PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Spiegel TV Reportage letzte Nacht



STREBER20
28.04.2007, 09:08
Hallo,

hat einer in der letzten Nacht von Freitag auf Samstag die Spiegel TV Reportage auf Vox "Ärzte im Kampf gegen Leben und Tod" gesehen? Also ich hab um halb drei den Fernseher ausgemacht...die Reportage wäre noch bis 5:20 gegangen :-sleppy

Wie fandet ihr diese Reportage? Was hat euch gefallen und was nicht? War sie eurer Meinung nach treffend dargestellt?

Also eine Sache fand ich bemerkenswert. Der Reporter fragte einen Assistenzarzt in einer Eppendorfer Klinik, was er denn tun würde, wenn er nach 24 Stunden Dienst noch operieren müsste? Schulterzuckend blieb selbiger - leicht resignierend - eine Antwort schuldig, die man sich aber durchaus denken konnte.
Ein weiterer Punkt, den ich als med. Laie nicht verstehe ist, warum es diese >24 Stunden Schichten gibt wegen Personalmangels. Ja was ist denn mit dem großen Haufen an Medizinstudenten, die Jahr für Jahr fertig werden? Die können doch nicht alle ins Ausland oder in die Forschung gehen...Sowas bleibt mir rätselhaft. Und nach 24 Stunden Dienst auch noch Bereitschaft (Ist es angenehm, nach 24 Stunden Dienst und 2 Stunden Schlaf vom Piepser geweckt zu werden, um dann wieder frisch und munter und unter vollster Konzentration in der Notaufnahme zu stehen?!).
Da fragt man sich doch echt, wenn man sowas sieht, warum man den ganzen Stress auf sich nehmen sollte? Das ist doch auf Dauer Schindung seiner selbst. Es mag zwar in anderen Kliniken durchaus auch humanere Dienstzeiten geben, aber ich greife bewusst diese Hamburg-Eppendorfer Klinik auf, weil hier sehr schön gezeigt wird, was einem nach dem Studium erwarten könnte.
Nun ist aber eure Meinung gefragt (wahrscheinlich wurde dieses Thema schon totdiskutiert, aber mir geht es im Grunde genommen nur um ein kurzes Statement, wie ihr die Reportage fandet).

milz
28.04.2007, 09:42
Ein weiterer Punkt, den ich als med. Laie nicht verstehe ist, warum es diese >24 Stunden Schichten gibt wegen Personalmangels. Ja was ist denn mit dem großen Haufen an Medizinstudenten, die Jahr für Jahr fertig werden? Die können doch nicht alle ins Ausland oder in die Forschung gehen...

Der Personalmangel ist künstlich. Am Personal kann man sparen, das maximiert den Gewinn.


Sowas bleibt mir rätselhaft. Und nach 24 Stunden Dienst auch noch Bereitschaft (Ist es angenehm, nach 24 Stunden Dienst und 2 Stunden Schlaf vom Piepser geweckt zu werden, um dann wieder frisch und munter und unter vollster Konzentration in der Notaufnahme zu stehen?!).
Da fragt man sich doch echt, wenn man sowas sieht, warum man den ganzen Stress auf sich nehmen sollte? Das ist doch auf Dauer Schindung seiner selbst.

Es liegt ganz an Dir, was Du mitmachst. Es gibt auch außerhalb der Patientenversorgung gute Möglichkeiten. Ich habe auch nicht vor mich in der Klinik verheizen zu lassen.

Doctöse
28.04.2007, 11:18
Ich habe diese Reportage auch gesehen und um halb vier wegen akuter Müdigkeit ausgeschaltet.
Der Arzt besagter Unfallklinik wurde gefragt, nachdem er dann 40 Stunden wach war, ob er noch ordentlich operieren könne. Das ganze wurde er während eines Eingriffs gefragt (Patient in Lokalanästhesie :-)) ) und die Antwort des Docs "das muss halt gehen". Man man man, was hätte er auch sonst sagen sollen? Etwa "nee, das geht nicht, da zitter ich immer so und dann hab ich Nähte mit 90-Grad-Winkeln" ?
Ich fand aber, daß die sich bei den Kliniken teilweise Extreme rausgesucht haben. Z.B. die Dortmunder Frauenklinik, die ich auch kenne (und eine Schwester, die dort arbeitet). Da gibts doch bedeutend angenehmere Arbeitsplätze.
Klar, die Reportage hat auch Tatsachen gezeigt, allerdings wird bei solchen Dokus immer nur die eine Seite präsentiert. Letzte Nacht wollte Spiegel-TV offensichtlich zeigen, wie beschi$$en die berufliche Situation von Ärzten sei. Dieser Schuss kann aber leicht nach hinten losgehen. Denn richtig beschwert hat sich keiner der Ärzte. (Und wie soll da ein Außenstehender die Lage begteifen, wenn keiner den Mund aufmacht). Die einzigen, von denen mal ansatzweise sowas wie beschwerdeträchtige Äußerungen kamen, waren die Hebammen der Dortmunder Klinik. Aber die dürfen sich Überstunden aufschreiben und bekommen diese bezahlt/Ausgleich... Ich schätze mal, daß die Kliniken da auch Zensur betrieben haben, oder daß die Docs vielleicht einfach an ihrem Job hingen und Angst vor Konsequenzen hatten, wenn sie sich im TV negativ über die Belastung äußern würden :-nix

