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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Als auslaendischer Arzt in Deutschland arbeiten?



Poro
12.09.2007, 06:02
Hallo,

mein Freund lebt und arbeitet derzeit in Indien als FA fuer Intensivmedizin und hat auch dort sein Studium (MBBS) beendet. Wir wuerden natuerlich gerne nicht mehr ganz so weit auseinander wohnen. Nach England koennte er ohne Probleme gehen, um dort zu arbeiten, aber wie sieht das mit Deutschland aus? Kennt sich jemand hier mit dem Bedingungen besser aus? Was wird ihm denn anerkannt? Sein FA wahrscheinlich nicht, oder?

Danke!

Peter_1
12.09.2007, 15:32
Hallo,

als "aussereuropäischer" Arzt hier in Deutschland arbeiten zu können ist schwer. Vorraussetzung hierfür ist die deutsche Approbation oder aber eine (in der Regel befristete und auf eine bestimmte Stelle zugeschnittene) sog. Berufserlaubnis. Die Approbation bekommen nur deutsche Staatsbürger wenn sie ihr Studium in der EU abgeschlossen haben. Die Berufserlaubnis können auch nicht-deutsche Staatsbürger bekommen, aber auch dieses ist schwierig. Hierzu muss das Studium als gleichwertig anerkannt werden und eine Gleichwertigkeitsprüfung abgelegt werden. Vor dem Ablegen der Gleichwertigkeitsprüfung wird oft noch ein "Praktikum" (gerne als "Gastarzt" bezeichnet und nicht bezahlt oder nur mit Hungerlohn abgegeolten) verlangt welches oft mind. 1 Jahr dauert. Die Gleichwertigkeitsprüfung selber ist quasi nochmal ein kleines Staatsexamen. Wenn man schließlich die Berufserlaubnis hat, so ist diese oft befristet auf eine bestimmte Stelle. Niederlassen darf man sich in der Regel z.B. nicht. Das alles gilt unabhängig davon ob schon eine Facharztausbildung erfolgt ist, nur als Grundvorraussetzung um überhaupt als Arzt arbeiten zu können. Ob der Facharzt dann als nächster Schritt anerkannt wird hängt wiederum von den zuständigen Landesärztekammern ab. Diese Formalitäten sind jedoch nur die Formalitäten um überhaupt als Arzt anerkannt zu werden! Grundsätzlich ist es schwierig als nicht EU Staatsbürger überhaupt ein Aufenthaltsrecht oder aber eine Arbeitsgenehmigung zu bekommen (Heirat wäre hier der einfachste Weg!). Habe alle diese Dinge über einen Kollegen mitbekommen für den ich mich mal mit dem Arbeitsamt, dem Ausländeramt und der Approbationsbehörde rumgestritten habe. Die deutsche Bürokratie ist einfach der Horror! Wenn du es genau und qualifiziert wissen willst, dann am besten bei der für Approbationen zuständigen Behörde (frag mich nicht welche das ist, weil dies ist (natürlich!) von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich!) und bei der zuständigen Ausländerbehörde nachfragen. Wahrscheinlich ist es leichter wenn Du nach England ziehst (sorry, vielleicht sehe ich es auch zu pessimistisch)!
Lieben Gruß,
Peter

Dr. Pschy
12.09.2007, 16:03
"Die Approbation bekommen nur deutsche Staatsbürger wenn sie ihr Studium in der EU abgeschlossen haben."

Zwar nur am Rande, aber das stimmt nicht. Obiges gilt nur, wenn in dem Land, in dem das Studium beendet wurde, auch die Approbation nach Studienende verliehen wird. Bestes Beispiel: Österreich. Dort gibts die Appro erst nach dem Turnus, wer vorher nach D geht muss auch den Weg ueber die Berufserlaubnis gehen (was als EU-Buerger aber kein Problem ist).

Poro
13.09.2007, 12:49
hmmm... hoert sich ja nicht so toll an. So schlimm haette ich mir das jetzt nun auch wieder nicht vorgestellt. Nur kann ich ja nicht so einfach nach England, habe ja noch ein paar Jahre vor mir...
Wie kann es bitte schoen sein, dass dann ein Arzt, der in England noch mal seinen FA gemacht hat dann nicht in D arbeiten darf? Kann ich einfach nicht verstehen.
Ist das in ganz Europa so, oder sind da nur die Deutschen wieder so seltsam?

Peter_1
13.09.2007, 12:59
Lieber Dr. Psych!
Stimmt, ist aber glaube ich für die Fragestellerin nur zusätzlich verwirrend, da Österreich da nun mal ein ganz spezieller Fall ist! Fassen wir zusammen: stimmt für alle EU-Länder ausser Österreich, da dort die Approbation erst nach dem Turnusarzt verliehen wird. Sonst wird in der Regel die Approb. nach Abschluss des Studiums verliehen (ja, wir können auch noch weiter Haarspalten, gibt natürlich zig denkbare Ausnahmen weswegen nach dem Studium(z.B. bei Krankheit, Strafverfahren etc.) keine Approb. verliehen wird). Bezüglich wirklich kompetenter Auskünfte würde ich mich sowieso nicht auf irgendwelche Aussagen im Forum verlassen sondern rate dringend dazu die zuständigen Behörden zu fragen.
Gruß, Peter

Peter_1
13.09.2007, 13:26
Liebe Poro,

wenn dein Freund "EU-Staatsangehöriger" ist, oder aber z.B. über eine Heirat einen Aufenthaltstitel erwerben kann, dann ist schon mal eine erhebliche Schwierigkeit beseitigt. Das wäre zuerst zu klären (Ansprechpartner zum Beratenlassen wäre die Ausländerbehörde). Wenn dieser erworben ist geht es als nächstes um eine Arbeitserlaubnis (zuständig auch die Ausländerbehörde). Dann geht es um die Berufserlaubnis bzw. die Approbation (zuständige Behörde von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich), Vorraussetzungen habe ich schon beschrieben (mein Stand ist übrigens von 2003, vielleicht hat sich auch was geändert). Da das indische Studium glaube ich fast (oder sogar gleich) wie das britische Studium aufgebaut ist und Dein Freund schon in England gearbeitet hat gibt es vielleicht auch nicht so viele Probleme hinsichtlich der Berufserlaubnis, aber hier wie gesagt am besten bei den Behörden direkt erkundigen.
Die Vorraussetzungen zur Facharztanerkennung (hat leider nichts mit der Berufserlaubnis oder der Approbation zu tun) müssten gegeben sein wenn Dein Freund den Facharzt in England erworben hat.
Die Briten machen nicht so viel Stress, da Menschen mit Sprachkenntnissen und "britischer Ausbildung" aus ehemaligen Kolonialgebieten bei dem vorherrschendem Fachkräftemangel im britischen Gesundheitswesen gerne gesehen sind (zumindest noch vor Jahren, wie es jetzt aussieht, keine Ahnung).