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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Diagnosestellung? Laborwerte?



Studmed1
22.02.2007, 16:09
Fall: Patientin 35,5 Jahre, 2 Kinder, Sportlerin, BMI 20,1, gesunde Ernährung
Seit 5 Wochen starke persistierende Schmerzen in beiden Sprunggelenken, beiden Kniegelenken, beiden Ellenbogengelenken und ein bisschen in der "Hüfte", morgendlich verstärkt Schmerzen, teils Morgen"steifigkeit".
Haut: intakt, keine Effloreszenzen
Kniegelenkergüsse fraglich, Fußgelenke geschwollen
Schmerzen erträglich mit Beofenac (Diclofenac-Abkömmling) 2 x tgl.
Therapie des Hausarztes nach folgendem Labor mit 7 Tagen Cefaclor
Labor soweit unauffällig außer:
Hämatokrit 42
MCH leicht erniedrigt
Lymphocyten 16 % (Norm 25-40)
Eosinophile 6 % (Norm unter 4)
Anti-Streptolysin 280 (Norm unter 200)
CRP 19 (Norm unter 0,5)
HDL 42 (erniedrigt)
GGT 42 (erhöht) - evtl. durch Beofenac???
TSH und T4 normwertig
T3 202 (Norm 70-180)
Vom kleinen Rheumaprofil her Latex-Rheumatest negativ, aber eben CRP und Anti-Streptolysin erhöht.

Kennt jemand Diffentialdiagnosen?

Auf Lyme-Arthritis noch nicht getestet, Antibiotikagabe ohne Erfolg (was die Schmerzen betrifft)

Warum Eos erhöht? Warum Lymphos erniedrigt? Was sagt ein alleinig erhöhtes T3 aus???

Die patientin wurde vom Orthopäden direkt zum Rheumatologen weitergeschickt... Aber Termin erst im MAI! Schmerzen nicht erträglich.

Wer kennt hier passende Differntialdiagnosen zur Rheumatoiden Arthritis???

DANKE

Flemingulus
22.02.2007, 17:59
Fieber & Gewichtsverlust gibts hoffentlich nicht oder?

Anamnestisch noch Frage nach zurückliegenden Atemwegs/GI/Urogenital-Infekten. Sind etwas viele Gelenke, aber Alter und Bevorzugung der großen Gelenke der unteren Extremität würde zu reaktiver Arthritis (Reiter-A.) passen. Eine Konjuktivitis/Uveitis würde das jetzt natürlich schön abrunden, scheint aber nicht zu bestehen? Trotzdem serologisch Hinweise auf Chlamydien-Inf.? Yersiniose? HLA-B27?

Rheumat. A. scheint vom Gelenkbefall her eher unwahrscheinlich. Dito Psoriasis arthropathica (zumal keine Hinweise auf Haut- (Nagel?)-Veränderungen).

Bzgl. SLE könnte man nochmal die ARA-Kriterien abklopfen. Und wie gehts der Niere? Albuminurie?

Bisher kommt mir beim Labor außer dem CRP nix besonders signifikant vor.

Trojan
22.02.2007, 18:32
Hmmm...sieht nach Läusen und Flöhen aus. Solitär erhöhtes FT3 kommt bei einem geringen Prozentsatz hyperthyreoter Menschen vor, das sollt man einfach mal "im Auge behalten".
Würde mich sonst Flemingulus anschliessen, und im Hinblick aufs CRP schon mit der Fahne wedeln:bei der Skala, die ihr benutzt, ist ein CRP von 19 schon ne ganze Portion. Ich würde die Gute stationär einsacken und, bevor ich sie zum Rheumatologen schicke, Serienblutkulturen und ein Echo machen, um eine Endocarditis auszuschliessen. Die kann nämlich auch ordentliche Gelenkbeschwerden machen (die meistens aber nicht so symmetrisch sind).
Insgesamt gefällt mir das ganze nicht, die sollte sich nach dem Lazarette begeben und dortselbst verweilen;-)

Bille11
22.02.2007, 18:42
röteln gabs keine in der nähe in letzter zeit?? parvovirus??

klingt für mich schon viral... (wobei ein punktat & rö/mri mir gefallen würden zur abklopfbarkeit der anderen dd)

