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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fall8/2007: Routinefall mit Fragezeichen



s98310
18.11.2007, 09:02
Ihr werdet (als diensthabender HNO-Arzt) von der internistischen Kollegin gegen 22:00 angerufen: Der Tagdienst habe einen männlichen Patienten wegen hypertensiver Entgleisung (Werte um 200/100) stationär aufgenommen. Die Schwestern hätten sie nun angepiept, da der Patient mehrfach erbrochen hätte. Sie habe sich den Patienten angeschaut und dabei sei ihr aufgefallen, dass er einen Spontannystagmus habe. Daher bittet sie um ein Konsil.

Ihr macht euch also auf den Weg auf die Innere-Station.......Was fragt ihr und worauf achtet ihr?

Tombow
18.11.2007, 10:36
Hypertensiv entlgeist, mehrfach erbrochen, Spontannystagmus....könnte sowohl was HNO-mäßiges als auch was neurologisches sein. Also:

Anamnese:
-Schwindel? (was für einer, Dreh/Schwankschwindel?) Welche Richtung?
-Seit wann die aktuelle Symptomatik? Zunehmend oder plötzlich aufgetreten? Fluktuation?
-Ohrensausen?
-Vorerkrankungen?
-Medikamente?

Untersuchung:
-Hirnnervenstatus?
-Stand- und Gangprüfung (Links/Rechtsdrall?), Fallneigung (gerichtet/ungerichtet?), Seiltänzergang mit geschlossenen Augen? (in Auffangbereitschaft!!!)
-Neurologische Untersuchung (Meningismus? Wurzeldehnungszeichen? Seitendifferente Reflexe? PBZ? Zerebelläre Symptomatik (Intentionstremor/Intentionsdysmetrien)?). Hinweise auf gekreuzte Hirnstammsymptomatik?
-Lagerungsprobe?
-EKG (VHF/sonstige Rhythmusstörungen?)
-Labor (Entzündungszeichen/E-Lytenentgleisungen?)
-CCT (man kommt nicht drumherum)

Pragmatische Therapie:
-RR senken (dürfte schong geschehen sein)
-MCP i.v. (idR spricht hirnstammbedingtes Erbrechen nicht so gut darauf an, in dem Fall könnte das den Verdacht auf ein Hirnstmmprozess erhärten).

Mein Verdacht:
-Hirnstamm-TIA/Hirnstamminfarkt
-Itrakranielle Blutung mit Hirnstammkompression
-BPLS/Neuronitis vestibularis
-Meningitis (etwas weiter hergeholt, ich geb's zu...aber alles schon dagewesen)

Zoidberg
18.11.2007, 11:22
allein die Symptomatik würde für mich am ehesten für eine Neuropathia vestibularis sprechen

zu Tombows sehr guter Liste würde mich noch interessieren: Dauerschwindel oder Sekundenschwindel? Hirnstammzeichen (Triple D: Diplopia, Dysphagia und Dysarthrie)
Bei eindeutigen Zeichen dann für eine Neuropathia vestibularis könnte man auch auf das CD verzichten und evt. ein MRT im Verlauf angehen, da man Hirnstämme im CT sowieso nicht so gut sieht

als Untersuchung auch noch den Halmagyie Test

s98310
18.11.2007, 12:14
Anamnese:
-Schwindel? (was für einer, Dreh/Schwankschwindel?) Welche Richtung?
-Seit wann die aktuelle Symptomatik? Zunehmend oder plötzlich aufgetreten? Fluktuation?
-Ohrensausen?
-Vorerkrankungen?
-Medikamente?

Zunächstmal zeigt sich ein ca. 65jähriger Patient, wach, klar orientiert, keine Zeichen von Vigilanzminderung, keine Kopfschmerzen. Er ist jedoch massiv beeinträchtigt durch Drehschwindel und Übelkeit (er würgt pemanent und muss sich auch während der Untersuchung 2x übergeben). Der Schwindel sei am Vormittag ganz plötzlich aufgetreten und von Übelkeit und starkem Erbrechen begleitet worden. Er habe sich nicht mehr auf den Beinen halten können und sich hingelegt. Im Liegen sei es etwas besser, prinzipiell sei der Schwindel aber permanent vorhanden. Die Rettungssanis hätten dann den erhöhten Blutdruck festgestellt (damit ist er in der Inneren gelandet). Tinnitus und Hörminderung werden verneint. Sprech/Sprachstörungen, Lähmungserscheinungen, Sensibilitätsausfälle/Parästhesien werden verneint.
An Vorerkrankungen hat der Patient einen arteriellen Hypertonus, der immer gut eingestellt gewesen sei. Die Medis weiß ich leider nicht mehr, es waren jedenfalls zwei nicht allzu hoch dosierte Blutdrucksenker. Sonst keine Erkrankungen.



