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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Für die Anästhesisten: Postoperative Schmerztherapie - was verordnet ihr?



Rugger
08.08.2007, 22:31
Um den (klinikbedingten) Horizont mal zu erweitern:
was schreibt ihr für die postoperative Schmerztherapie im Aufwachraum auf?
Hier mal meine Standartverordnung:

RR+Puls+SaO2 ¼ stdl. bis stabil; Restinfusion bis fertig; Schmerztherapie: Dipidolor (Boli à 3mg bis max. 15mg) titriert bis Schmerzfreiheit, bitte Kontrolle 25 Min. nach letzter Gabe; zusätzlich Novamin 1g bis max 4g / Tag mgl.; Trinken schluckweise frei bei Wohlbefinden zwei Stunden post- OP, dann Kostaufbau. (Man passe die Dosen an und ersetze Novamin bei Prädisponierten durch Perfalgan, bei Shivering zusätzlich Catapressan)
Würde gerne mal hören, was ihr so verschreibt!

Rugger

Super-Doc
08.08.2007, 22:43
Fange ca. 20min vor OP-Ende so an:

kein Fentag/Sufenta mehr,
3-5mg Dipidolor und 2.5g Novalgin aus der Hand. Jeweils 1ml-weise und auf evtl. RR-Abfall achten.
Gerne geb ich zusätzlich noch 100mg Voltaren spp (bin momentan im Gyn-OP, da bietet sich das an).

Im Aufwachraum ca. 10mg Dipidolor fraktioniert in 3ml Boli und evtl. 1g Perfalgan. Wenn das nicht ausreichend sein sollte, Schmerztropf.

Auf Station kann dann nochmals 2.5g Novalgin gegeben werden. Dann aber nicht aus der Hand sonder in die Infusion.

Kurz nach der Einleitung geb ich zur PONV-Prophylaxe (auch bei Patientinnen ohne positive PONV Anamnese) 4mg Fortecortin und 8mg Ondansetron (ist billiger als Vomex). Hilft bezüglich der postoperativen Schmerzen auch recht gut. Ist den Patientinnen weniger schlecht, haben sie auch weniger Schmerzen.

Huepftigger
08.08.2007, 23:04
Zwar kein fertiger Anästhesist, aber mein Tertial da ist ja nu grad mal ein paar Wochen her...

Also hier bekommt zum einen fast jeder Patient zum Ende der OP Perfalgan (auch die Kids). So ist ja schon mal ein Teil abgedeckt. Standardtext hier lautete dann:


kontinuierliche Überwachung von Vitalparametern und Vigilanz, O2-Gabe bei Bedarf, Volumengabe bis Ende Trinkkarenz (1,5 ml x kg KG /h), schluckweise trinken, wenn Pat. vollständig wach und orientiert, bei Schmerzen frakt. Dipidolor

Flemingulus
09.08.2007, 18:32
Frage von den Zuschauerrängen ohne dass ich da praktisch involviert wäre: Wann wird bei Euch zur Post-OP Analgesie Perfalgan gegeben und wann Novalgin?

Thema Shivering: Wird bei Euch eher prophylaktisch was gegeben/unternommen oder eher eine Bedarfstherapie durchgeführt? Wann eher Clonidin, wann eher Pethidin? Hat jemand Erfahrungen mit Dexmedetomidin?

Rugger
09.08.2007, 19:50
3-5mg Dipidolor und 2.5g Novalgin aus der Hand. Jeweils 1ml-weise und auf evtl. RR-Abfall achten.
Gerne geb ich zusätzlich noch 100mg Voltaren spp (bin momentan im Gyn-OP, da bietet sich das an).

Im Aufwachraum ca. 10mg Dipidolor fraktioniert in 3ml Boli und evtl. 1g Perfalgan. Wenn das nicht ausreichend sein sollte, Schmerztropf.

Auf Station kann dann nochmals 2.5g Novalgin gegeben werden. Dann aber nicht aus der Hand sonder in die Infusion.Versteh das bitte als konstruktive Kritik:
wieso gibst Du verschiedene Mittel aus der gleichen Substanzklasse (Voltaren + Perfalgan + Novalgin)? Das sollte man m.E. vermeiden, laut des Heidelberger Schmerzprofs (und auch der WHO, wenn ich mich nicht täusche), bringt das keine Wirkungspotenzierung, sondern nur eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von UAWs...
...8mg Ondansetron (ist billiger als Vomex). Ist das nicht genau umgekehrt? Immerhin ist Vomex doch auch viel länger auf dem Markt als Ondansetron.

