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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Niederlassungsberatung: Ich rate davon ab, Arzt in Deutschland zu werden



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Weltbester_Karlsson
04.11.2007, 12:42
Hallo zusammen,

ich lese seit geraumer Zeit im Forum "facharzt.de" mit und stieß dabei heute auf eine interessante Analyse der Situation für angehende niedergelassene Ärzte von Steffen Kroll, Facharzt für Allgemeinmedizin. Ich habe die Zustimmung des Autors, seinen Beitrag hier zu posten:

"Sehr geehrte junge Ärztinnen und Ärzte in Deutschland!
Entscheiden Sie sich!

Auch wenn ich erst seit zehn Jahren „selbstständiger Vertragsarzt“ (die Definition dieses Begriffes wird sich aus dem Zusammenhang dieses Aufrufes ergeben) bin, möchte ich nicht erst in 30 Jahren in vor Weisheit strotzenden Memoiren meine Erfahrungen an Sie weitergeben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie sind in Gefahr. Unser Beruf ist in Gefahr.
In den letzten Jahren haben Sie im Studium der Humanmedizin enormes medizinisches Wissen angehäuft.
Sie haben sich immer wieder selbst geprüft und Sie haben sich immer wieder prüfen lassen.
Sie haben immer mehr Qualifikationen erworben.
Und dann haben Sie erste Erfahrungen gesammelt, haben eine erste Sicherheit erworben in der Anwendung von medizinischer Theorie, von Diagnostik, von Therapie und Sicherheit im gewissenhaften Umgang mit den Menschen, um die es eigentlich geht: Den Patienten.
Was auch immer Ihr Motiv dafür war, diese schwere Ausbildung auf sich zu nehmen, nun glauben Sie sich fast alle am Ziel.

Sie sind Arzt.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte da eine wichtige Einschränkung vornehmen.

Sie sind Arzt in Deutschland.

Das ist etwas anderes als Arzt in Schweden, in der Schweiz, den USA oder Australien.
Der Wert Ihrer Qualifikationen, der Wert Ihrer Arbeit wird hier anders geschätzt.

Lassen Sie es mich Ihnen erklären:

Mehr oder weniger haben Sie wahrgenommen, dass die Ärzte aus den Krankenhäusern gestreikt haben, für bessere Arbeitsbedingungen, für menschlichere Arbeitszeiten, für gerechtere Entlohnung.

Mehr oder weniger haben Sie wahrgenommen, dass die niedergelassenen Ärzte zu Tausenden auf den Strassen waren, für Bürokratieabbau, für bessere Honorare, für Therapiefreiheit, gegen Regresse usw.

Wo sind die streikenden und protestierenden Ärzte alle hin?
Ist jetzt plötzlich alles besser geworden?

Mitnichten!

Viele sind müde von der täglichen Arbeit.
Viele sind frustriert.
Viele sind wie gelähmt.
Viele sind zerstritten.
Viele haben schon längst ihre innere Kündigung abgegeben.

Viele haben sich vor Jahren mit Haus und Hof Ihrer Praxis verschrieben, haben sich in Erwartung der Sicherung Ihrer beruflichen und privaten Existenz zu bestimmten „vertragsärztlichen Bedingungen“ in eigener Praxis niedergelassen und hoch verschuldet, um genau dass zu sein, was Sie geworden sind: Arzt sein, für die Menschen da sein.

Ohne dass man es Ihnen mitgeteilt hat, sind viele dieser „vertragsärztlichen Bedingungen“ gekündigt worden.
Ohne dass man es Ihnen mitgeteilt hat, hat man ihre Leistungen stetig abqualifiziert, den Wert Ihrer Arbeit für teilweise überflüssig und ineffektiv erklärt und den Zufluss von Geldmitteln für diese überflüssige und unqualifizierte Leistung stetig geringer ausfallen lassen.

