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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Vorklinik - sinnvolle Grundlage oder sture Auswendiglernerei?



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alley_cat75
05.02.2007, 14:53
Hallo,

ich möchte hier mal die Frage weitergeben, als wie sinnvoll Ihr die Vorklinik für das Studium erachtet? Habt Ihr das Gefühl, ausschließlich Dinge, die nie wieder gebraucht werden, stupide auswendig zu lernen oder seid Ihr der Meinung, das jetzige Wissen ist essentiell für das Verständnis späterer klinischer Zusammenhänge? Her mit all Euren Meinungen und vor allem Erfahrungen.

Alley

Roxane
05.02.2007, 14:55
Ich kopiere dann mal hierher, weil's thematisch dazugehört:

Mal ganz ehrlich, wie viel von dem Wissen, das man so lernt, bleibt hängen? Du willst mir doch nicht erklären, dass Du noch sämtliche Innervationen herunterleiern kannst, noch weißt, welches Atom die geringste Ionisierungstendenz hat und ähnliche Dinge? Was an brauchbarem - auch nach Jahren noch brauchbarem - Wissen vermittelt werden soll, kann in viel kürzerer Zeit vermittelt werden. Hier werden Anatomievorlesungen gehalten, ohne dass der einzelne Student was damit anfangen kann - der Präpkurs fängt nämlich sehr viel später an. Chemie wird nicht verstanden, sondern lediglich mehr oder weniger die Altklausuren durch Kreuzen auswendig gelernt. Protokolle und Laborarbeit? Ein Witz, die Hälfte der Versuche wird von den Hiwis vorgeführt, die Protokolle sind mehr geschönt als dass sie einem echten wissenschaftlichen Standard entsprechen würde. Für die paar essentiellen Dinge, die man über Biochemie und Physiologie wissen muss, braucht man keine zwei Jahre.

Nur dass das seit Jahren und Jahrzehnten unser Studiumsablauf ist, heißt noch lange nicht, dass er gut ist und dass er auch modern ist. Die Vorklinik macht aus dem Medizinstudenten nicht etwa einen Naturwissenschaftler, sondern nur einen Formeln und Tabellen auswendig lernenden Nerd. Warum nicht schon jetzt Psychiatrie und Innere? Warum nicht am Beispiel die Grundlagen entwickeln? Und warum traut man dem Medizinstudenten nicht auch zu, sich mal selbst etwas zu erarbeiten? Beim Anglistikstundenten geht man schließlich auch davon aus, dass er schon ein wenig Englisch kann und wenn nicht, sich dieses selbstständig erarbeitet. Ach ja, und wieso nicht mehr Forschung reinbringen? Wieso nicht statt irgendwelcher Formeln, die Du zwei Wochen nach dem Physikum nicht mehr kannst, nicht einfach mal aktuelle Forschung besprechen. Ich wette, in unserem Semester hat noch keiner jemals eine 'Science' oder 'Nature' in der Hand gehabt. Traurig für eine Universität, die wissenschaftlich ausgebildete Mediziner hervorbringen will, die eigenständig denken und evidenzbasiert arbeiten.

Warum also an Altem festhalten, nur weil es alt ist und man es gewohnt ist?

alley_cat75
05.02.2007, 15:09
Was Du beschreibst, ist grundsätzlich ein Uni-Problem, das ich in dieser Form nicht erlebt habe. Klar gab es bei mir auch diverse Kurse, die ich mir lieber erspart hätte. Doch ich behaupte mal, 75% meines vorklinischen Wissens haben mir enorm weiter geholfen und sind auch hängen geblieben. Chemie/Physik/Biochemie/Physio: Erlernen experiementeller Fähigkeiten und Auswerten wissenschaftlicher Ergebnisse. Ganz wichtig in Physio: Verstehen elementarer Prozesse. Nur wenn man diese versteht, kann man doch erst begreifen, was einen Menschen krank macht und wie Therapien (Medikamente) helfen können. :-meinung Diskussionwürdig bleibt in jedem Fall die Tatsache, dass wir in Deutschland ALLES lernen müssen, egal worauf wir uns später spezialisieren. Ich habe mich stets durch alles neurologisch-angehauchte durchgequält... Andererseits sollte ein guter Arzt wissen, was die Kollegen so treiben, schon um es den eigenen Patienten erklären zu können.

