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Exkavator
01.06.2007, 01:47
Hallo,

Bin Zahnmed-Studentin und hatte gestern den Fall, dass ein völlig gesunder männl. Patient (Mitte 30, anamnestisch unauffällig und schon öfter bei uns in Behandlung gewesen) auf einmal bei an diesem Tag 2. Gabe von Ultracain D-S 1:200.000 Adrenalin (was er an vorhergehenden Terminen auch schon bekommen hatte) als Leitungsanästhesie noch während des Spritzens urplötzlich krampfte, das Bewusstsein verlor und blau anlief. Nach ca. 2 Min hörte der Krampf auf und er konnte wieder atmen, das Bewusstsein erlangte er allerdings erst wieder, nachdem das sofort herbeigerufene Notfallteam ihm irgendwas spritzte (Diazepam? Ich glaube, die Anästhesistin hat so was gesagt. Ich war allerdings in diesem Moment nicht ganz aufnahmefähig.). Puls war direkt nach dem Anfall schwach, Blutdruck 140 zu 80. Er war dann noch etwas matschig im Hirn, wurde aber schnell besser. An den Anfall hat er keine Erinnerung. CT und EEG waren unauffällig. Angeblich hatte er einen kurzen Herzaussetzer, was ich für gut möglich halte. Die LÄ habe nicht ich gemacht, sondern der Assistent; soweit ich das sehen konnte, hat er nicht versehentlich i. v. gespritzt.
Hat irgendjemand eine Ahnung, was das gewesen sein könnte? So was ist bis dato noch keinem der anwesenden Zahnärzte passiert. Und weiß evtl. auch jemand, was man als Zahnarzt da machen kann, bis der Notarzt kommt? Wir hatten Glück, dass wir im Klinikum waren, da war direkt jemand zur Stelle. Was macht ein niedergelassener Zahnarzt in den 10-15 min, bis der Notarzt da ist? Ich werde natürlich noch die Dozenten fragen, aber ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass die mir befriedigend Antwort geben können.

Für Vorschläge wäre ich dankbar,

Exkavator

hennessy
01.06.2007, 09:39
Hallo,

Bin Zahnmed-Studentin und hatte gestern den Fall, dass ein völlig gesunder männl. Patient (Mitte 30, anamnestisch unauffällig und schon öfter bei uns in Behandlung gewesen) auf einmal bei an diesem Tag 2. Gabe von Ultracain D-S 1:200.000 Adrenalin (was er an vorhergehenden Terminen auch schon bekommen hatte) als Leitungsanästhesie noch während des Spritzens urplötzlich krampfte, das Bewusstsein verlor und blau anlief. Nach ca. 2 Min hörte der Krampf auf und er konnte wieder atmen, das Bewusstsein erlangte er allerdings erst wieder, nachdem das sofort herbeigerufene Notfallteam ihm irgendwas spritzte (Diazepam? Ich glaube, die Anästhesistin hat so was gesagt. Ich war allerdings in diesem Moment nicht ganz aufnahmefähig.). Puls war direkt nach dem Anfall schwach, Blutdruck 140 zu 80. Er war dann noch etwas matschig im Hirn, wurde aber schnell besser. An den Anfall hat er keine Erinnerung. CT und EEG waren unauffällig. Angeblich hatte er einen kurzen Herzaussetzer, was ich für gut möglich halte. Die LÄ habe nicht ich gemacht, sondern der Assistent; soweit ich das sehen konnte, hat er nicht versehentlich i. v. gespritzt.
Hat irgendjemand eine Ahnung, was das gewesen sein könnte? So was ist bis dato noch keinem der anwesenden Zahnärzte passiert. Und weiß evtl. auch jemand, was man als Zahnarzt da machen kann, bis der Notarzt kommt? Wir hatten Glück, dass wir im Klinikum waren, da war direkt jemand zur Stelle. Was macht ein niedergelassener Zahnarzt in den 10-15 min, bis der Notarzt da ist? Ich werde natürlich noch die Dozenten fragen, aber ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass die mir befriedigend Antwort geben können.

