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Diddy
09.10.2007, 21:36
Hallo,

ich hab da mal eine Frage, die mich sehr interessiert.
Seit ein paar Monaten mache ich wieder Praktikum im KH, diesmal von der Schule aus ( FOS Sozial und Gesundheitswesen).
Heute haben wir eine 16. jährige Pat. mit einer Synkope bekommen.
Sie hat wohl innerhalb von 4/5 Monaten von 81 auf 61 kg abgenommen und will noch einiges mehr abnehmen. (ihre Größe ist ca. 170 cm).
Ich meine 20 kg in 4/5 Monaten ist ja schon ziemlich hefig...und der Verdacht liegt nahe dass die Synkope daher kommt. Die Eltern sagen wohl, dass sie in letzer Zeit sehr wenig isst. und auch so ist die Pat. psychisch sehr auffällig und hat wohl schon einige psychiatrische Aufenthalte hintzer sich, allerdings aufgrund anderer psychischen erkranknungen. MOrgen soll wohl auch noch ein psychiatrisches Konsil laufen...

Meine Frage ist, spricht man da schon von Anorexie? Weil ansich hat sie ja kein Untergewicht...aber diese schnelle Gewichtsabnahme und die Hintergründe und alles?
Meine zweite Frage, in wie fern kann man das am Blutbild feststellen? Also was verändert sich da?

Najut, das reicht denke ich erstmal,
ich würde mich sehr über Antworten freuen, da mich das doch schon sehr interessiert alles...:-oopss

Alles liebe

Diddy

McBeal
10.10.2007, 05:41
Meines Wissens nach sind da die Kriterien für eine Anorexie noch nicht erfüllt, da sie noch keinen BMI von unter 17,5 hat bzw. 15%(?) unterhalb des Normalgewichts liegt. Allerdings hast Du wahrscheinlich Recht damit zu vermuten, dass sie Gefahr läuft, eine zu entwickeln. Aber machen könnte man da von außen sowieso nichts, so lange die Erkrankung nicht akut lebensgefährdend ist, kann man sie nicht festhalten und eine Therapie kann nur von ihr ausgehen.

Soweit ich weiß haben Anorektikerinnen, denen es schlecht geht, oft eine Leukopenie (was dann mit ein Grund ist, sie ins KH einzuweisen). Aber die ist wohl erst vorhanden, wenn die Erkrankung weiter fortgeschritten ist.
Sonst würde mir zum Thema Blutbild nix einfallen - okay, vielleicht eine Anämie durch Eisen und auch B12-/Folsäuremangel. Aber das ist ja alles recht unspezifisch.

LG,
Ally

test
10.10.2007, 08:04
Hallo,

nach DSM-IV ist das keine Anorexia nervosa, eher eine nicht weiter klassifizierbare oder sonstige Essstörung oder eine Bulimie, falls die Kriterien dafür erfüllt sein sollten.
Für eine Anorexie sollte der BMI wie bereits gesagt unter 17,5 liegen oder unter 85% des Normalgewichts.
Außerdem ist eine Amenorrhoe für mindestens 3 Zyklen ein weiteres Diagnosekriterien, neben der ANgst vor Gewichtszunahme und dem Leugnen eines Normalgewichtes.

Typisch außerdem im Labor:
Hypothyreose
Hypochlorämische Alkalose (Erbrechen)
Hypokaliämie (Abführmittel)
Hyponatriämie (übermäßiges Trinken)
milde Leukopenie

Das Labor ist aber nicht spezifisch und für die Diagnosestellung nicht von Belang eher zum Feststellen von Komplikationen.

little_lunatic
10.10.2007, 09:03
klingt jedenfalls nach einem gestörten essverhalten.
ist schonmal blöd genug.
aber erfahrungshalber gesagt ists ein gefährlicher weg den sie eingeschlagen hat aus dem viele so schnell nicht rauskommen.

Ersa
10.10.2007, 17:11
Ist eines der Diagnosekriterien der AN nicht erfüllt (z.B. eben das Gewicht), die übrigen aber schon, kann die Diagnose einer atypischen Anorexie vergeben werden. Sonst wohl am ehestens, wie oben genannt, EDNOS, bei Fressanfällen evt. auch eine Bulimie (gibt auch eine non-purging Form, bei der gegensteuerndes Verhalten z.B. übermäßiger Sport/ Fasten sein kann - klingt im beschriebenen Fall jedoch eher nicht so). Hat aber letztlich vor allem akademischen und vielleicht noch abrechnungstechnischen (?) Charakter. Die (Psycho-)Therapie wird ja letztlich eher symptomorientiert sein (ja, ich weiß, es gibt da auch noch tiefenpsychologische Verfahren etc...).