Studmed1
22.02.2007, 18:58
Röteln negativ, keine Uveitis, kein Fieber, keine Gewichtsabnahme.
Albuminurie nicht bekannt, da kein U-Status/-Untersuchung.
Alle anderen Viren nicht getestet - der Hausarzt war sehr zurückhaltend mit dem Labor. Wollte auch nicht mehr machen.
Ich werde euch auf dem Laufenden halten, bitte aber um noch mehr Differential-Diagnosen, wenn möglich. Danke.

hmg
22.02.2007, 19:31
Mir fehlt da als wichtige Diff-Diagnose noch das Rheumatische Fieber. Zwar ist der ASL-Titer mit 280 noch nicht eindeutig erhöht (laut Herold ist erst >300 charakteristisch für einen akuten Infekt), aber die Gelenkbeschwerden und das hohe CRP passen schon.

Subkutane Knötchen hat die Patientin nicht irgendwo, oder?

Ich würde auf jeden Fall auch ein Echo empfehlen zum Ausschluß einer Peri-/Myo-/Endokarditis, außerdem vielleicht ein HNO-Konsil bzgl. Fokussuche (irgendwo muß das CRP ja herkommen). Und Blutkulturen würde ich bei einem CRP von 19 auch auf jeden Fall machen, selbst wenn die Patientin kein Fieber hat.

Mit welchem Antibiotikum wurde denn anbehandelt? Und über welchen Zeitraum? Gab es Auswirkungen aufs CRP?

Mich würden in dem Zusammenhang auch noch die Leukos und die BSG interessieren. Wie sieht das EKG aus? Irgendwelche ST-Veränderungen oder eine verlängerte PQ-Zeit?

Michael

Lava
22.02.2007, 19:34
Ich weiß ja nicht, was 0,5 für ein Normwert beim CRP sein soll. Was für eine Einheit ist das? Wenn es mg/l sind, sind 19 für einen Rheumatologen nicht viel... SLE hat niedrige CRP Werte. RA und die Spondys gehen eher mit höheren CRPs und Senkungsraten einher. Wie ist denn sie Senkung? Vom Verteilungsmuster des Gelenkbefalls klingt es wirklich nach Spondy, also Bechterew, Psoriasis, Crohn assoziiert. Also vielleicht mal ne ÖGD und Kolo achen. Reaktiv ist auch noch gut möglich -> Gelenk punktieren, Kultur machen, PCR auf Borellien. Außerdem würde ich noch eine Dünndarmbiopsie machen und darin eine Whipple PCR. An M.whipple sollte man bei unklaren Gelenkserkrankungen auch immer denken. Gibts eigentlich Röntgenbilder oder Sonograhpien der Gelenke? War nur der Rheumafaktor positiv? Wie sieht's aus mit CCP Antikörpern und ANAs? Bei V.a. Lupus auch Cardiolipin Ak und Lupus Koagulans bestimmen.

FataMorgana
22.02.2007, 22:43
Bevor man da noch lange rummacht, würde ich auf einer stationären Aufnahme in der Rheumatologie bestehen. Und zwar zügig.

Das CRP wurde sicher in mg/dl angegeben, nicht wahr? 19 ist dann schon wirklich viel - da ist so richtig was im Gange.

Ein Virusinfekt kommt für meinen Geschmack eigentlich nicht in Betracht - das CRP ist dafür zu hoch. Adenoviren können zwar auch derartige CRP-Erhöhungen verursachen, passen aber klinisch nicht.

Für eine Borreliose ist das CRP auch tendenziell zu hoch.

Auf keinen Fall darf man bis Mai auf den Rheumatologen warten. Wenn es stationär nicht geht / gewünscht ist, soll der Hausarzt unbedingt beim Rheumatologen anrufen und ihm die Situation schildern. Dann gibt es sicher schneller einen Termin.

Mir würden als mögliche DDs noch ein Still-Syndrom oder ein Löfgren-Syndrom einfallen, wobei ich das für weniger wahrscheinlich als eine frühe RA oder eine Spondylarthritis halten würde.

Sackbauer
22.02.2007, 23:05
Lool.