Untersuchung:
-Hirnnervenstatus?
-Stand- und Gangprüfung (Links/Rechtsdrall?), Fallneigung (gerichtet/ungerichtet?), Seiltänzergang mit geschlossenen Augen? (in Auffangbereitschaft!!!)
-Neurologische Untersuchung (Meningismus? Wurzeldehnungszeichen? Seitendifferente Reflexe? PBZ? Zerebelläre Symptomatik (Intentionstremor/Intentionsdysmetrien)?). Hinweise auf gekreuzte Hirnstammsymptomatik?
-Lagerungsprobe?
-EKG (VHF/sonstige Rhythmusstörungen?)
-Labor (Entzündungszeichen/E-Lytenentgleisungen?)
-CCT (man kommt nicht drumherum)

Der internistische Status, EKG und Labor waren komplett in Ordnung (bis auf den RR). Die Intis haben auch initial ein CCT gemacht: o.p.B.: keine Blutung, kein Insult, kein Hirnödem.

HNO-Status (am Bett im Liegen)
horizontaler Spontannystagmus nach links, in allen Blickrichtungen, hochfrequent, mit dezenter rotatorischer Komponente, keine wesentliche Fixationssuppression
HNO-Status i.W.regelrecht:chron. Tonsillitis, ansonsten enoral reizlose SH-Verhältnisse, Zungenbeweglichkeit regelrecht, Gaumenbögen heben sich symmetrisch, Nase o.p.B, Ohren: Trommelfelle spiegelnd-intakt, keine Entzündungszeichen. Weber mittelständig, Rinne bds. pos., Fazialis stgl. intakt, Augenmotorik in alle 4 Blickrichtungen regelrecht

Meine grob-neurologische Untersuchung bestand aus Prüfung von Sensibilität, Kraft und Motorik, die im Gesicht und an allen 4 Extremitäten stgl. unbeeinträchtigt war (zugegebenermaßen machen die Neurologen das
gründlicher).

Wir machen sonst routinemäßig noch: Finger-Nase-Versuch, Seiltänzergang, Romberg und Underberger und natürlich die Lagerungsprüfungen. Das ging in dem Fall nicht, weil der Patient aufgrund des immobilisierenden Schwindels nicht aus dem Bett zu kriegen war. Lagerungsprüfungen wären meines Erachtens in dem Zustand sinnlos - man will ja damit rauskriegen durch welche Lage, bzw. plötzliche Umlagerung sich Schwindel und Nystagmus provozieren lassen, wenn dem Patienten ständig massivst schwindelig ist und er ständig (auch ohne Frenzelbrille) einen Nystagmus hat, wird man da nichts rauskitzeln. Nebenbei bemerkt wäre das auch Quälerei pur für den Patienten. Wir machen diese Untersuchungen nach Abklingen der akuten Symptomatik (darüber kann man natürlich diskutieren).

Ich oute mich jetzt mal als unwissend: Wie prüft man eine gekreuzte Hirnstammsymptomatik?




Mein Verdacht:
-Hirnstamm-TIA/Hirnstamminfarkt
-Itrakranielle Blutung mit Hirnstammkompression
-BPLS/Neuronitis vestibularis
-Meningitis (etwas weiter hergeholt, ich geb's zu...aber alles schon dagewesen)
Hmmhh, bei den beiden ersten Punkten, würde ich noch irgendwelche zusätzlich vorhandenen Symptome erwarten: Vigilanzminderung, Hirndrucksymptomatik, Dysarthrie, Paresen, Sensibilitätsausfälle, Hirnnervenausfälle - irgendwas.
BPLS erschien mir unwahrscheinlich. Das ist typischerweise lageabhängig/bzw. durch Lageänderung auftretender Schwindel. Und das geben die Patienten in aller Regel auch spontan so an. Außerdem bessert sich der Schwindel nach Sekunden bis Minuten deutlich oder sistiert. Die Patienten sind in aller Regel nicht so beeinträchtigt, so dass eine Lagerungsprüfung durchführbar ist.
Meningitis ganz ohne Kopfschmerzen?

