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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zweitstudium und Karriere



stud_tir
25.12.2007, 10:50
Erstmal frohe Weihnachten und entspannte Feiertage alle zusammen :-top
Einen ruhigen Dienst für alle, die arbeiten müssen.

Ich stehe derzeit vor der Überlegung, Medizin als Zweitstudium zu studieren.Voraussichtlich in einem Jahr werde ich Bioinformatik mit Diplom :-stud abschließen, dann werde ich 25.5 Jahre alt sein. Meine Schwerpunkte in der Bioinfo sind Neurophys und Immu.
Medizin wäre mein eigentliches Ziel, wie mir mehr und mehr klar geworden ist. Warum nicht als Erststudium? Na ja, in meiner Familie gibt es sehr viele Ärzte und mir wurde nachdrücklich abgeraten - die Arbeitsbedingungen seien so schlecht, .... das hatte mich abgeschreckt und ich habe dann auf Bioinfo umgesattelt. Im Nachhinein eine dumme Idee, aber was solls. Hinterher ist man immer schlauer :-?

Meine Frage ist jetzt nur: Kann man, auch als "Zweitstudent" noch eine klinische Karriere in der Medizin machen? Oder eine Karriere in der med. Forschung? Für eine klinische Karriere würde mein Erststudium vermutlich gar nichts bringen, bei einer Karriere in der Forschung weiß ich es nicht.

Ich bin mir relativ sicher, dass ich als Zweitstudium Medizin studieren möchte. Allerdings möchte ich ungern "in eine Sackgasse" studieren - ich würde gerne die Option haben, noch eine (klassische ärztliche) Karriere in der Klinik oder der Forschung machen zu können ... Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das tatsächlich will - wie sollte ich auch ohne Erfahrung? - aber ich würde mich ungut fühlen, ein Studium zu beginnen, bei dem eine Karriere schon ausgeschlossen ist. Na ja, ist halt irgendwie eine (hoffentlich unbegründete) Angst eines unsicheren Studenten, der von allen Seiten die Altersmühle vorgepredigt bekommt :-blush

Arbeitszeiten und Stress schrecken mich nicht. Eine Karriere in der Bioinfo bedeutet auch 60+h / Woche, ist wohl in allen akademischen Bereichen so. Das Gehalt ist weniger wichtig - als Bioinf. kriege ich deutlich mehr, als Arzt aber auch genug.

Gesucht habe ich schon, aber die meisten Anfragen lauteten eher "Kriegt man eine Stelle, wenn man keine Karriere machen will".

Wäre es (für eine klin. Karriere) sinnvoll, in Bioinformatik zu promovieren? Die Themenwahl ist dabei relativ frei ... Von Mainframes oder klassischen Informatiker-Themen bis zur Forschung im Bereich "Wirkstoffentwurf" oder "Protein-Protein-Interaktion in der Immunologischen Forschung" wäre ziemlich alles möglich ... Die Diss. müsste ich halt neben dem Med.Studium her schreiben ...

*seufz* Bin halt ein unsicheres Tierchen ... :-nix

Danke schon mal für alle Antworten und die Zeit fürs Lesen :-winky

So long, and thanks for all the fish.

test
25.12.2007, 11:17
Ich würde prinzipiell eine akademische Karriere nicht als ausgeschlossen ansehen. Ich habe schon einige OÄ und CÄ an Unikliniken gesehen, die noch ein zweites Studium abgeschlossen haben oder eine Ausbildung vor dem Studium gemacht haben.
Ich denke der persönliche Ehrgeiz ist da wichtiger als das Alter. In manchen Abteilungen wirst du eventuell Probleme haben in höherem Alter noch unter zu kommen aber ich glaube prinzipiell steht auch einem älteren Absolventen die Unikarriere noch offen sofern man flexibel und ehrgeizig genug ist.

Dr. Cox M.D.
25.12.2007, 11:26
wichtig ist das erststudium mit MINDESTENS der note 2 abzuschließen

stud_tir
25.12.2007, 11:28
Na ja, der Ehrgeiz geht in der Bioinfo eher zur 1.0 als zur 2.0 :-angel

Danke schonmal :-)

Ulle
30.12.2007, 14:00
Ich hab erst Zell- und Molekularbiologie studiert und nun Medizin und hab mich mit der Frage auch auseinandersetzen müssen. Ich habe viele Leute um mich herum gefragt und das Spektrum der Antworten belief sich von "dann bist Du Arzt, für Forschung viel zu alt" bis zu "Jede Pharmafirma wirft Dir die Drittmittelkohle mit Kusshand hinterher!" - ich denke, zu alt gibt es eigentlich nicht - es gibt zu alt und dabei noch nichts gerissen - und das müssen wir uns doch nicht vorwerfen lassen! Du hast halt mind. 6 Jahre weiter wenig Geld, aber Karriere wird man danach auch machen können, wenn man entsprechend Leistung bringt.