Bevor wir hier ne OGD, Colo, Whipple-Biopsie, MRI udlg anschaffen, wuerd mich vielleicht noch was basales interessieren, naemlich die ANA.

Virusinfekt mit CRP 190? Unwahrscheinlich.
Keine Urinuntersuchung? unverantwortlich ?Proteine ?Crea

Scheiss auf ASL und T3.

Still auch eher unwahrscheinlich, betrifft in erster Linie Kinder, hohes Fieber, hohe Leukos, Exantheme.....

Lyme is net so polyarthritisch.

RF: unwahrscheinlich, so gut wie keine Jones-Kriterien passen.

Sarkoidose: Alter wuerde passen, doch net so polyarthritisch.

Ich wuerd aufgrund des hohen CRP (190 in normalen Einheiten) eher auf was infektioeses tippen, und mal gscheit mit Doxycyclin reinfahren.

Den Lupus wuerd ich aber im Hinterkopf behalten, von daher dringend: ANA, dsANA, Crea und Urin-dip.

Lava
23.02.2007, 20:32
Hier war nach Differentialdiagnosen gefragt, Sackbauer. Klar klappert man erstmal das häufige Zeugs durch, bevor man sich auf die Exoten stürzt. Aber in der Rheuma kommen unklare Fälle seeeehr häufig vor und wenn man gar nicht erst nach Whipple oder nem okkulten Crohn sucht, findet man nie einen. Bei nicht konklusiven Befunden suchen wir immer auch nach solch seltenen Sachen. Und außerdem... Antikörper sind immer so ne Sache... und wenn wir schon dabei sind, kann man auch SS-A uns SS-B bestimmt, zwecks Overlap Syndrom. Wir hatten grad zwei Sjögren Patienten auf Station mit Polyarthritis.

Sackbauer
24.02.2007, 00:03
Eins nach dem anderen.

Studmed1
27.02.2007, 17:10
Jetzt beim Rheumatologen ganz viel blut abgenommen. Welche Werte bestimmt werden, wusste die Patientin leider nicht. Aber eine BSG wurde wohl auch gemacht.
Es ist nun ein Herzgeräusch dazugekommen. Systolisch 3/6 mit p. m. über 5. ICR links parasternal... Es war jedoch zwischendurch mal nicht auskultierbar... :-((
Was haltet Ihr davon?

Lava
27.02.2007, 17:29
Hat sie eine Anämie? Ansonsten würde ich bei einer jungen Patientin mal auf ein funktionelles Herzgeräusch tippen. Hast du mal in allen Lagen abgehört? Sitzen, liegen, Linksseitenlage, im Sitzen leicht vorbeugen... und dann mal beim Valsalva Manöver abhören. Sollte das Geräusch dann lauter werden, ist es definitiv abklärungswürdig. Ist es denn wirklich ein Systolikum? Oder vielleicht ein Mitralklappenprolaps? Auf jeden Fall EKG und evtl. ein Herzecho könnten nicht schaden.

FataMorgana
27.02.2007, 21:52
Man sollte dann eine Endokarditis ausschließen.

Studmed1
01.03.2007, 16:21
Heute Labor von der Rheumatologin erhalten:
Diagnose: "Arthritis"
Sehr unbefriedigend, weil dieses ja bereits bekannt war und die Diagnose anscheinend nur klinisch gestellt wurde.
Die Patientin wird weiterhin mit Beofenac 2 x 100 mg / d behandelt. Die Schmerzen sind dabei gut zu ertragen.
Seit 3 Tagen klagt die Pat. über zunehmende Schlappheit, Müdigkeit und Unmotiviertheit.
Aktuelles Labor (nur das Auffällige):

Hämatokrit 35 % (in 5 Tagen von 39 auf 35 gefallen)
(Hb mit 12,2 stabil, Erys mit 4,5 auch normwertig)

Citrullinpeptid 1,5 U/ml - ob IgM oder IgG leider nicht bekannt!!! (Dx: CMV?????)

Gamma-GT weiterhin erhöht: 42 (so war der Wert auch vor Beofenac-Einnahme) - welche Aussage???

BSG: 20 (also erhöht!)

CRP von 19 auf 25 gestiegen (Norm unter 0,5) - welche Aussage???