Tombow
18.11.2007, 12:44
Zunächstmal zeigt sich ein ca. 65jähriger Patient, wach, klar orientiert, keine Zeichen von Vigilanzminderung, keine Kopfschmerzen.
Das ist erst einmal beruhigend.


Der Schwindel sei am Vormittag ganz plötzlich aufgetreten und von Übelkeit und starkem Erbrechen begleitet worden....Im Liegen sei es etwas besser, prinzipiell sei der Schwindel aber permanent vorhanden.
Das weniger. Plötzliches Auftreten und konstante Intensität seitdem spricht eher gegen was entzündliches und für ein ischämisches Geschehen.


Tinnitus und Hörminderung werden verneint. Sprech/Sprachstörungen, Lähmungserscheinungen, Sensibilitätsausfälle/Parästhesien werden verneint.
Isolierte Vestibularis-Symptomatik, soweit beurteilbar keine Hirnstammzeichen.


Der internistische Status, EKG und Labor waren komplett in Ordnung (bis auf den RR). Die Intis haben auch initial ein CCT gemacht: o.p.B.: keine Blutung, kein Insult, kein Hirnödem.
Das gröbste wäre damit (glücklicherweise) vom Tisch.


horizontaler Spontannystagmus nach links, in allen Blickrichtungen, hochfrequent, mit dezenter rotatorischer Komponente, keine wesentliche Fixationssuppression...


Meine grob-neurologische Untersuchung bestand aus Prüfung von Sensibilität, Kraft und Motorik, die im Gesicht und an allen 4 Extremitäten stgl. unbeeinträchtigt war
Solange keine grob auffälligen Defizite oder Intentionsdysmetrien vorhanden sind, reicht das in Kombination mit einer Reflexprüfung aus.


Wir machen sonst routinemäßig noch: Finger-Nase-Versuch, Seiltänzergang, Romberg und Underberger
FNV zielsicher und seitengleich? Die Stand- und Gangprüfungen hätte ich mir unter den Umständen auch gespart.


Ich oute mich jetzt mal als unwissend: Wie prüft man eine gekreuzte Hirnstammsymptomatik?
Ergibt sich aus dem klinischen Befund - im Hirnnervenstatus Ausfälle auf der einen Seite, am Körper Symptomatik (Paresen, pathologische Reflexe) auf der anderen. Tritt bei Hirnstammläsionen oberhalb der Pyramidenbahnkreuzung auf.


Hmmhh, bei den beiden ersten Punkten, würde ich noch irgendwelche zusätzlich vorhandenen Symptome erwarten: Vigilanzminderung, Hirndrucksymptomatik, Dysarthrie, Paresen, Sensibilitätsausfälle, Hirnnervenausfälle - irgendwas.
Bei einer Hirnstamm-TIA/Hirnstamm-Infarkt doch nicht immer vorhanden.


BPLS erschien mir unwahrscheinlich.
Da stimme ich dir zu. War auch eher weit hergeholt.


Meningitis ganz ohne Kopfschmerzen?
Manchmal sind virale Meningitiden erstaunlich blande in der Symptomatik. Aber daß es weit hergeholt ist, da gebe ich dir recht.

Und nun? Es sieht eher nach einem peripheren Schwindel aus (seitengerichteter Drehschwindel ohne sonstige Symptomatik). Wenn nicht das plötzliche Auftreten wäre. Daher habe ich den Verdacht auf einen akuten Vestibularisausfall ("Apoplexia labyrinthi"). Therapie? Hmm....gute Frage, ich würde es mit Bettruhe, Antiemetika und Rheologika versuchen. Zur weiteren Diagnostik im Verlauf kalorische Probe. Neurologisches Konsil und MRT Schädel könnte man eventuell machen, ist aber kein Muß.

s98310
18.11.2007, 14:40
Klassische Symptomatik für eine Neuropathia vestibularis - genau!
Als Anmerkung: Das plötzliche Auftreten des Schwindels, quasi aus dem Nichts heraus, ist ganz typisch. Auch, dass die Patienten mit dem Blutdruck reagieren, hat man, gerade bei Hypertonikern, sehr häufig - das hat mich also auch nicht weiter überrascht.