Wenn ich das hier so lese, wirklich glücklich wirst Du wohl in Deinem Job nicht mehr werden, wenn Du es mit der Medizin nicht zumindest probierst, ich hab es jedenfalls noch keinen Tag bereut.

rogerM
30.12.2007, 14:39
Im Nachhinein eine dumme Idee, aber was solls. Hinterher ist man immer schlauer :-?



Wer sagt den sowas? ich wäre froh hät ich mal mit medizin nicht angefangen und viele meiner freunde geht es auch so.

XZar
31.12.2007, 19:39
Wer sagt den sowas? ich wäre froh hät ich mal mit medizin nicht angefangen und viele meiner freunde geht es auch so.

Dafür würde ich jetzt mal gerne die Gründe wissen? Warum bereust du es so sehr Medizin zu studieren?

gruß
XZar

rogerM
01.01.2008, 11:38
Dafür würde ich jetzt mal gerne die Gründe wissen? Warum bereust du es so sehr Medizin zu studieren?

gruß
XZar


1. sozialistische bezahlung, egal in welchen KH du anfängst und wieviel du da arbeitest es schlägt sich nicht auf den lohnzettel nieder, grund sind die nahezu einheitlichen tarife. selbst wenn du dich mit kursen etc weiterqualifizierst bringt dir das gehaltstechnisch null

2. kaum freizeit, als assi fängt es schon an mit zig diensten im monat, als oberarzt geht es dann weiter mit hintergrund etc.

3. sehr später verdienst, nach den 12,5 semestern und nach 1,5 jahren kh tätigkeit(PJ etc.) hab ich bis jetzt noch nix verdient dafür aber schulden vom bäfög, gleichaltrige kollegen haben seit jahren ein erträgliches leben ich wohn noch inner wg.

4. schlechtes arbeitsklima, mir ist es bis jetzt erst einmal passiert das ich sagen konnte zw. ärzten und schwestern stimmt die chemie, meisten ist es jedoch anders, kaum gegenseitiger respekt, bzw. gute stimmung, was der arbeit ansich auch nicht grad gut bekommt.

5. breites studium, aber viel routine, im studium muss man jeden menge sachen in sich reinpauken, und letzten endes wenn man mal ein fach gewählt hat besteht der überwiegende alltag aus sagen wir mal eintöniger routine, pat. aufnehmen, visite, evtl operieren. auf dauer etwas öde nach den ganzen strapazen.

6 karriere nur mit sehr viel einsatz bzw. erst sehr spät möglich, wer sich wirklich für eine karriere in der medizin entscheidet muss jahrelang nebenher rackern, letztlich zahlt es sich dann erst im mittleren lebensalter aus, im vgl zu anderen berufsgruppen sind die aufstiegsmöglichkeiten eher gering bzw. erst im höheren alter möglich.

so nur mal nen paar gründe.......

Biologin
01.01.2008, 17:07
@rogerM: Das nenne ich mal einen interessanten Beitrag!

Bin auch gerade im Zweitstudium Medizin, zuvor Biologie (Diplom) und paar Jahre gearbeitet. Im Moment erstes Semester Medizin. Einerseits ist es schon interessant. Andererseits liegen genau in den von Dir aufgezählten Punkten auch bei mir die Bedenken und Zweifel :-blush Und ich frage mich im Moment ernsthaft, ob ich das weitermachen soll...

XZar
02.01.2008, 11:45
Möchte mal ein paar Anmerkungen zu den Punkten machen:




2. kaum freizeit, als assi fängt es schon an mit zig diensten im monat, als oberarzt geht es dann weiter mit hintergrund etc.

Das ist pauschal gar nicht so beantwortbar, da sich das je nach Facharztrichtung ja erheblich unterscheidet. Innere ist sicherlich sehr viel härter, als Virologie oder Pathologie - welche dann halt viel theorielastiger sind.

3. sehr später verdienst, nach den 12,5 semestern und nach 1,5 jahren kh tätigkeit(PJ etc.) hab ich bis jetzt noch nix verdient dafür aber schulden vom bäfög, gleichaltrige kollegen haben seit jahren ein erträgliches leben ich wohn noch inner wg.