3 Werte können wir nicht zuordnen:
ALR, A1r und A2r - könnt ihr mir da helfen? (ALR im Serum ist wohl mit 52,7 erniedrigt!!!) Was ist das für ein Wert??? Hat der etwas mit Parathormorn zu tun? PTH allerdings im Normbereich.

So, und nun seid ihr dran...
Termin beim Kardiologen erst in 2 Wochen, erneuter Termin bei Rheumatologin erst in 1 Woche.

Bis dahin soll die Patientin einfach weiterhin Beofenac nehmen...

Was sagt ihr zu der GGT? Zum HKT-Abfall? Zur CRP-Erhöhung? Zur beschleunigten BSG?


DANKE DANKE DANKE

Lava
01.03.2007, 18:35
Also ne BSG von 20 lockt keinen Rheumatologen unterm Ofen hervor. Das ist ja minimalst erhört. Das hohe CRP steht in einem ziemlichen Gegensatz dazu. Die Anämie kann im Rahmen der Entzündung sein. Wie ist den MCV und so weiter? Ferritin? Folsäure? Vit B 12?

Du kannst übrigens von einem Rheumatologen nicht erwarten, eine Diagnose innerhalb von wenigen Tagen zu stellen. Teilweise dauert dieser Prozess Jahre! :-D Irgendwie fehlen mir da noch viele Abklärungen... Arthritis hin oder her, es muss doch einen Verdachtsmoment geben!

Studmed1
04.03.2007, 08:37
Aktueller Stand:
Diagnose der Rheumatologin: Reaktive Arthritis...
Für 6 Monate Beofenac. Danach sollen die Schmerzen weg sein.
Die Patientin ist sehr unzufrieden. Reaktiv auf was? Auf welchen Erreger?
1/2 Jahr Beofenac? Kann auch nicht so gut sein...

Dienstag Termin beim Kardiologen wegen intermittierendem Herzgeräusch (Systol.) über 5. ICR links parasternal!

Die Patientin klagt weiterhin über anhaltende Müdigkeit und Schwäche. Kein Fieber gehabt.

FataMorgana
04.03.2007, 09:12
Citrullinpeptid 1,5 U/ml - ob IgM oder IgG leider nicht bekannt!!! (Dx: CMV?????)

Hier sind sicher Autoantikörper gegen CCP gemeint (cyclische citrullinierte Peptide). Das ist ein relativ neuer Marker für die rheumatoide Arthritis, sehr spezifisch. Welcher Normalbereich wurde denn dafür angegeben? Es sind nämlich verschiedene Tests auf dem Markt, die Einheiten sind nicht standardisiert. Es wird bei allen mir bekannten Tests ein IgG-Konjugat verwendet. Mit CMV hat das rein gar nichts zu tun.


Gamma-GT weiterhin erhöht: 42 (so war der Wert auch vor Beofenac-Einnahme) - welche Aussage???

Im Moment keine wesentliche. Wie hoch ist die AP und die GPT, das Bilirubin?


CRP von 19 auf 25 gestiegen (Norm unter 0,5) - welche Aussage???

Keine wesentliche - macht nicht so einen großen Unterschied, ob CRP 19 oder 25. In jeden Fall ist das CRP sehr hoch. Insofern verstehen ich nicht ganz, dass die Ärzte hier so starke Nerven haben und Termine im 1-Wochen-Rhythmus vergeben.


Zum HKT-Abfall?

Irrelevant.


3 Werte können wir nicht zuordnen:
ALR, A1r und A2r - könnt ihr mir da helfen? (ALR im Serum ist wohl mit 52,7 erniedrigt!!!) Was ist das für ein Wert??? Hat der etwas mit Parathormorn zu tun? PTH allerdings im Normbereich.

Diese Parameter kenne ich nicht. Und ich kenne mehrere Tausend, das kannst Du mir glauben. Frag nach, bei der Rheumatologin oder im Labor. Ist nicht peinlich.

Lava
04.03.2007, 16:39
Hat man ne Chlamydien PCR aus dem Urin gemacht? Das wär ja schonmal was, was die These "reaktive Arthritis" untermauert. Passen würde das schon zum Befallsmuster. Aber CCP Antikörper? Hmm....