Diddy
10.10.2007, 22:12
huhu,

vielen dank für eure Antworten,
ich denke eine Bulimie ist es nciht, da sie keinerlei Anzeichen von regelmäßigem Erbrechen oder Abführen zeigt.
Ich habe jetzt geslesen, dass eine Anorexie vorliegen kann wenn man mehr als 20% des Ausgangsgewichtes innerhalb von 4 Monaten verliert. Was hier ja der Fall wäre.
Nunja... das Konsil ist gelaufen und es wurden wohl Essstörungen festgestellt, aber halt nicht näher bezeichnet...sie wurde heute wieder entlassen.
zudem wurde von den Eltern in Erfahrung gebracht, dass sie wohl vor zwei Jahren bei der Grenze zum Untergewicht lag (BMI 19) und dann innerhalb eines Jahres auf 81....jetzt wieder runter....also normal ist das ja keinesfalls würde ich jetzt so rein gefühlsmäßig mal sagen....

Liebe Grüße

Diddy

moonshine
10.10.2007, 22:59
zudem wurde von den Eltern in Erfahrung gebracht, dass sie wohl vor zwei Jahren bei der Grenze zum Untergewicht lag (BMI 19) und dann innerhalb eines Jahres auf 81....jetzt wieder runter....also normal ist das ja keinesfalls würde ich jetzt so rein gefühlsmäßig mal sagen....
Liebe Grüße
Diddy

Nee, normal ist das wirklich nicht aber was ist schon normal ?!

Vielleicht wurde ihre damalige Gewichtszunahme durch die Einnahme von Medikamenten beeinflußt ?

Vielleicht hat sie aber auch einfach nur zuviel gegessen.

Vielleicht fühlte sie sich einfach nicht wohl in ihrem Körper.

Vielleicht war sie auch "nur" depressiv und wollte nicht essen (wenn man mal im tiefen Tal der Finsternis :-heul ist, dann..... ist ALLES SCHEI** EGAL )

Welche Diagnosen hat sie denn ? Ich weiß jemanden, der in "depressiven Phasen" bis zu 7kg pro Monat zunimmt, und in einer anderen Phase extrem viel Gewicht pro Monat verliert.....

Janet Jackson soll ja auch ihr Gewicht um 25kg in 4 Monaten reduziert haben - aber durch Sport - ich denke das mit den 20% wird sich wohl auf die Gewichtsreduktion infolge eingeschränkter Nahrungszufuhr beziehen, oder ? Obwohl - anorektische Personen können ja auch bis aufs Äußerste Sport treiben.....

Und zum Schluß das heute noch Unfassbare: eine Medizinstudentin trifft auf einen Arzt, der eine Dissertation über Esstörungen geschrieben hat.
Die Studentin hatte einen BMI von 16,5 aber laut diesem Arzt keine Anorexie, weil das Untergewicht ja nur vom stressigen Studium verursacht wurde..... - ja was nun ?!

condorito
24.10.2007, 15:05
Bei Janet Jackson wars wohl eher ne Hollywood-Diät.

Und die Kriterien sind zumindest bisher ja nicht erfüllt,sind allerdings eh nur Ferndiagnoseversuche. Eine Nachbeobachtung ist vielleicht ganz sinnvoll.

Blondi
24.10.2007, 17:03
@moonshine

Hat der Arzt ehrlich einfach so herausgesagt, dass diese Studentin krank sei? Woraufhin sich diese verteidigen musste? Krass. Darf er das überhaupt? Es gibt ja Menschen, die wirklich sehr dünn sind, das heißt doch nicht automatisch dass man ihnen so eine Diagnose an den Kopf werfen darf!

Denken sich eigentlich alle Ärzte dass jemand magersüchtig sei, der einfach nur dünn aussieht?!

Und ist eine Leukopenie allein ausreichend, um jemanden gleich ins Krankenhaus zu schieben? Ist das rechtlich überhaupt haltbar? Nur weil jemand dünn ist und ein bisschen weniger weiße Blutkörperchen hat kann man den doch trotzdem in Ruhe lassen, oder? Das ist doch schlimm...

McBeal
24.10.2007, 19:35
Und ist eine Leukopenie allein ausreichend, um jemanden gleich ins Krankenhaus zu schieben? Ist das rechtlich überhaupt haltbar? Nur weil jemand dünn ist und ein bisschen weniger weiße Blutkörperchen hat kann man den doch trotzdem in Ruhe lassen, oder? Das ist doch schlimm...
"Einfach so" wird in Deutschland niemand ins Krankenhaus geschoben. Unter einem bestimmten BMI bzw. unter einer bestimmten Konzentration an Leukos besteht allerdings Lebensgefahr und da wird man schon an einen gerichtlichen Beschluss kommen...