Für Vorschläge wäre ich dankbar,

Exkavator

Hallo Exkavator,
das könnte ein epileptischer Anfall gewesen sein. Habe dies selbst schon erlebt.
Vorgehen:
Als erstes versuche, einen Gummikeil in den Mund zu bekommen, damit sich der Pat. nicht auf die Zunge oder sonst wohin beißt. Notfalls mehrere kleine Speichelzieher. Nicht die großen, denn die brechen!!!! Dann Diazepam i.m. spritzen und Vitalfunktionen überprüfen. Helferin ruft inzwischen den Notarzt. Wichtig:
Alles, was Du gemacht hast wird dokumentiert!!!!!!!!! Inkl. natürlich die Uhrzeiten. Lass evtl. sogar eine Helferin unterschreiben

gruß
hennessy

Dr. Pschy
01.06.2007, 10:17
Als allererstes schiebt man mal alles weg, was sich bewegen laesst, damit sich der Patient nirgends anhaut und sich noch weitere Verletzungen zuzieht!

Rugger
01.06.2007, 10:44
Als erstes versuche, einen Gummikeil in den Mund zu bekommen, damit sich der Pat. nicht auf die Zunge oder sonst wohin beißt. Notfalls mehrere kleine Speichelzieher. Nicht die großen, denn die brechen!!!! Dann Diazepam i.m. spritzen und Vitalfunktionen überprüfen. Helferin ruft inzwischen den Notarzt. Sorry, da muß ich Dich korrigieren:
- Mundkeil (oder ähnliches) ist bei Krampfanfall obsolet.
- Man sollte ein Benzo (am besten jedoch Rivotril anstatt Diazepam) besser noch über einen Zugang geben.

R.

hennessy
01.06.2007, 11:01
Sorry, da muß ich Dich korrigieren:
- Mundkeil (oder ähnliches) ist bei Krampfanfall obsolet.
- Man sollte ein Benzo (am besten jedoch Rivotril anstatt Diazepam) besser noch über einen Zugang geben.

R.

Schon klar, aber mach mal auf die Schnelle bei einem krampfenden Pat. mit einer evtl. kollabierten Vene einen sicheren Zugang.
Zum Thema Mundkeil:
Ist bei mir in der Praxis ein MUSS, denn es kann ja auch sein, dass sich der Patient übergibt und die Gafahr der Aspiration besteht. Dann habe ich zumindest die Möglichkeit, abzusaugen.

gruß
hennessy

Giant0777
01.06.2007, 11:12
Zum Thema Mundkeil:
Ist bei mir in der Praxis ein MUSS, denn es kann ja auch sein, dass sich der Patient übergibt und die Gafahr der Aspiration besteht. Dann habe ich zumindest die Möglichkeit, abzusaugen.


Besteht nicht die grosse Gefahr, dass man bei Einsetzen eines Mundkeils auch selbst Schaden nimmt!? Ein befreundeter Sani hat mal 2 Patienten eingeliefert: Die Dame hatte einen epileptischen Anfall und der Begleiter der Dame hat 2 Finger verloren, bei dem Versuch ihr eine Packung Tempo´s zwischen die Zähne zu packen! Solche Berichte machen mich da immer etwas skeptisch. :-notify

Allerdings ist die Idee alles um den Patienten herum weg zu schieben, was Verletzungsgefahr birgt sehr sinnvoll ( und auch ungefährlich für die Helfer )!

Grüsse, Giant

hennessy
01.06.2007, 11:24
klar muss man aufpassen, und auch dann kann noch so vieles geschehen. Aber absolut verkehrt wäre es, nur rum zu stehen. Dabei passiert Dir selbst sicher nichts, aber obs dem Patienten hilft?
gruß
hennessy

Feuerblick
01.06.2007, 11:26
Beißkeil und sonstiges sind obsolet und wie du bei einem akut krampfenden Patienten suffizient absaugen willst, musst du mir mal vormachen, Hennessy. Sorry, aber DAS wäre schon ein Kunststück und im Vergleich dazu ist die Wahrscheinlichkeit, dass dem Patienten nachher ein paar Zähne oder dem "Rettenden" ein paar Finger fehlen höher als der Nutzen der Aktion.

Das Einzige, wie mehrfach erwähnt: Alle Gegenstände aus der näheren Umgebung räumen (da Verletzungsgefahr) über Medis i.v. oder i.m. zumindest schon mal nachdenken und nach den Rettern rufen...

