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Flauscheding
30.01.2007, 08:36
Ich weiß nciht, ob ich hier richtig bin, Ansonsten bitte verschieben ;-) .

http://www.zeit.de/2007/05/M-Aerztegesundheit?page=all

Scienceman
03.02.2007, 18:47
Ich weiß nciht, ob ich hier richtig bin, Ansonsten bitte verschieben ;-) .

http://www.zeit.de/2007/05/M-Aerztegesundheit?page=all

Sehr, sehr toller Artikel.

Ein Ausschnitt:


Darum sollte Medizinstudenten frühzeitig klar werden, was in der Klinik auf sie zukommen wird. »Das Ausmaß der Belastung kennen viele Studierende nicht«, sagt der Gießener Psychologe Jurkat. Vom ersten Semester an sollten sie lernen, Stress zum Beispiel mit Sport auszugleichen, sollten darauf achten, dass sie sich ein soziales Netz aufbauen. In einer Studie waren die Depressionswerte von Ärzten umso höher, je geringer die soziale Unterstützung war. Studenten und Ärzte sollten wissen, wie sie selbst bei Trauer reagieren, wie sie mit Aggressionen umgehen, welche Vorstellungen sie vom Tod haben.

la Valentina
03.02.2007, 19:26
Das hat Herr Dr. Jurkat im BFE-Seminar auch sehr oft betont ;-)

Ehemaliger User 20130505
03.02.2007, 19:40
In der Zunft lautet die Devise, die ein Mediziner einmal im Deutschen Ärzteblatt kundtat:Wer keine 60 Stunden pro Woche arbeitet, ist kein anständiger Chirurg. Link (http://www.zeit.de/2007/05/M-Aerztegesundheit?page=all)

Von wegen. 60 Stunden sind die Weicheier-Variante. ;-) 70 sollten es schon sein:


Das Erste, was ihm einfällt, wenn man ihn nach seinem Vater fragt, ist der Satz: »Der war nie da.« Er selbst arbeitet 70 Stunden in der Woche. Während seiner ersten Ehe hat er sich noch nicht getraut, ins Unfallkrankenhaus zu wechseln: »Aus Rücksicht auf meine Familie. Wegen der Menge an Arbeit. Man muss wissen, worauf man sich hier einlässt.« Als alles in die Brüche ging, wechselte er nach Marzahn. Wie in die Fremdenlegion. »Wenn man es hier geschafft hat, kann man überallhin«, sagt [er] »Es ist ein Geben und Nehmen. Man haut voll rein – und dafür erhält man eine exzellente Ausbildung und viel Reputation.« Link (http://www.zeit.de/2006/24/Krankenhaus-Marzahn_xml?page=all)

Aber das Optimum liegt bei 80 Stunden:-top


„A young surgeon should not work more than 80 hours a week,but not less.“ Dem ist wenig hinzuzufügen, man möge sich bei den großen Chirurgen von Sauerbruch über Barnard bis zu Allgöwer erkundigen, ob diese nach einem Nachtdienst nach Hause gegangen sind oder weitergearbeitet haben.[......] Prof. Dr. med. Wolfgang Pförringer, Gesundheitspolitischer Arbeitskreis der CSU München Link (http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=42006)

Scienceman
03.02.2007, 19:46
Einfach nur krass und Angst einflößend :-/

actin
04.02.2007, 10:26
Die Zeit vom 27.10.2005: http://www.zeit.de/2005/44/Charite_Head?page=1

........Morgen früh wird er 24 Stunden Dienst hinter sich haben, den ganzen nun zu Ende gehenden Tag und die ganze nun beginnende Nacht.

Vier OPs waren es tagsüber, fünf andere hat er in die Nacht geschoben ......

Ja, so wird da geschuftet.

Noch erstaunlicher ist aber: Die jungen Ärzte, die man dieser Tage in den Abendnachrichten des Fernsehens protestieren sieht, beschweren sich gar nicht darüber, dass sie viel mehr arbeiten als in anderen Berufen üblich – schließlich sind sie nicht Lehrer geworden.