LG,
Ally

Blondi
25.10.2007, 21:59
Weißt du, wie vie Richtlinien bzgl dieser Werte ungefähr sind? Wäre interessant zu wissen, welche Konzentration an Leukos denn als lebensbedrohlich gilt...kann man das überhaupt konkret sagen, da es sich um eine sehr heterogene Gruppe an Blutzellen handelt und vor allen die Qualität, nicht Quantität, für die Immunkompetenz eines Organismus entscheidend ist.

kirschbluete
21.07.2015, 17:07
Sorry, dass ich diesen uralten Thread wieder ausgegraben habe, aber könnt ihr mit bitte erklären, warum sich bei Magersucht alle so auf's Gewicht stürzen und jeder der bisschen schmäler gebaut ist gleich als magersüchtig abgestempelt wird? Ich dachte eigentlich immer, dass Anorexie eine psychische Erkrankung sei, die auch mit Normalgewicht haben kann...

altalena
21.07.2015, 17:11
Naja, ein Anorexie-Kriterium is ja n BMI<18 .... ob das noch Normalgewicht is :-nix

Absolute Arrhythmie
21.07.2015, 17:12
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Anorexia_nervosa#Diagnose

Anorexie geht mit niedrigem Gewicht einher. Man kann natürlich mit Normalgewicht eine Essstörung haben (z.B. Bulimie).

kirschbluete
21.07.2015, 17:19
Aber es ist doch nicht jeder magersüchtig, der 'nen BMI unter 18 hat...

Klar geht Anorexie mit niedrigem Gewicht einher. Aber wenn eine Person z.B. einen BMI von 25 hat und innerhalb weniger Monate viel zu viel abnimmt und alle Symptome zeigt, kann man doch nicht sagen "nö, du bist nicht magersüchtig, dein BMI ist ja noch über 18", oder?

Absolute Arrhythmie
21.07.2015, 17:25
Ich zitiere mal den von mir verlinkten Wikipedia-Artikel:


Das Hauptunterscheidungsmerkmal (Differentialdiagnose) zur Bulimia nervosa ist das Körpergewicht. Eine Anorexia nervosa wird diagnostiziert, wenn ein selbst herbeigeführtes Untergewicht besteht und der Body-Mass-Index unter 17,5 liegt.

kirschbluete
21.07.2015, 18:06
Ich weiß ja, dass ihr nichts für die Definition könnt, aber ich finde es trotzdem unlogisch. ;-) Ist man also magersüchtig, wenn man einen BMI unter 17,5 hat, sein Gewicht hält, aber nicht zunehmen will? Und wenn man absichtlich immer weiter abnimmt, hat man dann erst ab dem Punkt Anorexie, wenn man den BMI von unter 17,5 erreicht hat?

Feuerblick
21.07.2015, 18:35
Die Frage ist doch, ob man dabei eine Ess-Störung hat oder nicht... Jemand, der untergewichtig ist, normal isst, aber halt drauf achtet, nicht zuzunehmen (und dabei weder mit übermäßig Sport, Abführmitteln, Erbrechen oder sonstwas arbeitet), der ist ja noch lange nicht essgestört. :-nix

erdbeertoertchen
21.07.2015, 18:35
Ich hoffe, du fragst nicht für dich selbst. ;-)
Wie aus Wikipedia hervorgeht gibt es Diagnosekriterien. In Deutschland wird nach ICD 10 klassifiziert. Es müssen alle Diagnosekriterien zB BMI unter 17.5, Körperschemastörung, erzwungene Gewichtsreduktion (Rest siehe Tabelle Wikipedia) vorhanden sein, um die Diagnose der Anorexia nervosa stellen zu können. Ein BMI alleine macht noch keine Anorexia nervosa, allerdings sollten bei niedrigem BMI andere körperliche Ursachen zB Schilddrüse oder psychische Erkrankungen zB Depression, andere Essstörungen durch einen Arzt ausgeschlossen werden.
Andererseits gibt eben auch Menschen, die einen niedrigen BMI haben, dennoch gesund sind und einfach auf ihre Ernährung achten.
Bei Wikipedia sieht man zB den Vergleich mit den Diagnosekriterien DSM V ( seit 2013) ( vorher DSM IV ) aus den USA, in dem kein BMI aufgeführt ist, sondern eine Prozentangabe zum Gewicht.
Nachtrag, für den Fall, dass nicht alle Kriterien erfüllt sind, gibts, wie Gesocks schon geschrieben hat, die atypische Anorexia, bei der nicht alle Kriterien zutreffen, aber man dennoch von einer Magersucht ausgehen kann.
http://www.icd-code.de/icd/code/F50.0.html
dann würde man bei dem Beispiel mit massivem Gewichtsverlust, aber BMI noch nicht unter 17,5, und eventuellen anderen Symptomen wie Körperschemastörungvon einer atypischen Anorexia sprechen.

Gesocks
21.07.2015, 18:38
Ja (unter Ausschluss der anderen DDs), und ja.

Für den zweiten Fall gibt ICD-10 die Diagnose "atypische Anorexia nervosa" her, bei der Kriterien der "typischen" unerfüllt bleiben dürfen. Bei deinem zunächst übergewichtigen Beispielpatienten weiter oben ist das prinzipiell auch möglich, wird aber mit der Körperschemastörung schwierig.


Die Frage ist doch, ob man dabei eine Ess-Störung hat oder nicht... Jemand, der untergewichtig ist, normal isst, aber halt drauf achtet, nicht zuzunehmen (und dabei weder mit übermäßig Sport, Abführmitteln, Erbrechen oder sonstwas arbeitet), der ist ja noch lange nicht essgestört. :-nix
Was denn dann?