Zusammenfassend könnte man sagen:
Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen in Deutschland erfüllen nicht die Bedingungen und Erwartungen, die man an Sie hat.
Dafür werden Sie laufend bestraft. Mit Regressen, mit noch mehr Bürokratie, mit Zwang zur Teilnahme an völlig überflüssigen, teils minderwertigen, oft zeitlich aufgemotzten Seminaren und Fortbildungen, mit einem an Intransparenz und Widersprüchen nicht zu überbietendem Abrechnungssystem, mit noch mehr Kontrolle.

Der größte Dorn im Auge der Gesundheitspolitik ist die kleine, schnell erreichbare, zuwendungsorientierte und effektiv problemlösende Einzelpraxis.

Der größte Dorn im Auge der Gesundheitspolitik ist der freie, seinem im Studium der Medizin erworbenem Wissen und seinem Gewissen verplichtete, schwer steuerbare Arzt.

Das größte Problem in diesem Gesundheitssystem sind Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Sie, Ihr tägliches Handeln und Tun, Ihre Profession, Ihr Engagement, Ihre Arbeitskraft, Ihr Können, sind zur Projektionsfläche von Staat, Politikern, Krankenkassen und Gesundheitswissenschaftlern geworden.

Nun erwarten Sie zurecht Hilfe.
Sie erwarten einen Aufschrei aus den eigenen Reihen.
Sie erwarten Unterstützung für Ihre Leistung.
Zuallererst mal von dem Mann, den wir an unsere Spitze gewählt haben, von Bundesärztekammerpräsident Prof. Dr. Hoppe.
Oder von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
Oder von den Kassenärztlichen Vereinigungen und Ärztekammern vor Ort.
Oder von den ärztlichen Verbänden, allen voran vom Hartmannbund.
Oder von den Fachverbänden.
Oder vom Hausärzteverband.

Nichts!
Keine Gegenwehr!

Hier bin ich in meinen Ausführungen an einen ganz entscheidenden Punkt angelangt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Unser Beruf hat von jeher Begehrlichkeiten und Ängste geweckt.
Eine sorgsam ausgeklügelte Sozialgesetzgebung, ein komplexes System der Selbstverwaltung und hohe Hürden und enge Grenzen für die ärztliche Berufsausübung haben diese Begehrlichkeiten und Ängste, egal von welcher Seite, jahrzehntelang in Ihre Schranken gewiesen.

Nun aber werden wir alle Zeuge einer völlig neuen Dimension von Einflussnahme und Begehrlichkeiten.

Lag in der Vergangenheit der größte manipulative Einfluss auf die Ärzteschaft bei der Pharmaindustrie oder falsch verstandenem wissenschaftlichen Ehrgeiz, so betreten nun andere Spieler die Bühne.
Konnte sich der einzelne Arzt den manipulativen Einflüssen der Pharmaindustrie und der Wissenschaft zumindest noch so weit entziehen, dass er seine wirtschaftliche Existenz durch diese Entscheidung nicht aufs Spiel setzte, so erlebt der Arzt jetzt eine völlig neue Qualität und Dimension der Manipulation.
Diese Art der Manipulation ist sehr viel subtiler.
Diese Art der Manipulation ist sehr viel tief greifender.
Diese Art der Manipulation ist sehr viel radikaler.
Diese Art der Manipulation lässt dem Arzt keine Wahl.

Den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten wird die Möglichkeit, sich zu entscheiden, gar nicht eingeräumt.
Kodieren Sie nicht nach ICD 10, können Sie nicht abrechnen.
Sammeln Sie nicht Fortbildungspunkte, können Sie nicht abrechnen.
Halten Sie sich nicht an den EBM, können Sie nicht abrechnen.
Machen Sie kein QM, können Sie demnächst nicht mehr abrechnen.
Machen Sie keine DMP, können Sie zwar abrechnen, machen aber immer weniger Umsatz.
Verschreiben Sie „zuviel“, müssen Sie dafür bezahlen, verschreiben Sie „zu wenig“ bekommen Sie einen Bonus.
Lassen Sie nicht die e-card in die Praxis, werden Sie nicht abrechnen dürfen.
Ärzte, die sich nicht "integrieren" lassen, werden bald nichts mehr abrechnen können.

