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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Medikation bei Pneumonie



Eva255
24.09.2007, 02:03
Und wieder Recherchen
(bisherige Medikamenten-Infos: www.aerztezeitung.de):


Patient: 15 Jahre, nach einem längeren Krankenhausaufenthalt (komatös) hat er eine Lungenentzündung bekommen.
Bisherige Therapie war eine Kombinationsbehandlung aus Beta-Laktam-Antibiotikum und Makrolid.

Frage 1: Kommt das hin?

Die Behandlung mit Beta-Laktam-Antibiotikum und Makrolid hat offenbar versagt, denn der Patient zeigt keine Besserung. Ein zweiter hinzugezogener Arzt will es jetzt mit einer hochdosierten Behandlung mit einem Beta-Laktam-Antibiotikum versuchen.

Frage 2: Welche Argumente gibt es für diese Behandlung?
Frage 3: Welche Argumente sprechen dagegen?
Frage 4: Wie begründet der zweite Kollege letztendlich die neue Behandlung?
Frage 5: Wie lange dauert es etwa, bis nach der neuen Behandlung eine Besserung eintritt?
Frage 6: Wenn ja, welche therapieunterstützenden Maßnahmen gibt es noch, um dem Patienten zu helfen (Fiebersenkende Mittel? Umschläge? ...?)

Wer kann mir da weiterhelfen?

LG,
Eva

Eilika
24.09.2007, 07:29
OK, das wird diesmal etwas komlex ;-)
Also, ich versuch, es einfach zu stricken und erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit!
Zunächst einmal unterscheidet man in der Klinik Lungenentzündungen (=Pneumonien) danach, ob man sie irgendwo oder im Krankenhaus bekommen hat/erworben hat. Die ersten nennt man ambulant erworben, die zweiten nosokomial. Diese Unterscheidung ist wichtig, da man in den beiden Situationen mit ziemlich unterschiedlichen Erregern rechnen muss.
Die ambulant erworbene Pneumonie liegt hier nicht vor! Hier hat man es mit einer nosokomialen Pneumonie zu tun, die vergleichsweise sehr selten duch den draußen gerade bei älteren Menschen als "typisch" bekannten Erreger, nämlich die Pneumokokken hervorgerufen wird.
Wir haben hier einen beatmeten (?) Intensivpatienten, der seine Pneumonie später als 5 Tage nach dem Beginn des Krankenhausaufenthaltes bekommt. Diese wird häufig durch sogenannte gramnegative Bakterien verursacht (Pseudomonas, Enterobacter, E.coli, Klebsiellen; nur der Vollständigkeit halber), es kommen auch Staphylokokken vor oder anaerobe Bakterien, letztere vor allem bei einer Aspirationspneumonie (Magensaft oder andere "Fremdkörper" kommen in die Lunge und sorgen für ne Entszündung), die hier eher unwahrscheinlich ist, da ich davon ausgehe, dass der Patient intubiert ist und damit einen relativ sicheren Schutz vor einer Aspiration hat.
Jetzt zur Therapie:
Wir gehen hier von einer schweren nosokomialen Pneumonie aus. Als Initialtherapie kommt in Frage (laut Herold Innere Medizin):
Eine Kombination aus
1. Cephalosporin der 3. Generation oder Acylaminopenicillin/Betalactamaseinhibitor oder Carbapenem PLUS
2. Aminoglykosid oder Fluorchinolon der Gruppe 2 oder 3
Wichtig in so einer Situation ist, dass man, bevor man mit der Antibiose beginnt, versucht, Material zu gewinnen für eine Erregerdiagnostik. Dafür kommen erstens Blutkulturen in Frage und zweitens natürlich Lungensekret, am besten gewonnen bei einer Lungenspiegelung (Bronchoskopie) mit einer sogenannten Bronchoalveolären Lavage... das ist bei einem beatmeten und intubierten Patienten relativ einfach auf der Intensivstation zu machen... wenn man dann die Ergebnisse aus dem Labor bekommt, was da in der Lunge sein Unwesen treibt und auf welche Antibiotika das anspricht und gegen welche es resistent ist (Problem der Multiresistenz bei nosokomialen Erregern), dann kann man die Antibiose ändern... vielleicht kommt das bei Dir hin?
Eine erste Besserung (Rückgang des Fiebers, evtl. auch schon Beginn einer Normalisierung der Entzündungsparameter im Blut sieht man relativ schnell... also nach nem halben bis nem Tag müsste es besser sein!)
Zum Fieber: man versucht es erstmal mit Patient entkleiden, feuchte Wickel, Ventilator. Dazu gibt man, wenn man das Fieber nicht in den Griff bekommt, fiebersenkende Medikamente (Antipyretika), zum Beispiel Paracetamol oder Metamizol als Kurzinfusion. Wichtig ist noch, dass ein Patient mit Fieber mehr Flüssigkeit braucht. Also Infusionsdosis erhöhen...
So... ich hoff, ich hab keine Mist gebaut ;-)
Und huch, das macht mehr Spaß als Lernen :-))

gossenschlampe76
27.09.2007, 19:24
Wer kann mir da weiterhelfen?

Der Arzt der den Patienten behandelt.

Meuli
27.09.2007, 19:57
Da es sich um einen fiktiven Pat. handelt .... schwer möglich. Falls du es noch nicht mitgekriegt haben solltest, Eva ist schriftstellerisch tätig ... :-sleppy

alley_cat75
27.09.2007, 22:52
1. Wahl bei Pneumonie = Cefuroxim 500 mg (2x1)
2. Wahl bei Pneumonie = Rocephin 2 g (1x1)

kein Unterschied, ob ambulant oder nosokomial.

Grüße von der Pulmologie, auf der ich z. Zt. arbeite

gossenschlampe76
01.10.2007, 12:40
Es gibt ca. so viele Antibiotikaempfehlungen wie es Mikrobiologen gibt.

Im Prinzip kann man fuer die meisten nicht-lebensbedrohlichen Infektionen fast alle Antibiotika geben.

Nur die Mikrobiologen versuchen uns einzureden, dass die kleinen Biester in ihrem Umfeld ganz was spezielles sind, und nur durch die von ihnen empfohlenen Antibiotika gekillt werden.

alley_cat75
01.10.2007, 17:21
Im Prinzip kann man fuer die meisten nicht-lebensbedrohlichen Infektionen fast alle Antibiotika geben.

:-top Das werde ich demnächst meinem Chef erzählen. Der wird staunen...

gossenschlampe76
01.10.2007, 17:57
:-top Das werde ich demnächst meinem Chef erzählen. Der wird staunen...

Na dann mach mal die Probe aufs Exempel und such dir die amerikanischen, britischen, europaeischen, deutschen und japansichen Antibiotikaempfehlungen zur CAP raus. Schau dabei auf Hausarzt, Mikrobio, InfDis, Interne ua. Societies/Colleges. Du wirst staunen.

Ach ja, Cefuroxime po is nirgendwo first-line fuer CAP.