Mhh das mit dem späten Verdienst stimmt in meinen Augen zwar schon, aber es ist nicht so, dass es andere da einfacher hätten. Für mich beispielsweise, wäre eh nur ein naturwissenschaftliches Studium in Frage gekommen und bei denen läuft ohne Promotion quasi nichts. In Chemie promovieren prozentual soweit ich weiß noch mehr Leute als in Medizin. Das heißt 5 Jahre Studium + 3 Jahre Promotion sind fast Pflicht. Die Promotionstätigkeit wird zwar bezahlt, aber so der Knaller ist das jetzt auch nicht. Und im durchschnittlichen Gehalt nehmen sich angestellte Physiker, Chemiker oder Mediziner gar nicht so viel. Zudem hat man als Mediziner immer noch einen recht sicheren Job, das sieht in anderen Berufsgruppen ganz anders aus.

4. schlechtes arbeitsklima, mir ist es bis jetzt erst einmal passiert das ich sagen konnte zw. ärzten und schwestern stimmt die chemie, meisten ist es jedoch anders, kaum gegenseitiger respekt, bzw. gute stimmung, was der arbeit ansich auch nicht grad gut bekommt.

Stimmt habe ich auch schon so erlebt, aber ich denke Mobbing/Stress/schlechtes Klima gibt es in vielen Bereichen, da ist das Krankenhaus keine Ausnahme.

6. karriere nur mit sehr viel einsatz bzw. erst sehr spät möglich, wer sich wirklich für eine karriere in der medizin entscheidet muss jahrelang nebenher rackern, letztlich zahlt es sich dann erst im mittleren lebensalter aus, im vgl zu anderen berufsgruppen sind die aufstiegsmöglichkeiten eher gering bzw. erst im höheren alter möglich.

Ich glaube, dass wenn man wirklich hoch hinaus will die Wege immer sehr steinig sind. Es gibt eigentlich keine Branche in der man Beförderungen hinterhergeschmissen bekommt. Und Medizin hat immer noch den Vorteil, dass man bei nicht vorhandenen AUfstiegschancen eine Praxis eröffnen kann. Ist zwar risikoreicher und auch nicht so einfach, dank Niederlassungstop, aber die meisten niedergelassenen Ärzte, die ich kenne haben diesen Schritt nicht bereut, im Gegenteil.

gruß
XZar

ACP
02.01.2008, 12:56
Und welcher Beruf in Deutschland ist heute noch optimal?
-Die Bezahlung lässt in den meisten Jobs mittlerweile zu wünschen übrig
-Wenn man was erreichen will, muss man viel arbeiten egal in welchem Job (niemand macht in der Wirtschaft Karriere, wenn er jeden Tag um 16Uhr nach Hause geht)
- in jedem Job gibt es Routine, von den meisten ist man nach seiner Ausbildung enttäuscht. Genauso wie es irgendwann langweilig wird sich um Patienten zu kümmern, ist es langweilig jeden Tag im Büro zu sitzen oder als Lehrer vor der Klasse zu stehen und jedes Jahr aufs neue den gleichen Stoff durchzunehmen.
-Und Mobbing gibt es leider auch überall. Fängt heute doch schon in der Grundschule an. Unsere Gesellschaft hat sich leider nicht gerade zum positiven entwickelt.
- Dafür bietet Medizin aber noch einige Möglichkeiten sich zu entscheiden man muss ja zum Beispiel nicht unbedingt sein Leben lang operieren.
- Und zu guter letzt ist Medizin eines der wenigen Fächer dass überall auf der Welt gebraucht wird. Also wenn alles zu viel wird kehren wir Deutschland einfach den Rücken.


Was den Threadsteller anbelangt würde ich das Studium angehen. Zweitstudium hin oder her. Viele wartezeitler sind ohnehin nicht viel jünger als 25. Wenn es wirklich das einzige ist was du willst- Dann mach es!! Immerhin hast du doch schon mal auf (gut gemeinte) Ratschläge gehört und dich gegen Medizin entschieden. Trotzallem musstest du aber feststellen, dass dich das nicht glücklich macht.
Es lohnt sich nicht mit 80 auf sein Leben zurückzublicken und sich zu sagen : "Mist warum habe ich es nicht zumindest versucht? Medizin war doch immer mein Traum."

stud_tir
02.01.2008, 13:33
Danke :)
Ich hau mich jetzt ganz gemütlich an meine Abschlußprüfungen und die Diplomarbeit ... und dann wird beworben - für das Studium :)