Gut fände ich die amerikanische Lösung des Medizinstudiums: das College entspricht in etwa unserem Abitur, nur dass man sich bereits dort für das spätere Studium qualifiziert und spezialisiert. Letztendlich ist Chemie/Physik/Bio in der Vorklinik reines Abiwissen und sollte auch nur dort vermittelt werden. Würde eine Menge Zeit sparen! :-meinung

milz
05.02.2007, 15:32
Es kommt drauf an was man selbst draus macht.

die chondropathia
05.02.2007, 15:37
Sagte ich schon einmal, dass ich universelle Wahrheiten liebe?! :-D

Xela
05.02.2007, 15:42
ich behaupte mal, 75% meines vorklinischen Wissens haben mir enorm weiter geholfen und sind auch hängen geblieben.
höchstens 15% haben mir enorm weitergeholfen, an weitere 40% erinnere ich mich dunkel..

die chondropathia
05.02.2007, 15:59
ich behaupte mal, 75% meines vorklinischen Wissens haben mir enorm weiter geholfen und sind auch hängen geblieben.

Superschwachsinn. :-meinung

SynC
05.02.2007, 16:22
Hey, ich denke das Physio/Anatomie/Biochemie bis zu einem gewissen Punkt wirklich sehr wichtig für das weitere Studium und die spätere Arbeit sind. Nur die Art und Weise der Vermittlung und Verknüpfung ist absolut veraltet. Da könnte man noch extrem optimieren indem weniger Wert auf Details (IMPP :-)) ) gelegt wird und VIEL MEHR auf das Verständnis geachtet wird. Leider werden viele Studenten vom aktuellen System zum kurzfristigen Auswendiglernen von Details gedrängt. Wären die Klausuren eher verständnismäßig ausgelegt (z.B. komplette Zusammenhänge des Intermediärstoffwechsels anstatt Strukturformeln von 50 verschiedenen Intermediaten - jetzt mal überspitzt ausgedrückt) würde das dem Studenten und vor allem dem späteren Arzt VIEL nützlicher sein.
Meine Meinung ist: mind. 50% der IMPP-Fragen ist in der Form echt irrelevant - hätte man ein anderes Prüfungssystem z.B. mehr mündl. Prüfung oder weniger Kreuz-Fragen - würde die Ausbildung sicher besser sein :-meinung

Dr. Pschy
05.02.2007, 16:42
Meine Vorklinik hat 2 Semester gedauert und allen unnoetigen Krimskrams ueber Bord geworfen (was ich sehr begruesst habe). Ich hab im ersten Jahr fast nur brauchbare Dinge gelernt, die ich jetzt mehr oder wenige anwenden kann - und das sollte auch der Sinn des Grundlagenwissenserwerbs (uff) sein. Die deutsche Vorklinik ist imho zu ueberfrachtet mit teils sinnlosem Details, die hinterher keiner mehr braucht.

Duncan84
05.02.2007, 16:56
ich denke, es hängt wirklich sehr davon ab, was man drauß macht. es ist wohl unbestreitbar, dass man die prüfungen auch besteht, wenn man sich diverse facts reinpresst, auch ohne den gesamtüberblick zu haben. dennoch ist es sicherlich nicht hinderlich, wenn man sich die mühe macht, einen solchen zu erlangen. so bestehen sich die prüfungen nämlich auch :-D

man sollte halt nie vergessen, dass man für sich studiert und nicht für die anderen. ich hab mich schon immer geweigert absolut sinnlose sachen auswendig zu lernen, so kann ich zB bis heute kaum eine Strukturformel (nichtmal alle Aminosäuren) zeichnen und hab trozdem alles bisher gut bestanden.

