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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Primärprävention 50 mg ASS trotz Ulcera?



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zahnmedizina
05.06.2007, 17:00
Hätt mal eine Frage:
Kann man einem Patienten mit chronischen Duodenalulcera zur cardiovaskulären Primärprävention 50 mg ASS täglich geben?
Ein Pharmaprof meinte mal zu uns dass 50 mg zur Prävention reicht und sowieso beim ersten Durchgang durch die Leber vollkommen abgebaut wird und es keine Nebenwirkungen im GI-Trakt macht und auch bei Ulcus gegeben werden kann und es keinen Magenschutz braucht.
Im Pharmabuch les ich jetzt dafür dass es bei Ulcus und ASS zur cardiovaskulären Prophylaxe zu GI Blutungen und Perforationen kommen kann und man besser Clopridogel nehmen soll.
Was stimmt nun jetzt?

schwoch
05.06.2007, 20:03
Hi,

also bei uns im KH (Fachklinik für Geriatrie) bekommen alle mit Ulcera Clopridogel.

Gruß Dennis

Rico
05.06.2007, 21:18
Clopidogrel hat AFAIK gar keine Zulassung als Primärprophylaxe.

Zoidberg
05.06.2007, 22:07
gibt es denn schon gute Studien zum Sinn einer Primärprophylaxe cardiovaskulärer Ereignisse mit ASS?

Monty
05.06.2007, 22:52
Hätt mal eine Frage:
Kann man einem Patienten mit chronischen Duodenalulcera zur cardiovaskulären Primärprävention 50 mg ASS täglich geben?
Ein Pharmaprof meinte mal zu uns dass 50 mg zur Prävention reicht und sowieso beim ersten Durchgang durch die Leber vollkommen abgebaut wird und es keine Nebenwirkungen im GI-Trakt macht und auch bei Ulcus gegeben werden kann und es keinen Magenschutz braucht.
Im Pharmabuch les ich jetzt dafür dass es bei Ulcus und ASS zur cardiovaskulären Prophylaxe zu GI Blutungen und Perforationen kommen kann und man besser Clopridogel nehmen soll.
Was stimmt nun jetzt?

Acetylsalicylsäure wird im Magen protoniert, geht dann durch die Membran der Magenmucosa, deprotoniert wieder und wird folglich sogar dort angereichert und hemmt die COX noch bevor die Leber überhaupt eine Chance bekommt das Medikament zu eliminieren...

FataMorgana
05.06.2007, 23:36
Die ohnehin umstrittene Primärprophylaxe mit ASS wird man bei einem Ulcus-Patienten sicherlich nicht machen. Da dürfte das Nutzen-Risiko-Verhältnis einfach ungünstig sein.

zahnmedizina
06.06.2007, 13:20
also die ASS würde natürlich in einer Magensaftresistenten Kapesl verabreicht werden und soll dann wohl erst im Duodenum freigesetzt werden.
Weiss nicht ob das wirklcih so geht wie man sichs vorstellt.
Naja und zur Primärprophylaxe gibt es anscheinend sehr wohl sehr gute und große Studien dass ASS voll wirksam ist.
Wenn ich mich nicht täusche sogar eins der wenigen Medikamente wo ein Nutzen überhaupt sicher belegt ist.
Von dem her schon sinnvoll.
Also meine Frage ist jetzt eigentlich ob man von 50 mg ASS in Magensaftresistenter Kapsel GI Blutungen und andere Komplikationen bekommt oder ob wie unser Pharmaprof meinte...das so gut wie keine Nebenwirkungen hat auch beim Ulcuspatient.

Rico
06.06.2007, 16:53
Erstmal wäre natürlich interessant, ob es ASS überhaupt in magensaftresistenter Verkapselung gibt. Die mir geläufigen ASS-Präparate sind AFAIK nicht verkapselt.

Wenn es das gäbe, dann stünden wir jetzt wahlweise vor zwei Problemen:

Wenn es Duodenal freigesetzt wird und dann von der Leber im first-pass entgiftet wird, dann müsstest Du mal erklären, wie das ASS denn dann überhaupt eine systemische protektive Wirkung entfalten soll, wenn gar keins mehr pharmakologisch aktiv jenseits der Leber ankommt.
Wäre wahrscheinlich eher was für Leute mit Atheroskleroserisiko in der Pfortader... ein eher kleines Kollektiv :-D

Angenommen es würde NICHT von der Leber komplett entgiftet (wovon ich ausgehe, sonst würde es ja nicht wirken), dann würde das aktive ASS natürlich auch von der Blutseite an den Magen hinkommen... dann hätten wir uns die Verkapselung auch schenken können.

