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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Alpha2-Rezeptoren und Insulinsekretion



Grübler
10.01.2007, 12:47
Lasst mich kurz den Zusammenhang erklären.

Die Insulinsekretion findet normalerweise auf folgendem Weg statt: Es gelangt viel Glucose in die Zelle, folglich wird viel Glykolyse, Atmungskette etc. durchgeführt. Ergebnis ist viel ATP.
Bei viel ATP ist die Offenwahrscheinlichkeit für ATP-abhängige Kalium-Kanäle (in den beta-Zellen) deutlich erhöht; Kalium strömt in die Zelle. Darauf folgt eine Depolarisation derselben und deshalb eine Öffnung von Calcium-Kanälen. Dieses Calcium schließlich induziert die Exozytose der Insulin-Vesikel.

Viel ATP bedeutet also viel Insulin im Blut (um es mal platt auszudrücken).

Laut Löffler-Petrides (der _große_ Löffler!) hemmen nun Alpha2-Adrenozeptoren die Adenylatcyclase, der cAMP-Spiegel sinkt. Wenn der cAMP-Spiegel sinkt, dann bleibt logischerweise länger ein höherer Spiegel von ATP in der Zelle. Also müsste die Insulinsekretion stimuliert werden! Stattdessen wird das genaue Gegenteil behauptet, die Insulinsekretion würde gehemmt.

So, und jetzt frage ich euch. Warum? Habt ihr irgendeine Idee, irgendwas davon in der VL gehört, andere Quellen?

Danke schon mal für eure Aufmerksamkeit :-)

Flemingulus
10.01.2007, 14:55
Hi!

Also zunächst kurz zum Mechanismus der Glukose-gesteuerten Inuslinsekretion in B-Zellen:
ATP aktiviert nicht die Kaliumkanäle sondern hemmt dieselben. Dies führt zu einem verringerten KaliumAUSwärtsstrom aus den B-Zellen (bei normalen Elytverhältnissen fliesst kein Kalium in Zellen rein, weil da eh schon jede Menge drin ist). Weil unter hohen ATP-Spiegeln also weniger positive Ladungen aus den B-Zellen rausfließen, werden die Zellen dadurch depolarisiert. Ab da dann derselbe Mechanismus wie von Dir charakterisiert.

Zur Frage: die verringerte cAMP-Bildung durch Aktivierung der Alpha2-Rezeptoren dürfte i. d. R. keinen großen Einfluss auf die intrazelluläre ATP-Konzentration haben: obwohl ATP ein Substrat der Adenylylcyclase ist, führt die Hemmung der Adenylylc. normalerweise nicht zu einem "Substratstau", da ATP durch viele andere Mechanismen in der Zelle konstant gehalten wird (ich hoffe, ich habe jetzt einer Hypothese widersprochen, die Du auch aufgestellt hast, vielleicht hab ich Dich ja auch missverstanden).
Als Grund für die Alpha2-Rezeptor vermittelte Hemmung der Insulinsekretion nimmt man meines Wissens nach eher an, dass die diesem Rezeptor nachgeschalteten Gi-Proteine unabhängig von ihrem Effekt auf die Adenylylcyclase auch noch direkt zu einer Hemmung von Calciumkanälen und einer Aktivierung von Kaliumkanälen führen können. Insofern machen die also im Prinzip das Gegenteil von hohen Glukosespiegeln, die wie oben erläutert Kaliumkanäle (eben die ATP-gesteuerten) hemmen und Calciumkanäle aktivieren.

Hoffe das hilft.

Grüße!

F.

Grübler
10.01.2007, 18:24
Das ist ja interessant. Und ja, ich hatte einen ATP-Rückstau angenommen; aber es leuchtet mir auch ein, dass ATP nicht ungenutzt herumliegen bleibt.

Wo hast du denn diese Information her (also die Kanal-bezogene)? Der große Löffler hatte in Bezug auf alpha2-Rezeptoren nur eine Tabelle parat, die die Wirkung auf die Adenylatcyclase und die biologische Wirkung beschreibt. Also relativ mau, und keine Erklärung dazu.