R.

Rugger
09.08.2007, 19:56
Frage von den Zuschauerrängen ohne dass ich da praktisch involviert wäre: Wann wird bei Euch zur Post-OP Analgesie Perfalgan gegeben und wann Novalgin? Novalgin bei allen, die keine allergische Prädisposition haben - diese bekommen dann halt Perfalgan. Kenne ich aber aus meiner PJ- Klinik auch anders, da war Novamin "gefürchtet" (gerüchtemäßig hat dort tatsächlich jemand mal eine Agranulozytose erlebt) und Perfalgan Standartmedikament.
Thema Shivering: Wird bei Euch eher prophylaktisch was gegeben/unternommen oder eher eine Bedarfstherapie durchgeführt?Nur bei Bedarf - meist sind es sowieso nur die jungen / mittelalten Männer...
Wann eher Clonidin, wann eher Pethidin?Bei uns fast ausschließlich Clonidin, muß gestehen, daß ich gar nicht weiß, ob wir Pethidin haben...
Hat jemand Erfahrungen mit Dexmedetomidin? Ich nicht.

R.

beckspistol
09.08.2007, 20:30
im OP noch:
oxynorm 6-10 mg i.m

wegen PONV:
oradexon 5mg iv
Droperidol 0,5-1mg iv

Im aufwachraum:
oxynorm 7-10 mg im / 3-5 mg i-v
sowie weiterhin auf station:
Paracetamol 1gx4
Ibuprofen oder Ketoprofen (sucht euch ne dosierung aus, ich geb lieber ibu600, mein chef gibt nur 400), auch x4
wenn bedarf:
oxycontin 5-10 mg x2 po
oxynorm 5-10 mg x4 po


ansonsten läuft noch der pdk (bin gyn-op)


und für mich (gegen meine post-spinalen kopfschmerzen nach 8 h nur mit frauen) :-party

Froschkönig
09.08.2007, 22:56
Ist das nicht genau umgekehrt? Immerhin ist Vomex doch auch viel länger auf dem Markt als Ondansetron.
R.Also ehrlich gesagt weiß ich nicht was billiger ist und bin grad zu faul nachzusehen, aber Dimenhydrinat hilft gegen PONV so gut wie nicht, also ist Ondansetron schon besser, außerdemwie gesagt noch 4mg Fortecortin (wieso gibts DHBP eigentlich nimmer ? *seufz*). Ansosnten haben wir bei uns immer nen Anästhesisten im AWR, so daß man dafür nix großartig aufschreiben muß, der weiß schon wie man Schmerztherapie macht.

Und noch ein Wort zu den NSAID´s: Es gibt sehr wohl ne Potenzierung: Novalgin ODER Perfalgan mit einem anderen Kombiniert (also Ibuprofen, Voltaren etc.) kann eine potenzierende Wirkung haben, da Paracetamol und Metamizol im Gegensatz zu den anderen NSAID auch zentrale Wirkmechanismen haben.

Gruß,
Der Frosch

Andi G. Schütze
10.08.2007, 13:04
Ok, auch auf die Gefahr hin, hier jetzt gesteinigt, gevierteilt und ins Klo gespült zu werden: Warum nicht noch zwei Globuli Arnika postoperativ? In meinem letzten Famulatur-Krankenhaus haben die Chirurgen und Anästhesisten das einfach mal ausprobiert und hatten vor allem nach Hüft- und Knie-TEPs einigen Erfolg. Besonders bei letzteren waren die anschließenden Mobilisierungen für den Patienten sehr viel besser zu ertragen.
Und nein, ich bin kein Hardcore-Homöopath, der die Schulmedizin verdammt! Vor allem in der Schmerztherapie ergänzen sich Pharmaka und homöopathische Mittelchen aber wunderbar, imo...

Evil
10.08.2007, 18:25
Rugger, Dipidolor und Novalgin/Perfalgan sind in den meisten deutschen Kliniken postoperativer Standart im Aufwachraum, NSAIR wie Ibuprofen oder Diclofenac werden eher auf den (unfall)chirurgischen Stationen gegeben.

