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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neurologie/ Apoplex



med-voices
15.07.2007, 10:05
Hallo!
Da ich im Rahmen meiner Krankenpflegeausbildung nächste Woche eine Klausur mit dem Thema Schlaganfall schreibe und unsere Lehrerin uns im Rahmen ihres Unterrichtes ein paar Zettel mit Fragen gegeben hat, brauche ich einmal eure Hilfe.
Das Problem ist nämlich, das unser Kurs in unserem Buch teilweise keine zufrieden stellenden Antworten gefunden hat und auch im Internet haben wir nichts Vernünftiges gefunden… :-???

Ich werde hier jetzt einfach mal die noch offenen Fragen reinstellen, in der Hoffnung, dass ein paar Leute ihr neurologisches Wissen mobilisieren und uns die Fragen beantworten können :-peng :-lesen

1) Welches besonders für Sprache zuständige Rindenzentrum ist im Rahmen eines Schlaganfalls häufig mitbetroffen?

2) Wie nennt man das Gebiet des… a) primären Hörzentrums; b) sekundären Hörzentrums ?

3) Das Sehzentrum befindet sich im Hinterhauptslappen und gliedert sich in ein primäres und sekundäres Sehzentrum. Wie nennt man Störungen des… a) primären Sehzentrums; b) sekundären Sehzentrums ?

4) Bei einer zentralen Lähmung ist das 1. motorische Neuron geschädigt, das von der motorischen Hirnrinde über die Pyramidenbahn zu den Vorderhörnern des RM zieht. Wieso kommt es beispielsweise bei Schädigung der linken Hemisphäre zu Lähmungen der Gegenseite?

5) Welche Folgen hat eine Zentrale Lähmung im Hinblick auf Muskulatur und Reflexe?

6) Welche Folgen hat eine Schädigung des 2. motorischen Neurons, die so genannte periphere Lähmung?

7) Bei Muskelhypotonie ist der Widerstand der Muskulatur bei passiven Bewegungen erniedrigt. Wann findet man sie vor? (2 Antworten)

8) Bei Ataxie findet man einen gestörten Bewegungsablauf durch mangelhafte Koordination der Muskeln. Ursachen sind meist a) Kleinhirn-Läsionen oder b) RM-Läsionen (besonders Hinterstränge).
a) Wie äußern sich die Symptome bei Kleinhirn-Ataxie (zerebellärer Ataxie)?
b) Wodurch bessert sich die Hinterstrang-Ataxie?

Vielen lieben Dank schon mal für eure Hilfe!

Zoidberg
15.07.2007, 10:20
nur so fix ohne nachzuschlagen:
1) Broca Zentrum
2) primäre Hörrinde: Heschl Querwindung, sekundäre H.:glaube Area 42
3) a-primäre Sehrinde (Area 17): homonyme Hemianopsie
b-sekundäre Sehrinde (Area 18): visuelle Agnosie
4) Kreuzung der Pyramidenbahn - Tractus Corticospinalis lateralis
5) Reflexverstärkung, pathologische Reflexe, Kloni, verbreiterte Reflexzonen, überspringende Reflexe
6) schlaffe Lähmung, keine bis abgeschwächte Reflexe
7) Kleinhirnläsionen, hyperkinetisch hypotonen Syndromen wie Chorea Huntington
8)
a) kommt auf die genaue Lokalisation im Kleinhirn an:
Vestibulocerebellum (Flocculonodularis: v.a. Rumpfataxie und Gleichgewicht)
Spinocerebellum (Lobus Anterior und Vermis: v.a. Stand- und Gangataxie)
Neocerebellum (Hemisphären: vor allem Koordinationsstörungen wie Dysmetrie, Intentionstremor, Nystagmus, skandierende Sprache (Charcot´s Trias))
b) Besserung durch visuelle Unterstützung, dagegen im Dunklen stark verschlechtert

Nemesisthe2nd
15.07.2007, 10:51
zu 1. jo stimmt broca-sprachzentrum, versorgungsgebiet der A. cerebri media
zu 2. sekundäre hörrinde ist doch = Wernicke-Sprachzentrum....

bei der primären sehrinde kommts auf die lokalisation der schädigung an... es ist zB auch möglich das ein beidseitiges zentralskotom entsteht, weil die stellen in denen die macula lutea repräsentiert sind nah beieinander liegen... allerdings ist der bereich auch ziemlich groß...

vielleicht könnte man es auch allgemeiner ausdrücken... primäre sehrinde einfach blindheit, zumindest teilweise

und sekündäre sehrinde... gesehenes wird nicht verstanden...

Tombow
15.07.2007, 11:02
Das mit dem Broca-Zentrum wird mindestens 100 Jahre in den Lehrbüchern rumgeistern, ist aber nach den neuesten Ergebnissen der Aachener Aphasie-Studiengruppe so nicht richtig. Es scheint so, als wäre die Plastizität des Gehirns so groß, daß die etablierten Definitionen der Sprachregionen nicht stichhaltig sind.


und sekündäre sehrinde... gesehenes wird nicht verstanden...
Anosognosie.