Danke auf jeden Fall schon mal :-)

Hoppla-Daisy
10.01.2007, 19:07
Geilomat, genau diese Frage hab ich mir heute beim Kreuzen auch gestellt :-)

Werde mir das dann nochmal gleich nach dem Kuchenbacken genauestens durchlesen ;-)

Evil
10.01.2007, 19:59
Die genauen Eigenschaften des IK(ATP) sind aber schon seeehr speziell... solang Ihr nicht im Bereich der Elektrophysiologie forscht, braucht Ihr das so genau gar nicht zu wissen.

In der Vorklinik muß man eh schon zuviel nutzloses Wissen pauken... :-nix

Flemingulus
11.01.2007, 10:26
Wo hast du denn diese Information her (also die Kanal-bezogene)? Der große Löffler hatte in Bezug auf alpha2-Rezeptoren nur eine Tabelle parat, die die Wirkung auf die Adenylatcyclase und die biologische Wirkung beschreibt. Also relativ mau, und keine Erklärung dazu.


Naja, das war mehr aus Pharma- als auch Biochemie-Bücher extrahiert. Physiologischerweise werden ja Alpha2-Rezeptoren nicht alleine aktiviert, die beiden physiologischen Agonisten Adrenalin und Noradrenalin haben ja viel komplexere Auswirkungen auf die Insulinsekretion und den Glukosestoffwechsel weil sie über Betarezeptoren auch noch z. B. die Glukagonausschüttung regulieren und auch selbst einen Einfluss auf die Enzymregulation des Glukosestoffwechsels nehmen.

Spezifische Apha2-Rezeptorliganden sind halt von daher ein therapeutisches/pharmakologisches und kein physiologisches "Phänomen". Wobei eine Hemmung der Insulinsekretion durch Alpha2-Agonisten wie das gute alte Clonidin klinisch keine Rolle spielt (Evil korrigier mich, wenn ich mist verzapfe), weder als Nebenwirkung noch als gewünschter Effekt (z. B. bei Insulinproduzierenden Tumoren wo man eher Somatostatin-Analoga oder Kaliumkanalöffner einsetzen würde).

Und wie der böse Kater schon unterliniert hat. In echt ist alles viel komplizierter und geht dann für BC auf jeden Fall zu weit.

Z. B. *mit entrücktem Gesichtsaudruck dozier* gibt es auch noch verschiedene Sorten von Alpha2-Rezeptoren, die mit der Insulin-Sekretion möglicherweise über subtil verschiedene Mechanismen (und evtl. auch noch Speziesabhängig verschieden) interferieren.

Das ist dann endgültig was für Freaks und Forscher, nix für Heiler.

:-winky

F.

Evil
12.01.2007, 17:40
Daß Alpha2-Agonisten oder Antagonisten überhaupt irgendeinen Einfluß auf die Insulinsekretion haben, wäre mir jetzt neu, jedenfalls nicht über Beeinflussung des ATP-abhängigen Kaliumkanals.
Was allerdings nicht heißt, daß das nicht der Fall ist, könnte sein, daß es darüber Veröffentlichungen gibt.

Juckreiz
13.01.2007, 20:59
der sympathikus macht über alpha2 eine verminderung der insulinsekretion. was genau durch die cAMP Senkung passiert, weiss ich nicht, da muss man wohl echt mit einem forscher sprechen.. jedenfalls glaub ich nicht, dass ATP ansteigt und insulinaussschüttung die folge ist :-)) sonst würde man bei jedem fluchtversuch ohnmächtig :-D

Monty
14.01.2007, 17:58
beta/gamma-UE vom Gi-Protein (mit einem solchen ist der alpha2-Rezeptor ja assoziiert) aktiviert K+-Kanäle -> Hyperpolarisation. Weiterhin phosphorylieren PKAs gern mal K+-Kanäle (werden inaktiviert) und Na+- oder Ca2+-Kanäle (werden aktiviert), so dass cAMP-Anstieg indirekt eher depolarisierend, cAMP-Abfall eher hyperpolarisierend wirkt (bzw. entsprechenden Einfluss auf die Erregbarkeit nimmt).