(XY) findet es sogar richtig, rund um die Uhr zu arbeiten, er ist gegen Schichtarbeit. Chirurgie, sagt er in einer Pause in seinem Zimmer, zwischen Stapeln von Fachliteratur, Batterien von Cola- und Multivitaminflaschen und PC, könne man kaum anders betreiben als in 24-Stunden-Zyklen.
Derselbe Assistenzarzt (XY) in der Berliner Morgenpost vom 29.11.2005:
http://www.morgenpost.de/content/2005/11/29/berlin/795158.html

"Europäisches Arbeitszeitrecht, Arbeitsschutz der Ärzte und Patientenschutz werden ungeniert mit Füßen getreten", so Ehl. [ein Mitglied des MB-Vorstands]

Drastischer formulierte es (XY), Sprecher der Ärzteinitiative der Charité:

"Nach 24 Stunden Dienst wird jeder Patient zum Feind."Ich bekomme Angst bei der Vorstellung, in einem Notfall mal an einen Arzt zu geraten, der 24 Stunden am Stück für normal hält und für den die Gefährdung der Patienten erst nach der 24. Stunde beginnt.

San Pellegrino
04.02.2007, 10:39
Da muß man in Deutschland aber beinahe flächendeckend vor lauter Angst fast jedes Akutkrankenhaus meiden !

actin
04.02.2007, 10:44
Da muß man in Deutschland aber beinahe flächendeckend vor lauter Angst fast jedes Akutkrankenhaus meiden !Hoffentlich nicht. Das wäre ja furchtbar.

San Pellegrino
04.02.2007, 11:13
Deinen Konjunktiv finde ich unangebracht. :-))

actin
04.02.2007, 11:21
Deinen Konjunktiv finde ich unangebracht. :-))Ich glaube eben noch an das Gute im Menschen und an das Verantwortungsbewusstsein einiger Ärzte gegenüber sich, ihrer Familie und ihren Patienten. ;-)


p. s.:
Dumm, dass dasThema jetzt auf zwei Threads verteilt ist: Siehe auch post Nr. 31 dort:
http://www.medi-learn.de/medizinstudium/foren/showthread.php?t=35517&page=7&pp=5

San Pellegrino
04.02.2007, 11:28
Ich glaube eben noch an das Gute im Menschen und an das Verantwortungsbewusstsein einiger Ärzte gegenüber sich, ihrer Familie und ihren Patienten.

Ich nicht, aber selbst wenn es so wäre: der Politik und den Krankenhau$trägern ist das so was von egal......da geht es um Arbeitsplatzsicherung, Gewinne und das Gefühl, hinter jedem Misthaufen medizinische Spitzenversorgung zur Verfügung stellen zu können um Aldi-Preise.

Größenwahn. :-peng

Relaxometrie
04.02.2007, 11:32
Die PJler machen bei uns in der Chirurgie bezahlte Dienste. Das System ist einerseits freiwillig, führt aber immer wieder zu Streß, wenn mal gerade sehr wenige PJler im Haus sind. Die Chirurgen sagen nämlich, daß sie uns diese Möglichkeit zum Geldverdienen geben und wir dafür auch jeden Dienst besetzt kriegen müsssen.
Diese Dienste kann man unabhängig vom Tertial, in dem man gerade ist, machen. Diese Dienste gehen von 17 Uhr bis 8 Uhr am nächsten Morgen. Natürlich hat man vor einem solchen Dienst einen normalen PJ-Tag hinter sich. Und wenn man gerade im Inneretertial ist, muß man nach einem solchen Dienst noch auf seine Station gehen und die Blutentnahmen des Tages machen, bevor man dann endlich nach Hause gehen kann.
Also: erst ein normaler PJ-Tag (von 8 bis 17 Uhr/ je nach Tertial kann man natürlich früher Schluß machen und sich vor dem Dienst nochmal ein Runde hinlegen), dann Rufdienst bis zum nächsten Morgen (durchschnittliche Arbeitszeit 6-8 Stunden) und dann evtl. noch auf die eigene Station gehen, um die BEs zu machen.
Ich mache inzwischen diese Dienste nicht mehr. Der Verdienst ist zwar wunderschön, aber ich will nicht daran Schuld sein, das System mit solchen Mammutdiensten zu unterstützen.
Die anderen PJler geben inzwischen auch ehrlich zu, daß man nach einem solchen Dienst einfach nicht mehr fit ist, und daß die Blutentnahmen nicht nur extrem nerven, sondern auch nicht mehr so gut funktionieren und man vermehrt zwei Anläufe braucht, obwohl man sonst sehr fit im Blutabnehmen ist.
Der Satz "nach 24 Stunden wird jeder Patient zum Feind" ist absolut richtig, und unter diesen Umständen wollte ich nicht mehr an den Patienten herantreten.
Natürlich kann man das in Ausnahmefällen (z.B. derzeit viele ausgefallenen Kollegen werden Norovirus-Ausbruch) mal machen, und dann würde ich mich auch nicht beschweren. Aber die dauerhaft und regelhaft eingeplanten Dauerdienste halte ich für falsch.