ich hab schon oft von leuten aus der klinik gehört, dass sie überrascht waren, wieviel sie von der vorklinik wiederbenötigt haben und ich hoffe mal, dass es der wahrheit entspricht. da ich erst im 3. semester bin, kann ich mich zur eigentlichen frage nicht äußern, aber zu behaupten, dass nur 15 % hängen geblieben sind, ist unsinn. passiv weiß man viel mehr und selbst dinge, die man meint wieder zu 100% vergessen zu haben, lernen sich um ein vielfaches schneller wieder an als beim ersten mal. kurzes beispiel: bei uns hat man anatomie das ganze 1. semester und um selbige zu beherrschen, hat man dieses auch vollkommen gebraucht. da ich im 3. präpassi gemacht hab, musste ich mir die anatomie da ja nochmal anlernen und wusste zu beginn wirklich fast gar nichts mehr aktiv, dennoch habe ich mich für keinen kurs (einer pro Woche) mehr als 4-5 stunden vorbereiten müssen, um wieder auf den alten Wissensstand und teils sogar besser zu kommen. das hat mich wirklich sehr überrascht.
man vergisst wieviel man eigentlich wirklich gelernt hat, weil sich keiner mehr vostellen kann, wie unglaublich unwissend man vor dem studium war. als wir angefangen haben, wussten wir nichtmal was medial und lateral heißt oder was ne gluconeogenese ist oder wie ne niere funktioniert, geschweige denn wo sie genau liegt, etc.

wieviel der leute hier, die sich so fatalistisch äußern, sind überhaupt schon lange genug in der klinik, um das ganze beurteilen zu können?

Dr. Jackyll
05.02.2007, 17:00
ich bin jetzt "neu" in der Klinik und ich bin immer wieder erschrocken wie viel vorklinik man doch braucht..... wie hießen nochmal die tastbaren Knochenpunkte? Wie ging das in Biochemie nochmal??

klar lernt man viel u viele Details, aber vieles braucht man dann doch nochmal auch wenn eben nicht in dem Detailwissen der VK, aber ich denke wenn man nicht so viele dumme Details hätte lernen müssen wären bei mir viele grundlegende Sachen wohl schon lange wieder weg.... denn die brauche ich ja um die Details darauf aufzubauen, und wenn dann nur 30% von dem gelernten hängen bleben sind es eben die Grundlagen-die Sachen die ich später in der Klinik wieder brauche!!

Dr. Jackyll
05.02.2007, 17:05
Mal ganz ehrlich, wie viel von dem Wissen, das man so lernt, bleibt hängen? Du willst mir doch nicht erklären, dass Du noch sämtliche Innervationen herunterleiern kannst, noch weißt, welches Atom die geringste Ionisierungstendenz hat und ähnliche Dinge? Was an brauchbarem - auch nach Jahren noch brauchbarem - Wissen vermittelt werden soll, kann in viel kürzerer Zeit vermittelt werden.

Die Vorklinik macht aus dem Medizinstudenten nicht etwa einen Naturwissenschaftler, sondern nur einen Formeln und Tabellen auswendig lernenden Nerd. Warum nicht schon jetzt Psychiatrie und Innere? Warum nicht am Beispiel die Grundlagen entwickeln? Und warum traut man dem Medizinstudenten nicht auch zu, sich mal selbst etwas zu erarbeiten? Ach ja, und wieso nicht mehr Forschung reinbringen? Wieso nicht statt irgendwelcher Formeln, die Du zwei Wochen nach dem Physikum nicht mehr kannst, nicht einfach mal aktuelle Forschung besprechen. Ich wette, in unserem Semester hat noch keiner jemals eine 'Science' oder 'Nature' in der Hand gehabt. Traurig für eine Universität, die wissenschaftlich ausgebildete Mediziner hervorbringen will, die eigenständig denken und evidenzbasiert arbeiten.



und das von jemandem im 1. VK.... :-top :-top

und das mit der Vorschung: ich will mal einen Vkler sehen der ohne Grundlagen die neuen Forschungsergebnisse versteht!!

wanci
05.02.2007, 17:09
Hier werden Anatomievorlesungen gehalten, ohne dass der einzelne Student was damit anfangen kann - der Präpkurs fängt nämlich sehr viel später an. Chemie wird nicht verstanden, sondern lediglich mehr oder weniger die Altklausuren durch Kreuzen auswendig gelernt. Protokolle und Laborarbeit? Ein Witz, die Hälfte der Versuche wird von den Hiwis vorgeführt, die Protokolle sind mehr geschönt als dass sie einem echten wissenschaftlichen Standard entsprechen würde. Für die paar essentiellen Dinge, die man über Biochemie und Physiologie wissen muss, braucht man keine zwei Jahre.

Dem muss ich mal etwas widersprechen. Das ist eigentlich nicht das, was ich erlebe. Anatomievorlesungen und Präpkurs laufen parallel und bauen aufeinander auf, was auch ganz gut funktioniert. Chemie kann man durch pures Auswendiglernen einfach nicht bestehen, dazu müsste man deutlich andere Fragen stellen. Im Praktikum werden eigentlich so gut wie alle Versuche selber durchgeführt. Dass die Protokolle relativ sinnlos sind, das lässt sich kaum vermeiden.

