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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ärztliche Anordnungen - nötig oder nicht?



Roxane
29.03.2007, 21:10
Hallo zusammen,

heute bei der Übergabe ist mir aufgefallen, das oft nach dem Motto 'X hatte Schmerzen, ich habe ihm deswegen soundsoviel Tropfen Y gegeben' berichtet wird. Brauchen Krankenschwestern ärztliche Anordnungen oder können sie eigenverantwortlich mit Novalgin, Buscopan und ähnlichem um sich schmeißen?

vlsime
29.03.2007, 22:30
Hallo!


heute bei der Übergabe ist mir aufgefallen, das oft nach dem Motto 'X hatte Schmerzen, ich habe ihm deswegen soundsoviel Tropfen Y gegeben' berichtet wird. Brauchen Krankenschwestern ärztliche Anordnungen oder können sie eigenverantwortlich mit Novalgin, Buscopan und ähnlichem um sich schmeißen?

In vielen Krankenhäusern ist es so, daß den Patienten - neben der "stehenden" Dauermedikation auch "Bedarfsmedikation" verordnet wird, d.h. "Pat. XY nimmt dreimal täglich Medikament 1, und bei Schmerzen kriegt er 20 Trpf. Medikament 2 bis zu dreimal täglich", so daß das Pflegepersonal nicht wegen jedem Kleinkram den Arzt fragen (oder gar wecken!) muß.
Teilweise gibt es sogar feste Schemata z.B. für den Umgang mit postoperativen Schmerzen nach bestimmten Operationen. All dies erleichtert natürlich massiv die Abläufe auf einer Station, anders wäre der Alltag vielerorts nicht zu bewältigen...

Grüße!

Rico
29.03.2007, 22:32
Ja, brauchen sie. :-meinung
Zunächsteinmal rein rechtlich darf eine Krankenschwester gar keine verschreibungspflichtigen Medis "anordnen". Die Schwester begibt sich also juristisch in gefahr wenn sie das tut. Der vorrausschauende Arzt schreibt daher bei der Bedarfsmedikation schon Novalgin & Co mit rein.

Es gibt aber auch Situationen, in denen soll der Patient kein Schmerzmittel bekommen, z.B. wenn der Patient mit einem kompensierten Gefäßverschluss hat, der seine Aufdehnung erwartet, z.b. am nächsten Tag. Sollte sich der Fuß verschlechtern und die Schmerzen des Patienten zunehmen, wäre das ein Zeichen, dass der Eingriff schneller erfolgen müßte, u.U. notfallmäig sofort. Wenn der aber schon Schmerzmittel bekommen hat, dann verschläft man u.U. diesen Moment (weswegen ich z.B. in solchen Situationen explizit in die Kurve schreibe, dass der Pat. kein Schmerzmittel bekommen soll - und das natürlich auch mit ihm selber bespreche).

el_Barto
29.03.2007, 23:23
Also ich für meinen Teil bin sehr glücklich darüber, wenn die Schwestern, die ja nun teilweise über jahrzehntelange Erfahrung und eine ordentliche Ausbildung verfügen, das ein oder andere Medikament auch mal von sich aus geben. Rechtlich ist das natürlich ein Problem, praktisch ist es allerdings äusserst prima, wenn Du als Dienstarzt nicht wegen jedem Scheiss angerufen wirst. (Merke: Der Patient hat IMMER (!!!) Schmerzen/Verstopfung/nen Hirnfurz/kann nich schlafen/ne zuckende kleine Zehe/kriegt schlecht Luft...98% der Dinge hätt er zu Hause im ,,gesunden´´ Zustand auch und würde sich gar nicht gross drum scheren, aber da ja im KH immer ein Idiot in weiss verfügbar ist, wirds auf einmal zu einem lebensbeinflussenden Problem!)

Ich liebe :-love eigenständige Nachtschwestern!

BL4
30.03.2007, 01:16
Wie mein lehrer immer zu sagen pflegt: Im krankenhaus gibt es keinen arzt-freien raum.

alex1
30.03.2007, 09:06
Schwestern, die sich um Kleinigkeiten von alleine kümmern sind wirklich Spitze.
Man merkt's an jeder Kurve, die man nach dem WE sieht.

Typischer Fall: Stuhlgang am Wochenende.

Patient hat keinen Stuhlgang, trinkt nicht genug, versteckt die Movicol-Beutel im Schrank. Schwester kümmert sich natürlich diesbezüglich nicht.
Im Idealfall fängt der Patient damit an am Donnerstag und hat dann erstmal keinen Stuhlgang auch bis Sonntag. Am Montag morgen kommt der entspannte Assistent zurück aus dem Wochenende und wird mit Panik empfangen:
"Der Patient hatte seit 4 Tagen keinen Stuhlgang!"
Und wieso?
Weil die Schwester es verpennt hat zu gucken ob der Patient seine Medikamente auch wirklich nimmt, genug trinkt und sich am Wochenende beim Dienstarzt nicht gemeldet hat ( oder im Idealfall nicht selber gehandelt hat)
Wenn man Glück hat, ist das ein immobiler Patient, der nicht aufstehen kann. Somit kann man sich an Schwester und Patient rächen:
"2 l Oralav. Prost!"