San Pellegrino
04.02.2007, 11:49
Der Satz "nach 24 Stunden wird jeder Patient zum Feind" ist absolut richtig,

Ich würde ergänzen: Spätestens nach 24h.....

Noch einmal: Die EU sieht MAXIMAL 13 Stunden Arbeitsbereitschaft am Arbeitsort vor - und ich denke mir, daß dies seinen Grund hat.

actin
04.02.2007, 12:12
Ich würde ergänzen: Spätestens nach 24h.....

Noch einmal: Die EU sieht MAXIMAL 13 Stunden Arbeitsbereitschaft am Arbeitsort vor - und ich denke mir, daß dies seinen Grund hat.Genau das ist es, was mich damals so auf die Palme gebracht hat, auf der ich immer noch sitze:

In " Sklave in Weiß" ('Die Zeit' vom vom 27.10.2005)
>> ... findet [er] es sogar richtig, rund um die Uhr zu arbeiten, er ist gegen Schichtarbeit.
.. Chirurgie .....könne man kaum anders betreiben als in 24-Stunden-Zyklen.<<

Zwei Monate später (siehe Berliner Morgenpost)sagt er:

"Nach 24 Stunden Dienst wird jeder Patient zum Feind."

Als ob man erst ab 25. Stunde schlagartig nicht mehr arbeiten könnte.

Ich hab gerade nochmal 'Slkave in Weiß' gelesen:



© DIE ZEIT 27.10.2005 Nr.44
Sklaven in Weiß
Junge Krankenhausärzte gehen auf die Straße. Sie wehren sich gegen Dauereinsätze zum Billiglohn. Eine Visite in Deutschlands bekanntester Klinik, der Berliner Charité Von Wolfgang Büscher....... Damals habe ich den Satz: >>Sie wehren sich gegen Dauereinsätze zum Billiglohn<< noch so interpretiert: Sie wehren sich gegen Dauereinsätze und gegen Billiglohn.

Aber da er und anscheinend viele andere 24 Stunden am Stück für richtig halten, muss man diesen Satz wohl so interpretieren: Sie wehren sich [nur] gegen 24-Stunden-Dauereinsätze zum Billiglohn.

Flauta
04.02.2007, 12:58
Habt ihr die Reportage zur Streik Zeit nicht gesehen, war Stern TV oder sowas in der Art. Jedenfalls hat ein Kamerateam eine 26h Schicht eines jungen Assis begleitet. Spätestens alle 8h musste das völlig ausgepowerte Kamerateam laut Arbeitsschutzvertrag (oder sowas) ausgewechselt werden.
Die Betreffenden gaben zu, nach diesen äusserst stressigen 8h ohne Pause so am Ende zu sein wie noch nie, dabei haben sie nur hinterher rennen gemusst. Bei Schichtwechsel fielen sie fast um. Der Assi aber rannte munter und pausenlos weiter. Als die 1. Schicht der kameraleute die 2. ablöste, war der Assi immer noch pausenlos am Rennen, hatte 1 Kaffeepause und 2mal 30- 45 Min. Schlaf gehabt. Es ging dann ruhiger zu und er konnte sich 15 Min. Intervieuwzeit nehmen (war halt ne ruhige Schicht) und erzählen, dass dieser Dienst doch noch sehr ruhig, fast schon erholsam war während das 1. Team noch immer total geschlaucht von Schicht 1 war.
Diese Reportage war sehr interessant, das Erstaunen der Kameraleute stand dann unfreiwillig im Vordergrund, die Empröung, dass Ä in einem Beruf, wo es um Leben und Tod geht so lange schuften müssen während sie keine Sekunde länger als 8h ran dürfen....
Das war sehr aufschlussreich!

San Pellegrino
04.02.2007, 13:02
die Empröung, dass Ä in einem Beruf, wo es um Leben und Tod geht so lange schuften müssen

Es geht um die ILLUSION, daß es um Leben oder Tod ginge, zu allererst geht es ums $ ! Leben und Tod sind Vorwand dafür, Kapitalflüsse in Gang zu setzen und zu halten.

San Pellegrino
04.02.2007, 13:05
Nachsatz: Und wenn wirklich etwas in die Binsen geht, sind ja nicht mehr überarbeitete Ärzte und geschädigte /tote Patienten, sondern Anwälte und Gerichte zuständig.

