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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fall 01/2007 - Alltag in der Rheumatologie



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Lava
06.02.2007, 16:59
So, ich versuche mich mal an einem unserer vielen spannenden Fälle. Wenn's gut geht, hab ich vielleicht noch mehr in Zukunft. :-)

So, wie krieg ich das jetzt nur zusammen... *indenZettelnwühl*

OK, nehmen wir an, ihr seid Arzt in einer rheumatologischen Ambulanz und ein Internist schickt euch einen Patienten mit der Bitte um eine Sonographie der Schulter und der Frage nach Entzündung vs. Arthrose. Im Brief steht, der Patient habe seit vielen Wochen Ruhe- und Bewegungsschmerzen in der rechten Schulter. Da er viel im Wald arbeitet und häufiger Zeckenbisse hat, wurde eine Borrellienserologie veranlasst, bei der IgG und IgM positiv waren. Der Patient wurde zweimalig mit Antibiotika behandelt (Augmentin und Doxycyclin), woraufhin die Beschwerden sich zeitweise gebessert haben, aber nicht weg sind.
Bevor ihr zum Schallkopf greift, dürft ihr dem Patienten natürlich gern ein paar Fragen stellen und untersuchen.

Eilika
06.02.2007, 18:22
Also, erstmal noch ein wenig Anamnese "aus erster Hand":
Seit wann genau hat sie denn die Schmerzen und wann waren die Zeckenbisse?
Was sind das für Schmerzen und wann treten sie auf? Was kann sie tuen, um die Schmerzen besser oder schlimmer zu machen?
Hat sie auch Probleme mit anderen Gelenken? Andere Begleiterkrankungen?
Und zur Untersuchung: Druckdolenz? Schwellung sichtbar/tastbar? Aktive und passive Beweglichkeit? DMS peripher? Oh hilfe, ich kenn mich echt nicht so aus mit Schulteruntersuchung... sind Nacken- und Schürzengriff möglich?

Zoidberg
06.02.2007, 18:31
Die Borrelien Serologie ist das nur ein ELISA oder auch die WB Bestätigung? Welche genauen Antigenmerkmale (siehe hier http://www.laborlexikon.de/Lexikon/Tabellen/21-Banden_Borrelien-Blot.htm)?
Gibt es eine Serologie aus dem Liquor?
Gab es ein EM? Painful arc in der Anamnese? Trauma? Sonstige Gelenke befallen?

Lava
06.02.2007, 19:24
OK, ich versuche mal, eure Anfragen zu vervollständigen.

Der Mann (übrigens 67 Jahre alt), arbeitet seit seiner Rente viel im Wald, daher ist er ständig voll von Zecken. Die Schulterschmerzen sind ihm erstmals im Sommer aufgefallen beim Schießen mit einem Gewehr. Der Rückstoß habe ihm da Schmerzen verursacht. Außerdem kann er sich erinnern, dass ihm beim Waldarbeiten ein Ast auf die Schulter gefallen sei. So genau weiß er das alles nicht mehr. Jedenfalls seien die Schmerzen an einigen Tagen besser als an anderen, aber immer schlimmer geworden. In letzter Zeit hat er praktisch ständig Schmerzen und bei Bewegung seien sie noch stärker. Ob wärme oder Kälte hilft, kann er nicht sagen, habe er nicht probiert.
Seit einiger Zeit sind jetzt auch Schmerzen in der rechten Leisten-/Hüftregion hinzugekommen, er könne kaum noch laufen.
Nachts wacht er wegen der starken Schmerzen oft auf.
Begleiterkrankungen gibt er keine an. Er sei immer kerngesund gewesen. Nimmt bis auf Paracetamol keine Medikamente.

Mir fehlen für die Anamnese noch ein paar allgemeinere Fragen, vielleicht kommen sie noch. :-)

Die Serologie wurde durch einen Western Blot bestätigt, aber über eine genauere Differenzierung kann ich nichts sagen, liegt mir nicht vor. Liquor wurde nie gewonnen. Was ist eine EM?