Diese Art der Manipulation nennt man "Qualität".
Und diese Art von "Qualität" hat ihren Preis:
Ärzte, die hier nicht mitmachen, verlieren ihre Existenz.

Die private Gesundheitswirtschaft steht schon in den Startlöchern, die gesetzgeberischen Änderungen sind wie für sie gemacht.
Die privaten Krankenversicherungen liebäugeln angesichts der Risiken ihrer Branche auch schon mit den Segnungen der Kassenmedizin.

Staatliche Manipulation unter Umgehung rechtsstaatlicher Bedingungen?
Der Staat nutzt geschickt die Zwänge und Rahmenbedingungen der Sozialgesetzgebung aus.
Er tut noch viel mehr.
Er setzt das Prinzip der Gewaltenteilung in der Sozialgesetzgebung völlig außer Kraft.
Staatliche Manipulation erfolgt geradewegs über die Einrichtungen der Selbstverwaltung.
Legislative, Exekutive und Judikative
BMG, Parlament, KV und Kassen, Sozialgerichtsbarkeit.
Erst durch diese Institutionen, erst durch den Missbrauch dieser Institutionen in einem gesetzgeberischen Kontext, der sich über die verfassungsrechtlich garantierten Rechte und Pflichten aller Beteiligten stellt, kann ein Zustand der Steuerung und Kontrolle hergestellt werden, der die Manipulation des einzelnen Arztes und der Arzt-Patienten-Beziehung überhaupt erst erlaubt.
Wenn diese Gewaltenteilung aufgehoben wird, und die gegenwärtige Gesundheitspolitik ist nichts anderes als eine breit angelegte Aktion zur Gewaltenverschmelzung von Staat und Körperschaften, dann sind der Manipulation des ärztlichen Berufes und der Arzt-Patientenbeziehung Tür und Tor geöffnet.
Weitere Tragik.
Wenn die „4. Gewalt“, die Presse der Bundesrepublik Deutschland, nicht in der Lage ist diesen Zustand zu analysieren, zu kommentieren und zu kritisieren und sich statt dessen vor den Karren des BMG und der Gesundheitsindustrie spannen lässt, dann ist die Manipulation nahezu perfekt.
Wohl in keinem anderen Land dieser Erde, das von sich behauptet eine „Demokratie“ zu sein, werden Ärzte soviel manipuliert, ohne das darüber öffentlich oder privat gesprochen wird.
Die Drohung des Gesetzgebers, den kollektiven Ausstieg der Ärzte aus diesem Vertragsarztsystem mit einer 6-jährigen Verbannung zu belegen, ist in Stein gemeißelter Skandal, aber noch lange nicht der Gipfel.
Der ist erst erreicht, wenn die Veröffentlichung der Anzahl "berechtigter Überweisungen" oder "berechtigter Krankenhauseinweisungen" oder "unnützer Rezepte" zum neuen, eigentlichen Qualitätskriterium der Praxen schlechthin ernannt wird.



Hier sind wir an den Punkt angelangt, der mich sprachlos macht, der mich verzweifeln lässt.
Erwarten Sie keine Vernunft.
Erwarten Sie keine Hilfe.
Erwarten Sie keinen Aufschrei.
Erwarten Sie keine Unterstützung.

Hier fehlt etwas.
Hier versagt etwas.

Der Arztberuf in Deutschland ist zum Spielball der Politik, von Bürokraten und Technokraten geworden.
Auch in den eigenen Reihen.
Die ärztlichen Institutionen und Organisationen in Deutschland sind zum aktiven Helfer oder passiven Zuschauer dieses Spiels geworden. Ein Kokkettieren mit Macht, Stellung, Geld und Eitelkeit darf dabei nicht ausgeschlossen werden. Fehlendes Verständnis ebenfalls.

Ein neuer (alter?) kategorischer Imperativ für ärztliches Handeln in Deutschland ist nicht in Sicht.

Bis dieser nicht gefunden ist, möchte ich Ihnen davon abraten in Deutschland den Beruf des Arztes zu ergreifen.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit."

Evil
04.11.2007, 14:06
Polemischer geht's wohl nicht :-sleppy
Vielleicht sollte Herr Kroll Demagoge werden, er hat Talent...