So ist das.

Also geht es um den Rechtsweg neben dem Kapitalweg. :-winky

Flauta
04.02.2007, 13:05
...ein Arzt hat schon mehr Verantwortung als jetzt ein Kameramann, würde ich mal sagen, und von daher war das interessant....

actin
04.02.2007, 13:40
Die Argumente, die im Streik verwendet wurden, waren teilweise Eigentore.

Die Ärzte haben sich beklagt über und gestreikt gegen

-zu lange tägliche und wöchentliche Arbeitszeiten

- bis zu 60 Prozent der Zeit arztfremde Tätigkeiten (Blutentnahmen, Codieren, Telefonate mit Krankenkassen, Ausfüllen von Krankenkassenformuláren,......

-unbezahlte Überstunden

-zu geringen Stundenlohn

-schlechte Bezahlung von Bereitschaftsdiensten

Zu lange tägliche Arbeitszeiten (bis zu 24 Stunden) kommen durch Bereitschaftsdienste (werktags bis zu 16 Stunden im Anschluss an acht Stunden Tages-Volldienst) zustande.

Zu lange wöchentliche Arbeitszeiten (durchschnittlich mehr als 48 Stunden) kommen ebenfalls durch Bereitschaftsdienste zustande.

Bei Schichtdienst sind -wie S.P.gesagt hat- nach der EU-Richtlinie maximal 13 Stunden incl.Pausen erlaubt, nach dem ArbZG* sogar nur 10.
Wenn man Ärzte fragt, weshalb an ihrem KH noch nicht auf Schichtdienstmodelle (zumindest für Mo-Fr) umgestellt worden sei, bekommt man oft zu hören, dafür gebe es nicht genug Ärzte. Selbst wenn das KH die entsprechenden Stellen ausschreiben würde, fehlten die nötigen Bewerber.

Meine Meinung dazu: Wenn KH-Ärzte bis zu 60 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Tätigkeiten verbringen, für die man kein Medizinstudium benötigt, könnten die vorhandenen Ärzte doppelt so viel ärztliche Arbeiten verrichten, wenn die nicht-ärztlichen Tätigkeiten, die sie jetzt machen, auf anderes Personal übertragen würden.

Wenn Ärzte wirklich nur ärztliche Tätigkeiten verrichteten, könnten Sie einen wesentlich höheren Stundenlohn, also ein wesentlich höheres Grundgehalt durchsetzen. Dann hätten sie für 40 bis 48 Wochenstunden am Monatensende das, wofür sie heute bis zu 60 oder 70 Stunden arbeiten.

Man hätte sich beim Streik nicht für bessere Bezahlung (bessere Stundenlöhne) der Bereitschaftsdienste einsetzen sollen, sodern für deren Abschaffung. (Zumindest von Mo bis Fr.) und für einen 30 Prozent höheren Stundenlohn während der Volldienste. Dann wären die KH gezwungen gewesen, die Arbeitskraft der Ärzte effizienter zu nutzen.
Das wäre im Sinne der Ärzte und der Patienten gewesen und ich denke, dass die Streikenden bei einem großen Teil der Bevölkerung dafür Verstäündnis gefunden hätten, denn es wären wenigstens ehrliche Forderungen gewesen.
So, wie das jetzt anscheinend läuft (weiterhin bis zu 24 Stunden-Kombis aus Voll- und Bereitschaftsdienst), fühlen sich viele potenzielle Patienten (und dasist jeder von uns) durch den Streik ganz schön verar$cht.

* Edit:


Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten.
Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.§6, ArbZG: tägliche Arbeitszeit bei Nacht- und Schichtarbeit: http://bundesrecht.juris.de/arbzg/__6.html


Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten.
Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.§3 ArbZG: http://bundesrecht.juris.de/arbzg/__3.html

San Pellegrino
04.02.2007, 16:40
bekommt man oft zu hören, dafür gebe es nicht genug Ärzte. Selbst wenn das KH die entsprechenden Stellen ausschreiben würde, fehlten die nötigen Bewerber.

Das ist korrekt. Und damit beantragt man beim Gewerbeaufsichtsamt mal gleich eine Ausnahmegenehmigung.... :-D

Beispiel: Kaum eine Psychiatrie, kaum eine Radiologie, Pathologie oder Strahlentherapie bekommt heute noch einen FA "frei vom Markt" über irgendeine Anzeige. :-oopss

Und je nach Osten gibt es auch bloß Bewerber aus Polen, Syrien oder Moldawien...