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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Genie und Wahnsinn - wo beginnt "krank" sein?



lala
02.11.2007, 10:53
Hallo liebe Foren-Gemeinde,
nach einigen Psychiatrie-Erfahrungen der letzten Zeit beginne ich immer mehr mir die o.g. Frage zu stellen. Wir nehmen Menschen "aus dem Verkehr" unter der Annahme eines "kranken" Verhaltens, da sie sich i.R. ihrer Psychose auffällig benehmen und behandeln sie (ggf. bei Eigen- oder Fremdgefährdung auch gegen ihren Willen). Und andere laufen draußen herum, stehen vielleicht sogar im Rampenlicht, und erzählen von ihren UFO-Erlebnissen? (Beispiel) (http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,514553,00.html)
Wo beginnt das "Kranke"? Wo ist die Grenze zur "schillernden Persönlichkeit"?
Ich behandle derzeit einen jungen Mann, der als paranoid schizophren vordiagnostiziert ist und dessen größte Leidenschaft die (Rap-)Musik ist. Natürlich kann man psychopathologisch von formalen Denkstörungen wie "sprunghaft", "assoziativ gelockert" reden - aber ist das bei Rappern ungewöhnlich? Die Diagnose stimmt schon und dass er behandelt werden muss auch aber: nachdem ich nun seine Musik kenne (die gar nicht schlecht ist!) stelle ich mir die Frage: wie behandeln, so dass er "gesellschaftsfähig" ist aber gleichzeitig nicht an seiner Kreativität einbüßt? Sehr spannend...Und laufen nicht gerade in Musik- oder Kunstszene nicht viel mehr Psychotiker/Maniker herum als man denkt? :-nix

Derma
02.11.2007, 10:59
Diese Fragen hab ich mir auch gestellt, als ich die Sendung gesehen habe.

Hier ist noch ein Video mit einigen Szenen aus dieser Sendung. (http://turi-2.blog.de/2007/10/31/p3225378#more3225378)

Edit.: Besserer Link zum Video (http://de.sevenload.com/videos/DiN9avR/turi2-tv-Bublath-verlaesst-Maischberger-Talkshow)


Noch zwei Videos (http://www.stoibaer.de/wie-man-kinder-vom-drogenkonsum-abhaelt.html) mit Ausschnitten aus der Sendung


(http://turi-2.blog.de/2007/10/31/p3225378#more3225378)

MouseMan
02.11.2007, 16:36
Schlimmster Reiznystagmus aller Zeiten dank Nina Hagen.

MouseMan (weiterhin kopfschüttelnd)...

funny
02.11.2007, 18:04
Ich denke, dass viele psychische Erkrankungen ( z.B. Persönlichkeitsstörungen aller Art) durchaus adäquate Strategien sind, psychisch in den teilweise schwerst mißbrauchenden und mißhandelnden Familien der Betroffenen zu überleben (durch extremes Mißtrauen, stetes Auf-der-Hut-sein, überhöhte Wachsamkeit, Schwarz-Weiß-Sicht, Abspaltung, Realitätsverdrängen etc.). Wenn man diese Familie irgendwann hinter sich hat und in die "normale" nicht so sehr mißhandelnde Gesellschaft wechselt sind diese Strategien dann natürlich hinfällig und nunmehr nur noch schädlich für den Betroffenen. Deshalb ist es gut, diese zwecks Therapie zu überwinden. Aus dem einzigen Grund, dass es dem Betroffenen gut gehen soll. Das bedeutet zwangsläufig "gesellschaftsfähig" werden, ist aber nur die Folge, nicht das Ziel.

Künstler etc. scheinen (ebenfalls) eine besonders hohe Sensibilität gegenüber der Umwelt zu haben. Ich denke schon, dass man den Anteil der quälenden Teile der Persönlichkeit "wegtherapieren" kann ohne Kreativität zu verlieren. Ich weiß es allerdings nicht. Denn andererseits kann ich mir schon vorstellen, dass Zufriedenheit mit sich selbst und eine gewisse Stabilität künstlerischem Schaffen und besondererer Kreativität (Genie?) entgegensteht. Aber das sind nur Mutmaßungen meinerseits.

Bei manchen Musikern und Schauspielern kann ich mir auch vorstellen, dass der enorme Ruhm, das viele Geld etc. sie einfach die Bodenhaftung verlieren lässt und ihre ohnehin schon eher manische/instabile Struktur verschlechtert. Man kann sich alle Drogen leisten, bekommt alles, was man will, kann Leute um sich scharen etc. Seine Störung also voll ausleben. Dadurch verschlechtert sie sich immer mehr etc.