Allein, dass ich den Fall hier reingestellt habe, lässt ahnen, dass das nicht alles gewesen sein kann.

Bevor ich schreibe wie's weitergeht, möchte ich noch was zur Diskussion stellen:
Routinemäßig würden wir, bei (scheinbar) eindeutiger Symptomatik kein CCT machen (O.K., bei den RR-Werten hätte ich vielleicht auch eins gemacht) und auch keinen Neurologen hinzuziehen. Schlampig oder ausreichend?
Es ist ja eine grundsätzliche Frage, ob man jede zunächst unwahrscheinliche Diagnose mit letzter Sicherheit sofort ausschließen muss und welcher Aufwand dazu gerechtfertigt erscheint.

Ich hab' den Patienten auf unsere Station verlegt. Der RR war von den Intis auf konstant 160/80 gesenkt worden - dabei hab' ich es belassen.
Angesetzt hab' ich: Pentoxyphyllin als rheologische Therapie, 1 Amp MCP in die Infusion, falls das nicht reicht Vomex supp oder i.v., regelmäßige RR-Ko. Als Diagnostik: Sobald es dem Patienten klinisch besser geht und er aufstehen kann: Nochmaliger HNO-Status (ich hatte den Patienten ja nur am Bett untersucht, was ohne Stirnlampe/Mikroskop immer etwas eingeschränkt beurteilbar ist), Lage-/ Lagerungsprüfung, die ganzen Romberg/Underberg usw.-Versuche nachholen, Audio, Tymp, VNG , danach BERA, ggf. MRT.

Zoidberg
18.11.2007, 16:09
Habt ihr den Halmagyie Test gemacht (auch Kopfimpulstest genannt), mit dem kann man ja relativ spezifisch die Neuropathia untersuchen, auch "bedside".
Ich denke bei absolut fehlender sonstiger Hirnstammsymptomatik würde ich kein CT machen, aber es gibt Häuser, bei denen das zum Standard gehört, aber ich bin ein wenig ein Gegner von "jeder neuropatient = 1 CT"

Relaxometrie
18.11.2007, 16:34
Ein sehr interessantes Fallbeispiel, an dem ich nochmal sehr viel wiederholen konnte.
Allerdings ist mir eine Kleinigkeit aufgefallen:
Der Tretversuch heißt nicht "Underberger" (Prost :-))), sondern "Unterberger-Tretversuch".

Tombow
18.11.2007, 23:44
Ich bin auch keiner, der jeden Patienten durchs CT jagt, aber in dem Fall würde ich es machen - hypertensive Entlgeisung+Spontannystagmus und Schwindel. Ich gebe es zu, es ist nicht zuletzt auch aus forensischen Gründen, doch habe ich schon einige Fälle gesehen, wo bei ähnlicher Symptomatik dicke Hirnstammbefunde herauskamen (einmal grüßte mich eine riesige Hirnstammetastase mit drohender Einklemmung). Bei der weiteren Diagnostik würde ich die klinischen Untersuchungen nachholen im Verlauf. Falls die Symptomatik wirklich typisch ist, würde ich den Patienten eher später konsiliarisch den Neurologen vorstellen und elektiv ein MRT machen. Da hätte ich mir eher die HNO-spezifische Abklärung gespart.


Es ist ja eine grundsätzliche Frage, ob man jede zunächst unwahrscheinliche Diagnose mit letzter Sicherheit sofort ausschließen muss und welcher Aufwand dazu gerechtfertigt erscheint.
Ganz einfach - treat first what kills first, oder lieber die wahrscheinlichen Diagnosen mit unmittelbarer therapeutischer Konsequenz ausschließen. IMHO noch ein Grund, doch CT zu machen. Nicht der exotischen Sachen wegen, doch dann bekommt man mehr oder weniger die Gewißheit, daß in der Akutsituation nichts im Argen ist.

s98310
19.11.2007, 21:38
Der Tretversuch heißt nicht "Underberger" (Prost :-))), sondern "Unterberger-Tretversuch". Ja klar, hast natürlich recht.