Wollt Ihr die totale Unzufriedenheit? *g*

Flemingulus
04.11.2007, 14:33
Rhetorischer Aufwand ist kein Ersatz für Fakten.
Vielleicht sollte man dieses Pamphlet in Verse fassen?
Aber was reimt sich bloß auf "Kroll"?

Dass klinisch tätige Ärzte nicht grade den Job mit der besten Kohle:easy life-Ratio gewählt haben, ist eine Nachricht, die irgendwann zur Zeit von König Hammurapi einen gewissen Neuigkeitswert hatte. Aber die die Ansprüche sind halt in jedem Berufsfeld für Hochqualizifierte ziemlich knackig. Auch als Jurist, BWLer und Ingenieur hat man die Chance auf seinen individuellen burn-out. Wenn die Ärzteschaft ihr Berufsfeld positiver ausgestaltet sehen will, geht das letztlich nicht, ohne, dass die Gesellschaft da mehr Geld reinsteckt (u. U. auf Kosten anderer Berufsfelder). Und obige K(r)ampf-Rhetorik wird nicht besonders hiflreich dabei sein, in der Gesellschaft eine entsprechende Bereitschaft zu wecken.

SchwesterStefanie
04.11.2007, 14:46
Auf Wunsch des Users Tombow gelöscht.

Tombow
04.11.2007, 14:52
Also, meine Nachbarin schwört zwar auch auf solche Verfahren, aber sie lässt das immer beim Heilpraktiker machen
@SchwesterStephanie: Beitrag ist den Mods gemeldet. Bitte ohne Schleichwerbung, wenn es nicht so gemeint war und Link entfernen.

SchwesterStefanie
04.11.2007, 14:53
Aber was reimt sich bloß auf "Kroll"?
Hmmm..... :-music

SchwesterStefanie
04.11.2007, 14:58
@SchwesterStephanie: Beitrag ist den Mods gemeldet. Bitte ohne Schleichwerbung, wenn es nicht so gemeint war und Link entfernen......:-nix

hennessy
04.11.2007, 15:25
wenn man mal die Polemik weg läßt, was bleibt dann übrig? Etliche Fakten, die es imho zumindest wert sind, mal darüber nachzudenken.

Kackbratze
04.11.2007, 16:36
Das was da genannt wird, sind in der Tat Fakten, die man gerne mit Polemik widerlegen will.
Wenn das so weitergeht, wird es tatsächlich soweit kommen, dass Ärzte nurnoch gegen Barzahlung behandeln werden.
Da hilft auchnicht, wenn man solche doch recht radikalen "Warner" einfach in die Polemik-Ecke stellt und damit die Diskussion beendet.

Relaxometrie
04.11.2007, 16:56
Da hilft auchnicht, wenn man solche doch recht radikalen "Warner" einfach in die Polemik-Ecke stellt und damit die Diskussion beendet.
Danke, Kacki!!!
Ich habe noch nach passenden Worten gesucht, jetzt schließe ich mich einfach mal Deinem Posting an.

Auch wenn ich als ganz frische Berufsanfängerin einige der angeprangerten Dinge noch nicht völlig durchdringe, so merke ich natürlich trotzdem, daß irgendetwas in der Medizin ganz gewaltig aus dem Ruder läuft.
Die Verwaltung hat die Macht. Das ist die Aussage von vielen Ärzte, die schon lange im Berufsleben stehen und ihren Job aus rein fachlicher Sicht lieben. Aber unser Fach ist die Medizin. Wenn für uns immer mehr Verwaltungskrampf dazu kommt, wie soll man sein Fach dann noch mögen? Der Manager macht ja auch nicht mal eben einen Kurs in "Therapieren Sie Ihren Herzinfarkt selbst". Aber wir sollen am Besten hundertausend fachfremde Zusatzqualifikationen erwerben.