Besserung durch visuelle Unterstützung, dagegen im Dunklen stark verschlechtert
Kein sicheres Unterscheidungskriterium. Das gleiche könnte auch bei einer Ataxie aufgrund von PNP auftreten. Im Unterschied zu einer PNP dagegen bessert sich die typische (=alkoholtoxische) Hinterstrangataxie gut unter Vitamin B1-Gaben.

Duncan84
15.07.2007, 11:06
Ich führ es mal nen bisschen aus, wo ich was weiß, weil man sonst eventuell nicht soviel drunter vorstellen kann *g*

1) Es gibt zwei Sprachzentren: Broca (Motorisch) und Wernicke (Sensorisch). Fällt ersteres aus, versteht man gesprochene Sprache noch, kann sich aber kaum noch artikulieren (=motorische oder auch einfach Broca-Aphasie [Aphasie = ohne Sprache]). Fällt zweiteres aus, versteht man gesprochenes nicht mehr, kann aber noch flüssig sprechen. Inhaltlich macht das gesagte aber meist wenig Sinn (= logischerweise dann sensorische oder Wernicke-Aphasie)
Welches Zentreum bei Apoplex jetzt öfter betroffen ist, weiß ich nicht, aber ich vermute mal Broca, da die Patienten einen ja oft recht gut verstehen, aber sich nur noch schwer artikulieren können. Prinzipiell können aber natürlich bei einem Schlaganfall alle Hirnbereiche betroffen sein.
Die Zentren liegen bei einem Rechtshänder übrigens fast immer links , bei einem linkshänder meist rechts (sog. dominante Hirnhälfte).
2) ok, dazu gibts nicht mehr soviel zu sagen. Die primäre Hörrinde ist für das rein sensorische zuständig, also für das empfangen der Reize, sozusagen und die sekundäre für die Verarbeitung und Interpretation (ist prinzipiell überall so)
3) a) homonyme Hemianopsie bedeutet, dass man im gleichen Gesichtsfald (homonym) halb Blind ist (Hemianopsie). Fällt das linke primäre Sehzentrum aus, sieht man im rechten Gesichtsfeld beider Augen nichts und andersrum.
b) visuelle Agnosie bedeutet, dass man beim Anblick eines z.B. Apfels diesen sieht, aber ihn nicht als Apfel erkennt.
4) Jo, die Pyramidenbahn kreuzt halt auf höhe der Medulla oblongata
5 + 6) Prinzipiell sagt man: zentrale Lähmung = spastische Lähmung, periphere Lähmung = schlaffe Lähmung; stimmt nicht in allen Einzelfällen, aber das Grundprinzip kann man sich dennoch merken.
Der Rest spricht für sich bzw. ich kann nix dazu sagen, weil zu wenig Ahnung *g*

Monty
15.07.2007, 12:26
zu 3.: Da gibt's doch auch die schönen Begriffe Rindenblindheit und Seelenblindheit...

med-voices
15.07.2007, 15:16
Also ist eine Schädigung des 2. Neurons (=periphere Lähmung) definitiv eine schlaffe Lähmung und eine Schädigung des 1. Neurons (zentrale Lähmung) eine spastische Lähmung?

Weil das mit schlaffer und spastischer Lähmung hat uns unsere Lehrerin genau umgekehrt gesagt... :-?

Aber schon mal vielen Dank für eure hilfreichen Antworten! :-)

THawk
15.07.2007, 18:15
Ja, schließlich ist das zweite Neuron jenes, das die eigentliche Muskelerregung macht - ist dies kaputt gibt es die Erregung nicht mehr -> schlaffe Lähmung. Das erste Neuron hat auf zweite Neuronen regulatorische Einflüsse -> Ausfall des ersten Neurons führt zum Ausfall der Regulation -> Überwiegen der Erregung -> Spastik.

Eigentlich ganz logisch.

med-voices
15.07.2007, 18:21
Danke :-)

Zoidberg
16.07.2007, 12:23
Anosognosie.

Kein sicheres Unterscheidungskriterium. Das gleiche könnte auch bei einer Ataxie aufgrund von PNP auftreten. Im Unterschied zu einer PNP dagegen bessert sich die typische (=alkoholtoxische) Hinterstrangataxie gut unter Vitamin B1-Gaben.

@1) eine Störung dier sekundären Sehrinde würde ich nicht als Anosognosie beschreiben, da dies das nicht Erkennen der eigenen Krankheit, z.B. Halbseitenlähmung ist. Ausnahme wäre das Antonsyndrom bei beidseitiger Rindenblindheit.

@2) klassische Hinterstrangsyndrome würde ich eher die funikuläre Myelose bei Vitamin B12 Mangel (auch bei Alkohol) und die Tabes Dorsalis bei Lues IV nennen, die Ataxie bei B1 Mangel, z.B. im Rahmen einer Wernicke Enzephalopathie ist meines Wissens nach nicht direkt auf die Hinterstränge bezogen. Eine bessere DD zwischen Hinterstrang Ataxie und Ataxie bei PNP würde ich per SNAPs und SEPs machen

@ Nemesisthe2nd
"zu 2. sekundäre hörrinde ist doch = Wernicke-Sprachzentrum...."

das "Wernicke Zentrum" wird von manchen Autoren der sekundären Hörrinde zugerechnet, entspricht aber allgemein den Brodman Arealen 42 und 22