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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Recherchefrage - Recht im KH



Eva255
03.02.2007, 21:51
Hi!

Hier hab ich mal eine rechtliche Frage:

Folgende Situation:

Ein Kind wird eingeliefert, es wird von seinem leiblichen Vater begleitet.
Das Kind muss dringend operiert werden, der leibliche Vater unterschreibt die Einwilligung zur Operation und die Ärzte fangen an.

Während der OP kommt die leibliche Mutter mit ihrem neuen Lebensgefährten ins Krankenhaus. Bei ihrem Eintreffen stellt sich heraus, dass der leibliche Vater nicht das Sorgerecht hat und das Kind eigentlich nur mit Begleitung vom Jugendamt sehen darf.
Der Vater hatte diese Tatsachen bei der Einlieferung verschwiegen.

Sind die Ärzte - die ja im guten Glauben gehandelt haben - rechtlich abgesichert?
Oder kann es Schwierigkeiten geben?
Kann die leibliche Mutter gegen die Ärzte klagen?
Oder darf der leibliche Vater - wenn Gefahr in Verzug ist - auch unterschreiben?

Wer kann mir da helfen?

LG,
Eva

Schimmelschaf
03.02.2007, 21:55
Ist es nicht so geregelt, dass lebensrettende OPs ohne Einwilligung durchgeführt werden können?

Ansonsten gibts beim Jugendamt dafür eine Art Notdienst, da kann man den Eltern oder dem Sorgeberechtigten das Sorgerecht (kurzfristig??) entziehen.

Meinte jedenfalls das mal irgendwo auf einer Jugendamts-Seite gelesen zu haben...

Tombow
03.02.2007, 22:01
Sind die Ärzte - die ja im guten Glauben gehandelt haben - rechtlich abgesichert?
Eigentlich ja. Das einzige, was man denen vorwerfen könnte, wäre Fahrlässigkeit, aber selbst das steht auf wackligen Füßen - wenn das Kind wirklich operiert werden sollte, und das schnell, wäre es kaum zumutbar, daß sie sich auch ein Überblick über die familiäre Situation verschaffen könnten, ohne die Gesundheit des Kindes zu gefährden.


Kann die leibliche Mutter gegen die Ärzte klagen?
Siehe oben. Herzlich wenig Chancen auf Erfolg. Noch weniger, wenn die Motivation der Klage zweifelhaft ist.


Oder darf der leibliche Vater - wenn Gefahr in Verzug ist - auch unterschreiben?
In dem Fall wäre keine Unterschrift notwendig gewesen. Im übrigen - allgemein dürfen, wenn Gefahr im Verzug ist oder es sich um lebensrettende Maßnahmen handelt, die Eltern NICHT gegen das Kind entscheiden (zB keine OP oder so). Die Gesundheit des Kindes wird in diesem Fall als höherwertiges Rechtsgut angesehen.

Sackbauer
03.02.2007, 22:10
Ansonsten gibts beim Jugendamt dafür eine Art Notdienst, da kann man den Eltern oder dem Sorgeberechtigten das Sorgerecht (kurzfristig??) entziehen.

Ich weiss ja nicht wie das in D geregelt ist, aber in Oesterreich ist ein diensthabender Journalrichter immer ueber die Polizeileitstelle zu erreichen. Der kann dann ratz-fatz, sogar ueber Telefon muendlich, den Eltern kurzfristig das Sorgerecht entziehen und dem Arzt das OK fuer lebensrettende Eingriffe oder Therapien (z.b. Blut bei Zeugen Jehovas) geben.

Tombow
03.02.2007, 22:20
In Deutschland regeln das die Ordnungsämter, Abteilung Sonderordnungsbehörde (zumindest in NRW). Und dort haben die auch eine Art "Nachtdienst", der sich um solche Sachen kümmert. Prozedur ist, denen telefonisch bescheid zu geben, dann die entsprechenden Unterlagen ausfüllen und zufaxen, dann die Originale sofort hinschicken. An der Kölner Uniklinik wird das gar per Taxi gemacht, da muß man nur einem Taxifahrer den Umschlag in die Hand drücken und sagen: "einmal Scheibenstraße und zurück". Für lebensgefährliche Notfälle gibt es auch einen speziellen Paragraphen im entsrpechenden Gesetz, der die Behandlung gegen den Willen der Eltern regelt.

Geht es um wirklich lebensgefährliche Notfälle, wo keine Zeit da ist, so sind die Ärzte rechtlich durch §34 StGB (rechtfertigender Notstand) in ihrer Handlung abgesichert.

San Pellegrino
03.02.2007, 22:29
Bei Elektiveingriffen müssen sich die Ärzte sehr wohl darüber kundig machen, wer sorgeberechtigt ist. Da kann man sich nicht ausreden - übrigens auch nicht bei der schon etwas schusseligen Omi (Eilbetreuung !)

In Notfällen hat man noch nie eine Unterschrift gebraucht - habe einmal eine nun wirklich nicht nette "mechanische" Behinderung eines plötzlich völlig aufdrehenden, stockbesoffenen 15jährigen männlichen Jugendlichen an einer Erwachsenenpsychiatrie gesehen - mit allem Drum und Dran: Rippenbruch, Zwangsmedikation de luxe i.m., Gurte von oben bis unten.

War der Sohnemann eines localen Großrechtsanwalts, wie sich bald herausstellte. Setzte ALLES in Gang, um Gott und die Welt und überhaupt, der Herr Papá........
Hatte rechtlich keine Chance.

Die Sache war bald in der Stadt rum - das Promikind ist ein Saufkopp. Und dem war auch so..... :-winky