Evil
04.11.2007, 16:57
Dabei werden aber einige Fakten unterschlagen und die Situation von Herrn Kroll einseitig dargestellt, z.B. der Umstand, daß die ÄK Westfalen-Lippe sowohl die Ausbildung von Allgemeinmedizinern bezuschußt (die bezahlt immerhin die Hälfte meiner aktuellen Stelle) als auch als auch Praxisübernahme/-neugründung mit Prämien unterstützt wird.
Wenn nun also jemand einseitig Meinungsmache betreibt, indem er Fakten unterschlägt, dann nenne ich das Polemik, oder nicht, Bratze?

Der EBM ist eine Frechheit, das ist schon wahr, und die Gängelei durch die Kassen nicht ohne; es gibt aber auch die IgEl, auch ohne Patienten zu beschei$$en oder ihnen Humbug anzudrehen... und die hat Herr Kroll ja auch schon für sich entdeckt, insofern fand ich die Links ganz aufschlußreich... ein Schelm, wer Böses dabei denkt :-music


@ Tom: die Entscheidung, was Schleichwerbung ist und was nicht, kannst Du ruhig den Mods überlassen, die Löschung der Links finde ich zumindest in diesem Thread hier schade

Evil
04.11.2007, 17:06
Außerdem finde ich die Anwendung von rhetorischen Stilmitteln wie



Viele sind müde von der täglichen Arbeit.
Viele sind frustriert.
Viele sind wie gelähmt.
Viele sind zerstritten.
Viele haben schon längst ihre innere Kündigung abgegeben.


oder



Erwarten Sie keine Vernunft.
Erwarten Sie keine Hilfe.
Erwarten Sie keinen Aufschrei.
Erwarten Sie keine Unterstützung.

Hier fehlt etwas.
Hier versagt etwas.


sehr verdächtig... da hat sich jemand schon eingehend mit Meinungsmache und Manipulation beschäftigt... natürlich nur mit den besten Absichten :-keks

Bakerdude
04.11.2007, 18:12
Sprachlich viel zu dick aufgetragen, inhaltlich aber leider nicht völlig von der Hand zu weisen...

Bakerdude
04.11.2007, 18:16
...der Umstand, daß die ÄK Westfalen-Lippe sowohl die Ausbildung von Allgemeinmedizinern bezuschußt (die bezahlt immerhin die Hälfte meiner aktuellen Stelle) als auch als auch Praxisübernahme/-neugründung mit Prämien unterstützt wird.


Und was verbessert das an deiner persönlichen Situation, "außer" dem Umstand, dass du ne Stelle hast?
Vielleicht darf man den Zeigefinger von der ÄK nehmen, aber sonst? Sollte das überhaupt ihre Aufgabe sein?

SchwesterStefanie
04.11.2007, 18:49
deleted

vaevictis
04.11.2007, 19:31
@Evil:

Lassen wir mal die Gnade der späten Geburt als mildernden Umstand für die Kommentare auf den Appell des Kollegen Kroll durchgehen.

(Ich bin ein älterer Arzt aus dem Fa.de Forum, aber nicht Herr Kroll, Jg. 1961, seit 13 Jahren niedergelassen.)

Lassen wir mal die Einkommensfrage beiseite, tatsächlich geht es vielen Niedergelassenen dank IGeL und Privatpatienten noch leidlich gut, (wobei sich das monatlich weiter verschlechtert) aber viele, gerade die jüngeren mit hohen Schulden, stehen durchaus mit dem Rücken zur Wand.

Auch steht außer Frage, daß die Chancen für Berufsanfänger Eures Jahrgangs deutlich besser sind als zu meiner Zeit, als es etwa 100 Bewerber pro Stelle gab.

Viel schwerer wiegt jedoch, daß ein genereller Umbau unseres Gesundheitssystems geplant ist, weg vom freiberuflichen Arzt, der nur seinem Gewissen verpflichtet ist, hin zu einer Gesundheitsindustrie, in welcher private Gesundheitskonzerne wie die Rhönkliniken (Aufsichtrat: Prof. Lauterbach!!) nicht nur über die stationäre, sondern mit ihren MVZs auch über die ambulante Medizin herrschen.

ja, liebe(r) Evil, das Böse ist eben immer und überall.

