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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Epilepsietherapie und Kontrazeption



Persephone
11.05.2007, 15:13
Hallo!

Vielleicht kann mir hier jemand weiter helfen.
Ich habe gerade versucht heraus zufinden, welches Medikament ich einer jungen Frau zur Therapie ihrer Epilepsie verschreiben würde. In den Leitlinien der Gynnies wird Lamotrigin empfohlen. In den neurologischen Leitlinien wird jedoch wegen Arzneimittleinteraktionen davon abgeraten!?!?!
Oder verschreib ich gleich was ganz anderes wie Gabapentin (bei fokalen Anfällen) oder Valproat (bei generalisierten Anfällen)?
Lamotrigin hatte ich deswegen in die nähere Auswahl gezogen, weil es in der Schwangerschaft weiter gegeben werden kann (laut Leitlinie Neuro) und man dementsprechend keine große Therapieumstellung bei SS vornehmen müßte, falls die Frau es sich anders überlegt mit den Kindern.

Unser Prüfer fürs 3.Stex findet Epilepsie total toll (v.a. die neuen Medikamente....), deswegen die Frage.

LG, P.

Doctöse
12.05.2007, 00:32
Im Prinzip hast du deine Fragen schon selber beantwortet :-)

Die Einnahme von Antikonvulsiva erhöht das Fehlbildungsrisiko bei Schwangerschaften. Deswegen wird in den Leitlinien der Gynnies auch das Lamotrigin empfohlen. Zum Vergleich: Fehlbildungsrate bei SS ohne Antikonvulsivaeinnahme 2%, bei Ther. mit Lamotrigin 2,1 - 2,9%, Ther. mit Valproat 5,9 - 8,5%; Ther. mit Lamotrigin und Valproat 11,4%! So als Beispiel.
(Für Lamotrigin liegen aber noch nicht genug Daten vor).

Bei Kinderwunsch sollte ohnehin Monotherapie angestrebt werden, bzw. Absetzen der Medikamente, wenn langjährige Anfallsfreiheit besteht und ein Absetzversuch riskiert werden kann. Wenn eine medikamentöse Therapie beibehalten werden muss, sollte man die Gesamtdosis auf 3-4 Tagesdosierungen verteilen und Retardpräparate einsetzen, weil sich in Studien gezeigt hat, daß Spitzen im Serumspiegel das Fehlbildungsrisiko erhöhen.

Bei Kontrazeption schauts etwas anders aus. Bei Gabapentin und Valproat soll es keine Arzneimittelinteraktionen geben, bei Lamotrigin neuerdings schon (erhöht Clearance von Levonorgestrel). Allerdings wurden viele der Wechselwirkungsstudien über Antikonvulsiva nur in einer Dosis und mit nur einem Hormon durchgeführt, so daß es letztendlich nicht wirklich klar ist, ob es nicht viel mehr Interaktionen gibt, als bisher bekannt :-nix

Kleine Bemerkung am Rande: Östrogene wirken prokonvulsiv, Progesteron antikonvulsiv. Das kann man sich ein wenig zu Nutze machen und zur Verhütung Gestagenbetonte monophasische Pillen einsetzen. Generell sollten aber weitere Verhütungsmittel eingesetzt werden.

Schwieriges Thema, es gibt da ein prospektives Schwangerschaftsregister (http://www.eurap.de/eurap.html), das sich damit beschäftigt.

Persephone
12.05.2007, 07:01
Hey cooler Link! Vielen Dank, also ist es auch hier so (wie so oft in der Medizin :-wow), daß man gar nicht so genau weiß, wie man eigentlich behandelt soll. Wenigstens kann er nicht mehr sagen, ich hätte mich nicht informiert :-D

Tombow
12.05.2007, 10:26
Lamotrigin ist daher vom Interaktionsprofil ungünstig, weil es einer der potentesten CyP450-Hemmer ist und den Metabolismus von so ziemlich vielen Medis verlangsamt, die hepatisch abgebaut werden. In den USA ist Lamotrigin sogar in der "Pregnancy Cat. D" (positive Evidenz für Fehlbildungsrisiko, was aber durch das Benefit von der Gabe aufgewogen wird). Auch wenn das Risiko eher schwächer ist als bei anderen Antikovulsiva, ist es doch mit Vorsicht zu genießen. Was als Monotherapie auch relativ sicher sein soll und einen günstigeren Nebenwirkungs/Interaktionsprofil aufweist, ist Levetiracetam.