Ich finde auf jeden Fall, dass es notwendig ist ein etwas breiteres naturwissenschaftliches Grundwissen zu haben. Ich will nicht nur stur auf die Krankheitsbilder hin lernen. Dazu könnte man auch einfach nur Symptome und Behandlungen auswenig lernen und sich das ganze verstehen ersparen.

Wenn man im 1. Semester mit Innere anfangen würde und noch nicht mal die Grundlagen hat, wie denn der Körper funktioniert - das macht doch wenig Sinn. Das merke ich an den "klinischen Seminaren" die jetzt durch die neue AO in die Vorklinik gekommem sind. Da wird man dann über irgendwelche Krankheiten zugetextet, kann aber alles nicht wirklich nachvollziehen, weil einfach das Basiswissen fehlt.

Ich finde, dass die Naturwissenschaften etwas weniger auf Auswendiglernen basiert sein sollten. Es ist für einen Arzt wichtig, grundlegende wissenschaftliche Fähigkeiten zu haben.

Grübler
05.02.2007, 17:10
Ich muss schon sagen, dass gerade die kleinen vorklinischen Fächer wohl weniger bringen. Klar, Physik ist die Grundlage der Physiologie, Chemie die Grundlage der Biochemie. Vom Aufbau, und dem, was ich da mitgenommen habe, war es aber sehr wenig.

Allerdings denke ich gerade bei Anatomie, Physiologie und Biochemie, dass das noch sehr relevant wird in der Klinik. Besonders hats mir aber die BC angetan, POL öffnet einem da echt die Augen :-) So mit CKMB und anderen Diagnostiken ;-)

McBeal
05.02.2007, 18:13
Also, Biochemie, Anatomie und Physio braucht man auf jeden Fall noch. Leider ist Anatomie das Fach, von dem ich am meisten vergessen habe, weil ich in diesem Fach wirklich nur stur auswendig gelernt habe - ein paar Tage nach dem Schriftlichen wars dann wieder weg (alte AO, ich hatte es nicht mündlich). Und das bedauere ich jetzt wirklich. Von BC und Physio weiß ich noch vieles, letzte Woche in der Gyn-Klausur konnte ich eine Frage mit meinem Physiowissen beantworten. Für mich haben sich die Fächer also gelohnt. :-) Wobei ich nicht mehr die ganzen Kleinigkeiten weiß...

LG,
Ally

Muriel
05.02.2007, 18:42
Es geht ja auch nicht um Kleinigkeiten, sondern darum, dass man das Prinzip an sich verstanden hat. Physio und viel wichtiger noch BC sind z.B. für Pharma unerlässlich. Denn nur wenn ich weiß, wie etwas abläuft, kann auch verstehen, warum welches Medikament wo angreift und wannn verordnet wird und wann eher nicht. Klar kann man es auch auf die Tour machen "Patient hat Symptom A, also geb ich Medikament B, weil das hier so gemacht wird", wirklich weit kommt man damit aber nicht. Und entweder haben die Aachener Biochemiker und Physiologen überwiegend nützliche Dinge beigebracht und diese verlangt, oder aber ich habe sogar schon verdrängt, dass ich mal so ganz abstruse Dinge lernen musste :-)) Da war Anatomie bedeutend schlimmer, davon habe ich mindestens 80% vergessen :-blush

Meuli
05.02.2007, 19:49
Da war Anatomie bedeutend schlimmer, davon habe ich mindestens 80% vergessen :-blush

ja die kleinen Fuß- und Handmuskeln z.B. :-))

Muriel
05.02.2007, 20:01
... die ja meine Freundin im großen P gefragt wurde... Horror... also, ich weiß, dass es sie gibt, ist doch auch schon was, oder? :-))

Meuli
05.02.2007, 20:07
... die ja meine Freundin im großen P gefragt wurde... Horror... also, ich weiß, dass es sie gibt, ist doch auch schon was, oder? :-))

Aber sicher bist du froh, dass du sie mal irgendwann auswendig gelernt hast oder etwa nicht?? *hust* :-))

Bille11
05.02.2007, 20:11
hey, die sind unschätzbar wichtig.. :-))