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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wenn APLS-Szenarien schiefgehen...



Fino
13.09.2007, 20:18
Mich wuerde Eure Meinung interessieren:

ich mache z.Zt. einen APLS Kurs. Heute war der 2. Tag, und wir hatten wieder einige Uebungsszenarien; morgen gibt es die Abschlusspruefung.
Heute ging mein Uebungsszenario boes in die Hose...

Ich hatte einen 6jaehrigen, der einen Krampfanfall erlitten hatte und nun -krampffrei- in der Notaufnahme / Schockraum war. Waehrend ich ihn auf seine Atemwege hin untersuchte, bekam er erneut einen Krampfanfall, der immer heftiger wurde (der Tutor ruettelte immer heftiger am Dummy). Obwohl zunaechst entschlossen, brav Atemwege und Beatmung zuerst in den Griff zu bekommen, liess ich mich dazu verleiten, den Krampfanfall in den Mittelpunkt zu stellen. Das Ende der Geschichte: mein Patient erlag einem Herzstillstand, weil ich auf seine schlechter werdende Atmung nicht adaequat reagiert hatte.

So. Was mich daran so beschaeftigt, ist folgendes:

ich WEISS, dass man systematisch erst die Atemwege, Beatmung und die Circulation in den Griff bekommen muss, bevor man sich anderen Problemen (hier dem Krampfanfall) zuwendet. Ich habe insgesamt 10 Monate in der Paediatrie gearbeitet, davon den groessten Teil in einer grossen paediatrischen Notaufnahme. 6 Monate auf einer neonatol. Intensivstation.
Ich erkenne im "richtigen Leben" ernsthaft erkrankte Kinder, auch wenn die Zeichen sehr subtil sind und habe bisher - toi, toi, toi - diese Kinder auch adaequat versorgt, bis erfahrenere Kollegen dazu kamen; und da war so manch kniffliger Fall dabei. Ich glaube also nicht, dass ich vom Wissen oder der Erfahrung her Defizite habe.

Aus irgendweinem Grund aber werde ich bei diesen APLS-Szenarien so eigenartig nervoes, dass ich "neben mir" zu stehen scheine und mein Hirn aussetzt - mit entsprechenden Konsequenzen.
Heute war es besonders uebel, und es frustriert mich, weil ich das Gefuehl habe, nichts dagegen unternehmen zu koennen. Was soll ich auch tun, wenn das Wissen ja an und fuer sich da ist, aber das Umsetzen nicht hinhaut?
Gestern hatte ich ein aehnliches Problem, allerdings war es nicht ganz so schlimm.

Neben der Sorge, morgen die Pruefung in den Sand zu setzen, ist es mir auch noch richtig peinlich, dass ich Interesse daran bekundet habe, in 1-2 Jahren mich zum APLS-Tutor ausbilden zu lassen :-blush
Da kommt es natuerlich doppelt und dreifach "ungelegen", wenn man so einen Mist baut und Patienten "umbringt".
Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, ist auch noch meine Betreuerin aus dem PJ als Tutorin auf dem Kurs, wodurch ich mich zusaetzlich unter Druck setze (etwa "das muss ich jetzt aber hinkriegen, was sollen die und Dr B. sonst von mir halten")

Eigentlich war ich z.B. als Studentin in muendlichen Pruefungen ruhig und nicht so verwirrt.
Ob es daran liegt, dass ich vom Studium her OSCE-unerfahren bin?

Hat jemand aehnliche Erfahrungen gemacht? Irgendwelche Ratschlaege - wie gesagt, es liegt nicht am Wissensstand.

Bin gespannt, was Ihr dazu meint.

:-nix :-nix

Gersig
13.09.2007, 20:35
APLS bzw. Mega-Code-Prüfungen sind darauf ausgelegt, die Teilnehmer zu verwirren und zu instinktivem Handeln zu verleiten (was du schön beschrieben hast). Von daher: passiert und Kopf hoch :-)

Fino
13.09.2007, 21:05
APLS bzw. Mega-Code-Prüfungen sind darauf ausgelegt, die Teilnehmer zu verwirren und zu instinktivem Handeln zu verleiten (was du schön beschrieben hast). Von daher: passiert und Kopf hoch :-)

Die Tutoren behaupten gerade, dass sie uns NICHT verwirren wollen.
Der Tutor versuchte auch, als ich auf dem falschen Dampfer war, mich mit dem Zaunpfahl wieder auf den richtigen Weg zu winken, aber da ignorierte ich ihn sehr erfolgreich :-wand

Gersig
13.09.2007, 21:09
Wie lange hast du dich auf den praktischen Teil vorbereitet? Ich habe für mich die Erfahrung gemacht, dass es hilfreich ist, mit Kollegen bis zum cerebralen Breichreiz verschiedene Szenarien praktisch durchzuspielen, um die Algorithmen im Schlaf durchführen zu können und sich nicht von Ereignissen (nervigen Angehörigen oder irgendwelchen Zwischenfällen) durcheinanderbringen zu lassen.