Und während Du noch stolz wie Oskar Dein erstes Blut abnimmst oder mal im OP ein Häkchen hältst, werden draußen Nägel mit Köpfen gemacht.

Und Du wirst, sobald Du selbstverantwortlicher Arzt bist, erkennen, daß Deine Träume eines helfenden Berufes von seelenlosen Technokraten auf das Maß eines extern richtliniengesteuerten "Leistungserbringers" (so heißen wir für Kassen und Politik übrigens schon heute) geschrumpft wurden.

Klar, auch das war Polemik, aber leider wahr.
Träum weiter, aber beschwer Dich nachher nicht, man hätte Dich nicht gewarnt.

Kackbratze
04.11.2007, 20:58
Die Frage der Niederlassung um dem Klinikalltag zu entgehen und endlich selbstständig arbeiten zu können spukt bei vielen im Hinterkopf herum.

Und das es, egal ob Klinik oder Niederlassung nicht mehr alles so schön ist, wie früher, ist auch allen klar.
Mir zumindest fällt auf, dass der "Gesundheitwagen" systematisch vor die Wand gefahren wird, aber wenn möglich immer nur von "den anderen Interessengruppen" und nicht von der eigenen.
Warum "streiken" die Niedergelassenen nicht? Der Marburger Bund hat den Streikt organisiert, aber dabei nur die Klinikärzte vertreten.

Wie sieht es mit Interessensverbänden der Niedergelassenen aus? Oder gilt da eher die Einzelkämpfermentalität? Oder eine "die KV wirds schon richten"?

vaevictis
04.11.2007, 21:49
Sehr gute Frage!
Dazu wurden in Fa.de zig Threads gefüllt.

Mal zusammengefaßt:

1. Satt macht faul.
Vielen geht es noch immer zu gut, sie profitieren vom System.

2. Helfersyndrom, "Ethik-Nasenring"
"Ich kann doch meine Patienten nicht im Stich lassen.

3. Asozialität
Jahrelange Knechtung deformiert den Charakter.

Im Studium:
"Lern mal das Telefonbuch von Berlin auswendig!"
"Klar, bis wann habe ich Zeit?"

Im Krankenhaus:
"Halt den Haken gerade, Du Idiot!" (=ca. 27-jähriger Akademiker)

4. Dummheit
In Köln sagt man wohl: "Es ist noch immer gut gegangen"


Noch Fragen:
"Ich bin zwar pleite, spreche aber Latein!"

:-stud

Fino
04.11.2007, 22:18
Mir zumindest fällt auf, dass der "Gesundheitwagen" systematisch vor die Wand gefahren wird, aber wenn möglich immer nur von "den anderen Interessengruppen" und nicht von der eigenen.


Das ist Teil des Problems. Alle Beteiligten lassen kritische Selbstreflexion schoen aussen vor.

Evil
05.11.2007, 05:41
Lassen wir mal die Gnade der späten Geburt als mildernden Umstand für die Kommentare auf den Appell des Kollegen Kroll durchgehen.Wie großmütig, Danke, oh großer Meister :-))



Und während Du noch stolz wie Oskar Dein erstes Blut abnimmst oder mal im OP ein Häkchen hältst, werden draußen Nägel mit Köpfen gemacht.
Wenn Du mal von Deinem hohen Roß herunterkommst, können wir gerne sachlich diskutieren:
in der Sache hat Kollege Kroll durchaus recht, aber sein Beitrag oben ist polemisch und unseriös; ich hab was gegen Bauernfänger (oder solche, die es gerne wären ;-)). Zur obengenannten kritischen Selbstreflexion gehört auch, daß man nicht auf selbsternannte Heilsbringer hereinfällt.

Was unser Gesundheitssystem angeht: natürlich ist der Karren an der Wand, und ich gehöre zu denen, die demonstriert haben und ich hätte auch gestreikt, wenn ich zu dem Zeitpunkt eine Stelle gehabt hätte.

Aber unglaubwürdige Wichtigtuerei wie im Eingangspost oder selbstgerechtes Geschwafel in Internetforen bringt uns auch nicht voran.