Und die Wirkmechanismen von den Säure-Antiphlogistika (z.B. Diclo), Novalgin und PCM sind wie der Frosch schon gesagt hat unterschiedlich, daher ist eine Kombination schon sinnvoll. Das gilt nur nicht für Cox-Hemmer untereinander wie Diclo oder Ibu.

@ Andi: noch wirkungsvoller als Hömmopathie ist ein kurzes Gespräch mit dem Patienten postoperativ....

Werwolf
10.08.2007, 19:33
Warum nicht noch zwei Globuli Arnika postoperativ?

Hm... Das halte ich für ein bißchen überdosiert! :-D

Flemingulus
10.08.2007, 19:48
Also die Kombi von Paracetamol (Perfalgan) plus saures Analgetikum ODER Metamizol (Novalgin) plus saures Analgetikum kann ich gut nachvollziehen. So wie es auch der König geschrieben hat:


Und noch ein Wort zu den NSAID´s: Es gibt sehr wohl ne Potenzierung: Novalgin ODER Perfalgan mit einem anderen Kombiniert (also Ibuprofen, Voltaren etc.) kann eine potenzierende Wirkung haben

Aber die Kombi von Perfalgan plus Novalgin leuchtet mir weniger ein. Wobei ich jetzt nicht sicher bin, ob ich Super-Doc und Evil so verstehe, dass Ihr das tatsächlich bei ein und dem selben Patienten mit einander kombinieren würdet?

EDIT: naja... es bei zwei verschiedenen Patienten mit einander zu kombinieren wäre ja vielleicht auch schwierig... :-blush

Froschkönig
11.08.2007, 09:18
Aber die Kombi von Perfalgan plus Novalgin leuchtet mir weniger ein. Wobei ich jetzt nicht sicher bin, ob ich Super-Doc und Evil so verstehe, dass Ihr das tatsächlich bei ein und dem selben Patienten mit einander kombinieren würdet?Weiß auch nicht, ob die das kombinieren würden, aber wenn man nach Strohalmen greifen will: Ich hab das auch schon kombiniert, die zentralen Wirkmechanismen der beiden Pharmaka sind leicht unterschiedlich, so daß auf zentraler ebene möglicherweise eine ganz geringgradige Potenzierung eintritt, ist aber eher so eine "Pharmabuch-Bauch"-Sache und keine Empfehlung irgendeiner Gesellschaft

Evil
12.08.2007, 00:22
Ich hab da keinen Link parat, aber Perfalgan wird meines Wissens als zentraler Cox-3-Hemmer diskutiert, wogegen der zentrale Wirkmechanismus von Metamizol nach wie vor unbekannt ist. Bei unterschiedlichen Angriffspunkten macht die Kombi durchaus Sinn; das habe ich (sozusagen als Privatstudie :-))) auch schon ein paar mal probiert, und es hat tatsächlich funktioniert.... allerdings nicht im AWR, sondern auf einer peripheren Station, wo irgendetwas gegen den Einsatz von Opiaten sprach.

Flemingulus
12.08.2007, 10:59
Moin! :-)

Na dass Paracetamol und Metamizol evtl. überadditiv wirksam sind, find ich ja mal interessant... wenns da nicht schon Daten zu gibt, sollten vielleicht Evil und der König mal eine Medilearn-Studie in Gang setzen? :-)

Btw. beim Paracetamol ist die Begeisterung über die COX-3-Theorie schon wieder am Abflauen... neuster Stand ist, dass Paracetamol einfach mit Arachidonsäure zu einer Verbindung umgesetzt wird, die als Cannabinoid-Rezeptor (CB1)-Agonist, als TRPV1-Agonist (das ist der Chili-Rezeptor, müsste eigentlich wehtun) und evtl. auch als COX-Hemmer wirkt... wilde Sache das...

Im Zusammenhang mit der Diskussion hier ist vielleicht noch interessant, dass für Paracetamol auch ein Serotonerger Wirkmechansimus diskutiert wird, der durch 5HT3-Antagonisten inhibiert wird... dann müsste bei perfanalgesierten Patienten eigentlich die Gabe von "Setronen" gegen PONV kontraproduktiv sein... ist das schon mal wem aufgefallen?

Eilika
12.08.2007, 11:03
Das ist ja irgendwie oft eine "hauspolitische" Sache... in meinem PJ-Haus wurde auch gegen Ende der OP meist Perfalgan gegeben, das dann weiter alle 6 Studen und dazu Dipi bei Bedarf. Damit kamen die meisten Patienten eigentlich ganz gut hin.