Roxane
30.03.2007, 16:29
Zur Verständnisüberprüfung:

Eine Krankenschwester darf offiziell nur das dem Patienten geben, was vom Arzt in der Kurve angeordnet wurde. Inoffiziell wird auch nicht Verordnetes gegeben, weil die Krankenschwestern genügend Berufserfahrung haben, um zu wissen, was nötig ist (was oft der Fall ist)? Würde ich als Krankenschwester ehrlich gesagt nicht tun, wenn da mal ein Patient auf irgendetwas paradox reagiert, wären die ja dran.

catgut
31.03.2007, 17:15
Nein, es wird ja verordnet durch die Klausel "Bedarfsmedikation". Innerhalb der Verordnung liegt der Ermessensspielraum beim Pflegepersonal. Was nicht in der Kurve unter Bedarfsmedikation steht, darf auch nicht verabreicht werden. Zumal die Pfleger auch eine Dokumentationspflicht haben, d.h. es ist ja auch nachvollziehbar, was wann wieviel und warum verabreicht wurde. D.h. wenn mit der ordnungsgemäß eingetragenen Medikation was nicht stimmt, dann ist der Arzt in der Verantwortung, der das ja so für den Bedarf angeordnet hat, was er nicht darf, wenn Gründe dagegen sprechen.
Alles andere würde rechtliche Probleme nach sich ziehen.

schwarzwald
31.03.2007, 17:43
Da ich das ja jeden Tag selbst erlebe, mal kurz meinen Senf dazu ;-)

Leider gibt es immer Kolleginen & Kollegen, die sich nicht zuständig fühlen, sich um die Medieinnahme der Pat zu kümmern... :-nix

Zum Thema, der Diensthabende würde mich im Flug erschlagen, wenn ich in den ND alle paar Minuten anrufen würde, weil einen Pat typische Postop Komplikationen plagen..... :-peng

Glücklicherweise gibt es die schon erwähnten Bedarfsmedis und viele Ärzte dokumentieren postop auch, dass Schmerzmedis, die zB im AWR schon gegeben wurde, bei Bedarf auch ohne Rücksprache (spez im ND) verabreicht werden können. :-top

Es ist natürlich Pat & situationsabhängig, aber nach einigen Jahren Nachtdienst hat man dafür schon eher ein Auge, wann ich den AvD dazu hol und wann eben noch nicht.

Und nicht verschreibungspflichtige Medis, wie Kautbl gegen Blähungen, Beutel gg Magenbeschwerden, oder auch zB Fenistilgel bei einem Jucken kann jede examinierte KS ohne Rücksprache, aber natürlich immer nur mit Dokumentation, verabreichen !



:-meinung

Evil
31.03.2007, 18:14
Ich war auch schwer begeistert, als mich neulich um 2:30 eine Schwester anrief und mir mitteilte, daß es ein Problem mit der Magensonde von Herrn xy gegeben hat, sie diese aber ausgewechselt hat und nun alles gut sei :-keks

Naja, andererseits gibt's Kollegen, die darauf bestehen, über alles informiert zu werden... außerdem war ich eh noch wach...


Ich freu mich aber auch über erfahrene und selbstständige Schwestern, die Situationen selbstständig einschätzen können :-)

schwarzwald
31.03.2007, 18:25
Naja, andererseits gibt's Kollegen, die darauf bestehen, über alles informiert zu werden... außerdem war ich eh noch wach...



Ja, solche Docs gibts auch & wenn sie das wollen, dann ruf ich auch jedesmal na ;-)
Aber dann will ich auch net geschimpft werden, wenn ich anruf, weil die Privatpatientin sich über Muskelschmerzen nach einer Lapski beschwert und mit einem Arzt sprechen will :-))

Sackbauer
31.03.2007, 19:13
Hihi, in UK bin ich nur im 1. Jahr "Assi" fuer Stationsproblemchen zustaendig, denn es gibt immer einen House Officer (1. Jahr) und einen SHO (2. -3. Jahr) gleichzeitig.

Dr. Hyde
02.04.2007, 19:08
Naja, andererseits gibt's Kollegen, die darauf bestehen, über alles informiert zu werden...


...und die gehören mit dem sack auf den tisch genagelt und im kreis gedreht! ;-)

diese typische korinthenkackerei, und dann auch noch immer rumnölen (schlimmstenfalls rumschreien....weiß ja jeder, dass der, der am lautesten brüllt, der ist, der recht hat...)
anstatt einfach mal begeistert zu sein, dass ein mitarbeiter seinen grips genutzt hat.... und den mist in der kurve nachzutragen :-top

völlig klar, dass einem vor ärger der schwanz auf erdnussgröße schrumpft, wenn mal irgendjemand ohne rücksprache (wenn völlig klar ist, dass es nichts schadet...) ein paar tropfen mcp rausgegeben hat....


hmmm...hab wohl grad ne vulgäre phase....das scheint der einfluß des pj zu sein :-blush