Zum Halmagyi-Test:
Vestibuläre Funktion: Beim raschen Kopfdrehtest (Halmagyi u. Curthoys 1988) lässt sich nach Drehung des Kopfes zur Seite des betroffenen N. vestibularis eine Einstellsakkade als Hinweis auf ein dynamisches Defizit des VOR beobachten.
....Ich war mal auf einer Fortbildung, wo jemand den Test vorgestellt hat. Laut dem Prof. sollte die Drehung zur Seite mit einer leichten Rotationsbewegung kombiniert sein. Entscheidend sei, dass die Bewegung sehr schnell ausgeführt wird, weil der VOR zur Blickstabilisierung bei hochfrequenten Kopfbewegungen da ist (Gehen, Laufen z.B) und sich bei langsamen Bewegungen nicht auslösen und damit auch nicht prüfen lässt.
Ich hab' das eine Zeit lang auch mal probiert und bin ehrlich gesagt kläglich gescheitert. Zum einen hab' ich die Erfahrung gemacht, dass Patienten mit akutem Drehschwindel schwer bemüht sind den Kopf still in einer Position zu halten, wenn man da irgendwelche ruckartigen Bewegungen intendiert spannen sie meist automatisch gegen (wahrscheinlich muss man den Test so überrumpelnd machen, dass der Pat. keine Chance hat gegenzuspannen, aber dafür fehlte mir offensichtlich die Übung). Zum andern: Man soll den Kopf blitzartig zur Seite bewegen, dabei die Augen des Pat. verfolgen um eine Einstellsakkade zu beobachten - bei einem Pat. der einen SPN, also permanent Sakkadenbewegungen hat - ab und zu hab' ich mir mal eingebildet was gesehen zu haben (War das nu wohl ne Einstellsakkade, oder war das doch keine Einstellsakkade??????). Der Aha-Effekt hat sich aber leider nicht eingestellt....Der Test scheint sich auch (noch?) nicht so durchgesetzt zu haben: Ich hab' heute selbst in neu erschienenen Neurootologie-Schwarten nichts darüber gefunden.
Zoidberg hat den Test ja so propagiert, dass ich mutmaßen würde, dass er/sie davon Ahnung hat: Also für Infos oder Tipps zur praktischen Durchführung, wäre ich dankbar.

Jetzt erzähl ich aber mal ein bisschen weiter:
Als ich morgens nach dem Frei-nach-Dienst wieder in die Klinik komme, geht es dem Patienten schon ganz gut: Er sei noch ziemlich wackelig auf den Beinen, aber Schwindel und Übelkeit seien deutlich gebessert, erbrochen habe er seit gestern nicht mehr.
Ich melde ihn also in der Funktionsdiagnostik an bevor ich in den OP verschwinde (ich weiß, falsche Reihenfolge: Untersuchung first - ging aber organisatorisch nicht anders).
Am Nachmittag erzählt mir unsere Audiometrie-Assistentin, der Patient habe einen stark rotatorischen Nystagmus nach links gehabt, der sich bei jeglicher Lagerung/Kopfdrehung nach links habe provozieren lassen. VNG: SPN nach links, i. W. seitengleiche Erregbarkeit beider Labyrinthorgane (als Summe aus Kalt- und Warmspülung je Ohr). Nebenbei: Audio und Tymp altersentsprechend normal.
...und nun?

s98310
24.11.2007, 23:06
O.K.,
da sich offensichtlich niemand mehr beteiligen möchte, will ich den Fall wenigstens kurz zum Abschluss bringen.

Per se schließt eine seitengleiche Erregbarkeit beider Labyrinthorgane eine Neuropathia vestibularis ziemlich sicher aus.
Ich schnappe mir also nochmal den Patienten und führe die diversen Lagerungsmanöver durch. Hierbei lässt sich tatsächlich ein rotatorischer Nystagmus nach links in Linksseitenlagerung auslösen, dieser ist deutlich über 30 Sek anhaltend und habituiert nicht (was gegen einen BPLS spricht) - sowohl ein stark rotatorischer als auch ein Lagennystagmus können zentral ausgelöst sein.
Des Rätsels Lösung: Der Patient hatte im MRT tatsächlich einen sehr eng umgrenzten Hirnstamminfarkt. Auch die Neurologen haben keine weiteren klinischen Ausfälle gefunden.