Zur Untersuchung der Schulter: Schulterschiefstand, man erkennt äußerlich keinen Erguss, keine Rötung oder Überwärmung. DMS peripher ist in Ordnung. Die passive Beweglichkeit der Schulter ist nicht eingeschränkt und auch aktiv kann der Patient eigentlich gut bewegen. Nur schmerzbedingt sind Nacken- und Schürzengriff nicht möglich, die Schmerzen sind am stärkesten bei außenrotation und Abduktion. Beim Palpieren findet sich eine Druckdolenz über dem Coracoid und etwas diffus über den dorsalen Anteilen des Glenohumeralgelenks.

Weil wir drum gebeten wurden, schallen wir mal. Die Beurteilung besagt: sonographisch Zeichen einer glenohumeralen Synovitis, Differenzierung zwischen Omarthritis und Kapsulitis nicht möglich. Befund könnte einer Lyme Arthritis entsprechen, ist aber nicht beweisend.

Bille11
06.02.2007, 19:40
bei der beweglichkeit sind wir ja schon zufrieden.. aber bewegungsumfänge aktiv würden mich schon interessieren.. und dann

gibt es pos jobe?
gibt es pos lag signs (iro/aro)?
gibt es painful arc?
gibt es cross body?
wie sind die bizepssehnentests?
wie weit geht der schürzengriff? lift-off?

zur anamnese:
sturz? vortraumata? jemals was gewesen? ggf. luxation (wg. abd/aro)? andere gelenke betroffen? vor-ops? alk in der anamnese? irgendwelche rheuma-kh in der familie (muttervaterbruderschwesteronkeltante?) medikamente? dauer & ggf. akutmedis?

untersuchung: fieber?

wie schaut der mann aus? asthenisch, muskulös, adipös?

sonogramm: eher blöd, wenigstens ausschluss einer rm-ruptur auch wenn dazu nichts steht ("durchgängige rm-strukturen")
ein rö hätt ich gerne (ap iro/ap aro/abd)
(und noch viel lieber ein arthro-mri, aber in das gelenk was reinzupieksen.. nee...)

unn labor:-))

Lava
06.02.2007, 19:44
Klingt schon gut, Bille. Mag sonst noch wer? Sonst poste ich morgen mal Antworten und Bilder :-)

Auf Wunsch einer einzelnen Dame ergänze bzw. ändere ich mal meine Aussage von eben zur aktiven Beweglichkeit: der Mann hat so starke Schmerzen, dass er ziemlich losjammert, wenn man die Schulter in irgendeine Richtung biegen will. Beweglichkeit ist als schmerzbedingt schon sehr eingeschränkt in alle Richtungen.

Bille11
06.02.2007, 20:21
merci vielmal :-))

Lava
06.02.2007, 20:31
Ke'is Problem :-))

FataMorgana
06.02.2007, 20:37
Zecken beißen übrigens nicht, denn sie haben keinen Kiefer. Sie ritzen die Haut auf und saugen dann mit einer Art Rüssel. Man hat sich daher auf den Terminus "Zeckenstich" geeinigt.

War die Konzentration der IgG-Antikörper gegen Borrelien hoch? Wie lange nach Beschwerdebeginn wurde die Serologie gemacht? Die Banden im IgG-Immunoblot wären natürlich auch noch interessant, wie Zoidberg schon angemerkt hat.

Über wie viele Tage wurde denn jeweils mit Doxycyclin bzw. Amoxicillin + Clavulansäure behandelt? Letzteres ist übrigens eine sehr ungewöhnliche Therapie der Borreliose.

Und wurde im Zusammenhang mit der "Diagnose" (Fehldiagnose?) Lyme-Arthritis jemals ein Gelenkerguss nachgewiesen?

Ein EM ist ein Erythema migrans (früh lokalisiertes Stadium der Borreliose).