die chondropathia
06.06.2007, 17:14
Hätt mal eine Frage:
Kann man einem Patienten mit chronischen Duodenalulcera zur cardiovaskulären Primärprävention 50 mg ASS täglich geben?
Ein Pharmaprof meinte mal zu uns dass 50 mg zur Prävention reicht und sowieso beim ersten Durchgang durch die Leber vollkommen abgebaut wird und es keine Nebenwirkungen im GI-Trakt macht und auch bei Ulcus gegeben werden kann und es keinen Magenschutz braucht.
Im Pharmabuch les ich jetzt dafür dass es bei Ulcus und ASS zur cardiovaskulären Prophylaxe zu GI Blutungen und Perforationen kommen kann und man besser Clopridogel nehmen soll.
Was stimmt nun jetzt?

Also in deiner Klausur das, was dein Prof sagt *lach*.

Im Ernst: Es macht keinen Sinn ASS einzusetzen, wenn eine KI besteht, da man von einer Ulcusblutung oder -Perf auch drauf gehen kann.

Klinisch würde man klar eine andere Wahl treffen, z.B. Clopidogrel - macht die Thrombos auch weniger sticky. :-stud

Monty
06.06.2007, 17:20
Erstmal wäre natürlich interessant, ob es ASS überhaupt in magensaftresistenter Verkapselung gibt. Die mir geläufigen ASS-Präparate sind AFAIK nicht verkapselt.

Wenn es das gäbe, dann stünden wir jetzt wahlweise vor zwei Problemen:

Wenn es Duodenal freigesetzt wird und dann von der Leber im first-pass entgiftet wird, dann müsstest Du mal erklären, wie das ASS denn dann überhaupt eine systemische protektive Wirkung entfalten soll, wenn gar keins mehr pharmakologisch aktiv jenseits der Leber ankommt.
Wäre wahrscheinlich eher was für Leute mit Atheroskleroserisiko in der Pfortader... ein eher kleines Kollektiv :-D

Angenommen es würde NICHT von der Leber komplett entgiftet (wovon ich ausgehe, sonst würde es ja nicht wirken), dann würde das aktive ASS natürlich auch von der Blutseite an den Magen hinkommen... dann hätten wir uns die Verkapselung auch schenken können.

Naja, die Pharmakologen haben gemeint, das meiste geschieht tatsächlich schon prähepatisch. Die COX wird immerhin irreversibel gehemmt und Trombozyten gibt's ja auch in den präportalen Venen. Die Leber eliminiert dann das Zeug und wenn es das als säureresistente Retardform gäbe, würden auch vielleicht genug Thombozyten für eine brauchbare Aggregationshemmung zusammenkommen. Aber gibt's das denn in der Form?
(Das mit dem Magenschutz zur ASS-Gabe bei Ulcera scheint auch so ein bisschen Mode zu sein. In meiner Familie - Oma - gibt es das auch gerade: mehrere Ulcera, trotzdem noch ASS - natürlich die ganz normalen - und halt einfach noch Omeprazol drauf. Wegen rheumatischer Schmerzen hat sie dann zu allem Überfluss auch noch ein Coxib verschrieben bekommen, was dann erstmal die ASS-Wirkung ruiniert und zweitens bei Ulcus auch kontraindiziert ist. Echt super.)

die chondropathia
06.06.2007, 17:26
Stimmt, die Prazole werden zu leichtfertig verordnet, zumal das oft nicht notwendig wäre, aber aus Angst geschieht.

Aber wenn ich diese Pillendreher-Konzeption schon höre bin ich wieder froh, kein Internist zu sein. Alles Flickschusterei, imho.

actin
06.06.2007, 17:30
Nur ganz kurz:
Magensafteresistentes ASS gibt es tatsächlich:

http://www.aspirin-protect.de/patienten/aspirinprotect/index.jsp

Zur Diskussion sag ich erst mal nichts.

die chondropathia
06.06.2007, 17:35
Marketing!!!

Ich will da ne Studie zu sehen. Ich wette "protect" macht die Magenschleimhaut sogar geschmeidig... :-D

actin
06.06.2007, 17:46
Ich hab doch gesagt, ich wollte mich erst mal aus der Diskussion raushalten. Hab jetzt keine Zeit, den ganzen thread zu lesen.

Hatte eben mal durch einen Bekannten davon gehört, dem man das Zeug nach einer TIA empfohlen hatte.