Man muss ja auch sagen, von den Ärzten wurde bisher nahezu erwartet, daß sie eine idealistische Einstellung haben und sich für andere aufopfern. Wer sich beschwerte, dem wurde bisher eher Verständnislosigkeit entgegengebracht. Zumindest da hatten die Streiks und auch diverse Dokus Erfolg. Habe es seitdem oft erlebt, daß Ärzte vom Patienten mitleidig gefragt wurden, wie lange sie denn heute schon arbeiteten und wann sie endlich Feierabend haben :-)) (Sogar die Famulantin wurde gefragt, wie lange sie schon auf den Beinen sei :-D). Vielleicht haben die Patienten das aber auch zu ihrer eigenen Sicherheit gefragt... :-))



Ja was ist denn mit dem großen Haufen an Medizinstudenten, die Jahr für Jahr fertig werden? Die können doch nicht alle ins Ausland oder in die Forschung gehen...Sowas bleibt mir rätselhaft.
Was für ein großer Haufen??? Von denen, die fertig werden, gehen über 30% direkt in Bereiche außerhalb der Patientenversorgung. Ein ebenfalls nicht geringer Anteil geht ins Ausland. Es gibt sogar einige, die schon nach dem 10. Semester in andere Bereiche abwandern und gar nicht erst ihr PJ und Examen machen.


Ich würde auch in keiner der in der Reportage gezeigten Kliniken arbeiten wollen. Es gibt zum Glück Kliniken, wo es anders läuft, wo man sich nicht zum Zombie arbeitet und nicht nach 40 Stunden ohne Schlaf noch operieren muss. Solange es noch Kliniken mit guten Arbeitsbedingungen gibt, solange bleibe ich der Klinik treu. Kaputt arbeiten will ich mich aber nicht. Für diesen Fall habe auch ich Alternativen.

Ich fand diese Reportage gelinde gesagt nicht gut. Einfach weil keiner der Ärzte sich so richtig getraut hat, zu sagen, daß es einfach verdammt nochmal schei$$e ist, ewig wach zu sein und auch nach 40 Stunden noch immer 100% zu geben...
Und warum haben sie nichts gesagt? Wenn man sich anschaut, WER da befragt wurde, nämlich z.B. recht oft die Assis der Pädiatrie. Angesichts der schlechten Stellenlage in diesem Fach, überlegt man sich als Assi wohl dreimal, ob man aufmuckt, oder lieber ein Jahr durchzieht und dann mit Berufserfahrung die Klinik wechselt :-nix Aber genau DAS weiß doch kaum jemand. Und da entsteht leider schnell der Eindruck "och, so schlecht gehts denen doch gar nicht, die beschweren sich ja nicht wirklich". :-(

Es stinkt. Aber das ist ja nichts neues.

KingLoui
28.04.2007, 12:11
Finde ich auch :-meinung

Ja nicht meckern und bloß schön brav seinen Job machen. Besonders erschreckend fand ich den Assi im 4.Jahr der zu der Zeit noch 2400 Brutto(!) verdient hat und sagt: "Naja man muss halt Idealismus mitbringen sonst muss man sich nen anderen Job suchen!" Das ist doch echt ein Skandal! Warum müssen immer die Ärzte sich aufopfern wollen und Idealismus mitbringen? Was ist z.B mit Richtern und Staatsanwälten? Obwohl der Staat pleite ist, müssen die auch nicht aus Idealismus arbeiten, sondern stecken satte Gehälter ein.

Ich weiss langsam auch nichts mehr zum Ganzen zu sagen, ausser das mal langsam alle aus ihrem Trott aufwachen sollten und nicht immer nur die Duckmäuser spielen.

Kackbratze
28.04.2007, 12:40
Dann wach auf und raus aus dem Trott!
"die polnischen Kollegen stehen schon vor der Tür" Zitat Klinikleitung auf den Protest von ein paar Assistenzärzten...

ledoell
28.04.2007, 13:27
viele probleme, eine lösung: ab ins ausland, und das land schön selbst den bach runtergehen lassen :-meinung

KingLoui
28.04.2007, 13:28
Bin schon wach! :-top

Bin ja noch nicht fertigmit dem Studium, aber so wie das jetzt teilweise aussieht tu' ich mir das sicher nicht an. Sollen sie doch die Leute von überall holen, ob das den Patienten zu Gute kommt bleibt stark zu bezweifeln. Spätestens wenn die Klinik rote Zahlen schreibt wird die Verwaltung merken, dass vielleicht die ärztliche Versorgung doch einer der Grundpfeiler der Patienteversorgung ist und ein Krankenhaus nunmal kein normale Wirtschaftsunternehmen. Sicher ist es nicht einfach sich über Zustände zu beklagen, aber deswegen den Kopf in den Sand zu stecken und sich auch noch alles schön zu reden halte ich für gefährlich. Hat schon in der Vergangenheit zu nichts gutem geführt.

Warum können Pflegekräfte eigentlich immer so einen Druck aufbauen beim streiken, da gibt's sicher auch billigere Kräfte aus dem Ostblock!