Evil
14.01.2007, 18:05
beta/gamma-UE vom Gi-Protein (mit einem solchen ist der alpha2-Rezeptor ja assoziiert) aktiviert K+-Kanäle Stimmt so nicht, denn es gibt verschiedene G-Proteine. Der IK(ACh) an kardialen Vorhofzellen beispielsweise ist Gi/0 gekoppelt, worauf alpha2-Rezeptoren in vivo keinen Einfluß haben.

Welches G-Protein an den IK(ATP) koppelt, weiß ich aus dem Kopf nicht, aber adrenerge Beeinflussung wäre mir wie gesagt neu.

Monty
14.01.2007, 18:08
Ach ja, ich glaube die cAMP-Konzentrationen ist in der Zelle im Vergleich zur ATP-Konzentration stets absolut vernachlässigbar (egal ob nach cAMP-Anstieg oder -Abfall). Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass die Zelle ihren Energieträger Nr.1 für einen Second Messenger, also ein Signalmolekül, verbrät, ersteres wird nämlich stochastisch benötigt, letzteres ist eben nur ein Signal, da reichen prinzipiell 10 Moleküle, wenn die PKA nur eine genügend hohe Wechselzahl aufweist. Dementsprechend erhöht sich bei sistierender cAMP-Produktion auch die ATP-Konzentration nicht nennenswert.

Grübler
14.01.2007, 18:09
Wir hatten auch noch einen Dozenten bei uns gelöchert, und der hat genau das gemeint, was Monty auch zum besten gegeben hat. Also, dass die beta/gamma-UE des alpha2-Rezeptors - zumindest in den B-Zellen des Pankreas - eine genau entgegengesetzte Wirkung zum ATP hat; Öffnung des K+-Kanals, Sperre des Ca2+-Kanals.

Monty
14.01.2007, 18:11
Stimmt so nicht, denn es gibt verschiedene G-Proteine. Der IK(ACh) an kardialen Vorhofzellen beispielsweise ist Gi/0 gekoppelt, worauf alpha2-Rezeptoren in vivo keinen Einfluß haben.

Welches G-Protein an den IK(ATP) koppelt, weiß ich aus dem Kopf nicht, aber adrenerge Beeinflussung wäre mir wie gesagt neu.

Jedes Quadrat ist ein Rechteck aber nicht jedes Rechteck ist ein Quadrat. Klar gibt es Gi-Proteine die nicht mit dem alpha2-Rezeptor gekoppelt sind, dennoch ist letzterer mit einem Gi-Protein assoziiert. Mit dem ATP-abh. K+-Kanal hat das ganze wieder insofern nichts zu tun, als er überhaupt nicht G-Protein-gekoppelt ist sondern in die Klasse der ligandengesteuerten Ionenkanäle fällt. Er ist Substrat eines G-Proteins, aktiviert aber selbst keines.

Evil
14.01.2007, 18:18
Uups, stimmt, der IK(ATP) enthält ja keine GIRK(G-Protein-gekoppelt)-Untereinheit... sorry, hab die Abkürzungen verwechselt :-blush

Flemingulus
15.01.2007, 10:28
Mit dem ATP-abh. K+-Kanal hat das ganze wieder insofern nichts zu tun, als er überhaupt nicht G-Protein-gekoppelt ist sondern in die Klasse der ligandengesteuerten Ionenkanäle fällt. Er ist Substrat eines G-Proteins, aktiviert aber selbst keines.

Dass jetzt genau der ATP-sensitive Kaliumkanal ein Substrat von G-Proteinen bzw. deren beta-gamma-Untereinheiten ist, wäre mir neu (vgl. auch Evil et neminis, 2007: IK(ATP) is not a substrate of GIRK). Da die B-Zellen des Pankreas aber auch noch andere Kaliumkanäle enthalten, die durch G-Proteine moduliert werden bleibts beim Montynisch-Flemingulösen Postulat: Aktivierung eines Gi-gekoppelten Rezeptors (wie eben der Alpha2-Adrenozeptor) führt zu einer Hyperpolarisation von pankreatischen B-Zellen durch Aktivierung von Kaliumkanälen usw. usf.

Monty
15.01.2007, 14:21
Damit kann ich mich anfreunden ;-)...