Sackbauer
06.02.2007, 20:48
Über wie viele Tage wurde denn jeweils mit Doxycyclin bzw. Amoxicillin + Clavulansäure behandelt? Letzteres ist übrigens eine sehr ungewöhnliche Therapie der Borreliose.

Noe, beides sind gaengige Standardtherapien.

Lava
06.02.2007, 20:49
Achso ja, Erythema migrans macht Sinn :-))

Nein, sowas wurde nicht beobachtet. Was die Serologie angeht, steht da auf dem Laborblatt Index 1,29 (<0,75 negativ; 0,75-1 grenzwertig; >1 positiv), bei der Aufschlüsselung in IgG und IgM steht leider nur "folgt" :-nix

Augmentin hatte er 2x1g bekommen wegen einer Bronchitis, die wohl zu dem Zeitpunkt im Sommer ebenfalls vorlag und Doxycyclin hat er zweimal für jeweile 4 Wochen gehabt, zuletzt bis vor 3 Wochen. Es wurde einmal ein gringer Erguss sonographisch im AC Gelenk nachgewiesen und sonst kleine Ergüsse um die Bizeps- und Subscapularissehne.

Bille hatt ganz richtig nach Aussehen und Fieber gefragt. Wir sehen einen Mann in reduziertem AZ und sehr schlankem EZ. Fieber wird bejaht, letzte Nacht bis 38,2°C.

FataMorgana
06.02.2007, 20:55
Noe, beides sind gaengige Standardtherapien.

Wer empfiehlt denn, das Amoxicillin mit Clavulansäure zu kombinieren?

Lava
06.02.2007, 20:56
*räusper* Können wir uns um sowas vielleicht später kümmern?

FataMorgana
06.02.2007, 21:01
Nein, sowas wurde nicht beobachtet. Was die Serologie angeht, steht da auf dem Laborblatt Index 1,29 (<0,75 negativ; 0,75-1 grenzwertig; >1 positiv), bei der Aufschlüsselung in IgG und IgM steht leider nur "folgt" :-nix

Und wann wurde die Serologie gemacht?

FataMorgana
06.02.2007, 21:02
*räusper* Können wir uns um sowas vielleicht später kümmern?

Sackbauer möchte mal wieder seine Schwanzlänge mit meiner vergleichen.
:-))

Sackbauer
06.02.2007, 21:02
Wer empfiehlt denn, das Amoxicillin mit Clavulansäure zu kombinieren?

Es ist net unbedingt notwendig die Clavulansaeure, da hast du Recht. Amoxicillin wuerde reichen, aber Augmentin hat so ziemlich das gleiche Spektrum wie ein 2. oder 3.Generations iv Cefalosporin, also kommt es sich auf das gleiche raus. Ich geb gern Augmentin, macht weniger C.Diff als Cefuroxim, mE.

Bille11
06.02.2007, 21:03
so sagt es mein lehrbuch auch. danke. das thema hätten wir dann auch..

zum thema:

labor... bsg, crp, hb, erys, na,k, cl, leberstatus?

MRI *BETTEL*

Sackbauer
06.02.2007, 21:04
Sackbauer möchte mal wieder seine Schwanzlänge mit meiner vergleichen.
:-))

Da wuerdest du aber wie ueblich den kuerzeren ziehen.... :-D

Bille11
06.02.2007, 21:06
MRI .... (und meinetwegen auch gerne OHNE KM, wegen der infektgefahr)..

und was macht das hüftgelenk? wo tuts da weh? und wie ist da der bewegungsumfang??

flx/ext/aro/iro/abd/add/4er/menell/krepitation/druckdolenzen/lokalstatus inspektorisch?

rö/mr?

FataMorgana
06.02.2007, 21:07
Da wuerdest du aber wie ueblich den kuerzeren ziehen.... :-D

Diesmal habe ich bereits den längeren gezogen. :-))