Gichin_Funakoshi
01.06.2007, 11:34
Ne kurze Frage hät ich zur Pathophysiologie. Krampfen ist doch im Endeffekt nichts anderes als eine unwillkürliche Kontraktion so ziemlich aller Muskeln (je nach ausmaß). Das bedeutet neurophysiologisch eine unkontrollierte Ausschüttung der Transmitter ==> Erregung wird zur motorischen Endplatte geleitet und so weiter.
Jetzt stellt sich mir die Frage, ob während eines Krampfes nicht eine krasse Tachykardie auftreten kann und bei langen Krämpfen das Herz schaden nimmt und sogar Insuffizient wird. Jedoch habe ich gedacht, dass beispielsweise bei nem epileptischen Anfall keine akute Lebensgefahr besteht.

Mit anderen Worten: Ich raff es nicht^^

hennessy
01.06.2007, 11:34
Beißkeil und sonstiges sind obsolet und wie du bei einem akut krampfenden Patienten suffizient absaugen willst, musst du mir mal vormachen, Hennessy. Sorry, aber DAS wäre schon ein Kunststück und im Vergleich dazu ist die Wahrscheinlichkeit, dass dem Patienten nachher ein paar Zähne oder dem "Rettenden" ein paar Finger fehlen höher als der Nutzen der Aktion.

Das Einzige, wie mehrfach erwähnt: Alle Gegenstände aus der näheren Umgebung räumen (da Verletzungsgefahr) über Medis i.v. oder i.m. zumindest schon mal nachdenken und nach den Rettern rufen...

Hallo Funkelstern :-winky

ich kann nur sagen, dass ich genau dieses Erlebnis vor etwa 3 Jahren bei mir in der Praxis hatte (und zukünftig gerne darauf verzichten kann).

lg
hennessy

Moorhühnchen
01.06.2007, 11:45
Wie schon mehrfach erwähnt, wird an der Uni in ALLEN Kursen gelehrt, daß der Beißkeil absolut kontraindizinert ist!!
Aber ich glaube, das ist ein Streitthema - es gibt wie bei vielem Befürworter und Gegner!! Die Neurologen sind jedenfalls ganz klar die Gegner, zumindest in Frankfurt.... :-oopss

Dort wo ich mein RTW-Praktikum gemacht habe, war man ganz begeistert von diesen "Nasen-Zerstäubern" - also so ein kleines Ding, was man dem Pat. in die Nase steckt und dann Diazepam reinspritzt. Es wird zerstäubt und über die Nasenschleimhaut aufgenommen...
Wäre für 'ne Zahnarztpraxis vielleicht 'ne Alternative für den Notfall, oder?
Hab noch nicht so viel darüber gehört.

Feuerblick
01.06.2007, 11:50
Hallo Funkelstern :-winky

ich kann nur sagen, dass ich genau dieses Erlebnis vor etwa 3 Jahren bei mir in der Praxis hatte (und zukünftig gerne darauf verzichten kann).

lg
hennessyUnd du bist sicher, dass du SUFFIZIENT (also nicht nur im Mäulchen :-D !) absaugen konntest? Bei einem krampfenden Patienten? Wenn ja, dann solltest du vielleicht Notfallmed machen :-D

@Moorhühnchen: Im RD bekommt man auch in allen Kursen und an allen Schulen beigebracht, dass ein Beisskeil 1. kaum zu platzieren ist 2. dieses Manöver einen von wichtigeren Dingen abhält 3. nicht gerade ungefährlich ist... Ich würde darauf verzichten!

Nemesisthe2nd
01.06.2007, 11:52
nasenspray ist sicher super.... man braucht keinen zugang, geht schneller...

@rugger zum i.v. diazepam... das soll jetzt nichts gegen zahnis sein, aber als unerfahrener diazepam i.v. zu spritzen halte ich für ziemlich gefährlich...

ich habs schon erlebt das eine recht unerfahrene notärztin (handchirurgie ^^) das diazepam (10mg) zu schnell gespritzt hat und ne apnoe herbeigeführt hat... ok... sie kam nach nen paar mal bebeulten wieder, aber das war streß den man hätte vermeiden können...

und wenn einem sowas das erste mal passiert und es ohnehin schon schwierig wird mit dem zugang... ob man sich dann noch an das LANGSAM spritzen erinnert?