Evil
06.06.2007, 17:50
Wegen rheumatischer Schmerzen hat sie dann zu allem Überfluss auch noch ein Coxib verschrieben bekommen, was dann erstmal die ASS-Wirkung ruiniert und zweitens bei Ulcus auch kontraindiziert ist.
Warum sind Cox2-Hemmer bei Ulcus kontraindiziert, das wäre mir jetzt neu?

@ Rico: das mit der magensaftresistenten Kapsel würde schon Sinn machen, denn die Menge ASS, die aus dem systemischen Kreislauf im Magen landet, ist sicherlich weitaus geringer als die, die direkt aus dem Lumen hereingelangt... das lohnt sich also schon rein quantitativ

@ DC: auf meiner Station bekommen die ganzen knochenchirurgischen Paienten mit den NSAIR standardmäßig PPI, denn eine zusätzliche Blutung aus dem Magen bei Z. n. Hüft-TEP muß nicht unbedingt sein, das ist keine Flickschusterei (Urologe bleib bei Deinen Leisten, äh Prostatae *g*)

jeannie
06.06.2007, 17:55
also erstmal vorweg zu der Frage ob 50mg ausreichen kann ich nichts sagen. aber aus dem JAMA gibt es ein Review zur Primärprevention kardiovaskulärer Ereingnisse (JAMA, January 18, 2006, Vol 295, No. 3, pp 306-313), das ganze ist eine Metaanalyse von randomisierten klinischen Studien, wenn ich es nicht ganz falsch interpretiere kommt es am Ende darauf hinaus dass die NNT gleich der NNH (Number needed to harm) ist und man deshalb (gerade bei niedrig risiko Patienten) immer eine Einzelfallentscheidung treffen sollte... aber vielleicht interpretiert ihr das ja anders....

die chondropathia
06.06.2007, 17:59
Falsch, Evil. Z.B. ist bei Diclo-Gabe in Höchstdosis erst nach 5 Tagen die Gabe eines PPI erforderlich. Dieses prophylaktisch-undifferenzierte Standards-Abgespule finde ich zum :-kotz

Und is kla, weil ich Urologie mache, hab ich sonst keine Ahnung :-D

Evil
06.06.2007, 18:17
Falsch, Evil. Z.B. ist bei Diclo-Gabe in Höchstdosis erst nach 5 Tagen die Gabe eines PPI erforderlich. Dieses prophylaktisch-undifferenzierte Standards-Abgespule finde ich zum :-kotz

Und is kla, weil ich Urologie mache, hab ich sonst keine Ahnung :-D
Gut erkannt :-wow

Nein, Spaß beiseite, die Hüft-TEPs liegen bei mir meist so um die 14 Tage, dieses Schema macht also tatsächlich mal Sinn ;-)
Und da die meisten anderen Patienten postoperativ auch NSAIR mindestens 14 Tage nehmen (zumindest die Fraktureingriffe, die Arthroskopien z.B. nicht), ist es wirklich gerechtfertigt.

Es soll wirklich noch durchdachte Schemata geben, die nicht hirnlos angewandt werden :-D

Ex-PJ
06.06.2007, 19:18
also die ASS würde natürlich in einer Magensaftresistenten Kapesl verabreicht werden und soll dann wohl erst im Duodenum freigesetzt werden.
Weiss nicht ob das wirklcih so geht wie man sichs vorstellt.
Naja und zur Primärprophylaxe gibt es anscheinend sehr wohl sehr gute und große Studien dass ASS voll wirksam ist.
Wenn ich mich nicht täusche sogar eins der wenigen Medikamente wo ein Nutzen überhaupt sicher belegt ist.
Von dem her schon sinnvoll.
Also meine Frage ist jetzt eigentlich ob man von 50 mg ASS in Magensaftresistenter Kapsel GI Blutungen und andere Komplikationen bekommt oder ob wie unser Pharmaprof meinte...das so gut wie keine Nebenwirkungen hat auch beim Ulcuspatient.

Eine englische Studie hat vor Jahren das Blutungsrisiko unter normalem ASS versus dünndarmlöslichem ASS (z.B. ASS protect) untersucht.
Ergebnis: Das Ulcusrisko war gleich!!
Also kein Vorteil für ASS protect o.ä. (nur mehr Geld für die Kassen des Herstellers)!

die chondropathia
06.06.2007, 19:39
Jep, kann ich mich auch noch gut dran erinnern. Der Hintergrund war AFAIK, dass ASS nicht von Schleimhautseite her wirkt und deswegen "protect" eine plausibel klingende Idee nur bei wenig pharmakokinetischen Kenntnissen bleibt... :-wow