Super-Doc
13.08.2007, 09:16
Also ich gebe bei vielen meiner gynäkologischen Patientinnen Voltaren spp und Novalgin ODER Perfalgan. Perfalgan gibt mein OA eher ungern, der ist mehr für Novalgin "aus der Hand".
Hab das noch nie kombiniert, aber vll. hilfts ja bei hartnäckigen Schmerzen. Werde es mal versuchen, wenn der OA nicht hinsieht *g*

Leider wird später auf Station viel zu zurückhaltend schmerztherapiert.
Hab mal erlebt, daß einer Dame mit Cervix-Ca und heftigen Schmerzen eine halbe Ampulle Dipi sc gegeben wurde.

Bezüglich Vomex vs. Ondansetron kam bei uns ne mail, daß ab sofort Ondansetron verwendet werde soll, da es im Einkauf pro Ampulle 38Cent Versus 1.60 € Vomex kostet (hab die Zahlen nicht mehr so genau im Kopf, aber Vomex ist teurer als Ondansetron).

Grüße,
Super-Doc

Froschkönig
13.08.2007, 09:42
Im Zusammenhang mit der Diskussion hier ist vielleicht noch interessant, dass für Paracetamol auch ein Serotonerger Wirkmechansimus diskutiert wird, der durch 5HT3-Antagonisten inhibiert wird... dann müsste bei perfanalgesierten Patienten eigentlich die Gabe von "Setronen" gegen PONV kontraproduktiv sein... ist das schon mal wem aufgefallen?Kontraproduktiv im Sinne von "schmerztherapie hilft nicht" nehme ich mal an...das glaube ich aber insofern nicht, als daß es keinen Hinweis gibt, daß die Gabe von Paracetamol eine PONV-Prophylaxe unwirksamer macht (was ja der Umkehrschluß wäre, daß Perfalgan das PONV-Risiko erhöht).

Falls ich ich mich da jetzt irre sei mir das bitte verziehen, ich bin seit gestern um 13 Uhr wach ...;-)

Der Frosch

hmg
13.08.2007, 10:21
Bezüglich Vomex vs. Ondansetron kam bei uns ne mail, daß ab sofort Ondansetron verwendet werde soll, da es im Einkauf pro Ampulle 38Cent Versus 1.60 € Vomex kostet (hab die Zahlen nicht mehr so genau im Kopf, aber Vomex ist teurer als Ondansetron).


Tja die guten Klinikpreise... der Rabatt seitens der Pharmafirmen ist immer noch beträchtlich, da wird in den Kliniken oft vieles verschenkt, was man im niedergelassenen Bereich nur sehr teuer bekommt.

Ich konnte auch nicht glauben, daß Ondansetron günstiger ist als Vomex und hab mal einen Blick in die Rote Liste geworfen.

Aktuell kostet Vomex A zur i.v.-Injektion 15,16 Euro für 3 Ampullen (also ca. 5,05 Euro/Ampulle).

Ondansetron gibt es inzwischen auch als Generikum; bei Hexal, ratiopharm und Winthrop kosten 5 Ampullen mit 4mg/2ml 58,88 Euro (also ca. 11,78 Euro/Ampulle). Zum Vergleich: Das Original (Zofran) kostet in selber Dosierung noch 114,67 Euro für 5 Ampullen!

Man kann also nicht global sagen, daß Ondansetron günstiger ist, sondern muß sich individuell in jedem Haus erkundigen, was dort günstig eingekauft wird und dementsprechend Standard ist.

Zum Vergleich: In meinem PJ-Haus bekam jeder Patient mit balancierter Anästhesie (meist Thiopental oder Propofol zur Einleitung, Isofluran mit/ohne Lachgas und Fentanyl oder Alfentanil) standardmäßig 10mg MCP; nur bei bekanntem PONV gab es stattdessen Anemet (Dolasetron).

Laut Roter Liste gibt es MCP von Hexal oder ratiopharm schon für 11,08 Euro/5 Ampullen (also ca. 2,22 Euro pro Ampulle) - da liegen nochmal Welten zwischen. Und ich kann mich nicht erinnern, daß im Aufwachraum sonderlich viele Patienten Probleme mit Übelkeit gehabt hätten, sooo schlecht wirksam kann MCP auch nicht sein.