Fino
13.09.2007, 21:20
Ich habe das Handbuch durchgearbeitet. Die Szenarien als solche habe ich waehrend des Kurses einmal durchspielen koennen.
Mit Kollegen habe ich nicht ueben koennen, weil ausser mir keiner meiner alten oder aktuellen Kollegen den Kurs macht.

Evil
14.09.2007, 05:26
Bei der MAnV-Sichtungsübung im NA-Kurs hab ich mich auch verwirren lassen, es geht halt bei diesen Übungen darum, so eine Situation mal durchzuspielen, bevor Du sie in der Realität erlebst.

Wenn Dir jetzt tatsächlich so ein Fall begegnet, bist Du besser vorbereitet, oder? Und genau das ist der Sinn der Übung.
Und egal, was der Tutor sagt, es gehört wirklich dazu, daß er Dich noch zusätzlich verwirrt.

Nicht den Kopf hängen lassen :-)

Fino
14.09.2007, 18:04
Danke fuer die (aufmunternden) Antworten.
Heute hat es gut geklappt. Ich hatte im Pruefungsszenario wieder denselben Tutor, der wieder versucht hat, Verwirrung zu stiften - diesmal allerdings ohne Erfolg :-D

Na ja, ich habe bestanden und hoffentlich passiert mir dieser Fehler NIEMALS im richtigen Leben...

Aber sag mal Evil, wofuer steht denn MAnV-Sichtungsuebung?

Dr. Jekyll
14.09.2007, 20:32
richtigen Leben" ernsthaft erkrankte Kinder, auch wenn die Zeichen sehr subtil sind und habe bisher - toi, toi, toi - diese Kinder auch adaequat versorgt, bis erfahrenere Kollegen dazu kamen; und da war so manch kniffliger Fall dabei.


erzähle mal bitte ein bißchen von den kniffligen fällen :-stud

THawk
14.09.2007, 22:24
MANV = Massenanfall von Verletzten.

Ich habe so eine Übung mal als RUD-Darsteller in Porta-Westfalika mitgemacht. Die Notärzte werden in ein Szenario mit ca. 20-30 Darstellern geschickt und müssen die Einteilung in die Sichtungskategorien vornehmen.
Seitens der Realistischen Unfalldarstellung wurde bei uns in der Übung das Beste aufgefahren was ging. Von großflächigen Verbrennungen über abdominelle Pfählungsverletzungen zur Handamputation, die Darsteller waren allesamt erfahren und super geschminkt. Hat viel Spaß gemacht (sorry für off-topic :-blush)

Evil
15.09.2007, 13:55
Aber sag mal Evil, wofuer steht denn MAnV-Sichtungsuebung?
Ist genauso, wie THawk beschrieben hat. Der Punkt ist halt der, sich (in unserem Szenario innerhalb von 6 Minuten) einen Überblick über die Verletzten zu verschaffen und sofort eine Triage durchzuführen, d.h. in Kategorien einzuteilen, wer sofort behandelt wird und wer zunächst zurückgestellt wird.
Ich hatte zunächst versucht, mir das im Kopf und mit wenigen Vermerken zu merken, aber das hat nicht wirklich geklappt... jedenfalls weiß ich jetzt, wie ich es machen muß :-oopss

Gersig
15.09.2007, 14:27
Meine coolste MANV-Übung war eine Großschadensfallübung mit dem Tunnelrettungszug auf der Schnellfahrstrecke Fulda - Würzbug. Der Landrückentunnel (http://de.wikipedia.org/wiki/Landr%C3%BCckentunnel) wurde gesperrt, ein ICE mit knapp 400 Mimen im Tunnel abgestellt. Stenario war "brennt ICE in Tunnel mit unbekannter Anzahl von Verletzten". Ich hab den LNA bei der Triage begleitet, war schon ne coole Erfahrung. Beim Gedanken daran, dass so ein Einsatz irgendwann mal kommen kann, läufts mir eiskalt über den Rücken :-notify

Hier (http://www.osthessen-news.de/beitrag_A.php?id=6064) und hier (http://www.osthessen-news.de/beitrag_A.php?id=6063) gibts Fotos von dem Spektakel

So, back to topic ;-)

Evil
15.09.2007, 17:26
Das Szenario "Anschlag auf Zug" gab es in Hagen auch mal. Allerdings hat der für die Rauchbomben zuständige BGS etwas zu großzügige Arbeit geleistet und der Zug ging tatsächlich in Flammen auf... daher gab es nachher (gottseidank nur) 11 Statisten mit Rauchvergiftung zu versorgen. :-keks