Rugger
01.06.2007, 12:02
@rugger zum i.v. diazepam... das soll jetzt nichts gegen zahnis sein, aber als unerfahrener diazepam i.v. zu spritzen halte ich für ziemlich gefährlich...Schau nochmal nach: ich habe explizit auch Rivotril empfohlen. Mir ging es aber auch eher darum, daß man nach Möglichkeit das Medi i.v. anstatt i.m. verabreichen sollte.

R.

Logo
01.06.2007, 12:41
Ne kurze Frage hät ich zur Pathophysiologie. Krampfen ist doch im Endeffekt nichts anderes als eine unwillkürliche Kontraktion so ziemlich aller Muskeln (je nach ausmaß). Das bedeutet neurophysiologisch eine unkontrollierte Ausschüttung der Transmitter ==> Erregung wird zur motorischen Endplatte geleitet und so weiter.
Jetzt stellt sich mir die Frage, ob während eines Krampfes nicht eine krasse Tachykardie auftreten kann und bei langen Krämpfen das Herz schaden nimmt und sogar Insuffizient wird. Jedoch habe ich gedacht, dass beispielsweise bei nem epileptischen Anfall keine akute Lebensgefahr besteht.
Mit anderen Worten: Ich raff es nicht^^

So weit ich weiß wird das Herz nicht via motorischer Endplatte erregt, sondern allenfalls über vegetatives NS welches dann per G-Protein/Second Mesenger System sog. "Funny-Channels" der autonomen Herzschrittmacher-Zentren der Herzmuskulatur in ihrer Autodepolarisationszeit MODULIERT (HF hoch/runter). Die Erregung läuft also NICHT von extern.
Desweiteren tippe ich, daß die recht lange absolute Refraktärzeit (keine Wiedererregung nach Erregung möglich) eine Tachykardie im Rahmen des erträglichen halten sollte, da ja eine Tetanie (Aufaddieren der Aktionspotenziale) eben durch die refrakt. Zeit nicht möglich ist.

Tachykardie käme dann über erhöhten Bedarf an O2 u.Ä. der arbeitenden Muskulatur usw. reflektorisch übers vegt. NS (siehe dann oben)...

Soweit meine vorklinisch-eingeschränkten Erklärungsversuche zu deiner Frage :-)

Gichin_Funakoshi
01.06.2007, 13:02
Danke Logo!

Das bedeutet also, dass bei einem Krampfanfall das Herz nicht direkt in Mitleidenschaft gezogen wird, weil die Frequenz "intern" geregelt wird.
Interessanterweise hab ich gehört, dass jedoch diverse Herzfehler zu Krampfanfällen führen können. Das hat jedenfalls der Tierarzt gesagt, da mein Hund leider epileptische Anfälle hat.
Ich werde in der Richtung mal ein bissl was googeln.

Monty
01.06.2007, 13:20
Darf der Zahnarzt eigentlich rechtlich irgendwelche Antikonvulsiva spritzen, bzw. über Ersthelfermaßnahmen hinausgehende Eingriffe durchführen? Ist ja eigentlich nicht sein Einsatzgebiet...

Xela
01.06.2007, 14:28
Schon klar, aber mach mal auf die Schnelle bei einem krampfenden Pat. mit einer evtl. kollabierten Vene einen sicheren Zugang.

wie wärs mit stauen?

Moorhühnchen
01.06.2007, 14:45
wie wärs mit stauen?
Ich bin der Meinung, wenn man das nicht jeden Tag macht und wenig Erfahrung damit hat, kann sowas durchaus sehr schwierig sein..... :-meinung
Ich glaube auch nicht, daß es zu den Grundfähigkeiten eines Zahnarztes gehört, zu wissen wie man bei einem krampfenden Patienten sicher einen Zugang legt...

hiddl
01.06.2007, 16:46
Außerdem kann man sich beim Wald- und Wiesenkrampfanfall die Medikamente sowieso sparen, der hört von alleine wieder auf. Dann spart man auch dem Neurologen in der Notaufnahme den Ärger mit den Patienten, die ewig nicht wieder aufwachen, weil sie Benzos intus haben :-sleppy .

Beißkeil geht schon mal gar nicht - aber da waren wir uns ja (fast) einig hier.

Gruß, Ute