen.
ich schreibe jetzt mal nur die auffälligen Untersuchungsbefunde:
trockene Schleimhäute
Systolikum 3/6 über dem 2.ICR rechts mit Ausstrahlung in die Carotiden und auch über der Herzspitze zu hören, tachykard.
Keine Druckdolenzen, keine Abwehrspannung, kein Loslaßschmerz, DG normal.
Rektal: normaler Sphnktertonus, Haemoccult positiv

Also nehmt ihr den Patienten jetzt auf, was ordnet ihr alles an bezüglich Patientenüberwachung, Medikamente, Labor usw.

test
25.12.2006, 22:08
Achja, welche Differenzialdiagnosen gehen euch den bis jetzt durch den Kopf?

Zoidberg
25.12.2006, 22:20
DiffDD:

obere GI-Blutung,
- whs durch ASS begünstigt
- Ulkus/ grössere Erosion
- momentan kein Hinweis auf Varizenblutung bei fehlender Leberanamnese
- Tumorblutung wäre auch noch möglich
- bei St.n. Analfisteln / Abszessen an CEDs denken
- für Darmischämie zu langer Zeitraum

an untere GI-Sickerblutung denken wenn Gastro ob
eine infektiöse Ursache eher unwahrscheinlich

Procedere: engere Überwachung und für morgen Gastro und Colo anmelden
- 2-Stündlich RR, Puls und Sättigung bei RR syst <100 bescheid geben
- in 4 Stunden nochmal Blutbild-kontrolle, bei Hb <10 bescheid geben
- Medikamente: PPI fest angesetzt, ASS stopp, vor Gastro Ciprofloxacin

Bzgl. Herzgeräusch: V.a. Aortenstenose, hier könnte man ein Echo anmelden, oder das ambulant machen lassen

test
25.12.2006, 22:26
DiffDD:

obere GI-Blutung,
- whs durch ASS begünstigt
- Ulkus/ grössere Erosion
- momentan kein Hinweis auf Varizenblutung bei fehlender Leberanamnese
- Tumorblutung wäre auch noch möglich
- bei St.n. Analfisteln / Abszessen an CEDs denken
- für Darmischämie zu langer Zeitraum

an untere GI-Sickerblutung denken wenn Gastro ob
eine infektiöse Ursache eher unwahrscheinlich

Procedere: engere Überwachung und für morgen Gastro und Colo anmelden
- 2-Stündlich RR, Puls und Sättigung bei RR syst <100 bescheid geben
- in 4 Stunden nochmal Blutbild-kontrolle, bei Hb <10 bescheid geben
- Medikamente: PPI fest angesetzt, ASS stopp, vor Gastro Ciprofloxacin

Bzgl. Herzgeräusch: V.a. Aortenstenose, hier könnte man ein Echo anmelden, oder das ambulant machen lassen

Leberanamnese ist ein gutes Stichwort er hat stark getrunken allerdings vor 15 jahren aufgehört, hatte ich vergessen zu sagen, keine Hepatitiden, keine Zirrhosestigmata.

Wir haben ihn mit Telemetrie MOnitoring und stündlicher Vitalparameter Messung auf Station aufgenommen, oraler PPI 20mg BID und NPO nach Mitternacht für die Gastro am nächsten Tag. Type&Screen für Blutkonserven. 2 große Zugänge und 1/2NS mit 125ml/hr. ASS natürlich aufgehört.

Wir haben aber auch noch andere Diagnostik gemacht vor Aufnahme, da wir noch eine andere DD im Kopf hatten, die aber sicher nicht alle Symptome erklärt hätte.
Außerdem fehlt mit eine DD für die obere GI noch, die gut zu der Anamnese gepasst hätte.

FataMorgana
26.12.2006, 09:07
Ein Mallory-Weiss-Syndrom könnte es auch sein.

Tombow
26.12.2006, 09:19
Weit hergeholte DD und sehr unwahrscheinlich - exulcetratio simplex Dieullafoy
Aber dafür ist einfach die Symptomatik zu milde und zu lange bestehend.

Hämorrhagische Gastritis wäre auch denkbar, aber garnicht so häufig.

Bauchschmerzen, Erbrechen, usw. könnten auch von einer Porphyrie herrühren, würden aber nicht die schwarzen Stühlen erklären (Stichwort Porphyriekomplex)

Evil
26.12.2006, 10:07
Hat er eigentlich im Moment Schmerzen? Und habt Ihr ihm mal was dagegen gegeben? Oder gegen Übelkeit?

abcd
26.12.2006, 10:37
Vielleicht hab ich´s überlesen.......ham wir schon nen Sono-Abd??

Zoidberg
26.12.2006, 12:22
mit welcher Fragestellung?

abcd
26.12.2006, 13:54
Einen ersten Eindruck gewinnen in einer nichtinvasiven Untersuchung.........
Wandverdickungen z.B. bei entzündlichen Veränderungen
freie Flüssigkeit
Beurteilung der Leber bei Alkohol in der Vorgeschichte

test
26.12.2006, 20:45
Ein Mallory-Weiss-Syndrom könnte es auch sein.

Genau darauf wollte ich hinaus.

Nochmal zur Wiederholung: im ED report stand zwar Bauchschmerzen, er selber sagt aber er hatte nie Schmerzen in den drei Tagen und auch keine Uebelkeit abgesehen von dem heftigen zwei maligen, ploetzlichen Erbrechen vor 3 Tagen. Seitdem Beschwerdefrei abgesehen von den schwarzen Stuehlen, die der Grund fuer ihn waren ins ED zu kommen.

Sono Abdomen machen hier die Radiologen, daher nicht so ueblich im ED. Hat er nicht bekommen. Er hat ja eine gesicherte gastrointestinale Blutung (Melena+ pos Haemoccult), hoechstwahrscheinlich obere nach der Symptomatik, da bringt einen ein Abd Sono akut auch nicht sehr weit.

Bedarfsmedikation fuer schmerzen, schlaf und uebelkeit kriegt hier eigentlich jeder, hat er aber nicht gebraucht.

Wir haben aber noch 2 Diagnostiken gemacht, weil wir bei dem ploetzlichen Beginn mit Diaphorese, komischem Gefuehl und Erbrechen noch an etwas anderes dachten (als atypische Praesentation).

Sackbauer
27.12.2006, 07:52
Ein Mallory-Weiss-Syndrom könnte es auch sein.

In UK relativ häufig, und es ist es auch hier in diesem Fall. Übelkeit+heftiges Erbrechen+UGI-Blutung=MW Syndrom.

Haemodynamisch stabiler Patient, Hb stabil:
- aufnehmen
- 6h später nochmal Hb, dann täglich
- 40mg Omeprazol/d initial stat, dann pro Tag
- Blutgruppe bestimmen, auskreuzen würd ich bei einem Hb von 12 nix
- oral nur Wasser am ersten Tag, + 2.5L iv Infusionen/d
- Gastroskopie semielektiv, nach 2d, falls besser auch ev. erst später
- TropI ?