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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Myastenia gravis



STREBER20
04.10.2007, 20:36
hallo,
jemand aus meinem Verwandtenkreis leidet seit Ende 2006 an Myasthenia gravis, wobei nur die Augen betroffen sind. Die Ursache für diese Autoimmunkerkrankung ist unbekannt (zumindest haben Spezialisten einer Schweinfurter Klinik, Neurolog. Abteilung keine Ahnung, was der Auslöser ist), wurde im November 2006 an der Hüfte operiert (künstl. Hüftgelenk). Ein Zusammenhang zwischen Hüftoperation und Myasthenia gravis ist nicht nachgewiesen.
Er wurde mit dem Rettungsdienst ins Krankenhaus eingeliefert mit Verdacht auf Schlaganfall, da er Doppelbilder gesehen hat. Dort im KH zahlreiche Untersuchungen, die Ärzte immernoch der Meinung, dass es ein - zumindest leichter - Schlaganfall war, den man am CT nicht erkannt hat. Dann in besagte Schweinfurter Neurologische Abteilung verlegt, wieder viele Untersuchungen, jedoch ohne nennenswertes Ergebnis. Einige Zeit später folgte ein Besuch beim Augenarzt, der dann die Myasthenia gravis diagnostiziert hat. Seitdem war er einige Monate krankgeschrieben, um das Auge zu schonen. Nun arbeitet er wieder seit einem guten viertel Jahr. Er muss täglich Medikamente nehmen (Kalymin), damit es mit den Doppelbildern einigermaßen geht.
Meine Frage an die Experten: welches Medikament gilt als sehr gut bei Myasthenia gravis (es sind NUR die Augen betroffen)? irgendwelche positiven Erfahrungen bei Patienten mit M.G.? Verschwindet die Myasthenia gravis mit zunehmendem Alter? Er ist 56 Jahre alt.

Über eure Hilfe wäre ich wirklich sehr dankbar, weil wir die Erfahrung machen mussten, dass diese Autoimmunkrankheit - zumindest bei den Ärzten, wo wir waren - relativ unbekannt ist und es traurig war, wie ahnungslos manche Ärzte waren.

grüße

P-DrageesBlau
04.10.2007, 21:33
Welches Medikament gilt als sehr gut bei Myastenia gravis (es sind NUR die Augen betroffen)?
Wie du schon geschrieben hast, handelt es sich bei der okulären Myasthenie (mit "th") um eine Autoimmunerkrankung. Insofern kann neben der symptomatischen Therapie mit Pyridostigmin auch eine immunsuppressive Therapie mit Glucocorticoiden oder Azathioprin durchführen.


Verschwindet die Myastenia gravis mit zunehmendem Alter? Er ist 56 Jahre alt.
Wenn die Immunsuppressiva gut ansprechen, können die Beschwerden auch wieder weniger werden.

Ansonsten schau doch mal in die Leitlinien:
DGN Leitlinien (http://www.dgn.org/173.0.html)

Gruß
P.

Christian1983
17.10.2007, 08:04
Hallo!

Also das zuerst die Augenmuskuln (generell erst die kleinen Muskelgruppen) betroffen sind und dies zu reversiblen Ptosen führt, ist ja bekannt. Im Verlauf treten immer mehr und vor allem größere Muskelgruppen in Erscheinung und werden unter Belastung "schwächeln". Typisch für diese CHRONISCH verlaufende Nervenerkrankung ist die Besserung nach Ruhe oder dem Mittagsschläfchen.

Behandlung: Cholinesteraseinhibitoren, Kortikosteroide, Azathioprin. Viell. auch eine Thymektomie ins Auge fassen! Ultima Ratio: Immunglobuline und/oder Plasmapherese

Verlauf: Chronisch, Cholinesteraseinhibitoren verlieren im Verlauf der Behandlung durch Down-Regulation der Rezeptoren an Wirkung.

gefährl. Komplikation: Myasthene Krise (akute Schwächung der Atemmuskulatur - Gefahr des Erstickens!)

Hoffe dir geholfen zu haben.

Christian

STREBER20
17.10.2007, 08:08
Hallo,

danke für deine Tipps.

Bist du Assistenzarzt an einer neurologischen Klinik, weil du dich so gut auskennst?

Ist es immer so, dass zuerst kleinere und dann größere Muskelgruppen betroffen sind oder kann das durch Medikamente verhindert werden?

Mein Vater wurde vor knapp einem Jahr operiert (Hüftvollprothese), muss aber immernoch mit Krücke gehen. Steht diese schlechte Verheilung unmittelbar in Zusammenhang mit Myasthenia?

Grüße

Christian1983
17.10.2007, 14:17
Hallo!

Nein bin kein Assistenzarzt, warte sogar noch auf meinen Studienbeginn und dies schon seit 4 Jahren! Naja, ich habe die Zeit genutzt und studiere halt schon seit mehreren Jahren autodidaktisch und die Neurologie ist eines meiner Lieblingsdisziplinen.

Ich sehe, was die TEP-OP angeht, keinen Zusammenhang. Natürlich wird ein Muskelaufbau nach der OP, gerade der Hüftmuskeln schwerer fallen, als dies bei einem Gesunden Menschen der Fall ist.

Im Normalfall sind immer zuerst die kleinen Muskeln betroffen und dann im Verlauf kommen auch die größeren hinzu. Die Erkrankung lässt sich, wie schon ausgeführt, mit den genannten Medikamenten und einer evtl. Thymektomie (zeigt in ungefähr 70% der Fälle eine Prognosebesserung) recht gut behandeln. Aber es ist eine Autoimmunerkrankung und diese sind chronisch.
Die Wirksamkeit der Cholinesterasehemmer nimmt jedoch, wie schon erwähnt, mit der Zeit ab. Der Verlauf lässt sich nicht gut vorhersagen, die Lebensgefährliche Komplikation der Myasthenen Kris muss vermieden werden!

Viele Grüße,

Christian

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17.10.2007, 19:11
Ich möchte davor warnen hier alles todernst zunehmen (siehe auch den Disclaimer)
Ich habe nichts gegen Autodidakten, sondern Reihe mich hier selbst nahtlos in die Reihe der "unfertigen" Ärzte (Studenten usw.) ein...
Allerdings sind das hier eben meist keine "Arzt-Meinungen", ferner ist Ferndiagnose eh meist problematisch...!

Trotzdem alles Gute!

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Christian1983
18.10.2007, 16:51
Gebe "LOGO" vollkommen Recht. Ferndiagnosen sind nicht ausreichend aussagekräftig. Ohne eine ordentliche Anamnese, gerade in der Neurologie, geht überhaupt nichts!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! !!! Habe so viele Studenten und auch Ärzte kennengelernt, die diese ärztliche, grundlegende Technik, die Erhebung der Krankengeschichte, nicht beherrschen oder auch garnicht anwenden sondern gleich zur Diagnostik übergehen (im Notfall zu vertreten!).
Also, erst einmal muss die Myasthenie, gibt ja versch. Typen, klassifiziert und dann behandelt werden.

Viele Grüße,

Christian